Betriebseinsatz Teil 3

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So vergingen die Monate und viele Betrachter erwarteten eigentlich den nächsten grossen Vorfall. Wenn man beim ETR 470 auf eines zählen konnte, dann dass man nicht enttäuscht wird, wenn man schlechtes erwartet. Es brauchte nur Geduld. Doch letztlich führte ein Vorfall, den man bei anderen Zügen auch haben kann, zu den nächsten Schlagzeilen, die natürlich nicht sehr löblich waren. Doch was war passiert?

Am 28. April 2007 erlitt der Triebzug auf der Fahrt über den Lötschberg bei Kandersteg einen Festbremser. Wa-rum die Bremse nicht gelöst hat, war weniger wichtig, wie die Tatsache, dass solche Vorfälle schnell zu einer sehr grossen Rauchentwicklung führen.

Ergänzt wird das dann oft mit einem ekelhaften Geruch. Alles in allem waren es aber nur die Bremsbeläge, die sich in Rauch auflösten und dabei zum Stinktier wurden.

Gefährlich ist das nicht, denn die Bremsbeläge sind schnell sehr heiss und entwickeln dabei viel Rauch. Rauch beim Pendolino, der an der Seite hoch schlich, führte im Zug jedoch zur Panik.

Niemand wollte in dem Triebzug verbrennen und suchte jeden Fluchtweg. Dass es dabei draussen gefährlicher war, kümmerte dann niemand. Die Leute irrten in den Gleisanlagen herum und mussten beruhigt werden.

Hier spielte die Vorgeschichte der Triebzüge mit und das führte zu diesem aussergewöhnlichen Vorfall. Wie gesagt Festbremser sind keine Seltenheit und können jeden Zug treffen.

Bereits ein verklemmter Bremsbelag reicht dazu. Wenn das aber beim ETR 470 passiert, geraten die Leute in Panik und die Presse ändert innert weniger Minuten die Schlagzeilen. Längst bezeichnete man den Zug als Schrottolino.

Jetzt war der Zug im freien Fall. Schwere Störungen und die immer noch nicht besseren Fahrordnungen akzeptierte in der Schweiz niemand. Den Schuldigen hatte man gefunden, es war die Firma Cisalpino AG und der Hersteller in Italien, auch wenn dieser bei der neuen Baureihe ETR 610 nicht so schlecht gearbeitet hatte. Der ETR 470 war im völlig misslungen und das rächte sich nun immer wieder aufs neue.

Am Gotthard führte man den nächsten Notfahrplan mit den Neigezügen ein. Längst hatten im inländischen Verkehr die ICN den ETR 470 den Rang abge-laufen.

Besonders die Pünktlichkeit der ICN wurde hoch angesehen. Der Cisalpino fuhr einfach irgendwann zwischen den anderen Zügen. Selten genug tat er das auch pünktlich. Mancher bezeichnete den Zug immer mehr als Ärgernis und wünschte ihn zum Teufel.

Sie müssen bedenken, dass die Mehrzahl der Fahrten ohne nennenswerte Störungen verliefen. Auch pünktliche Züge gab es, zumindest seit einfach nicht mehr bis zum Ziel gefahren wurde. In Zürich fehlte er dann.

Kein Problem, man konnte ja den ICN nehmen. Blöd war nur, wenn dieser in Arth-Goldau endete, weil sich dort der ETR 470 erholt hatte und bereit für die Fahrt nach Italien war. In der Not wurde der Interregio überrannt.

Gerade diese Situation zeigt, wie die Kunden das Vertrauen verloren hatten. Seit Jahren fiel der Triebzug ETR 470 durch seine Störungen und die permanenten Verspätungen auf.

Ich persönlich kann dies nicht nachvollziehen, denn auch ich hatte oft meine Dienstfahrt mit diesem Neigezug und dabei erreichte ich mein Ziel immer pünktlich. Es sei denn, ich sass im Tessin in der S-Bahn und diese wurde vom ETR 470 überholt.

Die Schreckensmeldungen beim ETR 470 sollten jedoch nicht enden. So füllte sich am 30. Juli 2007 das Abteil eines Zuges mit Rauch. Der Triebzug wurde daraufhin in Como gestoppt. Nachträglich stellte man fest, dass der Rauch in der Klimaanlage entstanden ist. Ein Vorfall, den man bei entsprechendem Unterhalt durchaus hätte vermeiden können. Immer mehr geriet die Firma Cisalpino AG deswegen unter öffentlichen Druck.

Mit der Eröffnung des Basistunnels am Lötschberg fuhr natürlich auch der ETR 470 durch diesen neuen Tunnel. Viele meinten, dass dies nur zu einer Katastrophe führen könne.

Die Pessimisten sollen dabei sogar Recht bekom-men, denn am 16. Februar 2008 erlitt ein ETR 470 im Tunnel einen Defekt.

In der Folge wurde der nicht mehr betriebsfähige Zug im Basistunnel evakuiert und anschliessend mit einer Hilfslokomotive abgeschleppt.

Der Vorfall warf erneut ein schlechtes Licht auf die Firma Cisalpino AG und ihre Arbeiter in Italien. Gerade in der Schweiz dachte man laut über die Forderung nach, dass die Züge in der Schweiz unterhalten werden sollten.

Eine Lösung, die auch in Fachkreisen positiv ange-sehen wurde. Jedoch machte man das eigentlich schon, aber bei den Zügen merkte man davon wenig, denn sie waren schlicht zu unzuverlässig.

Am 22. Dezember 2008 kam schliesslich die Forder-ung des Schweizerischen Eisenbahner Verbandes SEV, dass der Zug sofort stillzulegen sei und in der Schweiz ein Fahrverbot erlassen werden sollte. Damit wollte nun auch das Personal auf die Betreiber Druck ausüben und so den Neigezug aus der Schweiz verbannen. Eine Forderung, die jedoch nicht gutgeheissen wurde. Der Zug durfte in der Schweiz weiterhin eingesetzt werden.

Hier muss jedoch erwähnt werden, dass die Behörden ihr Gesicht wahren wollten. Man hatte dem Triebzug die Zulassung erteilt, obwohl eine der Schlüsselstrecken nicht abgefahren wurde. Das darf nicht passieren und so trugen auch die Beamten eine Mitschuld. Der ETR 470 durfte weiter fahren und alle neuen Fahrzeuge mussten nun einen Marathon durchlaufen, bis endlich eine provisorische Zulassung vorhanden ist.

Nur sieben Tage nach der Forderung der Gewerk-schaft sollte ein Getriebeschaden bei einem Zug, der Forderung wieder Auftrieb geben. Dabei er-reichte der Zug gerade noch den Bahnhof von Brig.

Die nächste Fahrt des Neigezuges erfolgte ge-schleppt und wieder zurück nach Italien. Ein Vor-fall, der auch anderen Zügen passieren könnte, wurde jetzt natürlich breit ausgeschlachtet und die Geschicke der Firma Cisalpino AG wurden deutlich angeprangert.

Getriebe halten bekanntlich ewig. Zumindest wurde das behauptet, weil kaum jemand die alte Rostlaube auf den Schrott stellte, weil der erste Gang einfach nicht mehr ging. Richtig ist, dass diese sehr stark beansprucht werden.

Daher ist der Unterhalt sehr wichtig. Die Rechnung ist dann einfach. Mangelhafter Unterhalt und ETR 470 gleich Cisalpino AG. Langsam zeigte sich, dass das Problem wirklich die Firma sein könnte.

Im folgenden Jahr sorgten die neuen Neigezüge der Reihe ETR 610 dafür, dass die schlecht funktionie-renden und immer wieder verspäteten Züge der älteren Bauart nur noch am Gotthard verkehrten.

Damit kamen die Züge neu auch auf der Strecke zwischen Mailand und Basel zum Einsatz. Der neue Laufweg führte dabei über den Gotthard und Luzern. Pünktlicher wurden die Züge deswegen jedoch nicht und der Verkehr nach Italien wurde immer wieder zum Problem.

Durch die neuen Züge konnten die ETR 470 besser unterhalten werden. So hatte man nun einen zusätzlich Zug vorrätig, was sich beim Unterhalt positiv auswirken sollte. Dummerweise klappte das mit den Ersatzteilen immer noch nicht besser und der zusätzliche freie Zug verkam schnell zum Ersatzteilspender. Bei den im Einsatz stehenden Zügen änderte sich daher immer noch nichts. Doch dem Betreiber stand nun das Wasser bis zum Hals.

Im Jahre 2010 endete die Geschichte der Firma Cisalpino AG. Die Züge wurden nun zwischen den Schweizerischen Bundesbahnen SBB und der FS aufgeteilt. Dabei änderte sich am Einsatz jedoch nichts.

Jedoch brachten die Bahnen sehr schnell ihre ei-genen Anschriften an und organisierten auch den Unterhalt selber. Ab sofort konnte man zwischen den Zügen der FS und der SBB unterscheiden. Be-sonders dann, wenn sie standen.

Spannend war, dass man sehr oft meinte, dass die Züge der Schweizerischen Bundesbahnen SBB etwas zuverlässiger funktionierten, als jene der FS.

Guter Unterhalt wirkte sich sicherlich positiv aus, nur die Mängel konnte man auch mit dem besten Unterhalt nicht eliminieren.

So blieben die Züge immer wieder stehen, egal von welcher Bahn sie betreut wurden. Man erhoffte sich von der eigenen Firma einfach eine Verbesserung.

Es muss einfach noch einmal erwähnt werden, der Triebzug ETR 470 hatte mit vielen Mängeln zu kämpfen.

Viele Bauteile konnten einfach nicht so lange verbaut werden. Dann kam noch dazu, dass die Firma Cisalpino AG das eingenommene Geld lieber den Aktionären gab, als Ersatzteile zu beschaffen. Nun aber hatten dieses Problem die Bahnen und dabei wurde erkannt, dass diese Teile einfach nicht nach Wunsch geliefert wurden.

Am 17. Mai 2011 sorgte ein ETR 470 zwischen Biasca und Airolo für sehr viel Aufsehen. Der Zug geriet kurz vor dem Gotthardtunnel in Brand. Daraufhin breitete sich im Zug viel Rauch aus. Das Zugpersonal versuchte krampfhaft eine Panik zu vermeiden und der Lokführer in Führerstand suchte verzweifelt eine geeignete Stelle für den Halt. Diese waren aber auf dem Abschnitt rar und es näherte sich erst noch ein Tunnel, der nicht befahren werden sollte.

Auf freier Strecke musste der Zug anhalten und die Leute das Fahrzeug verlassen. Die Strecke über den Gotthard war gesperrt. Die Betriebswehr übernahm dabei die ersten Aufgaben der Rettung im schwer zugän-glichen Streckenabschnitt.

Bis zur Bergung des Triebzuges vergingen daher mehrere Stunden und so lange war die wichtige Bahnlinie gesperrt. Wenn am Gotthard nichts mehr ging, dann herrscht in der Schweiz Alarm.

In der Schweiz führte dieser Vorfall dazu, dass man sich ernsthaft über die Zukunft der Züge Gedanken machte. Man wollte sich besonders in der Schweiz von den Zügen trennen. Besser gestern, als morgen.

Lösungen sah man mit konventionellen Kompositionen mit zwei Loko-motiven. Wirtschaftlich war das nicht, aber es fehlten schlicht passende Züge für Italien. Ausgenommen davon waren die neuen ETR 610, die aber auch nicht ohne jeglichen Zweifel waren.

Ein erneuter Vorfall passierte am 10. Mai 2012 im Bahnhof von Luzern. Bei am Bahnsteig stillstehendem Zug begann sich einige Wagen plötzlich in beide Richtungen zu neigen. Optisch schaukelte er daher hin und her.

Die Neigetechnik hatte wohl einen Blackout. Dank den modernen Me-dien, war der Vorfall schnell im Internet zu finden und belustigte die Leute auf der ganzen Welt. Direkt betroffene Leute sahen das etwas anders.

Auf der weiteren Fahrt funktionierte jedoch alles in gewohnter Weise, so dass der Zug seine Fahrt ohne Störung fortsetzen konnte und schliesslich Basel ohne weiteren Zwischenfall erreichte. Nur, für den Zug war das natürlich nicht die Werbung, die er benötigte. Zumal die Pünktlichkeit der Züge immer noch zu wünschen übrig liess. Nur, war das ja nichts Neues und man gewöhnte sich mittlerweile daran.

Das Problem war, dass sich die Störungen bei den neuen ETR 610 eindäm-men liessen. Es gab sie nicht mehr, die ernst-haften Störungen.

Vermutlich hatte es sich gelohnt, dass man einen Teil der Versuchsfahrten am Gotthard absolviert hatte. Je mehr in den Einsatz kamen, desto öfter funktionierten sie. Das auch, weil das Personal lernte besser damit umzugehen. So konnten die alten Einheiten weiter entlastet werden.

Bei den ETR 470 half das nicht mehr und jeder hoffte insgeheim, dass es in Bodio zu einem Wunder kommen würde. Die Lösung war einfach anhalten, die Leute raus lassen und dann Weiche umlegen direkt in die Monteforno. Dass dort der Ofen seit Jahren abgebaut war, kümmerte niemanden ernsthaft. Hauptsache das Ding war von den Schienen verschwunden. Dass dieser dann selber dafür sorgte, dass es Wirklichkeit werden könnte, verwundert nicht.

Die Batterie eines ETR 470 geriet in Zürich HB in Brand und musste am 19. März 2013 gelöscht werden. Ein Vorfall, der durchaus nicht unbedingt mit dem Zug zusammenhängt, denn man stellte in der Folge fest, dass gewisse Batterien einen Kurzschluss erleiden konnten und dann ein kleiner Brand entsteht. Der Kunststoff, der die Batterie umschloss konnte deswegen in Brand geraten. Neue Batterien mit Metallbehälter hätten daher den Vorfall verhindert.

Im Sommer 2014 kam auf der Gotthardstrecke ein neuer Notfahrplan in Betrieb. Die Neigezüge ETR 470 am Gotthard wurden nun aus dem bisherigen Taktfahrplan genommen und verkehrten neu eine halbe Stunde verschoben zur bisherigen Fahrordnung. Zudem waren die Trasse nicht mehr bogenschnell trassiert, so dass ein funktionierender ETR 470 einen Teil der in Italien aufgelaufenen Verspätung wieder aufholen konnte.

Betrieblich wirkte sich dieser neue Fahrplan im Raum Zug nicht unbedingt positiv auf die S2 aus. Der Neigezug aus dem Süden läuft dabei, wenn er pünktlich ist, in Arth-Goldau der davor verkehrenden S2 auf.

Dadurch kann aber die nach Walchwil verkehrende S2 nicht mehr nach Walchwil fahren. Sie musste in Zug Oberwil gewendet werden. Für den Pendolino entstanden so weitere Reserven in der Fahrordnung.

Es war das letzte Jahr für die ETR 470 der Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Die zur FS gelangten Einheiten waren längst in der Schweiz nicht mehr zu sehen.

Was dort damit passierte, soll uns wenig kümmern, denn noch gab es die Modelle der Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Diese kamen nun aber auch unter Druck und so lautete die Schlagzeile, dass Käufer für die Neigezüge gesucht wurden, denn sie waren ja noch nicht so alt.

Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB hatten mit den Neigezügen die Geduld verloren. So sehr man sich im Unterhalt bemühte, das Ding wollte einfach nicht so richtig funktionieren.

Die neuen Modelle waren deutlich besser unterwegs und nun auch in genügender Menge vorhanden. Was national nach dem Tessin fuhr, war in der Hand der ICN. Es ging nun darum noch etwas Geld für die nicht so alten Modelle zu finden.

Da niemand die Züge wollte und auch der derzeitige Besitzer keine Verwendung mehr hatte, war 2015 klar, was passieren sollte. Sämtliche ETR 470 in der Schweiz sollten der Ausrangierung zugeführt und anschliessenden abgebrochen werden. Die Endlösung für ein Problem, das mit der Ablieferung begann und ab dann viel Papier verbrauchte. Entweder in den Kotztüten, oder in den Zeitungen, wo man ein Opfer gefunden hatte.

Eine interne Regel besagt, dass jedes Fahrzeug, das von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB der Ausmusterung zu-geführt wird, von SBB Historic beurteilt werden darf.

Bei den knapp 25 Jahre alten und nie so richtig funktionierenden Triebzüge ei-gentlich keine grosse Sache. Zumindest so lange, bis jemand auf die Idee kommt, dass der erste Neigezug in der Schweiz zum nationalen Kulturgut gehöre.

Auch wenn das die insgeheimen Fans des ETR 470 hofften. Ein 240 Meter langer Triebzug war für die Stiftung ein grosses Problem, denn der Neigezug sollte in einer Halle abgestellt werden.

Vorerst fand man diese auch an einer Stelle, wo sich die Hoffnungen nicht be-wahrheiten liessen.

Ein Neigezug, der von Beginn an nach diesem Motto unterwegs war, ein pas-sendes Obdach. Nur damit war es na-türlich nicht getan.

Ein nationales Ärgernis, soll plötzlich Kulturgut sein? Ja und so wurde im letzten Augenblick ein kompletter Triebzug hinterstellt. Sollte die Welt wirklich einmal einen historischen ETR 470 zu Gesicht bekommen? Das letzte Wort war dabei noch nicht gesprochen worden. So kam es, wie man es eigentlich bei einem ETR 470 erwarten würde, der Zug landete auch beim Schrotthändler und nur ein Steuerwagen sollte erhalten werden.

Was man mit diesem anstellen wollte, entzieht sich meiner Kenntnis. Auf jeden Fall wurden die letzten Überreste eines grossen Ärgernisses ausgerechnet dort abgestellt, wo man sich seit Jahren damit herumschlagen musste. Der kümmerliche Rest sollte in Erstfeld zu einem Teil der Ausstellung werden. Da aber mit dem Wagen kein fahrbereiter Triebzug mehr entstehen konnte, beenden wir hier die Karriere der ETR 470.

 

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