Bedienung des Triebwagens

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Um den Triebwagen bedienen zu können, musste das Lokomotivpersonal zuerst in diesen gelangen. Dazu standen auch dem Personal die vier Einstiegstüren zur Verfügung. Einen eigenen Zugang zum Führerstand gab es jedoch nicht mehr. Die Wendezeiten an den jeweiligen Endbahnhöfen hatten gezeigt, dass der Fahrgastwechsel bereits abgeschlossen war, wenn das Lokpersonal soweit war, dass es den Führerraum wechseln konnte.

Um uns den Weg etwas zu vereinfachen werden wir den vorderen Führerstand auf der Seite des Gepäck-abteils ansehen. Zu diesem gelangte man nur durch den Gepäckraum.

Dabei passierte das Lokomotivpersonal auch den technischen Bereich mit dem kleinen Maschinen-raum. Dort mussten die Hähne zu den Haupt-luftbehältern geöffnet werden.

Im Schrank mit den Relais erfolgten Kontrollen und die Batterie, sowie die Steuerung wurden einge-schaltet.

Wir können damit in den Führerstand gehen. In diesen gelangte das Lokomotivpersonal durch eine Türe. Bei einem kurzen Überblick erkannte dieses den links angeordneten Führertisch, die rechts da-von vorhandene Sitzbank mit dem davor montierten Korpus für die Handbremse.

Der Boden war mit Holz belegt worden. Die Wände und Decke entsprachen den Abteilen und der Tisch des Lokführers wurden, wie der Korpus, in einer hellen grünen Farbe gestrichen.

Wie bei den Triebwagen der Schweizerischen Bun-desbahnen SBB üblich und bei den Lokomotiven seit den neusten Modellen auch der Fall, konnte der Lokführer seine Arbeit sitzend verrichten.

An Stelle eines Stuhles wurde jedoch nur ein einfacher frei verschiebbarer Hocker verwendet. Als Ergänzung wurde an der Rückwand noch eine gepolsterte Rückenlehne montiert. Es entstand so eine überraschend bequeme Sitzgelegenheit.

Setzte sich der Lokführer, sah er vor sich den Führertisch mit den sehr kompakt angeordneten Bedienelementen. Diese mussten so knapp montiert werden, weil der Faltenbalg mit dem Durchgang den Platz für diesen Tisch gewaltig einengte. Jedoch hatte der Lokführer so alle für den Betrieb wichtigen Elemente vor sich. Was nicht so wichtig war, oder nur gelegentlich verstellt werden musste, verschob man an die Rück- beziehungsweise an die Seitenwand.

Wollte das Personal den Triebwagen in Betrieb nehmen, musste zuerst der Kasten mit den Steuerschaltern freigegeben werden. Dieser besass einen Schlüssel, den es in jedem Führerstand nur einmal gab.

In diesem Verriegelungskasten waren die Schalter gefangen, so lange der Schlüssel nicht eingesteckt und gedreht wurde. Wurde der Führerstand nicht bedient, war der Schlüssel in einem sepa-raten Fach versteckt worden.

War der Verriegelungskasten frei, konnte mit den Schaltern die Steuerung aktiviert, der Stromabnehmer gehoben und der Kom-pressor vorbereitet werden.

Der mit einem speziellen Griff gekennzeichneten Schalter zum Hauptschalter sollte erst betätigt werden, wenn der Stromabnehmer gehoben war. Ob in der Fahrleitung Spannung vorhanden war, erkannte der Lokführer jedoch erst, wenn er den Hauptschalter einschaltete.

Weiter waren in diesem Kasten auch die Schalter für die Zugsheizung, die Beleuchtung der Abteile und für die Dienstbeleuchtung eingebaut worden. Dabei kannten die Schalter zu den Beleuchtungen drei Stellung und im verriegelten Zustand waren sie auf neutral blockiert. Die Beleuchtung konnte daher nur im besetzten Führerstand ein- oder ausgeschaltet werden. Diese Lösung war wegen der Möglichkeit, eine Fernsteuerung einzurichten, nötig geworden.

Nachdem nun der Triebwagen eingeschaltet war, konnten die Bremsen aktiviert und geprüft werden. Dazu musste jedoch der Hahn zu den Bremsventilen geöffnet werden. Dieser befand sich im Führerpult links vom linken Bein in einem mit Türchen beschlossen Bereich. Dort war auch der Schlüssel zum Verriegelungskasten verstaut, wenn der Führerstand nicht besetzt war. Durch Drehen des Griffes wurden jedoch die Bremsventile aktiviert.

Diese Ventile fand der Lokführer auf der linken Seite und zwar war näher zum ihm das Bremsventil der automa-tischen Bremse und etwas weiter entfernt jenes zur Regulierbremse vorhanden.

Beim Regulierbremsventil handelte es sich um ein übliches Ventil der Bauart Westinghouse. Durch Drehen des Hand-rades konnte mehr oder weniger Druck in die Brems-zylinder geleitet werden. Es war daher leicht zu bedienen.

Das Führerbremsventil für die automatische Bremse stammte aus dem Hause Oerlikon und war vom Typ FV3b. Es musste zuerst von der Abschlussstellung in die Fahr-stellung verbracht werden.

Dazu zog der Lokführer einfach den Griff in seine Richtung und bewegte ihn, bis eine erste Rastrierung bemerkt wur-de. Es war nun die Druckregelung aktiv und der Druck in der Hauptleitung wurde automatisch auf fünf bar erhöht.

Mit der Füllstellung, bei der der Griff wieder bis zum An-schlag von sich weggeschoben werden musste, konnte maximal ein Druck von 5.4 bar in der Hauptleitung erzeugt werden.

So konnten mit dieser Niederdrucküberladung Unterschiede zwischen den Führerbremsventilen ausgeglichen werden. Wurde der Griff wieder in die Fahrstellung verbracht, regelte das Ventil den Abbau dieser Niederdrucküberladung automatisch. Der Abbau erfolgte daher so langsam, dass die Bremsen nicht ansprechen konnten.

Eine Bremsung wurde eingeleitet, indem der Griff gegen sich gezogen wurde. Nach einer erneuten Raste konnte der Druck im Bereich von 4.6 bis 3.5 bar feinfühlig eingestellt werden. Bei einem Auslass von 3.5 bar erfolgte die nächste Rastrierung, die die Vollbremse markierte. Zug man den Griff weiter in diese Richtung erfolgte am Anschlag schliesslich die Schnellbremse und die Hauptleitung wurde komplett entleert.

Es handelte sich beim Führerbremsventil FV3b um ein neues Ventil. Dieses bot den gleichen Komfort bei der Bedienung, wie das auf den Lokomotiven der Bauart Ae 4/6 verwendete Modell. Hatte jedoch den Vorteil, dass kein ungewollter Hochdruckfüllstoss generiert werden konnte.

So war es zwar in seiner Leistung etwas beschränkt, war jedoch für den Einsatz dieses Triebwagens bestens geeignet. Erst mit der Weiterentwicklung dieses Ventils zum Modell FV4a wurde dieses Manko behoben.

Rechts von den Bremsventilen befand sich schliesslich noch ein Druckknopf. Dieser erlaubte die Bedienung der Schleuderbremse und erzeugte beim Drücken einen Druck im Bremszylinder von 0.8 bar.

Diese war jedoch vor der Fahrt, im Gegensatz zu den anderen beiden Bremsen, nicht zu prüfen. Angewendet werden sollte diese Schleu-derbremse auch nur bei schlechten Zustand der Schienen und um dabei den Schleuderschutz zu unterstützen.

Die Anzeigen der pneumatischen Drücke und Spannungen und Ströme befanden sich im direkten Blickfeld des Lokführers oberhalb des Verriegelungskasten.

Die eingebauten Instrumente wurden von der Rückseite her be-leuchtet und konnten daher auch bei Dunkelheit erkannt werden. Wobei der Lokführer in diesem Bereich eigentlich nur die Ströme regelmässig beachten musste. Die anderen Anzeigen dienten der Information.

Nach Abschluss der Bremsproben wurde der Triebwagen mit der direkten Bremse gesichert. Erst jetzt wurde die Handbremse gelöst. Dazu musste der Lokführer jedoch aufstehen, weil die Kurbel dazu auf der Seite des Heizers auf dem Korpus platziert werden musste. Da der Bedienbereich mit der Türe so abgeschlossen werden konnte, dass kein Zugang möglich war, war die Kurbel der Handbremse für die Reisenden frei zugänglich.

Der Beginn einer Fahrt, war nicht so einfach, wie bei den meisten Lokomotiven. Es waren dazu mehr Handlungen zu erledigen. Für das Lokomotivpersonal stellte das kein grösseres Problem dar. Es bedeutet für uns, dass wir diese Schritte einzelnen betrachten müssen.

Vertraut war die Wahl der Fahrrichtung, denn dazu war unterhalb des grossen Handrades ein ein-facher Griff vorhanden. Schob man diesen nach vorne, wurden die Wendeschalter entsprechend eingestellt.

Der grosse Unterschied kam nun, denn der Triebwagen sollte in der Regel mit verschlossenen Türen verkehren. Schliesslich haben wir diese bei der Inbetriebnahme geöffnet. Um diese wieder zu schliessen, musste in Führertisch die rot leuchtende Taste gedrückt werden.

Die Türen der an der Vielfachsteuerung angeschlossenen Fahrzeuge und beim Triebwagen wurden durch die Steuerung verschlossen und verriegelt. Löschte die Lampe, war die Türen geschlossen.

Da jedoch bei den Türen kein Einklemmschutz vorhanden war, musste vorher der Zug kontrolliert werden. Damit der Lokführer nicht immer aufstehen musste, wurde auf der Seite des Heizers ein Rückspiegel montiert.

Diese Rückspiegel gab es bei den Triebwagen schon immer und wurden bei den Lokomotiven erst mit der Baureihe Re 6/6 eingeführt. Auf Seite des Lokführers konnte dieser durch das geöffnete Fenster nach hinten sehen.

Jedoch bot sich beim Führerstand zwei das Problem, dass die erste offene Türe den Blick nach hinten verhinderte. Damit dieser Blick frei wurde, konnte der Lokführer vorne an der Konsole mit den Anzeigen eine Taste drücken. Dadurch wurde lediglich die Türe hinter dem Führerstand geschlossen. Zu einer Verriegelung dieser Türe kam es jedoch nicht. Reisende konnten sie daher ungehindert öffnen und so in den Zug gelangen.

Jetzt war der Triebwagen soweit bereit, dass man die Fahrt beginnen konnte. Damit des erfolgte, musste am zentral angeordneten Steuerkontroller die erste Fahrstufe eingestellt werden.

Dazu verdrehte man das Handrad im Sinn des Uhr-zeigers bis zu einer ersten Rastrierung. Dadurch wurden die Trennhüpfer geschlossen und die erste Fahrstufe eingestellt.

Je nach befahrenem Gelände und angehängtem Zug, begann der Triebwagen nach dem Lösen der Regu-lierbremse zu rollen.

Da nun aber bedingt durch den Aufbau der Steu-erung die ersten drei Stufen nur kurz verwendet werden durften, konnte sofort weiter zugeschaltet werden.

Dazu wurde der Steuerkontroller einfach weiter in die gleiche Richtung verdreht. Die neuen Stufen wurden augenblicklich umgesetzt.

Jedoch durfte das nicht beliebig erfolgen, denn die zugelassenen Werte bei den Fahrmotorströme konn-ten mit dieser Steuerung sehr schnell überschritten werden.

Welche Ströme an den Fahrmotoren und in der Leit-ung vom Stromabnehmer nicht überschritten wer-den durften, konnte der Lokführer an einer kleinen auf einem Schild aufgetragenen Tabelle ablesen.

Dort fand er auch den Strom, bei dem er gefahrlos zuschalten konnte. Diese Tabelle war überall vor-handen und sie wurde von erfahrenem Personal sel-ten konsultiert, da mit der Erfahrung die Werte bekannt waren und so oft «blind» gefahren wurde.

Dabei kam bei diesem Schild einerseits deutsch, als auch französisch zu Anwendung. Je nach Führerstand waren daher alle Funktionen deutsch, oder französisch angeschrieben worden. Die fehlende italienische Sprache erachtete man nicht als Problem, da das Fahrzeug gemäss den Planungen auf Nebenstrecken und daher nicht im Tessin eingesetzt werden sollte. Erst mit der Baureihe RBe 4/4 sollten auch bei den Triebwagen alle drei Landessprachen berücksichtigt werden.

Die gefahrene Geschwindigkeit wurde dem Lokführer mit einem in der oberen rechten Ecke montierten Geschwindig-keitsmesser angezeigt. Es kamen dabei elektrisch betriebene Modelle der Firma Hasler in Bern zum Einbau. Diese präzisen Geräte hatten sich bewährt. Dabei waren diese Anzeigen auch mit den erforderlichen Aufzeichnungen versehen worden. Je nach besetztem Führerstand, sah daher die Anzeige leicht anders aus.

Dabei kam im Führerstand eins ein Modell mit Registrierstreifen zum Einbau. Ergänzt wurde diese mit der Kilometer-zählung, die die vom Fahrzeug zurückgelegte Distanz aufzeichnete. Zudem war hier noch eine mechanische Uhr vorhanden. Diese Uhr musste von Personal regelmässig aufgezogen werden und sie war für die Bestimmung der korrekten Zeiten massgebend. Daher wurde diese Uhr regelmässig anhand der Bahnhofsuhren gerichtet.

Bei der Anzeige im Führerstand zwei fehlte jedoch die Uhr und der Zähler. Hier wurde eine Farbscheibe zur genauen Aufzeichnung der letzten rund 2 000 Meter eingebaut. Daneben waren im diesen Gerät auch die von der Geschwindig-keit abhängigen Kontakte abhängig. Benötigt wurden diese zum Beispiel für die von der Geschwindigkeit abhängige R-Bremse. Jedoch waren auch andere Funktionen davon betroffen.

Wenn die gewünschte Geschwindigkeit erreicht wurde, musste die Zugkraft mit dem Steuerkontroller reduziert werden. Dazu drehte man diesen, wie es zu erwarten ist, gegen den Uhrzeigersinn. Erst wenn die Stellung «0» erreicht wurde, wurden die Trennhüpfer geöffnet und der Triebwagen rollte antriebslos. Mit der Wahl der richtigen Fahrstufe konnte die Geschwindigkeit somit sehr gut reguliert werden. Mit Erfahrung, wusste man wo und wann welche Stufe benötigt wird.

Um den rollenden Triebwagen wieder zu verzögern, standen dem Lokführer mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. So konnte er ganz normal eine der pneumatischen Bremsen benutzen. Das Fahrzeug wurde mit der Kraft der Bremssohlen verzögert. Damit zu diesem Zeitpunkt sicherlich keine Zugkraft mehr ausgeführt wurde, sorgte der Druck im Bremszylinder dafür, dass die Trennhüpfer geöffnet wurde. Einzig bei sehr tiefen Geschwindigkeiten erfolgte dies nicht.

Damit möglichst ohne die pneumatischen Bremsen gefahren werden konnte, wurde die elektrische Bremse eingebaut. Um diese aktivieren zu können, musste der Kontroller von der Stellung «0» gegen den Sinn des Uhrzeigers gedreht werden. Die Steuerung schaltet auf den Bremsbetrieb um und die erste Stufe wurde zugeschaltet. Der Triebwagen begann mit der Widerstandsbremse zu arbeiten. Auch hier konnte mit Wahl der Bremsstufe die Kraft verändert werden.

Reichten die acht Bremsstufen nicht aus um den Zug ausreichend zu verzögern, musste pneumatisch gebremst werden. Beim Triebwagen reichte die elektrische Bremse jedoch für eine gute Verzögerung. Zusätzliche Bremskraft konnte daher nur noch von den Wagen erzeugt werden. Dazu wurde die automatische Bremse auf die gewohnte Weise benutzt. Jedoch hatte diese zur Folge, dass die Trennhüpfer geöffnet wurden und der Triebwagen ebenfalls mit den Bremsklötzen verzögerte.

Um die elektrische Bremse des Triebwagens und die automatische Bremse der Wagen gemeinsam nutzen zu können, musste die pneumatische Bremse des Triebfahrzeuges ausgelöst werden. Dazu war im Pedal der Sicherheitssteuerung ein Fussschalter vorhanden. Wurde dieser gedrückt, wirkte die automatische Bremse auf dem Triebwagen nicht mehr. Das funktionierte auch, wenn sich dieser in der Fernsteuerung befand.

Gerade wenn so angehalten wurde, gab es für das Lokomotivpersonal eine kleine Denksportaufgabe. Unter 40 km/h fiel die elektrische Bremse mehr oder weniger aus. Nun war der Triebwagen jedoch ungebremst. Wurde jetzt der Knopf losgelassen und mit der automatischen Bremse stärker gebremst, begannen auch die Bremsen des Triebwagens zu bremsen. Befand sich dieser jedoch an der Spitze, wurde für den Triebwagen die Regulierbremse benutzt.

Wollte der Lokführer zum herbeirufen des Zugführers akustische Signale geben. Drückte er in der Mitte des Handrades auf den Knopf. Dadurch wurde je nach stärke des Druckes die auf dem Dach montierte Pfeife mit Druckluft versorgt. Die Klangfolgen dieser Lokpfeife wurden jedoch vom Lokführer erzeugt und sie kamen nur bei im Fahrplan enthaltenen Angaben zur Anwendung. 

Kurz vor dem Stillstand wurden schliesslich noch die Türen freigegeben. Dazu hatte der Lokführer neben der roten Taste eine gelbe Taste erhalten. Wurde diese gedrückt, wurde die Verriegelung gelöst und die Leute konnten die Türen ungehindert öffnen. Erst wenn dies auch wirklich erfolgte, begann die rote Taste zu leuchten. Es leuchteten daher bis zur Verriegelung beiden Tasten. Erst wenn bei dunkel waren, konnte die Fahrt fortgesetzt werden.

 

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