Inbetriebsetzung

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Während dem Bau der neuen Lokomotive für die Schweizerischen Bundesbahnen SBB kam es zu Verzögerungen. Insbesondere der Einbau der elektrischen Ausrüstung geriet in Verzug. Dabei war die verbaute Technik nicht neu, denn schon bei den Lokomotiven Ge 4/4 II für die Rhätische Bahn RhB wurde eine ähnliche Regelung verwendet. Gerade dieser Punkt, sorgte bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB für rote Köpfe.

Der vorgesehene Liefertermin für die neue Baureihe konn-te daher nicht eingehalten werden. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB benötigten die vier Lokomotiven jedoch auf den Fahrplanwechsel 1982, da im Wallis schneller ge-fahren werden sollte.

Das führte dazu, dass die erforderliche Inbetriebsetzung in einem verkürzten Verfahren durchgeführt werden musste. Wie sich das bei den Fahrten auswirken sollte, werden wir nachfolgend noch erfahren.

Beim Hersteller machte man die ersten statischen Ver-suche. Mehr jedoch auch nicht, die neuen Lokomotiven wurden daher zu Beginn ausgeliefert, als diese eigentlich gar noch nicht in den Betrieb kommen sollten. Das war eine Folge des Druckes, den der Besteller ausübte. Dieser wollte mit dem neuen Taktfahrplan die Baureihe Re 4/4 IV bereits betrieblich nutzen können. Zuerst sollte daher die Nummer 10101 an den Kunden übergeben werden.

Die erste Lokomotive der Baureihe Re 4/4 IV wurde am 02. April 1982 im Bahnhof Zürich Seebach den Schweizerischen Bundesbahnen SBB übergeben. Damals war es noch üblich, dass neue Triebfahrzeuge in der Verantwortung der Bahnen erprobt wurden. Die neue Maschine mit der Nummer 10101 machte dabei an diesem Tag erste Fahrversuche. Diese sollten zeigen, ob das Triebfahrzeug überhaupt aus eigener Kraft fahren konnte.

Auch wenn die neue Lokomotive fertig war, sie be-kam vorerst noch Beschränkungen. Dabei machte diese auch der Hersteller. So durfte die elektrische Widerstandsbremse nur zu 2/3 ausgenutzt werden.

Erfahrungen mit noch nicht vollständig getrockneten Isolationen bei anderen Baureihen führten zu diesem Entscheid.

Damit nicht aus Versehen ein zu hoher Wert ein-gestellt werden konnte, wurde diese Beschränkung in der Steuerung umgesetzt.

Weitere Einschränkungen gab es von den Schwei-zerischen Bundesbahnen SBB. So durfte mit der neuen Lokomotive nur nach der Zugreihe A 114% ver-kehrt werden.

Als Hinweis muss erwähnt werden, dass damals die Zugreihen in der Schweiz noch nicht auf die heute üblichen Werte abstimmt waren. Heute würde in diesem Fall die Reihe A 115% angenommen. Damit waren aber auch Beschränkungen bei der erlaubten Geschwindigkeit enthalten.

Diese von den Staatsbahnen SBB verfügten Beschränkungen sollten wegfallen, wenn die entsprechenden Versuchsfahrten abgeschlossen wurden. Es war ja noch nicht klar, ob die Zugreihe RS überhaupt erreicht werden konnte. Die entsprechenden Fahrten sollten in der näheren Umgebung des Herstellers ausgeführt werden. Bei Problemen war der Weg ins Werk nicht so weit. Gerade bei neuer Technik waren solche Fahrten jedoch zu erwarten.

Daher kam die erste Lokomotive ins nahe Depot Zürich. Ab dort konnten dann die notwendigen Fahrten erfolgen. Bedient werden sollte die Versuchslokomotive von den dortigen Oberlokführer. Das war damals üblich, denn diese konnten auch bei den Vorschriften mehr umsetzen, als das einem Lokführer möglich war. Besonders dann, wenn schneller als üblich gefahren werden musste und das war bei Versuchen sehr oft der Fall.

Die Versuchsfahrten zur Bestimmung der Führungskräfte erfolgten gleich zu Beginn. Dabei zeigte sich schnell, dass die Kräfte im Gleis durchaus unter jenen der Reihe Re 4/4 II lagen. Die neue Baureihe konnte somit nach wenigen Wochen mit intensiven Versuchen für die Zugreihe RS zugelassen werden. Mechanisch überzeugte die Lokomotive schon sehr früh, was klar auf den Erfahrungen mit den älteren Baureihen begründet werden kann.

Am 16. April 1982 kam dann mit der Nummer 10102 die zweite Lokomotive zur Auslieferung. Mit dieser konnte die elektrische Bremse voll ausgenutzt werden. Da aber andere Einstellungen noch nicht abgeschlossen waren, konnte auch sie nicht normal eingesetzt werden.

Die Maschine besass nur die halbe Leistung und sie durfte mit maximal 100 km/h eingesetzt werden. Auch jetzt kamen die Vorgaben von Seiten des Herstellers.

Die Messfahrt zur Einstellung der Lokomotive wurde gleich dazu benutzt, die neue Maschine an den späteren Einsatzort zu überstellen.

Dieser war ab dem Depot Lausanne vorgesehen, da im Rhonetal damals bereits mit 160 km/h gefahren werden konnte. Betrieblich sollten die neuen Lokomotiven daher in der restlichen Schweiz nicht so schnell in Erscheinung treten. Jedoch gab es auch bei der Überstellung noch Probleme zu lösen.

So wurde mit der Lokomotive der Weg über Biel gewählt. Der Grund dafür war, dass die Fahrt über Bern schlicht nicht erlaubt war. Der Bahnhof Bern Weyermannshaus war damals noch für Triebfahrzeuge mit Stromrichter gesperrt worden. Das war damals noch an vielen Orten in der Schweiz üblich, denn die Störströme beeinflussten die Signalanlagen. Ein Problem, das man mit den Triebzügen RAe TEE II zu Beginn auch hatte.

Vorerst blieb die Nummer 10101 in der Deutschschweiz für Versuche reserviert. Diese konnten dank einem verkürzten Verfahren noch im April 1982 mit ersten Ergebnissen abgeschlossen werden. Die neue Baureihe wurde in der Folge für die Zugreihe RS und für Geschwindigkeiten bis 140 km/h zugelassen. Wobei wirklich noch nicht alle erforderlichen Ergebnisse vorlagen. Sie sehen, es eilte bei der Inbetriebsetzung sehr stark.

In der Nacht von 24. auf den 25. April 1982 konnte dann ein erstes Güterzugspaar mit der Nummer 10101 geführt werden. Dabei bespannte man zusammen mit dem Messwagen in Schaffhausen einen Zug, der über den Gotthard nach Chiasso verkehren sollte.

Damit sollte auch gleich die erste Lokomotive dieser Baureihe ins Tessin gelangen. Etwas, was selten vorkommen sollte, nur wusste man diese Tatsache noch nicht.

Bespannt wurde dabei ein Zug, der als «Milchzug» bezeichnet wurde. Mit dieser Leistung wurde frische Milch von Deutschland nach Italien trans-portiert. Das war ein Transport, der noch viele Jahre bestehen bleiben sollte.

Dabei wurde jedoch der Laufweg verändert. Doch hier soll es um die Lokomotive gehen, welche die Fahrt ohne grössere Probleme schaffte und dabei auf den steilen Rampen die Zugkraft ausnutzen konnte.

Die Rückfahrt wurde gleich für einen anderen Güterzug genutzt, der die Lokomotive wieder in den Raum Zürich brachte. Damit waren auch diese Versuche abgeschlossen worden.

Spannend dabei ist eigentlich nur, dass mit der Universallokomotive ein Güterzug bespannt wurde. Etwas, was es später im betrieblichen Einsatz nicht mehr so oft geben sollte. Jedoch war klar, dass mit der neuen Baureihe alle Züge bespannt werden sollten.

Auch wenn sie hier nicht erwähnt wurden, die Fahrten mit der neuen Lokomotive endeten nicht immer mit einem Erflog. So musste die Maschine ins Werk zurück, wo die defekten Teile ersetzt wurden. Dazu beraubten die Leute einfach, die noch nicht ausgelieferten Nummern 10103 und 10104. Gerade die letzte Nummer war davon betroffen, da sie noch nicht so weit fortgeschritten war. Damit war auch klar, dass diese länger auf sich warten lassen würde.

Nach dieser Fahrt wurde auch die Nummer 10101 nach Lausanne verschoben. Der Weg führte auch jetzt wieder über Biel. Damit waren nun beide Maschinen in der Westschweiz, wo man auch noch die Nummer 10103 erwartete.

Diese blieb jedoch vorerst noch in der Region Zürich. Sie sollte für Vergleiche zur Nummer 10103 genutzt werden. Erst danach sollte sie den Weg in den Westen unter die Räder nehmen und uns stellt sich die Frage nach dem Grund.

Der Grund dafür lag bei den Antrieben. Die beiden letz-ten Maschinen hatten eine andere Bauart bekommen. Daher mussten nun auch diese Vergleiche noch ange-stellt werden.

Ein Umstand, der klar zeigt, dass die Reihe Re 4/4 IV als Prototypen für eine spätere Serie vorgesehen war. Doch noch war der entsprechende Entscheid nicht gefallen. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB wollten noch die Erfahrungen mit dem neuen Modell abwarten.

Mit den vorhandenen Maschinen sollte ab dem Fahrplan-wechsel vom 23. Mai 1982 die betriebliche Erprobung durchgeführt werden. Diese werden wir später beim Einsatz noch ansehen, denn die Inbetriebsetzung der neuen Baureihe war längst noch nicht abgeschlossen worden. Dafür war die Nummer 10104 vorgesehen, jedoch war diese noch nicht ausgeliefert worden. Es kam daher zu einem kurzen Stillstand bei den Versuchen.

Im Oktober 1982 konnte schliesslich mit der Nummer 10104 die letzte Lokomotive der Baureihe Re 4/4 IV ausgeliefert werden. Diese wurde jedoch vorerst noch nicht in den Westen verschoben. Sie sollte die noch ausstehenden Fahrten absolvieren. Doch bis es soweit war, stand in Basel eine Ausstellung von Lokomotiven auf dem Programm. Daher wurde die neuste Baureihe der Schweizerischen Bundesbahnen SBB ausgestellt.

Die Ausstellung fand in den Hallen der Mustermesse statt. Diese waren mit einem Anschlussgleis versehen worden. Je-doch mussten die Lokomotiven dazu über den Bahnhof Basel Badisch zugeführt werden.

Dank dem Abkommen zur Hafenbahn, konnte diese Fahrt ohne Probleme erfolgen. Wobei diese auch nicht zu erwarten waren, da die Maschine geschleppt wurde. Doch spannender war das Treffen in der Halle.

So stand das neue Modell der Schweiz mit Stromrichter und Wellenstrommotoren in der Halle neben der BR 120 der DB. Diese verfügte über Umrichter und Motoren für Drehstrom. Damit war sie deutlich weiterentwickelt worden. Erstmals sahen die Fachleute die beiden Modelle nebeneinander. Die dritte aus Frankreich stammende Maschine war nur nebensächlich. Die Frage nach dem warum mussten sich die Vertreter bei der Re 4/4 IV gefallen lassen.

Die kantige Lokomotive mit den Sicken war ausgewöhnlich. Jedoch kannten die Leute diese Baureihe von den Containern, die unweit von den Schiffen geladen wurden. So dauerte es nicht lange, bis sich die Bezeichnung «Container» für die Baureihe Re 4/4 IV etablieren konnte. Sie sehen, man war mit solchen Titeln sehr schnell und der «Staubsauger» wurde intern zu einem Favoriten. Beides waren nicht unbedingt schmeichelhafte Namen.

Nach der Ausstellung ging es an die letzten Versuchsfahrten. Mit der Nummer 10104 sollten die noch ausstehenden Versuche durchgeführt werden. Dabei wurden diese wieder ab dem Depot Zürich erledigt. Ein Punkt dabei war noch die Frage nach der erlaubten Höchstgeschwindigkeit. Zwar fuhr man mit 140 km/h, aber das war nur provisorisch, denn noch fehlte dazu die Fahrt mit dem verlangten Überschuss von 10% und die sollte nachgeholt werden.

Als Teststrecke dafür sah man den Heiterbergtunnel vor. Dieser konnte 1975 in Betrieb genommen wer-den und die Fahrten mit der BR 103 zeigten damals, dass darin durchaus auch schneller als die verlang-ten 140 km/h gefahren werden konnte.

Ideal für die Versuchsfahrt mit sehr hoher Ge-schwindigkeit und diesmal mit einer eigenen Loko-motive. Speziell war, dass dazu gerade ein Tunnel ausgesucht wurde, aber so konnte noch ein anderer Test erfolgen.

Dieser zusätzliche Test sah die Reduktion der Stoss-wellen vor. Mit einer anderen Fahrt konnten diese erfasst werden. So war klar, die Nummer 10104 sollte nicht alleine im Tunnel sein.

Mit einer Geschwindigkeit von 176 km/h fuhr die Lokomotive durch den Heitersbergtunnel. Dabei wurde festgestellt, dass sie auch für 160 km/h zugelassen werden kann und dass dabei die Stoss-wellen geringer waren, als bei der Reihe Re 4/4 II.

Die Fahrt brachte jedoch auch ein Problem an den Tag. Bei hohen Geschwindigkeiten neigte der Stromabnehmer zu wiederholten Bügelsprüngen.

Die waren oft so gross, dass der Hauptschalter aus-gelöst wurde. Noch erkannte man die Auswirkungen auf die Stromrichter nicht. Ein Problem, das jedoch auf offener Strecke nicht so oft in Erscheinung trat. Die Versuche mit der neuen Baureihe Re 4/4 IV konnten daher abgeschlossen werden.

Damit stellt sich uns und auch den Herstellern die Frage nach der Serie. Von Seiten der Schweizerischen Bundesbahnen SBB war diesbezüglich noch kein Entscheid gefallen. Das war auch eine Folge davon, dass die vier Lokomotiven nicht in allen Punkten überzeugen konnten. Viele Störungen und die Tatsache, dass die Technik bereits bei der Auslieferung veraltet war, brachten die Baureihe Re 4/4 IV ins Wanken.

Zudem zeichnete sich ab, dass die Schweizerischen Bundesbahnen SBB zuerst spezielle Lokomotiven für die neuen Züge der S-Bahn in Zürich benötigten. Diese musste nicht mit 160 km/h verkehren können.

Hinzu kam, dass man auch bei den Schweizerischen Bundes-bahnen SBB nach dem Triebwagen RBDe 4/4 den Mut für neue Lösungen hatte. Die Maschine für die S-Bahn in Zürich sollte daher einen Umrichter erhalten.

Damit war aber auch klar, dass sie nicht mehr mit der Bezeich-nung Re 4/4 IV geführt werden kann. Es sollte dann eine Serie der Reihe Re 4/4 V gebaut werden. Bekannt wurde diese jedoch als erste Baureihe, die nach dem neuen Schema bezeichnet wurde. Die Baureihe Re 450 war jedoch nie auf den Erfahrungen der Reihe Re 4/4 IV entstanden. Vielmehr orientierte man sich an der Reihe Re 4/4, die für Privatbahnen gebaut wurde.

Dieser Entscheid führte dazu, dass die Reihe Re 4/4 IV nie in Serie gebaut wurde und das sollte sich auch im Betriebseinsatz zeigen. Wir können damit die Inbetriebsetzung abschliessen. Das heisst jedoch nicht, dass mit den vier Maschinen nicht auf weitere Versuche verzichtet wurde. Man nahm dazu einfach die benötigte Anzahl aus dem Verkehr. Die vier Prototypen sollten im Bestand immer Exoten bleiben und das werden wir jetzt sehen.

Auf eine allgemeine Schulung des Lokomotivpersonals konnte somit verzichtet werden, denn alle vier Lokomotiven sollten von wenigen Depots bedient werden. Bei der Zuteilung der Hauptwerkstätte wählte man Zürich. Dort sollten ältere Modelle nicht mehr gewartet werden. Daher hatte man die notwendigen Kapazitäten für die anstehenden Arbeiten. Wie erfreut man in der Werkstätte über die Neuzugänge war, konnte jetzt noch nicht eruiert werden.

 

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