Willkommen im Zug nach Locarno. Sie haben sich für den Weg in die touristisch bekannte Region um Locarno entschieden. Nachdem sich nun jene von uns verabschiedet haben, die auf der Gotthardroute nach Chiasso fahren wollen, können wir uns besser im Zug verteilen. Die Angaben links und recht bleiben natürlich, sind aber auf den ersten Metern nicht so wichtig, doch am besten wird sein, dass wir losfahren. Das ist jedoch nicht so leicht, denn die ersten Kilometer müssen wir uns den Weg mit den Leuten teilen, die nach Chiasso reisen. Meist hat hier der Zug, der vom Gotthard kam, den Vortritt. So gibt es schlanke Anschlüsse an den Zug in die andere Richtung. Das heisst, fährt der Zug vom Gotthard nach Locarno, dann gibt es Anschluss nach Chiasso oder eben umgekehrt. Da wir den Sonderzug Gotthardbahn verlassen haben, ist klar, wir müssen halt warten, bis dieser Zug den Bahnhof verlassen hat und können erst danach folgen. So haben wir Zeit, uns die besten Plätze im Zug zu ergattern. Da wir jetzt nicht mehr im Sonderzug sitzen, müssen wir den Platz mit der Bevölkerung teilen. Die reden zwar in einer fremden Sprache, sind aber sonst recht nette Leute und im Zug findet man schnell Bekannte. Endlich, es ist soweit, auch unser Zug hat grünes Licht erhalten und kann gleich losfahren. Fahren wir deshalb nach Locarno. Die Türen schliessen automatisch, und der Lokführer erteilt der Lokomotive die notwenigen Befehle. Es geht los, wir verlassen Bellinzona für die letzte Reise zum Ziel. Da ablenkende Weichen zu befahren sind, starten wir langsam.
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Schon kurz nach der Abfahrt kommt wieder ein Tunnel, als ob es nicht schon genug an der Strecke hätte, müssen hier noch die Burgen unterfahren werden. Ein Tunnel so einsam, kann nicht sein, denn der nächste folgt sogleich. Die ersten Meter scheinen eine Bergbahn zu sein, doch es ist flacher als normal und der Zug durchquert schlicht nur die letzten auf einem Feldriegel stehenden Häuser von Bellinzona. Daran ändert sich nicht viel und die S-Bahn fährt durch Häuserzeilen. Erstmals hält sie in Giubiasco, auf dem nächsten Bahnhof. Giubiasco kennen nur wenige Leute genau, aber wer mit Güterwagen zu tun hat, hat schon den Namen gelesen, denn hier werden Güterwagen hergestellt. Wagen, die dann über den Gotthard rollen. Es soll schon vorgekommen sein, dass er die erste Fahrt nicht überstand, aber das war nicht seine Schuld. Nach der Abfahrt erkennen wir auf der linken Seite, wie sich die Strecke in Richtung Chiasso in einem Bogen entfernt. Ab nun gehen wir endgültig getrennte Wege. Wenn wir mit der Aussicht glänzen wollen, haben wir sicherlich die schlechteren Karten gezogen, denn wir bleiben am Talboden und die Magadinoebene ist nun mal dafür bekannt, dass sie eben ist. Eine Ebene stellt man sich flach vor. Das stimmt auch, aber da der Bahnhof von Giubiasco sehr flach war, beginnt die Strecke, die vor der Einfahrt noch leicht angestiegen ist, sich bei der Ausfahrt wieder zur Talebene abzusenken. Wir haben als bereits einen kleinen Teil der Steigung in Richtung Monte Ceneri absolviert. Schon wird der nächste Halt angekündigt, es ist eine kleine Haltestelle, die scheinbar mitten in der Ebene erbaut wurde. Fast unbemerkt verabschiedet sich San Antonino wieder. Gemerkt haben wir es nicht, weil wir an der Baustelle mehr Interesse gezeigt haben, denn wir fuhren kurz vor dem Halt an den zukünftigen Portalen des Basistunnels für den Monte Ceneri vorbei. Kurz war die Reise bis Cadenazzo. Eine kurze Teiletappe, die wir zurück gelegt haben. Ausser etwas Industrie gab es doch hier nicht viel, doch unser Zug verliert hier wieder Leute, denn jene, die nach Luino und somit nach Italien reisen, verabschieden sich, denn hier ist die letzte Möglichkeit um den richtigen Zug zu wählen. Wir bleiben aber im Zug und machen uns nach nur einem kurzen Aufenthalt auf den weg nach Locarno. Dort soll der Tourismus doch zu Hause sein und das wollen wir erleben. Daher ist es sinnvoll, wenn wir sitzen bleiben, denn in Richtung Luino fahren meistens nur die Güterzüge und die brauchen wir ja nicht um die Strecke kennen zu lernen.
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Bei der Ausfahrt aus Cadenazzo fällt einem eigentlich noch nicht viel auf, der Zug befährt weiterhin das linke Gleis und das ist ja normal. Nur, dass es hier nicht mehr zwei Geleise sind, denn das Gleis, das unser Zug gerade befährt führt geradeaus in Richtung Luino. Wir werden demnach noch das Gleis wechseln müssen. Dank diesen weit aussen montierten Weichen, können schlanke Kreuzungen mit den Güterzügen ermöglicht werden. Wirklich im letzten Augenblick dreht unser Zug nach rechts weg. Die auf der linken Seite sitzenden Leute können nun erkennen, wie die Strecke nach Luino geradeaus weiter führt. Die beiden Schranken bilden dann den Abschluss von Cadenazzo. Wir befinden uns nun endgültig auf dem Weg nach Locarno. Eine Möglichkeit, falsch abzubiegen besteht also nicht mehr. Nachdem der lange Bogen abgeschlossen ist, fährt der Zug geradeaus in Richtung Ticino. Wir überqueren nun den Ticino ein letztes Mal. Die 256 m lange Stahlfachwerkbrücke ist zugleich die längste Brücke, die wir auf unserer Fahrt von Immensee nach Locarno überqueren. Länge gibt es nun südlich von Arth-Goldau nicht mehr. Somit könnte man diese Stahlbrücke als die längste der Gotthardbahn bezeichnen. Nur ist das so nicht unbedingt richtig, denn wir sind eigentlich nicht mehr auf der Gotthardbahn, sondern auf einer Strecke der Tessiner Talbahnen. die Tessiner Talbahnen waren ein Teil der Gotthardbahngesellschaft, jedoch nur teilweise Teil der Gotthardlinie. Trotzdem gelten auch hier noch die Kilometerangaben seit Immensee. Die Steigung vor der Brücke diente nur dazu, den Zug über den Damm zu heben. Der Damm wurde nötig um den Ticino in das Flussbett zurückzudrängen. Dadurch wurden die Sumpfgebiete trocken und wertvoller Boden entstand. Mit dem verschwundenen Sumpfgebiet, wurde auch die Malaria in der Schweiz beseitigt. Die Magadinoebene wurde nebenbei noch zum Gemüsegarten der Schweiz. Nach der Brücke senkt sich das Gleis wieder und der Zug nähert sich in einer weiten nach links gebogenen Kurve ab und erreicht so den Bahnhof von Riazzino-Cugnasco. Die Zeiten mit regem Personenverkehr scheinen hier vorbei zu sein, denn der Zug hält nicht und fährt nur durch den Bahnhof. Dabei wäre der Bahnhof doch ein guter Grund gewesen, sich etwas zu verweilen. Er steht zwar mitten im Feld und ist für die Bewohner nicht leicht zu erreichen, dafür ist er aber sehr speziell, denn in Riazzino-Gugnasco haben wir den tiefsten Punkt des schweizerischen Schienennetzes erreicht. Seit dem höchsten Punkt der Strecke, sind 85'120 Meter vergangen. Die Höhendifferenz betrug 949.7 Meter und somit haben wir nun eine Höhe von 201.6 Meter über Meer erreicht. Tiefere Geleise innerhalb der Schweiz gibt es also nicht mehr. Nach dem wir den Bahnhof verlassen haben, steigt die Strecke wieder leicht an, denn wir müssen ja steigen, denn sonst hätten wir ja nicht den tiefsten Punkt erreicht. Dabei stoppte der Zug noch an den beiden Haltestellen Riazzino und Gordola. Das gerade Gleis führt uns also nach Gordola, wo die Strecke eine enge Kurve nach links macht und ihren Charakter ändert. Wir verlassen die Magadinoebene nun. Nach der Kurve kommt die nächste grosse Stahlbrücke. Wir überqueren mit unserem Zug die Verzasca. Das Flussbett unter der Brücke ist breit und mit vielen Steinen belegt. Dabei ist die Brücke über den Fluss, der nur wenige Meter breit ist, mit 101 Meter eine recht lange Brücke. Das ist aber bei der Verzasca notwendig, denn diese scheinbar trockenen Flussbette sind sehr gefährlich. Die Verzasca entspringt weit oben in den Bergen und wird dann in einer der gewaltigsten Staumauern der Schweiz gestaut. Die Mauer gehört zu einer der bekanntesten Talsperren, denn sie diente als Filmkulisse für den James Bond Film Golden Eye. All das beruhigt unten im Tal die Verzasca, denn dank der Mauer können die grossen Schwankungen aufgefangen werden. Gehen aber über den Bergen heftige Gewitter nieder und ist der Stausee gefüllt, wird das anfallende Wasser über die Mauer geleitet und unten im Tal kann schlagartig Hochwasser entstehen. Bei den flachen Flussbetten führt das dann dazu, dass sich aus dem scheinbar harmlosen Fluss ein reissender Strom entwickelt. Wer jetzt im Flussbett ist, hat keine guten Karten mehr. Da die Bahnlinie das Flussbett jedoch überquert ist das für die Züge keine Gefahr. So können wir uns nun dem Bahnhof von Tenero nähern. Hier wurden die Anlagen so stark vereinfacht, dass die Züge den Bahnhof nur sehr langsam befahren dürfen. Wir befinden uns nun wieder auf einer Höhe von 202,8 Meter. Seit Riazzino-Cugnasco sind wir also nur etwas mehr als einen Meter angestiegen. Sie sehen, die Strecke ist hier wirklich flach. Nach dem Bahnhof Tenero verschwindet unser Zug im letzten Tunnel dieser Strecke. Mit einer Länge von 763 Meter ist er für den Bereich, recht lange geworden. Der Tunnel hatte aber den Vorteil, dass die Strecke hier etwas direkter geführt werden konnte. Dadurch kommen die Züge etwas schneller nach Locarno, das nur noch wenige Minuten entfernt liegt. Die Strecke führt nun in vielen Kurven dem Hang entlang nach Locarno. Links begleitet uns nun der Lago Maggiore. Er ist der erste natürliche See, denn wir seit Flüelen zu sehen bekommen. Die Streckenlänge betrug dabei 138 Kilometer. Doch nun sind wir im Süden und am Langensee. Die Fahrt über den Gotthard hat sich trotzdem gelohnt. Die Stimme im Lautsprecher kündigt den nächsten Halt an. Es ist Locarno, wir haben das Ziel unserer Reise erreicht. Aus dem kühlen Norden, sind wir nun im wunderbar warmen Süden angekommen. Der Zug verzögert und kommt letztlich im Bahnhof zum stehen. Es heisst aussteigen bitte, denn der Zug endet hier. Das stimmt sogar, denn Locarno ist ein Kopfbahnhof. Bleibt noch zu erwähnen, dass auch der Bahnhof Locarno eigentlich nicht in Locarno steht, denn der 204.8 Meter hoch gelegene Bahnhof von Locarno steht eigentlich in Muralto. Nur das kennt wirklich niemand mehr und in Anbetracht der Tatsache, dass wir Locarno erreicht haben, lässt uns auch nicht viel an der Strecke und den Bahnhof denken. Wir haben Urlaub!
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So schnell lasse ich Sie aber nicht los, denn Locarno ist ein besonderer Bahnhof. Nicht, dass er der einzige Kopfbahnhof der Schweiz wäre. Nein, er ist ein Kopfbahnhof, bei dem das Aufnahmegebäude seitlich der Gleise angebracht wurde. Das ist selten und hatte hier sogar einen einfachen Grund, den wir nun kennen lernen werden. Beim Bau der Strecke, sollte diese in Locarno nicht enden. Sie sollte weiter führen und so die weiter hinten gelegenen Gebiete und Ascona ebenfalls noch erreichen. Da es jedoch am Geld fehlte, baute man die Strecke vorerst bis Locarno. Den Rest wollte man dann später noch bauen und so diese Linie beenden. Das Projekt ging jedoch vergessen, es kam eine Schmalspurbahn und die geplante Stecke wurde nie mehr gebaut. So haben wir heute halt den Kopfbahnhof, der eigentlich gar nie einer werden sollte. Wer nun aber nicht ein paar schöne Stunden in Locarno verbringen will, kann nun die Reise fortsetzen. Die Züge der FART fahren ab dem Bahnhof Locarno und führen Sie bis an die Simplonachse. In einem unterirdischen Bahnhof stehen die Züge der FART bereit. Diese Züge, sofern Sie nicht einen des Regionalverkehrs nehmen, bringen Sie durch das Centovalli nach Domodossola. Spezielle Rundfahrten bieten diese Linie, die zum Schweizerischen Tarifsystem gehört, an. Das ist besonders, denn die Strecke teilen sich zwei Bahnen, die FART ist im schweizerischen Teil zuständig. Ab der Grenze übernimmt dann die italienische SSIF den Verkehr bis Domodossola. Somit ist die SSIF eine der wenigen Bahnen ausserhalb der Schweiz, die sich dem schweizerischen Tarifsystem angeschlossen hat.
Sie reisen bei diesen Rundfahrten von Zürich nach Locarno, Domodossola und Brig, Bern wieder nach Zürich zurück. Dabei reisen Sie in einem Tag durch drei der längsten Tunnel der Schweiz. Wir wollen aber noch ein paar Worte über Locarno verlieren. Dann ist fertig, die technischen Infos kommen noch und Sie können endlich in den Urlaub gehen. Als die FART früher noch durch Locarno fuhr, waren ihre Geleise die am tiefsten liegenden Geleise der Schweiz. Jedoch musste die Linie in einen Tunnel verlegt werden, weil sich die Züge oft mit dem Strassenverkehr anlegten. Aber noch ein weiterer Punkt sprach für die Verlegung, denn im Frühjahr, wenn der hohe Pegel des Lago Maggiore die Piazza überschwemmte, war die Bahnlinie unterbrochen, weil die Geleise im See waren. Locarno ist aber eine touristisch sehr beliebte Gegend. Hier herrscht schon der italienische Einfluss. Doch gerade deshalb wirkt Locarno wieder etwas schweizerischer, als man das erwarten würde. Die Region bietet viele Attraktionen in den Bergen oder lädt zum baden im See ein. Wer einmal durch Locarno ging, merkte schnell, es wird deutsch gesprochen und man hatte das Gefühl, es sei Sonntag.
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Technische Daten Immensee – Bellinzona - Locarno |
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Streckenlänge: | Seit Immensee | 171'940 m | |||||||||
Eröffnung: | 01. Juni 1882 | ||||||||||
Anzahl Brücken: | Regelgleis Nord - Süd | 21 | |||||||||
Anzahl Brücken: | Regelgleis Süd - Nord | 22 | |||||||||
Längste Brücke: | Ticino Cadenazzo | 256 m | |||||||||
Anzahl Tunnel: | Regelgleis Nord - Süd | 42 | |||||||||
Anzahl Tunnel: | Regelgleis Süd - Nord | 48 | |||||||||
Längster Tunnel | Gotthard | 15'003 m | |||||||||
So nachdem die Statistiker auch noch etwas zum Verbuchen gefunden haben, kann ich die Reise über den Gotthard nach Locarno abschliessen. Ich hoffe, dass Ihnen die virtuelle Fahrt über den Gotthard gefallen hat. Diese Fahrten können Sie jederzeit machen, denn die Züge über den Gotthard verkehren stündlich und die Anschlüsse klappen meistens sehr gut. Viele Interregio aus der deutschsprachigen Schweiz fahren direkt nach Muralto, äh Locarno. Wer auch einmal den Blickwinkel des Lokführers erleben will, kann sich auf dem Reiseportal der SBB erkundigen, denn dort werden immer wieder Fahrten von Arth-Goldau nach Locarno oder zurück angeboten. Zwar ist das Angebot nicht billig, aber denken Sie einfach daran, es ist eine einmalige Gelegenheit, die dramatischen Veränderungen in der Leventina auch zu sehen und dabei zu erleben, dass die Lokomotiven Schwerarbeit leisten müssen. Diese virtuelle Fahrt fand im Jahre 2010 statt. Daher gelten alle Angaben und Angebote für dieses Jahr. Die Angebote können sich ändern und mit der NEAT werden die Strecken und Fahrpläne sicherlich auch verändert werden. Wenn Sie eine Reise unternehmen wollen, dann erkundigen Sie sich am besten am Bahnschalter, denn dort liegen immer wieder die aktuellsten Angebote bereit.
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Doch noch eine Fahrt nach Chiasso? | Fahren Sie schon jetzt auf der NEAT | ||||||||||
Die Gotthardstrecke in Bild und Ton |
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Die hier virtuell beschriebene Gotthardstrecke auch in Bild und Ton erleben! „GOTTARDO“, 150 Jahre Schweizer Eisenbahnen 1997 am Gotthard Bestellen Sie diese streng limitierte DVD unter folgender Email-Adresse: Fridolin Jenny
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