Die Lokführerausbildung |
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Die Ausbildung zum Lokführer war immer eine langwierige
Angelegenheit. Das hatte zur Folge, dass bei den Unternehmen aktiv geplant
werden musste. Man musste den Bedarf abschätzen und die entsprechenden
Leute anstellen. Gerade bei
Bahngesellschaften,
die im
Güterverkehr
arbeiten, kann diese Ausbildung oft nicht mit der Wirtschaft mithalten.
Daher wurden Lösungen gesucht, die eine schnellere Ausbildung
ermöglichten. Ob das nun gut oder schlecht ist, kann man nicht so einfach beurteilen. Als ich mit der Ausbildung begann, wurde der einjährige Aufenthalt in einer Hauptwerkstätte gestrichen.
Neu sollten noch ein paar Wochen in der Werkstatt des
Depots gemacht
werden. Natürlich gab es damals Stimmen, die meinten, dass wir nicht mehr
so gut ausgebildet würden und dass das schlecht für das Unter-nehmen sei.
Andere begrüssten, dass der Leerlauf ge-strichen wurde. Ich kann es nicht beurteilen, jedoch stand ich vor der gleichen Situation, als die nächste Kürzung kam. Ob das nun gut oder falsch ist, will ich nicht beurteilen. Jedoch muss man bedenken, es ist sehr viel Wissen, dass die Lokführer erlangen, bei zu grossen Kürzungen kann es zu Problemen führen.
Ob nun die
Lokomotive
bis zur letzten Schraube bekannt ist oder nicht, ist nicht so schlimm,
wenn dann aber Mangel bei der Kenntnis der Strecke bestehen?
Natürlich hätte ich es damals begrüsst, wenn ich etwas mehr von
den Arbeitsgeräten erfahren hätte. Ein Defekt ist dann leichter zu
lokalisieren und zu beheben. Mit der Zeit habe ich mir das Wissen in
eigener Verantwortung angeeignet. Das heisst, man muss zumindest am Anfang
des Berufes sehr viel Freizeit opfern. Nur so ist die verkürzte Ausbildung
zu schaffen. Aber auch danach hilft Eigeninitiative weiter.
Es gab im Lauf der Jahre auch Änderungen beim Aufbau der
Ausbildung und beim Berufsbild. Diese Änderungen waren nötig, als sich
zusehends abzeichnete, dass die Schweizerischen Bundesbahnen SBB zum
alleinigen Ausbildner der Lokführer werden würde. Die anderen Unternehmen,
welche Lokführer beschäftigen, hätten sich so nur noch bei den
Staatsbahnen
bedient, die alleine für die Ausbildungskosten verantwortlich gewesen
wäre. Ich will Ihnen die Ausbildung anhand einer zeitlichen Abfolge kurz erklären. Dabei beginne ich mit meiner Ausbildung. Frühere Verfahren kenne ich zwar, jedoch fehlen mir dazu einige Details. Ich bin jedoch auch überzeugt, dass die Zeitspanne zu meiner Zeit ideal gewesen ist. Es gab nicht zu viel Technik, aber wir hatten genug Zeit für das eigentliche Handwerk. Letztlich war das auch wichtig, denn damit verdient letztlich der Lokführer sein Geld.
Letztlich sind das aber nur Hinweise, die zur Erläuterung dienen.
Für alle, die sich heute zum Lokführer ausbilden lassen, gilt natürlich
nur das aktuellste und somit letzte Verfahren. Dabei müssen Sie nicht
einmal bei einer Bahn angestellt sein, denn mit genug Kleingeld im Sack,
können Sie die Ausbildung auch selber bezahlen. Nur bedenken Sie, Sie
benötigen sehr viel Kleingeld. Ich kaufte mir davon einen neuen Wagen.
Grundsätzlich sind aber die Schulung in den Vorschriften und die
Vermittlung der notwendigen Fahrkenntnisse gleich geblieben. Man kürzte
einfach die Dauer. Bei einer Ausbildung zum Lokführer kommen somit
theoretische und praktische Schulungen zusammen. Sie können somit die
Ausbildung mit einer Berufslehre vergleichen. Jeder der Lokführer werden
will, kennt diese, denn ohne geht es nur selten. Gut, ich hätte auch sagen
können, dass es nicht geht.
Beginnen werde ich mit meinen Erlebnissen. Diese 1991
durchgeführte Ausbildung war bereits eine überarbeitete Version. Lokführer
wurden bis dahin nicht direkt angestellt und mussten sich nach der
Ausbildung zuerst bewähren. Es war daher ein langer und steiniger Weg. Vor
allem dann, wenn man auf die notwendigen Fahrtage warten musste. Das wurde
jedoch 1991 anders und damit auch besser. Doch lesen Sie selber. |
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Ausbildung von 1990 bis 1999 |
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Den ersten Kontakt mit meinem neuen Arbeitsort hatte ich lange
Zeit bevor ich die Stelle antrat. Das heisst, ich wurde gebeten an einem
beliebigen Tag im
Depot
Erstfeld zu erscheinen. Für mich war das eine halbe Tagesreise und eine
erste Fahrt ins Ungewisse. Noch wusste ich über meinen späteren Beruf
nicht sehr viel. Eigentlich wusste ich, dass Lokführer mit den
Lokomotiven
fahren, den Rest sollte ich kennen lernen. Warum das notwendig war, wusste ich zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht. Erst in Erstfeld erfuhr ich den Grund, denn es wurden meine Kleidergrössen ermittelt, damit die Dienstkleider beim Arbeits-antritt bereit lagen und passten.
Lokführer trugen daher Arbeitskleider und diese wurden vom
Arbeitgeber bereitgestellt. Damit war das gestreifte Überkleid wohl
gemeint und somit ge-hörte ich zum
Kreis
der erlauchten Persönlichkeiten. Ebenso, waren mir die Schweizerischen Bundesbahnen SBB bei der Suche nach einem geeigneten Obdach behilflich. So weit in der Ferne fehlten mir die Kontakte und auch die Möglichkeiten mit der Information.
So nette Sachen, wie
Internet gab es damals nicht. Wohnungen fand
man, wenn man vor Ort war, oder wenn man eine regionale Zeitung las. Ich
wusste jedoch nicht einmal, wie die regionale Zeitung heisst und da war
ich um die Hilfe froh. Damals erfuhr ich erstmals, dass die Dienstkleider der Lokführer aus einer Warnweste, einem blauen und ein paar gestreiften Überkleidern bestand. Da diese bereits beim Beginn der Ausbildung mit dem neuen Ausweis bereit stehen mussten, war es nötig, dass man sich schon vor dem eigentlichen Arbeitsantritt einfinden musste. Nur so waren die persönlichen Abmessungen und das Bild vorhanden, um die Vorarbeit zu leisten.
Der Führergehilfe:
Am ersten Mai war es schliesslich soweit, ich hatte meinen ersten
Arbeitstag als Führergehilfe bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB in
Erstfeld. Sie haben richtig gelesen, denn Lokführer ist man erst nach
bestandener Prüfung, jetzt heisst der Beruf noch Führergehilfe. Mit einem
unangenehmen Gefühl betrat ich das für mich neue Depotgebäude. Ab und zu
wurde ich von einem Mitarbeiter skeptisch gemustert. Erst später erfuhr
ich, dass das meine Lokführerkollegen waren.
Als wir zusammen waren, wurden die sechs jungen Männer in einen
Raum geführt. Begleitet wurden wir von einer jungen Frau. Wenig später
erfuhren wir dann, dass diese Frau nicht unseren Beruf erlernt, sondern
dass sie die
Einteilung gestalten wird. Dem neuen Chef war es eine Freude
zu sagen, dass sie unsere Chefin werden würde. Chef und Chefin. Wie viele
Bosse hat wohl ein Lokführer? Damals waren es zwei. Am Nachmittag kam dann die erste Führerstandsfahrt über den Gotthard nach Faido hinzu. Dabei hielten wir uns im Führerstand auf, blickten ver-wundert auf den Mann, der die vielen Hebel und Schalter bediente und so den Zug bewegte.
Wir waren Gäste auf einem Arbeitsplatz, den man nur schwer
erreichen kann, denn Führerstands-fahrten für Besucher sind sehr teuer und
massiv beschränkt. Damals sogar noch unmöglich. Der erste Tag endete nach vielen neuen Eindrücken. Das Programm der Ausbildung in der Tasche, ging es in das Zimmer, das mir zu Verfügung gestellt wurde. Dort wurde er schliess-lich studiert.
Die Ausbildung bestand aus mehreren Schritten. Das waren die
theoret-ischen Tage in Luzern und die prak-tischen Schulungen in der
Werkstatt. Kurs in Luzern, bedeutete aber für mich, dass ich von meinem
Elternhaus schneller dort war.
Später kamen dann auch die praktischen Einsätze auf den
Lokomotiven
dazu. Diesen ersten Tag hatten wir jedoch nur, weil an anderen Orten am
01. Mai nicht gearbeitet wurde. Bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB
gilt der Tag der Arbeit nicht in jeder Region. So galt es eben für die
Lokführer von Erstfeld nicht und das war ein Tag, der mich später vor
viele von meinen Kollegen in der Ausbildung stellen sollte.
Für die erste Woche stand Schulung in Luzern auf dem Programm. Am
ersten Tag in Luzern erhielten wir die für unseren Beruf notwendigen
Reglemente und
Unterlagen. Der Stapel war letztlich so gross, dass er in meinem
Büchergestell ein ganzes Tablar füllte. Der Transport der Reglemente nach
Hause war indes nicht ganz so einfach. Noch schreckte sie ab, denn es
wurde tatsächlich behauptet, dass dieser Stapel gelernt werden muss. Doch jetzt ging es zur Sache, wir wurden zusammen mit unseren Kollegen aus den Depots Basel, Olten und Luzern in die Grundkenntnisse der Eisenbahn eingeführt. Ab der zweiten Woche arbeiteten wir vier Tage in der Werkstätte des jeweiligen Depots und am fünften Tag hatten wir zusammen Schule in Luzern.
Dieses Programm dauerte ganze zwei Monate. Jetzt wussten wir
bereits wo die Unterschiede zwischen den
Ae 6/6
und den Re
6/6 lagen, zumindest im Unterhalt. Genau zwei Monate später ging es das erste Mal auf eine Lokomotive. Zwar durften wir sie noch nicht bedienen, aber die Signale kannten wir dank der theoretischen Schulung bereits. Es stand uns bei den ersten Fahrten im Führerstand jeweils ein Lokführer-anwärter zur Seite, der ein Jahr vor uns mit der Ausbildung begonnen hatte.
Nach dem
Rangierdienst
kamen auch die Züge der Stecke hinzu. Nach einer Woche verschwand der
Begleiter wieder.
Wir begleiteten die Lokführer bei ihrer Arbeit und lernten so die
Abläufe
und unsere zukünftigen Kollegen kennen. Auch erfuhren wir, wo in den
einzelnen
Bahnhöfen
das
Personal-restaurant
und die Toiletten zu finden sind. Die theoretischen Schulungen gingen
weiter. Das war während zwei Monaten der Fall. In dieser Zeit lernten wir
auch unseren Lehrlokführer kennen. Mein Lehrlokführer stand kurz vor der
Pension.
Lehrlokführer sind ganz normale
Lokführer, die jedoch aufgrund ihrer Erfahrung und ihren pädagogischen
Fähigkeiten für die praktische Ausbildung von Anfängern herangezogen
werden. Dabei wird einem Anwärter meistens ein Lehrlokführer zugewiesen,
den man immer begleitet. So entsteht eine oft gute Freundschaft zwischen
den späteren Kollegen. Man erfährt aber auch die Tricks und Kniffe.
Nach rund zwei Monaten begleitete mich mein direkter Vorgesetzter.
Das war, wie ich mittlerweile erfahren habe, der
Oberlokführer. Die
einzige Tätigkeit, die ich von jetzt an auf der
Lokomotive
ausführen durfte, war das Ausschalten der Lokomotive und das einleiten
einer Bremsung im Notfall. Damit war ich nun auch befugt, gesundheitlich
angeschlagene Lokführer zu begleiten. Meinen Lehrlokführer sah ich dabei
selten.
Die nächsten Monate sind schnell erklärt. Ich begleitete verschiedene
Lokomotivführer bei ihrer Arbeit und half ihnen bei den Kontrollen der
Lokomotiven und der Beachtung der Signale. Der eigentliche Zweck dieser
Zeit war jedoch das erwerben der notwendigen
Streckenkenntnis. Das heisst,
nach dieser Zeit wusste ich wo die Signale standen und welcher
Bahnhof
Besonderheiten besass. Das war sehr genau, denn die Zeit dauerte nahezu
ein Jahr.
Eine Aufgabe hatten wir noch
zu erledigen. Das reinigen der Griffstangen, die es dem Lokführer
erlaubten, seinen Arbeitsplatz zu erreichen, oblag uns. Oft wurden wir
dabei von Leuten auf dem
Bahnsteig beobachtet. Warum das so war, erfahren
wir gleich, denn diese Aktion mit den Griffstangen wird leider nur bei den
Schweizerischen Bundesbahnen SBB so umgesetzt, auch anderen Bahnen würden
solche Sitten gut anstehen.
Die entsprechende Frage wurde meistens mit dem schmutzigen Lappen
beantwortet. Es stimmt, es handelt sich dabei um eine Arbeit, die lange
nicht alle Bahnen kennen. Aber bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB
ist es so, und keiner findet es schlecht, denn wer arbeitet schon gerne
mit schmutzigen Händen? Der ankommende Lokführer kann sich die Hände
waschen, sein Kollege arbeitet Stunden mit schmutzigen Händen. So gesehen
keine dumme Idee, oder?
Die Schulungen in Luzern blieben aber weiterhin, wenn sie auch nicht mehr
so regelmässig stattfanden. Auch die Themen hatten sich geändert, denn nun
standen eher Themen zur sicheren Führung der Züge auf dem Programm. Wir
lernten die Funktion der
Bremsen kennen und hörten, wie die
Lokomotiven
aufgebaut wurden. Das Teil im
Drehgestell heisst Wiegebalken und es hat
diese Aufgabe. Mittlerweile hat sich sogar der Name verändert.
Der Lokführeranwärter: Es standen die ersten Prüfungen an. Dabei wurden wir im Wissen der
Grundvorschriften geprüft. Diese Prüfung war schwer, denn in meiner Klasse
haben nicht alle diese Prüfung bestanden und schieden wieder nach dem
zweiten missglückten Versuch aus. Die theoretischen Kenntnisse brachten
auch die erste Beförderung mit sich, denn aus dem Führergehilfen der
bisherigen Tage wurde der Lokführeranwärter.
Wir hatten ein Wissen erlangt, das es uns erlaubte, die
Lokomotiven zu
bedienen. Nach dieser Prüfung erlernten wir, wie die Lokomotiven auch
praktisch bedient wurden und wie man mit einem Zug fährt. Erstmals durften
wir Hand anlegen. Doch auch hier ging man behutsam vor. Mit dem Fahren
beginnt man im
Bahnhof und von einem Zug kann man nur träumen.
Rangierdienst nannte sich das und dort gab es Lokführer, die auf unserem
Stand des Wissens waren.
Zuerst waren es nur alleine fahrende
Lokomotiven und wenig später auch
Kompositionen mit angehängter Last. Diese durften wir in Begleitung eines
Lokführers rangieren. In unseren Fall waren das die
Bahnhöfe von Erstfeld
und Altdorf. Selten kamen wir nach Arth-Goldau oder Rotkreuz. Mit wenig
Glück in den Bahnhof von Luzern. Die Strecken gingen in dieser intensiven
Zeit zurück und traten in den Hintergrund.
Jetzt stand wieder eine Prüfung auf dem Programm. Nach dieser praktischen
Prüfung durften wir alleine in den
Bahnhöfen rangieren. Wobei eher müssen
der Fall war. Diese als Praxistage bezeichnete Zeit dauerte mindestens 15
Tage. Interessant dabei ist die Tatsache, dass wir auf keinen Fall
begleitet werden durften. Erstmals war ich alleine für die
Lokomotive und
angehängten Wagen verantwortlich, wenn auch nur innerhalb des Bahnhofes.
In Erstfeld waren es genau 15 Tage. In Basel wurde diese Zeit etwas länger
ausgenutzt. Anschliessend ging es wieder in unserem bekannten Rahmen auf
die Strecke. Wobei mancher Lokführer meinte, wenn ich schon alleine
rangieren könne, dann könnte ich auch mit der
Lokomotive auf der Strecke
fahren. So nahm ich des Öfteren auf der linken Seite im
Führerstand Platz
und fuhr mit Zügen in der Schweiz herum.
Zwar war dies eine illegale Aktion, aber was will man machen, wenn sich
der Lokführer strickte weigert den Stuhl zu wechseln. Zudem lernten wir in
dieser Zeit wirklich viel und später waren wir genau die gleichen
Kollegen. Nur, wer mit einer
Lokomotive im
Bahnhof fahren kann, bringt
diese auch sicher über eine Strecke, bei der nicht viel schneller gefahren
wurde. Notfalls hätte man ja eingreifen können, aber das war nie der Fall. Nach einem Monat, der zur Auffrischung der Strecken-kenntnisse diente, war es dann soweit, wir wurden im Streckendienst eingeschult. Zuerst jedoch nur mit Zügen, die maximal 32 Achsen haben durften.
So standen
Regionalzüge auf den Tagesplan. Der Vorteil bei diesen Zügen war, dass man
immer wieder anhalten musste. Nach einer weiteren Einschulung, wurde diese
Beschränkung aufgehoben und ich durfte sämtliche Züge in Begleitung
führen. Wieder vergingen mehrere Monate, in denen wir das Fahren mit den unterschiedlichen Zügen erlernten. Die Schulungen wurden jedoch immer seltener. Theoretisch war unsere Schulung nach etwas mehr als einem Jahr abgeschlossen, jetzt stand die Praxis auf dem Plan.
Fahren mit den Zügen
auf den Strecken des
Depots. Wobei nicht jeder Lokführer die ganze Zeit
wach geblieben war.
So waren
wir besonders gegen das Ende alleine unter-wegs, auch wenn das nicht sein
sollte.
Dabei sind die Lokführeranwärter unter der Kontrolle des erfahrenen
Lokführers. Dieser übernimmt daher eine Aufsichtsfunktion für den
Anwärter. Er kontrolliert, ob der Lokführeranwärter die gestellten
Aufgaben korrekt ausführt. Er gibt Hinweise und steht bei Bedarf helfend
zur Seite. Notfalls greift der Lokführer aber auch korrigierend ein. Das
heisst aber, dass die Hauptverantwortung für den Zug immer noch beim
Lokführer liegt.
Der Lokführeranwärter wird also bei seiner Arbeit durch den Lokführer
überwacht und kontrolliert. Letztlich obliegt es auch dem Lokführer, den
Anwärter zu korrigieren, wenn dieser Fehler begeht. Der Lokführeranwärter
wird so immer besser und kann gegen Ende der Schulung durchaus einen Zug
sicher führen, ohne dass der Lokführer korrigierend eingreifen muss. Es
kommt daher immer mehr zu einem kollegialen Verhältnis der beiden
Berufsgruppen.
Letztlich stand die theoretische Abschlussprüfung auf dem Programm, die
aus einem Tag mit schriftlichen Arbeiten und einem weiteren mündlichen Tag
bestand. Erst nach Bestehen dieser Prüfung konnten wir die praktische
Prüfung absolvieren und so die Ausbildung beenden. Wie bei jeder Prüfung
war jedoch noch nichts verloren, wenn man einmal nicht bestanden hatte.
Denn es gab immer noch eine zweite Chance.
Ich bin ehrlich und gestehe, dass auch ich diese Prüfung ein zweites Mal
ablegen musste. Private Sorgen und das Vernachlässigen der Lehrstunden
führten dazu. Beim zweiten Anlauf klappte es dann mit Auszeichnung, würde
ich fast meinen. Der Druck zeigte Wirkung. Ab diesem Tag gab es keine
Schulungen mehr in Luzern, da die Ausbildung theoretisch beendet war und
eigentlich nur noch die praktische Prüfung bevor stand.
Ich kann es nun sagen, denn die Lokführer von damals schliefen nun nahezu
offiziell. Doch letztlich stand die praktische Prüfung auf dem Programm,
die in meinem Fall aus Regional-, Schnell- und
Güterzügen bestand. Sie
führte mich nach Zug, Luzern und Bellinzona. Bei meinem Kollegen war das
jedoch anders. Im
Depot Erstfeld war man jedoch bei der Prüfung, oder der
davor stattfindenden Begleitfahrt, am Gotthard unterwegs.
Als mir der Vorgesetzte am 11. März 1993 mit Handschlag zur bestandenen
Prüfung gratulierte, war die Ausbildung abgeschlossen. Ich hatte mein Ziel
erreicht, ich war nun Lokführer und durfte mit den Zügen am Gotthard
fahren. Ein junger überheblich daherkommender Kerl, der nur so vor
Selbstvertrauen glänzte. Ganze neun Tage ging das Gut, denn dann kam die
erste grosse Störung mit Radiomeldung. Nach 25 Jahren ist man schon fast
stolz darauf.
Wieder waren 15 Tage in alleiniger Fahrt zu absolvieren. Diese Tage
mussten sein und man war wirklich auf der Fahrt, denn nun mussten die neu
gebackenen Lokführer ubv lernen alleine zu arbeiten. Es war vorbei, denn
nun kam die lange ersehnte letzte wichtige Beförderung. Vorbei war der
Lokführeranwärter, denn nun lautete die Berufsbezeichnung Lokführer ubv.
Doch was gab es damals für Lokführerberufe? |
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Bezeichnung |
Funktion |
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Traktorführer |
Der Traktorführer
galt nicht als eigentlicher Lokführer. Er bediente die kleinen
zweiachsigen Traktoren des Baudienstes und im Rangierdienst. Viele
waren auch auf der Bm 4/4 ausgebildet und konnten bestimmte
Strecken befahren. |
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Lokomotivführer bv |
Der Lokführer bv
arbeitete im Rangierdienst. Er wurde oft auch als Rangierlokführer
bezeichnet. Seine Aufgaben fanden sich im Rangierdienst. Auch er
besass ein eingeschränktes Streckennetz. |
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Lokomotivführer ubv |
Der Lokführer ubv
ist universell einsetzbar. Ubv steht dabei für unbeschränkt
verfügbar. Man nannte diesen Lokführer auch Streckenlokführer. Er
fuhr alle Strecken ohne Einschränkungen, Rangierte und führte auch
Aufgaben der Traktorführer bei Bedarf aus. |
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Noch war die
Aufteilung des fahrenden Personals sehr bescheiden und die Wege wurden bei
der Auswahl festgelegt. In den Vorschriften wurden auch Hinweise vermerkt,
die nur für Traktorführer galten und solche für Lokführer. Scherzhaft
bezeichnet man die Lokführer als beschränkt (bv) und unbeschränkt (ubv).
Dabei hat man sich auf den Zusatz bv oder ubv berufen. Für mich begann
jetzt aber die Karriere als Lokführer ubv.
Damals hiess das
noch Lokführer ubv bis zur Pension, denn einen weiteren Aufstieg war
schlicht unmöglich. Wer Lokführer war, blieb das sein Leben lang, denn nur
wenige Jahre später wurde man zum
Beamten befördert und war für das
Unternehmen nicht mehr kündbar. Ein fauler störrischer Beamter. Genau das
war ich, während einiger Jahre. Alle vier Jahre erfolgte einfach die
stille Wahl. Die Zukunft war somit klar umschrieben. Lokführer ubv bis es
nicht mehr geht.
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Ab dem Jahr 2000 |
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Im Jahr 2000 änderte sich die Situation erneut. Die Zeitspanne für die
Ausbildung von zwei Jahren, war nicht mehr wirtschaftlich. Eine schnelle
Reaktion auf die Wirtschaft war nicht möglich, denn meist standen die
Lokführer bereit, wenn man sie nicht mehr benötigt hätte. Eine kürzere
Ausbildung sollte hier helfen. Das war gut gedacht, brachte aber nicht nur
Freude mit sich. Ich gestehe, anfänglich war auch ich darüber nicht
glücklich.
Die Anstellungsbedingungen hatten sich jedoch gewandelt, denn seit 2000
ist je nach dem, ob es sich um einen Lokführer für höherwertige Arbeit
handelt, oder um einen für kleinere leichtere Aufgaben, zwei bis drei
Lehrjahre oder die Matura erforderlich. Auch die Beschränkung der Berufe
wurde aufgehoben. So wurde es möglich, dass sich auch Frauen für den Beruf
bewerben konnten. Die Kollegen waren dem Bäcker-Konditor für seine süssen
Auslagen vor der Fahrt dankbar.
Nur schwand damit
das technische Verständnis, das wir mitgebracht hatten. Die Neue, wusste
nicht einmal, was ein
Trennhüpfer ist und warum warme
Bremsen am Geruch
erkannt werden. Keine leichte Aufgabe für den Lokführer, der noch von der
alten Schule war. Da hatte man das Handwerk wirklich noch von Grund auf
gelernt. Das konnte nicht gut gehen, doch damit kamen auch gute Lokführer
in den Beruf. Die Kritiker wurden bestraft.
Letztlich hatte sich auch die Adresse geändert. Fortan erkundigte man sich
am besten direkt in Bern und nicht beim
Kreis. Die Adresse stand ja im
Telefonbuch. Zudem gab es ja die Kreise von früher nicht mehr. An deren
Stelle traten Firmen, wie SBB Personenverkehr, SBB Infrastruktur und SBB
Cargo. Jeder bildete nur noch den Lokführer für seinen Bereich aus. Der
Lokführer ubv war gestorben, fortan galt auch ich als Lokführer Cargo.
Zu guter Letzt wurde die Altersbeschränkung ebenfalls fallen gelassen. Das
hiess aber nicht, dass sich jeder im hohen Alter erfolgreich bewerben
konnte. Die Unternehmen wollten den Lokführer immer noch so lange wie
möglich einsetzen. So wurden die Greise schnell ausgemustert und den
jungen billigen Bewerbern der Vortritt gelassen. Ein Punkt, der nicht
immer nachvollziehbar war, aber durchaus sinnvoll erschien.
Das Auswahlverfahren war hingegen immer noch dasselbe wie zu meiner Zeit,
denn ein normaler Farbensinn und gute Gesundheit waren immer noch
erforderlich. Auch die Reaktionen und das logische Denken wurden weiterhin
überprüft. Lokführer mussten mehrere Dinge gleichzeitig erledigen können.
Damals war man aber noch nicht bis ins Detail damit vertraut, daher wurden
spezielle Prüfungen, wie wir sie bereits kennen gelernt haben, geschaffen. Die Ausbildung sah im Grossen und Ganzen immer noch gleich aus. Die Kurse waren nicht mehr zentral am Standort des Kreises, sondern in den jeweiligen Depots.
Dazu mussten dort zusätzliche Lehrkräfte mo-bilisiert
werden. Die Ausbildung sollte nun durch kürzere Wege, direkteren Kontakt
zur Materie und gestraffte Zeiten auffallen. Kurz gesagt, es musste immer
noch das gleiche Wissen angeeignet werden. Dazu stand einfach nur noch die halbe Zeit zur Verfügung. Zum Lokführer waren zudem nicht mehr so viele Prüfungen nötig. Nur, die Strecken lernt man als Neuling nicht von heute auf Morgen.
Besonders bei Standorten mit
umfassenden Strek-ken war das keine gute Sache. Bei einem
Depot, wie zum
Beispiel Chiasso, wo es nur Erstfeld als Ziel gab, war das schon
einfacher. Hier hätte man mehr auf die Standorte Rücksicht nehmen müssen.
Die Bezeichnung des Berufes blieb immer noch gleich. Man konnte also immer
noch Traktorführer, Lokführer bv und Lokführer ubv werden. Versch-wunden
war aber die Fixierung auf diesem Job. Das hiess, die Traktorführer oder
Lokführer bv konnten die Ausbildung zum Lokführer ubv antreten. Dabei war
der umfangreichere Eignungstest zu absolvieren. Zudem musste man fünf
Jahre Berufserfahrung in der alten Funktion mitbringen.
Auch als Lokführer ubv konnte man sich weiter entwickeln, denn es war nun
möglich, dass der Lokführer ubv zum
Oberlokführer befördert werden konnte.
Dort waren nicht mehr Techniker verlangt. Auch verschwand der
Beamte, denn
in der Schweiz wurden die Beamten nicht mehr gewählt und wurden zu
normalen Angestellten. Das hiess, dass ein Lokführer in Zukunft seine
Stelle verlieren konnte. Nur, er konnte auch selber einen neuen Job
suchen.
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