Druckluft und Bremsen

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Für die Bremsen und viele andere Verbraucher der elektrischen Ausrüstung benötigte man auf dem Triebwagen zwingend Druckluft. Diese wurde mit Hilfe eines im Gepäckraumes montierten Kompressors erzeugt. Damit dieser Luftpresser vor Beschädigungen geschützt war und der Lärm im Gepäckabteil reduziert werden konnte, wurde der Kompressor in einem Korpus montiert. Spezielle Türen erlaubten den Zugang bei Wartungsarbeiten.

Erzeugt wurde die Druckluft indem zuerst durch ein seitlich in der Seitenwand eingebautes Lüftungsgitter in den Innenraum gezogen wurde. Dort konnte sich die durch den Fahrtwind bewegte Luft wieder beruhigen. Filtermatten, die eine grobe Reinigung ermöglichten, waren in den Lüftungsgittern eingebaut worden. So wurde verhindert, dass zu viel Schmutz in die empfindlichen Leitungen des Luftsystems gelangen konnten.

Der Kolbenkompressor bezog die Luft daher im kleinen Maschinenraum. Der Ansaugstutzen war mit einem zu-sätzlichen Filter versehen, der auch kleinere Flugkörper entfernte.

Die so gereinigte Luft wurde anschliessend in den Kolben des Kompressors verdichtet und anschliessend in die Leit-ung entlassen.

Waren die Leitungen leer, wurde der Druck anschliessend sofort wieder abgebaut. Durch den andauernden Zustrom von Luft stieg der Druck jedoch an.

Da die verdichtete Luft stark erwärmt wurde, schied sie durch den Druckabfall in der leeren Leitung Wasser aus. Wasser in einem System mit Druckluft stellt lediglich ein Problem dar, wenn es gefriert.

Damit dies nicht passieren konnte, wurde das Wasser im Wasserabscheider aus der Leitung entfernt und in einem Gefäss gesammelt. Im regelmässigen Unterhalt musste der Wasserabscheider jedoch durch das Personal geleert wer-den.

Letztlich gelangte die geschöpfte Luft vom Kompressor in die Druckbehälter. Diese als Hauptluftbehälter bezeich-neten Volumen bildeten einen Vorrat, so dass im Betrieb der Kompressor nicht dauernd arbeiten musste. Mit speziellen Absperrhähnen konnte dieser Behälter isoliert werden. Dadurch konnte die Druckluft auch gespeichert werden. Das war ein wichtiger Punkt, da die Druckluft zum Einschalten des Triebwagens benötigt wurde.

Der maximal zugelassene Druck der Behälter war auf 12 bar festgelegt worden. Damit dieser nicht überschritten werden konnte, war in der Leitung zwischen Kompressor und Hauptluftbehälter ein Überdruckventil vorhanden. Öffnete sich dieses Ventil wurde unter grosser Lärmerzeugung die Luft wieder in den Innenraum entlassen, wo sie vom Kompressor wieder angezogen werden konnte. Es entstand ein sinnloser Kreislauf.

Betrieblich wurde der Druck in den Hauptluftbehältern auf einen Wert zwischen acht und zehn bar eingestellt. Dieser Wert war mittlerweile bei Triebfahrzeugen üblich und er war auch in der an den Behältern angeschlossenen Speiseleitung vorhanden. Diese neuartige Leitung wurde für die Vielfachsteuerung und bei Pendelzügen zwingend benötigt. Daher wurde sie ohne weiter behandelt zu werden, direkt zu den beiden Stossbalken geführt.

An beiden Stossbalken waren daher zwei Luftschläuche mit dem entsprechenden Absperrhahnen vorhanden. Damit diese Leitung nicht mit der Hauptleitung für die Bremsen verwechselt werden konnte, wurden die Kupplungen gespiegelt ausgeführt.

Neben den Kupplungen, wurden auch die Bedienhebel der Absperrhähne mit weisser Farbe gekenn-zeichnet. Damit haben wir jedoch diese Speiseleitung mit allen Punkten kennen gelernt.

Die Verbraucher auf dem Fahrzeug wurden nicht direkt an der Speiseleitung angeschlossen. Vielmehr wurde eine Apparateleitung eingebaut. Diese Leitung wurde über ein Reduzierventil an der Speise-leitung angeschlossen.

Dadurch konnte man einen ausgeglichenen Druck in der Leitung für die Apparate schaffen. Das war für die Bedienung der einzelnen Baugruppen ein grosser Vorteil, da dort nicht überall Schwankungen zu-gelassen waren.

Nicht mehr an die Apparateleitung angeschlossen wurde die Handluftpumpe zur manuellen Erzeugung von Druckluft. Diese war nun in der Zuleitung zum Stromabnehmer und zum Hauptschalter eingebaut worden.

Letztlich waren das die einzigen beiden Baugruppen, die mit Hilfe der Handluftpumpe versorgt werden mussten. Konnte man diese beiden Gruppen schalten, war es leicht möglich den Triebwagen einzu-schalten.

Ein spezielles Rückschlagventil verhinderte, dass diese mühsam erzeugte Druckluft in die Apparate-leitung gelangen konnte. Die bisher in diesem Fall erforderlichen manuellen Umschaltungen der Handluftpumpe waren daher nicht mehr nötig.

Dadurch konnte letztlich auch die Pumpe einfacher ausgeführt werden. Trotzdem sollte diese Art der Inbetriebnahme weiterhin ein Kraftakt bleiben. Man war froh, wenn möglichst wenig gefüllt werden musste.

Da wir die Verbraucher von Druckluft bei der elektrischen Ausrüstung des Triebwagens noch genauer ansehen werden, können wir als von den Bremsen unabhängige Verbraucher, eigentlich nur die Einstiegstüren und die Scheibenwischer ansehen. Jedoch war damit auch zu erkennen, dass bei modernen Fahrzeugen immer mehr Funktionen mit Hilfe von Druckluft erzeugt wurden. Daher war deren Erzeugung so wichtig.

Trotz aller neuen Funktionen, waren die pneumatischen Bremsen des Triebwagens die wichtigsten Verbraucher geblieben. Beim Bedarf von Druckluft waren die Bremsen durchaus auch an der oberen Stelle zu finden. Besonders dann, wenn die Bremsen benutzt werden mussten und von diesen Bremsen gab es mittlerweile viele. Trotzdem erhielt der Triebwagen die üblichen Bremsen. Wir sollten dennoch einen genauen Blick darauf werfen.

Beginnen wir mit der einfacheren und direkt wirkenden Rangierbremse. Die-se hatte in den Vorschriften und bei den Zügen die Regulierbremse abge-löst.

Damit wirkte sie nur noch auf den bedienten Triebwagen. Eine Leitung, die es auch erlaubte andere Fahrzeuge damit zu bremsen, gab es bei den Triebwagen nie.

Selbst die Lokomotiven der BLS ver-zichteten im Gegensatz zur Staatsbahn auf diese Leitung. Sinnvoll wäre sie nur bei der Vielfachsteuerung gewe-sen.

Mit Hilfe eines Ventils konnte die Zufuhr von Druckluft zum Brems-zylinder stufenlos geregelt werden.

Je grösser der Druck in der Leitung war, desto besser wurde die Bremswirkung. Diese direkte Wirkweise, erlaubte eine schnelle Ansteuerung der Bremsen. Daher wurde sie in erster Linie im Rangierdienst angewendet, da dort schnell wirkende Bremsen von bedeutender Wichtigkeit waren. Daraus wurde schliesslich der Name abgeleitet.

Die Bremskraft der Rangierbremse, die auf alle Radsätze wirkte, war überraschend gross ausgefallen. So erreichte der Triebwagen ein Bremsgewicht von 102 Tonnen. Das war der Fall, weil die maximale Bremskraft der Rangierbremse der normalen P-Bremse entsprach. Jedoch war bei der direkten Bremse dieses Bremsgewicht nicht gesichert verfügbar, da eine undichte Leitung dazu führen konnte, dass nicht der volle Druck beim Bremszylinder ankam.

Damit können wir zum zweiten Bremssystem wechseln. Nach all den Jahren konnte sich die BLS-Gruppe endlich von der antiken Westinghousebremse verabschieden. Neu wurde eine automatische Bremse aus dem Hause Oerlikon Bremsen verwendet. Obwohl sich an der grundlegenden Funktion wenig geändert hatte, war diese Bremse deutlich besser geworden und sie erlaubte auch höhere Geschwindigkeiten auf den bestehenden Strecken.

Auch die automatische Bremse arbei-tete mit einer durchgehenden Leitung. Diese Hauptleitung war an den Stoss-balken in jeweils zwei Brems-schläuchen verfügbar.

Damit ein geschlossenes System ent-stehen konnte, waren die Schläuche mit den entsprechenden Absperr-hähnen ausgerüstet worden.

Der reguläre Druck in dieser Leitung betrug fünf bar und entsprach damit der klassischen Westinghousebremse der älteren Fahrzeuge.

Eine Bremsung wurde eingeleitet, indem der Druck in der Hauptleitung abgesenkt wurde.

Damit man nun aber mit den gleichen Bremszylindern arbeiten konnte, musste die Ansteuerung des Zylinders über ein spezielles Bremsventil erfolgen. Dieses Steuerventil war letztlich dafür verantwortlich, dass man von einer Oerlikon-Bremse sprach. Das Steuerventil war von der Bauart Oerlikon und nicht mehr Westinghouse, daher der geänderte Name.

Das Steuerventil der Oerlikon-Bremse war ein Hochleistungsventil, das nicht auf die G-Bremse umgestellt werden konnte. Dieses Ventil erlaubte neben der üblichen P-Bremse auch eine von der Geschwindigkeit abhängige Erhöhung der Bremskraft. Damit war eine R-Bremse vorhanden. Diese erlaubte schliesslich auch, dass der Triebwagen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h fahren konnte und trotzdem noch sicher vor den Signalen zum Stehen kam.

Ein automatischer Lastausgleich, also die Anpassung der Bremskraft entsprechend der Beladung, war jedoch nicht vorhanden. So wurden die Bremsanschriften am Triebwagen auf eine mittlere Beladung ausgelegt. Diese Lösung war damals bei Triebfahrzeugen üblich. In diesem Punkt gehörten natürlich die Triebwagen auch dazu. Bei einem Modell, wie dem hier vorgestellten, konnte das nachteilige Auswirkungen haben.

Die Rechnung war daher relativ einfach. So wurde für die P-Bremse ein Bremsgewicht von 102 Tonnen angegeben. Dem gegenüber stand das Gewicht, das mit 96 Tonnen bestimmt worden war. Die Berechnung der Bremsen mit Einbezug der P-Bremse ergab daher ein Bremsverhältnis von 106%. Damit war bei diesem Triebwagen durchaus ein ausreichendes Bremsverhältnis vorhanden. Jedoch reichte die Bremskraft nicht für hohe Geschwindigkeiten.

Mit der R-Bremse, die nur bei Geschwindigkeiten von mehr als 60 km/h aktiv wurde, erreichte der Triebwagen ein Bremsgewicht von 128 Tonnen. Unter 50 km/h stand sie zudem nicht mehr zur Verfügung. Damit war für die Bremsrechnung nun ein Bremsverhältnis von 133% vorhanden. Das hatte zur Folge, dass auch der gut besetzte Triebwagen mit Höchstgeschwindigkeit 125 km/h nach der neuen Zug- und Bremsreihe R 125% verkehren konnte. 

Da das Steuerventil zudem mehrlösig war, konnte die Bremsung mit dem Triebwagen leicht geschwächt oder verstärkt werden. Ein Vorteil der neben den guten Bremsen dafür sorgte, dass man die Beladung vernachlässigen konnte. Jedoch haben wir bisher schlicht noch keine Bremswirkung, denn alle Systeme steuerten lediglich einen Bremszylinder an. Damit darauf die erwähnten Bremskräfte entstehen konnten, müssen wir die mechanischen Teile der Bremse ansehen.

Die mechanischen Bauteile der Bremsen begannen daher mit dem Bremszylinder. Der Zylinder wurde mit der vom Steuerventil kommenden Druckluft betrieben und wurde mit Hilfe der Kraft des Luftdruckes aus-gestossen.

Wurde die Luft aus dem Bremszylinder abgelassen, sorg-te eine eingebaute Feder dafür, dass die Bremsklötze sicher vom Rad abgehoben wurden. Jedoch wurde kei-ne Bremsung mit Hilfe der Kraft der Feder bereit-gestellt.

Am Kolben des Bremszylinders angeschlossenen wurde das Bremsgestänge. Dieses Gestänge war so ausgelegt worden, dass die Bewegung des Bremszylinders dazu führte, dass die Bremssohlen der Klotzbremse gegen die Räder gepresst wurden.

Ein automatischer Bremsgestängesteller veränderte das Gestänge laufend. So wurde dieses im Betrieb an die Abnützung der Bremsklötze angepasst. Das erlaubte eine gleichbleibende Bremskraft.

Dadurch wurde jedes Rad mit, von beiden Seiten aus wirkenden Bremsklötzen und hoher Kraft gegen die Lauffläche gepresst. Die insgesamt 32 Bremsklötze hemmten damit die freie Drehung des Rades mit Hilfe der Haftreibung. Das Fahrzeug wurde so verzögert und konnte angehalten werden. Diese Bremse entsprach damit den vorhandenen Ausführungen und benötigten ebenfalls keine neuen Ersatzteile, wie zum Beispiel Bremssohlen.

Bei den Triebachsen wurde für jede Achse ein eigener Bremszylinder mit Bremsgestänge vorgesehen. Der Grund für diese Lösung fand sich bei den im Drehgestell eingebauten Fahrmotoren. Diese verhinderten durch den benötigten Platz, dass ein umfangreiches Bremsgestänge erstellt werden konnte. Als Folge davon musste pro Drehgestell ein zusätzlicher Bremszylinder verwendet, was das Gewicht des Fahrzeuges erhöhte.

Anders gelöst wurde das Bremsgestänge der Laufachsen. Hier wurde für jedes Drehgestell ein Bremszylinder vorgesehen, der über ein Bremsgestänge sämtliche acht Bremsklötze der Laufräder miteinander verbunden hatte. Durch den in diesem Laufdrehgestell vorhandenen Platz konnte man so das Gewicht eines Bremszylinders sparen und bekam zudem ein sehr gut ausgelegtes Bremsgestänge. Wie könnte es anders sein, es entsprach den Einheitswagen.

Ein Punkt der bei den mechanischen Bremsen immer wieder vergessen wird, ist deren thermische Belastung. Beim Rollmaterial bstimmt auch dieser Wert die Leistung und damit die Höchstgeschwindigkeit des Triebwagens. Hier kann jedoch vermerkt werden, dass auch in diesem Punkt die bei Reisezügen üblichen 125 km/h erreicht werden konnten.

Die Bremsgestänge der Laufachsen wurden nicht nur mit dem Bremszylinder verbunden. Man schloss zusätzlich die Handbremse an diesen Bremsgestängen an. Diese Handbremse wirkte rein mechanisch auf das Bremsgestänge. Dadurch funktionierte diese Bremse von der Druckluft unabhängig. Da die Bedienkurbel mit einer Verriegelung versehen worden war, durfte sie auch als Feststellbremse verwendet werden.

Somit konnten sämtliche Laufachsen mit der Handbremse abgebremst werden. Das reichte durchaus um den Triebwagen auf dem ganzen Netz der BLS-Gruppe abzustellen. In der Regel erfolgte das jedoch nicht in den steilsten Abschnitten der Bergstrecken. Jedoch reichten beide Handbremsen auch dort. Wir können daher auch bei der Handbremse feststellen, dass die Bremse der Bauart Oerlikon sehr gut ausgelegt worden war.

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