Betriebseinsatz

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Wenn wir nun zum Betriebseinsatz kommen, dann müssen wir berücksichtigen, dass die Maschinen in zwei Ländern eingesetzt wurden und sie ihre Karriere nicht in der Schweiz begannen. Um etwas von der Betriebsgeschichte zu erfahren, müssen wir zuerst nach Deutschland blicken. Dabei werden wir aber eher allgemein bleiben, denn die genauen Dienstpläne sind nicht so wichtig, denn es geht ja um die Modelle in der Schweiz.

Gebaut wurden die Lokomotiven in den Jahren zwischen 1957 und 1959. Sie kamen nach den Versuchsfahrten bei der Deutschen Bundesbahn DB zum Einsatz und wurden dort als Baureihe V 200 geführt.

Die neuen Maschinen dienten als direkter Ersatz für die Dampflokomotiven. Man wechselte also nur die Lokomo-tive und nicht das Konzept der Strecken. Eine Massnahme, die wegen dem grossen Streckennetz mit geringen Kosten möglich war.

Die neuen Diesellokomotiven wurden im ganzen Land auf den nicht elektrifizierten Strecken eingesetzt. Wo eine Fahrleitung montiert wurde, setzte man auch bei den Bahnen in Deutschland die passenden Lokomotiven ein. Die neuen Maschinen brachten für die Anwohner einen Vorteil, denn der Rauch und der Russ waren nicht mehr vorhanden. Die frisch gewaschene Wäsche entlang der Strecken blieb nun auch weiss.

Bedingt durch diesen Einsatz kamen die Lokomotiven auch auf den Strecken nahe der Schweiz zum Einsatz. Dabei war gerade die Strecke zwischen Lindau und München im Dienstplan zu finden. Teilweise kamen diese zugkräftigen Maschinen aber auch auf der Schwarzwaldbahn zum Einsatz. Daneben waren auch viele andere Strecken enthalten und mit den Diesellokomotiven konnten mehr Züge geführt werden, da nicht frisches Wasser gefasst werden musste.

Ab dem Jahre 1962 kamen die verstärkten Modelle der Baureihe V 200.1 in den Betrieb. Diese waren für die steigungsreichen Strecken nahe der Schweiz besser geeignet und so wurden die älteren Modelle nach einem kurzen Einsatz im Süden des Landes bereits wieder verdrängt. Sie sehen, dass es auch hier nur um die Leistung ging, denn nur so konnten auch höhere Geschwindigkeiten ausgefahren werden, was nicht neu ist.

Mit zunehmender Zahl von V 200.1 wurden die älteren Ma-schinen in den Norden des Landes verdrängt. Dort waren flachere Strecken vorhanden und damit konnten sie besser eingesetzt werden.

Zu finden waren die Modelle der Reihe V 200 in nahezu allen Betriebswerken im Norden. Die Lokomotiven hatten ihre Regionen gefunden und daran sollte sich so schnell auch nichts mehr ändern. Die steileren Abschnitte gehör-ten den stärkeren Modellen.

Als man in Deutschland auf die neuen Bezeichnungen mit den sechsstelligen Nummern für die neuen Computer um-stellte, wurde aus der ehemaligen V 200 die Baureihe 220. Die kräftigeren Modelle mutierten zur Reihe BR 221.

An den Einsätzen änderte sich damit jedoch nichts mehr. Die Positionen waren bezogen worden und nur vereinzelt mussten Maschinen umziehen, denn auch in Deutschland wurden neue Fahrleitungen montiert.

Weniger Strecken ohne Fahrleitung und neue Baureihen, die auch eine elektrische Zugsheizung hatten, führen dazu, dass die Lokomotiven vermehrt vor Güterzügen ver-kehrten. Jedoch konnten sie sich auch dort nicht mehr vor der grossen Zahl neuer Modelle erwehren. Ab dem Jahr 1978 wurden daher die ersten Maschinen abgestellt und nicht mehr verwendet. Es gab keine passenden Strecken mehr und auch sonst fehlte es an Leistung.

Offiziell ausgemustert wurden die Lokomotiven der Baureihe 220 im Jahre 1984. Jedoch erfolgte kein sofortiger Abbruch. Die nicht ganz 30 Jahre alten Maschinen waren schlicht noch zu jung für den Schneidbrenner. Auch wenn es keine Einsätze mehr gab, es bot sich die Möglichkeit, die Lokomotiven zu verkaufen. Dabei kamen Modelle nach Italien und sieben Stück davon sogar in die Schweiz, wo man nicht mit solchen Maschinen rechnen konnte.

Auf dubiosen Wegen kam es im Jahre 1986 zu einem Kauf von sieben Maschinen für den Einsatz in der Schweiz. Die ehemalige Gemischtzugloko-motive sollte dabei für Bauzüge genutzt werden.

Obwohl dieselhydraulische Maschinen für den Ein-satz angepasst werden müssen, glaubten die Käu-fer, dass das kein Problem sei. Dumm, wenn der Käufer nur Erfahrungen mit dieselelektrischen Lös-ungen hatte, denn dort ist viel möglich.

Die Umbauarbeiten wurden in den Jahren 1987 und 1989 vorgenommen. Dabei wurden die alten Ma-schinen zuerst an die Regentalbahn AG überstellt. Diese sollte die Hauptrevision und erste Anpass-ungen vornehmen.

Es stellt sich die Frage, warum man die Arbeiten nicht der eigenen Hauptwerkstätte übertrug. Ver-mutlich sollten die neuen Lokomotiven so gut es ging geschmuggelt werden. Ob man sich da wirk-lich sicher war?

Nach Abschluss der Arbeiten wurden erste Probe-fahrten auf der Regentalbahn AG ausgeführt. Diese dienten der Kontrolle und auch den Lärmmessungen. Das Modell war einfach zu laut für Schweizer Ohren und musste daher leiser werden. Die alte Maschine musste nur noch schnurren und das natürlich auch mit der Kontrolle einer externen Firma. Die machte für die Arbeiten auch wieder Kosten geltend und das verteuerte die Lokomotiven.

Man wusste in gut informierten Kreisen schnell, dass dieser Handel alles andere als logisch war. Gekauft wurden sie über einen Zwischenhändler, revidiert von einer eher unerfahrenen Gesellschaft und dann noch Kontrollen durch externe Firmen. Der Schrott aus Deutschland wurde für die Schweiz vergoldet. Ob da wirklich alles mit rechten Dingen zuging, darf bezweifelt werden, denn es wäre wirklich viel einfacher gegangen.

Am 28. August 1987 wurde die erste Lokomotive mit eigener Kraft in die Schweiz überführt. Nach der Ankunft an der Grenze mussten noch die Formalitäten des Zolls erledigt werden.

Danach knurrte die Lokomotive nach Biel, wo sie schnell in der Hauptwerkstätte verschwand. Nicht nachvollzieh-bar ist, warum die Anschriften und Nummern nicht ange-bracht wurden. Diese alleine hätten die Überführung kaum verhindert.

Auch wenn wir es mit einer erprobten Maschine zu tun haben, die erste wurde intensiven Versuchsfahrten unterzogen. Begonnen hatten diese im November 1987. Neben Fahrten zur Bestimmung der Einstellungen, fanden auch erste Schulungen für das Personal dieser Fahrten statt. Auch dieses musste sich an die andere Bedienung gewöhnen. Besonders der dieselhydraulische Antrieb war ausgesprochen ungewohnt bei Anfahrten in Steigungen.

Die Lastprobefahrten fanden zwischen Biel/Bienne und Reuchenette statt. Die Strecke war in der Nähe der Hauptwerkstätte und mit den Steigungen konnte sie mit dem Gotthard mithalten. Ideal für die neue Diesellokomotive, die aber bei den durchgeführten Probefahrten kaum je langsam fahren musste und das war bei diesem Antrieb durchaus ein Problem. Wie gross es sein würde, wusste man schlicht noch nicht.

Als die zweite Maschine bereit stand, kam es zu den Fahrten in Vielfachsteuerung. Dazu wurden zwei Maschinen der Reihe Am 4/4 verbunden und vor einen Zug mit beladenen Wagen der Gattung Xas gespannt. Am Schluss des mit neuem Schotter beladenen Zuges befand sich dann noch eine Lokomotive der Baureihe Re 4/4 II. Sie simulierte mit der elektrischen Bremse unterschiedliche Lasten und konnte den Zug auch abschleppen.

Bei den aus Deutschland stammenden Lokomotiven handelte es sich mit sieben Exemplaren um eine sehr kleine Serie. Daher wurde als eine der ersten sinnv-ollen Handlungen beschlossen, dass nur eine be-schränkte Kundigkeit gelten soll.

Damit wurde die Tatsache bezeichnet, dass nur direkt betroffenes Personal geschult werden soll. Andere Bereiche mussten jedoch nicht berücksichtigt wer-den. Der Aufwand minderte sich.

Sämtliche Maschinen sollten im Kreis I stationiert werden. So falsch war diese Idee nicht, denn die meisten grossen Maschinen der Reihe Bm 6/6 waren in den grossen Rangierbahnhöfen stationiert worden.

Insbesondere der Raum Basel und das Tessin waren gut bestückt. So schied der Kreis II aus und ähnliches galt auch für den Kreis III, der auch genug Bm 6/6 hatte. Das auch weil hier noch eine Strecke ohne Fahrdraht vorhanden war.

Die Maschinen der Reihe Am 4/4 wurden an mehrere Standorte verteilt. So bekamen die Depotinspektionen in Bern und Lausanne je zwei Exemplare.

Die noch verbliebenen drei Maschinen kamen jedoch an die Standorte Biel/Bienne, Brig und Genève. Ge-rade ganz im Westen war eine schnelle Lokomotive nicht schlecht, da die Strecke nach La Plaine nicht passend elektrifiziert wurde. Sonst war der Hilfswagen die Hauptarbeit.

Was für das Personal galt, wurde auch im Unterhalt umgesetzt. Dieser sollte im Depot Bern erfolgen. Das bedeutete, dass die Lokomotiven immer wieder zwischen den Standorten verschoben wurden. Dabei wurden sie oft in Schleppfahrt überführt und eine der beiden in Bern stationierten Maschinen übernahm die Aufgaben der normalen Maschine am betreffenden Standort. Das war bei fest zugeteilten Modellen immer wieder der Fall.

Der schwere Unterhalt sollte in der Hauptwerkstätte Biel/Bienne erfolgen. Diese war auch für die Beschaffung der Ersatzteile zuständig. Auch wenn man nach Mög-lichkeit übliche Bauteile verbaute, die Maschinen blieben Exoten.

Das ging soweit, dass nicht mit den üblichen Regelungen gearbeitet werden konnte, denn die Bauteile passten nicht in die systematisierten Register. So sorgten die Am 4/4 schon früh für einen grossen Aufwand.

So richtig in Betrieb kamen die Maschinen jedoch nie. Wenn der Hilfswagen nicht benötigt wurde, blieb auch die Lokomotive stehen. Das wirkte sich natürlich auf die Kilometer aus.

Für die geringe Laufleistung waren die Modelle doch zu teuer beschafft worden. Daher suchte man Arbeit und die gab es nicht so oft, wie man meinen könnte, denn vor schweren Bauzügen sah man sie überraschend selten und das war eine geplante Aufgabe.

Am 17. März 1991 wurden wieder Versuchsfahrten mit der Lokomotive unternommen. Jetzt ging es überraschend weit in den Osten.

Es wurde untersucht, ob mit den Maschinen aus Deutsch-land die Strecke von Etzwilen nach Rielasingen mit der Reihe Am 4/4 befahren werden könnte. Die ehemalige V 200 sollte dabei wieder einmal deutschen Boden unter die Füsse bekommen. Jetzt einfach als Modell aus der Schweiz.

Der Grund für diese Fahrten war die Rheinbrücke bei Heimishofen. Diese war schon recht alt und so mussten zum Schutz die Meterlast verändert werden. Mit den kurz ausgefallenen Diesellokomotiven der Schweizerischen Bundesbahnen SBB ergaben sich Probleme. Die Reihe Am 4/4 war in dem Punkt wegen der grossen Länge gut aufgestellt. Zu einem Einsatz kam es jedoch nicht, da auch Bm 6/6 und Bm 4/4 mit Schutzwagen genommen werden konnten.

Zu einem ersten grossen Einsatz für die Baureihe kam es, als südlich vom Simplon Arbeiten an der Fahrleitung aus-geführt werden mussten.

Wegen der Versorgung dieser in Italien befindlichen Strecke kam es zur Situation, dass ganze Abschnitte ohne Spannung waren.

Das galt insbesondere für den Abschnitt neben der Bau-stelle, da auf dieser Strecke die beiden Geleise noch nicht getrennt worden waren. Die Arbeiten sollten dieses Pro-blem lösen.

Solche Arbeiten sind von langer Hand geplant. So war klar, dass der Güterverkehr eingestellt werden soll. Die Züge wurden über den Gotthard umgeleitet, oder einfach abgestellt. Das war jedoch mit den Reisezügen nicht möglich. Diese sollten trotz der Arbeiten geführt werden und dabei kam ein spezielles Konzept zum Einsatz, bei dem die elektrische Lokomotive mitgeführt wurde. Die Diesellokomotive arbeitete nur bei fehlender Spannung.

Neben den Am 4/4 kamen als thermischer Vorspanndienst auch Modelle aus Italien zum Einsatz. Sie schleppten den Zug im unterbrochenen Abschnitt, danach übernahm wieder die elektrische Maschine und der Zug konnte wieder schneller verkehren. Die zwar nicht mehr benötigte Maschine blieb bis zum nächsten planmässigen Halt am Zug und das waren die Bahnhöfe von Brig und Domodossola. Erstmals konnte die Am 4/4 zeigen, was sie konnte.

Speziell war die Situation in Genève. Die auf der Strecke nach La Plaine eingesetzten Triebwagen funktionierten eher schlecht. Wenn dann keine mehr für den Einsatz bereit stand, wurde auf Diesellokomotiven umgestellt. Auch wenn die Reihe Am 4/4 mit der Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h schneller war, kam sie sehr selten vor dem speziellen Zug zum Einsatz. Das Problem war, dass man in La Plaine den Zug umfahren musste.

Auch sonst mied man die Lokomotiven aus Deutschland. Sie waren ausge-sprochen anfällig auf Störungen und mussten daher oft repariert werden. Wichtige Bauteile waren nur revidiert worden.

Es waren immer noch die alten Getriebe verbaut und diese hatten wirklich eine lange Zeit hinter sich. Ersatzteile dafür waren nicht so leicht zu be-schaffen. So gab es immer wieder einen längeren Aufenthalt in der Werkstatt.

So schlimm war das jedoch nicht. Die Baureihe war für den Einsatz vor den Bauzügen schlicht nicht geeignet. Mit den hydraulischen Getrieben konnten die langsamen Geschwindigkeiten nicht so gut gehalten werden, als das mit den Modellen aus der Schweiz der Fall war.

Hier zeigte sich der Vorteil des dieselelektrischen Antrieben, denn der hatte mit den sehr geringen Geschwindigkeiten keine Probleme und konnte sie lange halten.

Das wirkte sich natürlich auf die Laufleistungen aus. Bei allen sich in der Schweiz befindlichen Modellen lagen die Am 4/4 am Schluss. Die Maschinen wurden wirklich nur in Betrieb genommen, wenn es nicht anders ging. Eine gute Karriere sah anders aus. Insbesondere dann, wenn diese Situation bereits kurz nach der Auslieferung eintrat. Ausser den erwähnten Abstechern gab es kaum Bereiche, wo damit gearbeitet werden konnte.

Wie so oft, in solchen Situationen konnte sich das Personal nicht zurück halten. Die Lokomotiven wurden schlicht nur als aufgemöbelter Schrott bezeichnet. So schlimm der Name für die Lokomotive war, er stimmte. Die Maschinen standen damals in Deutschland und warteten auf den Schrotthändler. Diesem entronnen, etwas frische Farbe drauf und dann ging es in den Export. Wirklich beliebt waren diese Modelle bei niemandem.

Um doch noch einen Lichtblick in der Karriere zu finden, dann kann der Aus-flug einer Maschine ins Tessin erwähnt werden.

Der spezielle Zug machte dabei in Erst-feld halt und so konnten die noch jungen Heizer das komische Gefährt etwas ge-nauer ansehen.

Es war der Tag, als ich in eine Am 4/4 kam. Es sollte auch gleich der letzte ge-wesen sein. Was die Lokomotive im Tes-sin suchte, entzieht sich meiner Kennt-nis. Der Zug fuhr nach Luino.

Bereits im Jahre 1994 ging es mit dem Einsatz zu Ende. Die Baureihe Am 841 kam in Betrieb und so hatte man Modelle mit hoher Leistung. Wenn diese auch nicht so hoch war, wie bei der Reihe Am 4/4.

Die aus Spanien kommenden neuen Ma-schinen funktionierten immerhin. Die Folge davon ist klar, bis im Jahr 1996 waren alle Modelle der Reihe Am 4/4 der Ausrangierung zugeführt worden. Nur, was damit geschehen soll, war noch offen.

Der Edelschrott, wie man meinte, könnte ja verkauft werden. So wäre das finanzielle Debakel nicht so gross. In der Schweiz gab es schlicht niemand, der sich an den Lokomotiven die Hände verbrennen wollte. Die Technik und die Auslegung für schnelle Züge passte einfach nicht in die Schweiz, denn dort wurden solche Züge schon seit Jahren elektrisch geführt. Daher erfolgte die Ausschreibung international, wo man sich mehr Chancen ausrechnete.

Es kam zum Verkauf und so wurden die erneut ausrangierten Lokomotiven zwischen dem 28. Februar 1995 und 30. November 1996 verkauft. Dabei kehrten alle nach Deutschland zurück. Die Geschichte der Baureihe Am 4/4 endete daher in dem Moment, wo die geschleppten Maschinen die Schweiz im Raum Schaffhausen wieder verliessen. Die Geschichte endet hier, denn zu Hause, wird auch wieder mit der alten Bezeichnung gearbeitet.

 

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