Entwicklung und Beschaffung

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste

Im Jahre 1986 zeichnete sich in der Arbeitsgruppe eine Einigung ab. Damit nahm das für die S-Bahn in Zürich gewünschte Fahrzeug auch erste Formen an. Auch wenn nun alle Beteiligten zu einem Ziel gekommen waren, musste das Modell noch entwickelt werden. Genau genommen musste ein Pflichtenheft ausgearbeitet werden, das der einschlägigen Industrie übergeben werden konnte. Genau in dieses wollen wir nun einen Blick werfen.

Verantwortlich für die Beschaffung der neuen Fahr-zeuge waren die Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Diese traten gegenüber den Herstellern als Besteller auf.

Jedoch hatte der Kanton Zürich während dem ganzen Prozess ein Mitspracherecht, das direkte Auswirkung-en auf die neuen Fahrzeugen haben sollte.

Doch dazu später mehr, zuerst mussten Details be-schrieben werden, denn nur so wussten die Erbauer, was gewünscht wurde.

Gewünscht wurde ein Triebzug der aus einer Loko-motive mit ansprechender Leistung bestand. An diese sollten dann drei Wagen gekuppelt werden. Diese mussten zudem als Doppelstockwagen ausgeführt werden.

Am Schluss dieser festen Einheit war ein Steuerwagen vorgesehen, der es auch erlaubte mit dem neuen Triebzug in beide Richtungen zu fahren. Für den Unterhalt sollten die Fahrzeuge einzeln entnommen werden können.

Der komplette Triebzug sollte eine Länge von 100 Meter aufweisen. In sich wurden die Fahrzeuge mit den klassischen Zug- und Stossvorrichtungen bei Personenwagen versehen. Dank dieser Lösung mit der Schraubenkupplung konnte verhindert werden, dass für den schweren Unterhalt ein grosser Aufwand betrieben werden musste. Ein Wagen konnte, wie die anderen Modelle, in die passenden Geleise gestellt und auch so verschoben werden.

Nur am Schluss der Einheit kam es zum Einbau einer automatischen Kupplung, die zu den Triebzügen RABDe 12/12 passen sollte. Hier lagen sicherlich auch die Interessen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB vor, die so theoretisch die Wagen in normale Züge einreihen konnten. Bei der gewünschten automatischen Kupplung wurde jedoch im Pflichtenheft erwähnt, dass nur die mechanischen Verbindungen zu dem RABDe 12/12 möglich sein mussten.

Auch wenn grundsätzlich eine einheitliche Formation erwartete wurde. Die Aufträge für die Lokomotive und die drei Wagen erfolgen in getrennten Ausschreibungen.

Trotzdem wurde in den Pflichtenheften der komplette Triebzug umschrieben. Durch die Festlegung der einzelnen Fahrzeuge wurde aber nicht ein klas-sischer Triebzug, sondern ein Pendelzug gewünscht. Damit erhoffte man sich Vereinfachungen beim Unterhalt.

Bevor wir uns genauer mit der Lokomotive befassen, ein paar interessante Angaben zum kompletten Triebzug. Genauer genommen um de Ausstattung der Fahrzeuge, denn diese bot eine grosse Überraschung.

Insbesondere der Komfort bei den neuen S-Bahnen wurde genau definiert und musste daher von den Erbauern eingehalten werden. Wie weit hier der Kanton beim Pflichtenheft mitreden konnte, entzieht sich meiner Kenntnis.

In der zweiten Wagenklasse wurde ein Komfort erwartet, der den Einheitswagen I entsprach. Diese doch schon älteren Fahrzeuge galten in die-sem Bereich als sehr komfortabel.

Trotzdem war das eher eine Überraschung, den mit den Triebwagen RBDe 4/4 war durchaus eine Steigerung vorhanden. Jedoch sollten mit den neuen Einheiten so viele Leute, wie nur möglich befördert werden. Daher die Ab-striche beim Komfort.

Für die erste Wagenklasse nahm man die Triebzüge der Baureihe RABDe 12/12 als Muster. Somit war auch klar, dass in keinem der Wagen eine Klimaanlage gewünscht wurde. Diese erachtete man damals als im Nahverkehr nicht als sinnvoll. Daher wurde darauf verzichtet, auch wenn die neuen Einheitswagen IV damit versehen wurden. Die neue S-Bahn für Zürich sollte deshalb im Bereich des Komforts kaum neue Massstäbe setzen.

Es stellt sich die Frage, warum bei der ersten Wagen-klasse nicht auch bezug auf die Einheitswagen I ge-nommen wurde.

Der Grund lag in der Tatsache, dass bei den Triebzüg-en RABDe 12/12 im Bereich der ersten Wagenklasse die Bestuhlung mit vier Sitzen in der Breite gewählt wurden.

Der Einheitswagen war für längere Strecken gebaut worden und hatte daher die Lösung 2/1. Sie sehen, hier sollte es enger werden.

Da wir hier die Lokomotive genauer ansehen wollen, lassen wir die drei Wagen für einmal beiseite. Diese klar zu den hier vorgestellten Fahrzeugen passenden Wagen werden an der geeigneten Stelle kurz vorge-stellt werden.

Auch wenn es starre Einheiten waren, der formierte Zug galt als Pendelzug und nicht als Triebzug und daher liegt der Schwerpunkt dieses Artikels auf der Lokomotive, die dazu benötigt wurde.

Im Pflichtenheft der Lokomotive war nur erwähnt worden, dass die Maschine mit den Wagen ein harmonisches Bild ergeben sollte.

So mussten sich die verschiedenen Hersteller der Lokomotive und der Wagen während dem Bau verständigen, denn noch war ja das Profil der Wagen nicht restlos geklärt worden. Es war aber sicher grösser, da Doppelstockwagen entstehen sollten. Jedoch galten die bei den Wagen verfügten Beschränkungen bei der Lokomotive nicht.

Mit anderen Worten, auch wenn die Lokomotive eine grosse Höhe haben sollte und letztlich auch gut zu den Doppelstockwagen passte, sie wurde so gebaut, dass das normale Lichtraumprofil der Schweiz eingehalten werden konnte. Mit dem Triebkopf konnte auf dem ganzen Streckennetz der Schweizerischen Bundesbahnen SBB gefahren werden. Ein Punkt, der bei Fahrten in den schweren Unterhalt ein grosser Vorteil sein konnte.

In der Lokomotive sollte an der Stelle eines zweiten Führerstandes ein Gepäckabteil mit einer Fläche von 10 m2 und einer maximalen Belastung von vier Tonnen eingebaut werden.

Somit war klar, dass die S-Bahnen in Zürich im Ge-gensatz zu allen anderen solchen Systemen auch Fracht mitführen sollten. Es war daher deutlich zu erkennen, dass sich das System in der Schweiz nicht mit den anderen S-Bahnen vergleichen liess.

Uns stellt sich damit unweigerlich die Frage, ob eigentlich von einer Lokomotive gesprochen wer-den durfte. Triebfahrzeuge die Gepäck mitführten wurden bis anhin als Triebwagen bezeichnet.

Beispiel dafür waren die Modelle De 4/4, die überall verkehrten. Jedoch nahm dort das Gepäckabteil den grössten Teil des Platzes ein und das war hier nicht der Fall. Daher sollte der neue Triebkopf als Lokomotive geführt werden.

Ob nun alles so seine Richtigkeit hat, kann vermut-lich über eine lange Zeit diskutiert werden. Diese Diskussionen wurden von den Fachleuten und von denen, die meinten es zu sein auch geführt und daher müssen wir sie nicht erneut führen.

Beim neuen Triebfahrzeug für die S-Bahn in Zürich wurde von einer Lokomotive gesprochen und das wollen wir nun auch so halten, denn die weiteren Merkmale des Fahrzeuges passten dazu.

So genau wie in anderen Pflichtenheften wurde hier jedoch nicht auf alle Details eingegangen. Es wurden Angaben für die Leistung und die Zugkräfte gemacht. So sollte eine Leistung von rund 3 000 kW installiert werden und die maximal mögliche Zugkraft lag bei 240 kN. Damit lag das Modell unter der Baureihe Re 4/4 II, was aber wegen dem hier verbauten Gepäckabteil erfolgte. Zudem mussten ja nur drei Wagen befördert werden.

Auch wenn wir es kaum erwarten würden, für die neue Lokomotive wurde auch eine Nor-mallast definiert. Diese entsprach den neuen Werten der Baureihe Re 4/4 II und umfasste durchaus auch Angaben für Neigungen von bis zu 27‰.

Der Grund waren nicht erwartete Einsätze im Gebirge, sondern die steilen Rampen im Bereich der neuen Strecke in Zürich. Dort traten durchaus Neigungen auf, die den Gotthard als Flach-bahn erschienen liessen.

Gerade bei der Achslast waren die Schweizerischen Bundesbahnen SBB genau. Diese durfte einen Wert von 20 Tonnen auch mit der vollen Zuladung im Gepäckabteil nicht überschreiten. Die sonst hier vorhandenen Toleranzen nach oben gab es jedoch nicht mehr.

Mit anderen Worten, es wurde durchaus ein tiefer Wert erwartet. So wurde die Zulassung zur Streckenklasse C2 erwartet, die mittlerweile auch bei dem meisten Nebenstrecken angewendet wurde.

Wie wichtig hier die gemachten Angaben waren, zeigt sich bei anderen Baureihen. Die dort oft vorhandenen Toleranzen wurden immer wieder stark ausgereizt. Obwohl die Reihe Re 4/4 II offiziell mit 80 Tonnen angegeben wurde, wusste jeder, dass sie nach dem Besuch der Waage etwas Gewicht zugelegt hatte.

Bei der neuen Maschine wurde klar erwartet, dass dies nicht passieren sollte. Dank der geringeren Leistung keine unmögliche Sache.

Bei der Ansteuerung der Fahrmotoren war man aber relativ offen. Zwar wurde eine klassische Lösung ausgeschlossen, aber das war es auch schon. Von einer Lösung mit klassischen Strom-richtern, wie bei der Baureihe Re 4/4 IV, bis zu modernen Ideen mit Umrichtern war alles möglich. Es muss hier klar gesagt werden, dass die Ausschreibung in einer Zeit erfolgte, wo die neusten Lösungen mit Umrichter erste Schritte wagten.

Wobei andere Punkte im Pflichtenheft klar die Richtung vorgaben. So wurden hier massive Einsparungen beim benötigten Personal und beim Unterhalt gefordert. Mit anderen Worten, bis zu den regelmässigen Revisionen sollten keine Komponenten ausgetauscht werden. Gerade die alten Motoren mit Kollektoren konnten hier nicht mithalten. Diese waren aber auch bei den Wellenstrommotoren vorhanden, so dass diese kaum erwartet wurden.

Gerade der Unterhalt war bei diesem Fahrzeug ein sehr wichtiger Punkt. Das für die S-Bahn in Zürich beschaffte Rollmaterial sollte so knapp wie möglich gehalten werden.

Ein Pendelzug lässt sich nicht so einfach abstellen, wie eine Lokomotive und zudem waren die Kosten der Beschaffung hoch und das wollte der Betreiber während der Einsatzzeit wieder ausgleichen können. Bahngesellschaften zahlten längst nicht mehr jeden Preis.

Um die Verzögerungen bei der Ausarbeitung des Pflichten-heftes aufholen zu können, wurde erwähnt, dass eine kurze Inbetriebsetzung der neuen Maschine erwartet wurde. Die neue Lokomotive sollte daher ab Werk funktionieren.

Lange Fahrten zur Bestimmung der Kräfte im Gleis wollte niemand durchführen. Hier zeigte sich, dass man beim Be-steller durchaus auf ein bestimmtes Modell geachtet hatte und das war die neue KTU Re 4/4 der BT.

Auch wenn wir nicht jeden Punkt im Pflichtenheft ange-sehen haben, können Sie ohne Probleme annehmen, dass diese nahezu vollständig auf die KTU Re 4/4 bezogen wurden.

Diese Lokomotive, die sowohl bei der Bodensee-Tog-genburg-Bahn BT, als auch bei der SZU eingesetzt wurde, passte ideal für die neue Maschine. Die von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB im Raum Zürich für die S-Bahn gewünschten Modelle waren keine Neuentwicklung.

So gut die Re 4/4 der Privatbahnen passte, sie hatte ein Problem. Für den Triebzug der S-Bahn war sie schlicht zu schwer. Wir erinnern uns, dass hier ein Gepäckabteil eingebauten werden sollte, das bis zu vier Tonnen aufnehmen konnte. Mit diesem zusätzlichen Gewicht wäre das Muster zu schwer geworden. Für die Schweizerischen Bundesbahnen SBB musste das Muster daher abspecken. Genau genommen ging es um vier Tonnen.

Wie in allen anderen Pflichtenheften gaben die Schweizerischen Bundesbahnen SBB auch an, wie die neue Lokomotive bezeichnet werden sollte und mit welchen Nummern sie versehen werden muss-ten.

Als direkte Folge der bereits vorhandenen Bau-reihen wurde daher die Bezeichnung Re 4/4 V genommen. Für die Nummern wählte man 10 500 und folgende. Einen allfälligen Konflikt mit der Baureihe Ae 3/6 I sollte nicht entstehen.

Auch wenn wir am Schluss dieses Kapitels wissen, dass dieser erwähnte Konflikt durchaus entstanden wäre, gab es ihn nicht. Der Grund war, dass bis zu diesem Zeitpunkt von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB die älteren Modelle der Ausrangierung zugeführt wurden. Es entstanden die notwendigen freien Plätze. Nur die historischen Lokomotiven konnten ein Problem verursachen. Die Wahl war daher nicht optimal.

Bei der Wahl der Hersteller gab es keine grosse Wahl. Der Auftrag für die neue Lokomotive erging daher an die Asea Brown Boveri und Co ABB in Oerlikon als Elektriker und an die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM in Winterthur als Mechaniker. Diese waren die einzigen in der Schweiz noch verbliebenen Erbauer und auch die S-Bahn sollte eine sehr grosse Wertschöpfung in der Schweiz haben.

ABB sollte sich als Elektriker auch um die Aus-lieferung der Maschinen bemühen. Daher war die Firma in diesem Konsortium der direkte Ansprech-partner für den Besteller und dabei gab es durchaus Grund zu Diskussionen.

Einer davon war der letztlich vereinbarte Preis. Dieser war mit 4 702 000 Schweizer Franken für eine Lokomotive recht hoch. Schliesslich handelte es sich nicht um eine Maschine mit hoher Leistung.

Im Jahre 1986 wurde dann eine erste Serie von 24 Exemplaren bestellt. Diese wurden als Re 4/4 V geführt und sollten mit den Nummern 10 500 bis 10 523 versehen werden.

Doch wie so oft sollte es anders kommen, als es geplant war, denn in jener Zeit wurde bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB auch nach einem neuen Nummernschema gesucht, das besser durch die neuen EDV-Systeme verarbeitet werden konnte.

So wurde während dem Bau das System für die Bezeichnungen eingeführt. Die bisher als Re 4/4 V geführte Baureihe sollte zu einer der ersten werden, die mit diesem Schema ausgeliefert werden sollte. Neu wurde daher von der Baureihe Re 450 und von den Nummern 450 000 bis 450 023 gesprochen. Wie knapp der Entscheid war, zeigt die Tatsache, dass die Nummer 10 500 von der SLM an die ABB geliefert und erst dort neu bezeichnet wurde.

1988 wurde die Serie erweitert. Mit den Nummern 450 024 bis 450 049 wurden weitere 26 Lokomotiven in Auftrag gegeben. Die Reihe Re 450 mutierte damit zur grössten Serie von Lokomotiven mit Umrichtern in der Schweiz. Die neue Technik sollte damit den Siegeszug beginnen, der bis in die heutigen Tage anhalten sollte. Die einfachen und im Unterhalt sehr sparsamen Fahrmotoren waren dabei der wichtige Punkt.

Erneut zwei Jahre später, also 1990 wurden weitere Lokomotiven der Reihe Re 450 bestellt. Die nun abgerufene Lieferung umfasste 45 Maschinen und sollte die grösste Teilserie dieser Baureihe werden.

Jedoch gab es nun erste Probleme mit den Zeiten für die Lie-ferung. Da nun auch der Bau der ersten Modelle für die Reihe Re 460 begonnen hatte, reichten die Kapazitäten bei der Schwei-zerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM nicht aus.

Um die SLM zu entlasten wurden daher die mechanischen Bau-gruppen ab dem Jahr 1991 teilweise bei Schindler Waggon in Pratteln SWP gebaut. Ein klassischer Wagenbauer übernahm die Aufgabe eine Lokomotive zu bauen. So schwer war das ja nicht, da man mit den Plänen der SLM arbeiten konnte. Jedoch wurden nun Re 450 von zwei Seiten nach Oerlikon und somit ins dortige Werk der ABB überführt. So konnte die Lieferzeit eingehalten werden.

Wir haben damit 95 Maschinen der Baureihe Re 450, die mit den passenden Wagen zu Pendelzügen formiert wurden. Jedoch reichte die Anzahl mit der weiteren Erweiterung der S-Bahn in Zürich nicht mehr aus. Es mussten daher im Jahre 1994 weitere 20 Einheiten bestellt werden. Nun wurde aber nicht nur die Lokomotive sondern der komplette Triebzug in Auftrag gegeben. Es war eine Vereinfachung für den Besteller.

In diesen vier Serien wurden insgesamt 115 Exemplare der Baureihe Re 450 in Betrieb genommen. Die Lokomotiven bildeten das Rückgrat der S-Bahn in Zürich, konnten sich aber bei den anderen S-Bahnen der Schweiz nicht mehr durchsetzen. So kam es zu keiner weiteren Bestellung mehr. Der Grund war auch, dass nun die Triebzüge auch doppelstöckig gebaut werden konnten. Wir hier wollen jedoch die Lokomotive Re 450 genauer ansehen.

 

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste
Home SBB - Lokomotiven BLS - Lokomotiven Kontakt

Copyright 2024 by Bruno Lämmli Lupfig: Alle Rechte vorbehalten