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Als Kind hatte ich keine grosse Ahnung von
den vorhandenen
Diesellokomotiven.
Die
Nebenlinie
vor der Haustüre sah kaum je eine solche Lokomotive. Der
Traktor
des nahen
Bahnhofes
war mit einem zusätzlichen
Dieselmotor
versehen, fuhr aber meistens auch elektrisch. Damit wurde ab und zu ein
Anschlussgleis
bedient. Wenn es einmal eine Lokomotive schaffte, war das ein elektrischer
Vertreter und in sehr seltenen Fällen die Baureihe
Bm 4/4, die eine
Komposition
des Baudienstes bespannte. Auch im nahen Bahnhof der grossen Stadt gab es keine Diesellokomotiven. Dort waren die Bm 4/4 schon öfters zu sehen. Eine sechsachsige Diesel-lokomotive bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB war mir daher lange Zeit unbekannt. Zu meiner Jugend gab es noch kein Internet
und so orientierte man sich an dem was man sah. Auf den Reisen hielt man
kaum nach dem
Hilfswagen
Aus-schau. Einzig in Basel hätte ich der Maschine be-gegnen können.
Die Rangierbahnhöfe bereiste ich wenig, so dass mir die Lokomotive lange Zeit unbekannt war. Erst-mals von der Existenz dieser Maschine bekam ich mit der ersten Fachliteratur. Dort wurde von den drei Diesellokomotiven der Schweiz geschrieben. Wobei ausser einem Steckbrief, einem Bild
und ein-er Skizze war dabei nicht viel zu erfahren. Von der Tatsache, dass
da zwei grosse
Dieselmotoren
eingebaut waren, wusste ich nichts. Doch das sollte sich letztlich doch noch ändern, denn mit der Ausbildung lernte ich ja viele Loko-motiven kennen. Man fasste am ersten Tag viele Reglemente. Darunter auch jene von
Lokomotiven. In einem dieser Stapel verschwand das R 432.6
nahezu unbemerkt. Praktisch sollte die Schulung auf der Reihe Bm 6/6
jedoch nur für unsere Kollegen in Basel erfolgen. In Luzern und Olten gab
es, wie in Erstfeld, keine Maschinen dieses Typs. Wie alle Lokführer des Depots Erstfeld kannte ich die Reihe Bm 6/6 daher nur von aussen. Ja, eine Schulung war gar nie vorgesehen, denn schliesslich hatte Erstfeld eine Bm 4/4 als Hilfslokomotive und so lernten wir diese kennen. Wobei so unbekannt war sie nicht bei allen
Kollegen. Ich erfuhr immer wieder, wie das
Reglement
in die Finger gedrückt wurde. 25 Minuten später hätten sie dann auf der
Lokomotive alles suchen müssen. Da damals die Ausbildung aber noch mit den Kollegen aus Basel stattfand, kam es dazu, dass ich auch als Heizer in Erstfeld das Reglement erhalten habe. Ein kleines blaues Buch mit der Aufschrift Bm 6/6 und der Nummer 432.6. Das ging im ganzen Stapel schnell
vergessen. Verstaubte zusehends und ging, wie so oft in solchen
Situationen schlicht vergessen. Eines dieser
Reglemente,
die ich bekommen hatte, sie aber nie intensiver in den Händen hatte. Der Grund für die Abgabe des Reglements lag in den Einsätzen vor den Hilfswagen. In unserem Bereich war das Chiasso und Basel. Also die Orte, wo damit auch rangiert wurde. So benötigten das Buch unsere Kollegen aus Basel sicher mehr als wir. Nur, wir waren noch nicht fest den
jeweiligen
Depots
zugeteilt worden. So konnte es sein, dass man plötzlich nach Basel
versetzt wurde und so mit der Baureihe Bm 6/6 fahren musste. Da es aber nach der Ausbildung nicht zur Versetzung kam, versank das Reglement irgendwo in der Bücherwand mit den anderen Reglementen, die man nicht brauchte. Wo es auch blieb und langsam vergilbte. So vergingen schliesslich die Jahre und ich
vergass zwar, dass ich ein
Reglement
habe, aber nicht, dass ich die
Lokomotive vergass und gesehen habe ich sie immer wieder,
waren doch Basel und Chiasso beliebte Ziele von Erstfeld aus. Die Bm 6/6 in Basel waren etwas schneller
unterwegs, als jene in Chiasso. Besonders, wenn die langen Züge von einem
Richtungsgeleise
zum anderen verschoben wurden. War von den Bm 6/6 in Basel auch der zweite
Motor zu hören. Bei der Maschine in Chiasso ging es einfach etwas
gemütlicher ans Werk. Besonders dann, wenn man mit der elektrischen
Maschine hinterher fuhr und die Pizza lockte, war das gemütliche Tempo der
Bm 6/6 schon etwas nervig. Mit der Erweiterung dieser Seite suchte ich
nach Unterlagen über die
Lokomotive Bm 6/6. Ja ich erkundigte mich bei Kollegen, die
mir nicht helfen konnten und selbst das Internet
schwieg sich in diesem Punkt aus. Es gab kaum Informationen über die
damals zweitgrösste
Diesellokomotive der Schweiz. Die Suche fand jedoch die Am 6/6 und
natürlich die beliebte
Bm 4/4. Nur wo war der grosse
Brummer, der am Gotthard schon viel geleistet hatte? Erst mit einer allgemeinen Ausmistaktion kam das Reglement mit der Nummer 432.6 wieder ans Tageslicht. Da man den Titel liest, bevor etwas fliegt, las ich «Dieselelektrische Lokomotiven Bm 6/6 18501 – 18514» auf dem blauen Umschlag. So kam es, nachdem der Staub entfernt war,
letztlich zu dieser Seite. Mit einem
Reglement,
das 15 Jahre vergessen war. Lesen konnte ich es aber noch, was sicherlich
half. Trotzdem gänzlich ohne Lokomotive Bm 6/6 ging es auch bei den Lokführern des Depots Erstfeld all die Jahre nicht, denn die Maschine wurde ab und zu unseren Güterzügen mitge-geben. So nahm die Lokomotive den Weg von oder nach der Hauptwerkstätte in Biel auf sich. All-eine durfte sie das ja nicht, denn dazu fehlte die elektrische Bremse. So rumpelte immer wieder ein
Güterzug
mit 75 km/h über den Gotthard, weil dort eine Bm nach der
Hauptwerkstätte
eingereiht war. Wobei damals war das noch nicht so schlimm.
Die meisten Abschnitte südlich von Erstfeld durften nicht schneller
befahren werden. Auf den schnellen Abschnitten nervte man damit eigentlich
eher die Kollegen. Mangels Information liefen sie auf und mussten immer
wieder abbremsen, weil ein Signal dazu aufforderte. Dann ging es wieder
voran, bis, ja bis man dem lahmen Kollegen aufgelaufen war. Wer genervt
zum
Funk
griff, hörte schliesslich Bm im Schlepp. So traf es auch mich eines Nachts in
Chiasso. Eine
Lokomotive Bm 6/6 musste in die
Hauptwerkstätte
in Biel und wurde meinem Zug nach dem
Rangierbahnhof
Limmattal mitgegeben. Da die Maschine geschleppt war, hatte ich eigentlich
nur ein Problem, denn war die
Bremse
der Bm 6/6 ausgeschaltet? Das musste sie, denn über den Gotthard mussten
an geschleppten Lokomotiven die Bremsen grundsätzlich ausgeschaltet
werden.
Die übliche Meldung, die an den Griffstangen angebracht wurde, gab mir aber keine Auskunft, denn dort stand vieles, nur nicht ob die automatische Bremse ausgeschaltet war. Das musste sie aber und so machte ich mich bei der Lokomotive auf die Suche nach den Absperrhahnen zur automatischen Bremse. Wo die waren, wusste der Lokführer aus
Erstfeld schlicht nicht, denn er kannte ja die Bm 6/6 nicht. Warum auch,
dort hatten wir eine Bm 4/4. Das blaue Buch mit den entsprechenden Hinweisen lag dort, wo ich es brauchen konnte. Zu Hause auf dem Tisch, wo es mir bekanntlich nichts nützte. Die Absperrhähne fand ich dort, wo ich sie wegen der Kenntnis der Baureihe Bm 4/4 vermutete, nicht. Etwas Ratlosigkeit machte sich breit und
meine damaligen Kenntnisse der italienischen Sprache halfen mir auch nicht
weiter. So gab es einen zusehends genervten Lokführer aus Erstfeld. Es war einfach verhext, wenn man Hilfe gebrauchen könnte, ist niemand da und so suchte ich, bis ich endlich die gesuchten Elemente fand. Meine Erleichterung liess ich mir nicht anmerken, denn solche Übungen finden ja immer unter den hämischen Blicken und Kommentaren des Rangierpersonals statt Zum Glück waren die auf Italienisch
und ich verstand sie nicht, aber wie sollte ich wissen, dass diese Hahnen
nicht im Schrank drei zu finden sind? Ein paar Minuten
Verspätung
für den Zug gab es wegen der Übung des Lokführers schon. Da ich die
automatische Bremse
nicht fand, trennte ich die
Bremszylinder
ab. Zwar nicht so, wie vorgesehen, aber in der Not greift man zu
unkonventionellen Lösungen, denn die
Bremsen
dürfen einfach nicht anziehen. Das machen sie nicht, wenn der
Bremszylinder nicht mit Luft versorgt werden kann. Das Lst kann normal
arbeiten. Damit war ich aber noch nicht am Ziel, denn
der gelöste Zustand muss kontrolliert werden. Zwar sollte das automatisch
mit der Entlüftung erfolgen, aber eine Kontrolle ist immer besser. Die
Bremsklötze
lösten sich nur sehr knapp vom
Rad
und liessen sich schlicht nicht bewegen. Da sie aber entlüftet waren,
mussten die
Bremsen
los sein. Auch der Bremszylinder sah entsprechend aus. Also war alles in
Ordnung und der Zug konnte endlich fahren. Sicher, dass die Übung geklappt hatte, war ich bei Abfahrt des Zuges aber nicht. Ich vermutete zwar, dass alles soweit in Ordnung war, nur gewusst hatte ich es nicht. So kam mir ein Halt sehr gelegen. Schnell raus und nach der Bm 6/6 sehen,
denn die
Bremsklötze
durften jetzt nicht warm sein. Das waren sie zum Glück auch nicht, so dass
ich einigermassen beruhigt zur elektrischen
Lokomotive an der Spitze zurückkehren konnte. Letztlich erreichte ich mit der Lokomotive meinen Endpunkt Erstfeld, ohne das zusätzlichen Schaden an der geschleppten Maschine entstand. Das Ziel war erreicht, jetzt war es nicht mehr mein Problem. Die
Rampen
des Ceneri und die
Nordrampe
am Gott-hard, die für die
Bremsen
eine grosse Bean-spruchung sind, schaffte die geschleppte
Lokomo-tive der Baureihe Bm 6/6 ohne grosse Probleme. Der
schlimmste Teil der Reise hatte sie hinter sich. Ach ja, der Kollege, der mit dem Zug weiter fuhr meinte nur, das würde im RBL noch lustig werden, denn auch er kannte die Lokomotive nicht. War wohl auch nie in Basel stationiert, sondern an einem Ort, wo es keine Bm 6/6 gab. Genau genommen hatten die Kollegen in
Zürich damals auch nur die
Bm 4/4 gekannt. Hinzu kam vielleicht noch ein paar Informationen
zur im RBL eingesetzten riesigen Am 6/6. Ein Exot, den nun wirklich nur
wenige kannten. So vergingen wieder Jahre und ich war froh,
dass ich keine Bm 6/6 mehr im Schlepp hatte. Auch wenn ich nachgelesen
habe und nun weiss, wo ich die Hähne finde. Zudem am Gotthard sah man
diese Dinger schlicht nicht. Doch dann kam der Tag, an dem die Welt am
Gotthard sehr arg aus den Fugen geriet, denn in Wassen kam es zu einer
schweren
Entgleisung.
Ich war damals auf der
Dienstfahrt
nach Basel und träumte sicherlich nicht von der Bm 6/6. Nach der schweren Entgleisung in Wassen wurden die nicht betroffenen Wagen des Zuges mit Diesellokomoti-ven nach Göschenen geschleppt. Eingesetzt wurden, wie könnte es anders sein Bm 6/6. Nur erneut fehlte es an geeignetem Personal. So kam das Personal dafür ebenso log-isch
aus Erstfeld. Die Probleme waren somit vorprogrammiert, denn in Erst-feld
kannte diese
Lokomotive schlicht niemand, denn wir hatten eine
Bm 4/4. Die Lokführer bekamen das Reglement 432.6 in die Finger gedrückt und wur-den mit dem Auftrag die Lokomotive zu bedienen auf die Reise nach Gösch-enen geschickt. 45 Minuten Busfahrt blieben, um zu wissen, wie man die Lokomotive einschaltet und danach korrekt bedient. Das nennt man Schnellbleiche im Stil der
Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Es zeigte aber auch auf, wie einfach und
unkompliziert die
Loko-motive aufgebaut war. Wer die
Bm 4/4 kannte, kannte schon sehr viel von der Bm 6/6. Zudem waren
wichtige Elemente der
Lokomotive, wie der
Fahrschalter
bestens bekannt. Der einfache Aufbau war schnell erklärt und vom
vorinformierten Personal schnell verstanden. Eine halbe
Lokomotivausbildung reichte, der Rest in der anderen Hälfte war einfach
gleich. Zudem kannte man die Bedienung von der
Bm 4/4 her. So klappte es bei den meisten Kollegen mit dem
Einsatz. Meine Bekanntschaft mit der
funktionierenden
Lokomotive Bm 6/6 war dann schon etwas anders. Als ich mit
meinem Zug in Chiasso Smistamento U-Gruppe
einfuhr, war mir schnell klar, es gibt kein freies
Gleis
mehr mit der für mich passenden
Spannung.
Ich sah mich bereits den Fussweg ins
Depot
suchen, denn mit der Maschine zurück ging nicht mehr, schliesslich belegte
mein Zug das letzte freie Gleis mit
Fahrleitung
und das Depot war am anderen Ende. Die
Gruppe
war voll und das
Gleis
daneben konnte nicht auf
Wechselstrom
umgeschaltet werden. Eine hilflose elektrische
Lokomotive war die Folge dieser
Einfahrt.
Ein Weg zurück gab es jedoch nicht mehr. Innerlich überhäufte ich den
Fahrdienstleiter
nicht mit sehr viel Lob, denn wie konnte der nur… Es war zu spät, ich war
zwischen
Gleichstrom
gefangen und kam nicht mehr zurück ins
Depot.
Etwas Frust machte sich breit. Eine
Lokomotive der Reihe Bm 6/6 brachte mich mit samt der
Re 10
wieder zurück unter die
Fahrleitung
mit
Wechselstrom.
Dort konnte ich die
Stromabnehmer
heben, meine Lokomotive wieder einschalten und dann mit eigener Kraft ins
Depot
fahren. Das war nun aber wirklich die einzige direkte Begegnung mit einer
arbeitenden Bm 6/6. Danach sah ich die Lokomotive immer wieder mit dem
gehörigen Abstand. Unbekannt war sie jedoch nicht mehr.
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