Traktionsstromkreis Typ II

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Der Traktionsstromkreis der Lokomotive stellt auch gleich den Wechsel von der SLM als Mechaniker zu den drei Firmen, die sich für den elektrischen Teil verantwortlich zeigten, dar. Wurden bisher alle Lokomotiven der Baureihe Ae 4/7 nahezu identisch gebaut, kommen wir nun zu den Unterschieden der Elektriker und somit zu den Unterschieden bei den Maschinen. Diese wurden daher von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB in drei Typen unterteilt.
Typ I BBC Typ II MFO Typ III SAAS
                       

Diese Unterteilung war lediglich zur Identifizierung nötig und konnte meistens auf den Hersteller zugeschnitten werden. So kam es, dass es bei den Ae 4/7 die Typen I (BBC), II (MFO) und III (SAAS) gab. Den Traktionsstromkreis werden wir daher getrennt ansehen. Wobei so gross, wie man meinen könnte, waren die Unterschiede jedoch nicht. Das führt leider zu Doppelspurigkeiten, die aber wegen der Übersicht in Kauf genommen werden müssen.

Kommen wir zu den Lokomotiven vom Typ II. Diese wurden von der Maschinenfabrik Oerlikon MFO gebaut. Dabei wurden von diesem Hersteller die Maschinen mit den Nummern 10 917, 10 918 und 10 973 bis 11 002 mit der elektrischen Ausrüstung versehen. Wobei die Lokomotiven mit den Nummern 10 917 bis 10 918 als Prototypen für die elektrische Ausrüstung der MFO vorgesehen waren. Beim Chaos der Nummern führte das jedoch zu keiner Verbesserung.

Bei den Lokomotiven Typ II kamen die üblichen Stromabnehmer zur Anwend-ung. Diese Scherenstromabnehmer wurden, wie die älteren Modelle mit Hilfe von Druckluft gehoben.

Dabei wurde mit der Luft lediglich die Kraft der Senkfeder aufgehoben. In der Folge konnte die Hubfeder ihre Kraft entfalten und der Bügel wurde gehoben. Dieser Vorgang erfolgte, bis der Bügel den Fahrdraht erreichte oder durchge-streckt war.

Der Kontakt mit dem Fahrdraht wurde mit einfachen Schleifleisten aus Alumi-nium bewerkstelligt. Damit mussten auch diese Lokomotiven bei der Fahrt beide Stromabnehmer an den Fahrdraht anlegen.

Nur bei einer Störung durfte mit einem Bügel gefahren werden. Wobei es dann immer wieder Probleme mit dem Kontakt gab. Jedoch war das selten der Fall, so dass es kaum zu diesen Problemen gekommen wäre.

Gesenkt wurde der Bügel mit Hilfe der Senkfeder. Diese überlagerte die Kraft der Hubfeder in dem Moment, wenn die Druckluft aus dem Zylinder entlassen wurde. Dadurch wurde der Bügel nach unten gerissen und senkte sich. Durch die Kraft der Senkfeder war nun gesichert, dass der Stromabnehmer diese Lage beibehielt, was bei einer defekten Lokomotive ein wichtiger Punkt war, denn so hob sich der Bügel nicht durch den Fahrtwind.

Die von den Stromabnehmern auf das Dach der Lokomotive übertragene Fahrleitungsspannung wurde dort in eine orange eingefärbte Dachleitung übertragen. Diese Dachleitung konnte geteilt werden und besass zwei Trennmesser, die dazu gedacht waren, einen defekten Stromabnehmer von der restlichen Dachleitung zu trennen. Bedient wurden diese Trennmesser aus dem Maschinenraum heraus und somit aus sicherer Distanz.

An der Dachleitung angeschlossen war neben dem Haupt-schalter der Lokomotive auch ein Erdungsschalter. Dieser spezielle Schalter verband die Dachleitung, aber auch die restliche Leitung der Hochspannung mit der Erde.

Dadurch konnte allenfalls in diese induzierte Fahrleitungs-spannung keine Gefährdung mehr darstellen. Der Schalter durfte jedoch nur bedient werden, wenn die Stromab-nehmer gesenkt waren. Daher war der Bedienhebel in der Luftleitung der Bügel gefangen.

Die bei den älteren Lokomotiven noch vorhandene Blitz-schutzspule war nahezu wirkungslos. Daher wurde sie hier nicht mehr eingebaut. Trotzdem musste die elektri-sche Ausrüstung vor einem Blitzschlag geschützt werden.

An Stelle der Spule wurde nun ein Überspannungsableiter verwendet. Stieg die Spannung zu hoch an, reichte die Isolationstrecke nicht mehr und es kam zum Lichtbogen. In der Folge schaltete die Maschine aus.

Ebenfalls an der Dachleitung angeschlossen war der Haupt-schalter. Dieser wurde von den Lokomotiven der Reihe Ae 3/6 I übernommen und hatte eine Ölfüllung. Diese Ölhaupt-schalter funktionierten sehr gut.

Die Probleme der ersten Maschinen mit den Strömen bei Kurzschlüssen konnten eliminiert werden. In Fall eines Kurzschlusses wurde der Hauptschalter mit Hilfe eines Blockierrelais am Ausschalten gehindert. Daher musste der Speisepunkt auslösen.

Um den Hauptschalter einzuschalten, wurde Druckluft benötigt. Mit Hilfe einer Spule wurde der Schalter bewegt und durch die Druckluft die Kontakte geschlossen. Damit wurde gleichzeitig die Haltespule aktiviert und der Schalter blieb eingeschaltet. Fiel diese ab, schaltete der Hauptschalter wieder aus. Da er jedoch auch ohne Druckluft eingeschaltet werden sollte, war eine Bedienung des Schalters mit einem speziellen Schlüssel auch von Hand möglich.

Da der Transformator das grösste und schwerste Bauteil der elektrischen Ausrüstung war, konnte dieser nicht mehr in der Mitte der Lokomotive aufgestellt werden. Um trotzdem eine gute Abstützung zu erhalten, wurde er hinter dem Führerstand I und somit über dem Laufdrehgestell eingebaut. Das bedingte auf dem Dach eine zweite Dachleitung, die nach dem Hauptschalter bis zur Durchführung im Dach des Maschinenraumes führte.

Damit gelangte die Spannung durch das Dach in den Transformator. Dieser war als Spartrans-formator aufgebaut wurden und in der Spule waren mehrere Anzapfungen vorhanden. So konnten dort unterschiedliche Spannungen abgegriffen werden.

Damit ein Strom fliessen konnte, musste die Spannung der Fahrleitung mit der Erde verbunden waren. Dazu wurde die Spule des Transformators an deren anderem Ende mit dem Gehäuse verbunden.

Bei der Maschinenfabrik Oerlikon beschritt man einen anderen Weg für die Schaltung der Fahr-stufen. Statt dem bei den Maschinen der BBC verwendeten Stufenschalter mit Hilfstransformator kam hier eine schnelle Hüpfersteuerung zur Anwendung.

Diese Hüpfersteuerung musste dabei ebenfalls mit den sieben vorhandenen Anzapfungen des Transformators arbeiten. Diese hatten jedoch Spannungen zwischen 104 und 519 Volt erhalten. Die Transformatoren der Typen I und II konnte daher nicht gegenseitig getauscht werden.

Auch die Lokomotiven aus dem Hause MFO mussten über 21 Fahrstufen verfügen. Diese waren daher auch nicht direkt möglich und so musste auch die Maschinenfabrik Oerlikon zu zusätzlichen Schaltungen greifen.

Man wählte hier statt dem beim Typ I verwendeten Hilfstransformator, den Weg über zwei zusätz-liche Drosselspulen und zwei Spannungsteiler. Damit konnten zusammen mit den 17 Hüpfern die 21 Fahrstufen erzeugt werden.

Wobei als Besonderheit die Stufen eins und zwei erwähnt werden müssen. Bei diesen beiden Fahrstufen betrug die Spannung an den Fahrmotoren 81 Volt und lag ebenfalls unter jener der Anzapfung. Jedoch wurden auf der Stufe eins nur die Fahrmotoren eins und zwei versorgt, so dass zwischen den beiden Stufen zwar ein Unterschied in der Zugkraft bestand, jedoch bei der Spannung keine Unterschiede festgestellt werden konnten.

Möglich wurde diese Lösung dank den beiden Spannungsteiler. Diese Spule waren parallelgeschaltet worden und versorgten jeweils zwei Fahrmotoren. Daher stand bei Ausfall eines der Spannungsteiler war damit immer noch die halbe Leistung vorhanden. Jedoch bestand nun die Einschränkung, dass die ersten beiden Fahrstufen nicht optimal arbeiteten. Die maximal mögliche Spannung bei dieser Lösung konnte nur den Wert der Anzapfung erreichen.

Es bleibt noch zu erwähnen, dass die Steuerung der Fahrstufen mit Hilfe der Hüpfer sehr schnell war. Die Lokomotive konnte jede Fahrstufe ohne jegliche Verzögerung schalten. Damit wirkten dazu die Maschinen von Typ I mit dem Stufenschalter eher langsam. Ein Effekt, der schon bei anderen Baureihen genutzt wurde und der hier auch so vorgesehen war. Es bleibt jedoch zu erwähnen, dass damit kaum Gewicht eingespart werden konnte.

Bis jetzt waren sämtliche Maschinen nach dem Muster der MFO identisch aufgebaut worden. Die beiden ersten Maschinen, also die Nummern 10 917 und 10 918 hatten einfache Wendeschalter nach dem Muster der Lokomotiven des Typs I erhalten. Damit hatten diese beiden Modelle ebenfalls keine elektrische Bremse erhalten und unterschieden sich hier von den restlichen Maschinen des Typs II, die wir nun genauer ansehen wollen.

Bei den Lokomotiven nach dem Baumuster der MFO kamen umfangreichere Wendeschalter zum Einbau. Diese waren auch nicht mit einer Welle verbunden worden, da die Lokomotive unterschiedliche Stellungen der einzelnen Wendeschalter benötigte. Neben der Wahl der Fahrrichtung konnten diese Wendeschalter die vier Fahrmotoren auch so gruppieren, dass damit ein elektrischer Bremsbetrieb möglich wurde.

Die elektrische Bremse dieser Lokomotiven war jedoch eine Herausforderung, denn noch nie wurde eine solche Bremse in eine fertig entwickelte Lokomotive eingebaut. Die MFO konnte dabei jedoch mit der schon bei der Baureihe Ce 6/8 II verwendeten Behn-Eschenburg-Schaltung eine brauchbare Lösung präsentieren. Dazu wurden aber zusätzliche Bauteile benötigt, was die Lokomotive wegen der elektrischen Bremse schwerer werden liess.

Die Leistung der elektrischen Bremse war jedoch eher bescheiden, sie erfüllte jedoch die Vorgaben der Schweizerischen Bundesbahnen SBB und vermochte die Lokomotive mit zehn Bremsstufen in Gefällen bis 27 ‰ bei 65 km/h in Beharrung zu halten. So konnte diese Lokomotive dank dieser Nutzstrombremse auf den Steilrampen des Gotthards und Simplons alleine die Talfahrt bewältigen, was letztlich von den Staatsbahnen auch gefordert wurde.

Mit den zusätzlichen Bauteilen für die elektrische Nutzstrombremse wurde die Lokomotive schwerer. Um die benötigten Bremswiderstände besser kühlen zu können, wurden diese auf dem Dach montiert. Daher waren die Maschinen mit der elektrischen Bremse an den beiden grünen Abdeckungen auf dem Dach leicht zu erkennen. Jedoch sollte es nicht nur bei diesen Veränderungen, die durch den Einbau benötigt wurden, bleiben.

Auch bei den Lokomotiven der MFO wurden letztlich die Fahrmotoren parallel angeschlossen. Auch hier konnte daher ein defekter Fahrmotor durch Abheben der Kontakte abgetrennt werden. Dabei verlor die Lokomotive jedoch nicht nur ein Viertel der Zugkraft, sondern die elektrische Bremse fiel aus und stand daher nicht mehr zur Verfügung. Der Grund dafür waren die beim Bremsbetrieb in Reihe geschalteten Erregerwicklungen.

Wegen den neuen Bauteilen wurde die Lokomotive 123 Tonnen schwer. Damit wurde die Forderung im Pflichtenheft nicht erfüllt. Da nun aber auch die geforderte Meterlast nicht mehr erreicht wurde, musste die Lokomotive der MFO verlängert werden. Diese Verlängerung erfolgte mit einem Balken aus Eichenholz, der zwischen Stossbalken und Puffer eingebaut wurde. Damit das nicht so gut zu erkennen war, wurden der Balken mit Blech verkleidet.

Alle Lokomotiven des Typs II erhielten 16-poligen Einphasen-Seriemotoren. Diese Motoren hatten sich schon bei den früheren Lokomotiven der Schweizerischen Bundesbahnen SBB bewährt und wurden bereits kurz nach deren Einführung zu den üblichen Motoren für Lokomotiven unter Wechselstrom ernannt. Die Motoren wurden jedoch nicht von der MFO hergestellt, sondern sie wurden von der BBC nach Oerlikon geliefert.

Die vier Fahrmotoren hatten eine Stundenleistung von insgesamt 3 120 PS oder 2 296 kW erhalten. Durch den späteren Bau dieser Maschinen, konnte die MFO davon profitieren, dass grundsätzlich die verbesserten Fahrmotoren eingebaut worden waren. Jedoch zeigten diese Lokomotiven auch, dass es grundsätzlich auch bei anderen Typen möglich gewesen wäre, eine elektrische Nutzstrombremse einzubauen, denn die funktionierte mit jedem Motor.

Die Anfahrzugkraft lag bei den Lokomotiven vom Typ II bei 196 kN. Die Leistungsgrenze wurde, wie im Pflichtenheft gefordert, bei 65 km/h erreicht. Dabei war noch eine Zugkraft von 127 kN vorhanden. Trotz des etwas höheren Gewichtes dieser Maschinen wurden die Lokomotiven vom Typ II für die gleichen Normallasten zugelassen. Betrieblich fand sich der einzige Unterschied bei der elektrischen Bremse dieser Modelle.

 

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