Inbetriebsetzung

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Die Lokomotiven wurden eigentlich ab Stange gekauft. So erwartet man eigentlich keine lange Inbetriebsetzung. Denken Sie an Ihr neues Auto, das hatte erst einige wenige Kilometer auf dem Tacho als Sie es beim Händler holten. Lange Versuche und Tests führten Sie anschliessend nicht mehr durch. Bei einer Lokomotive war das mittlerweile eigentlich nicht mehr anders. Trotzdem gab es, wie bei Ihrem Wagen eine Inbetriebsetzung.

Bei den Lokomotiven Re 482 und Re 485 erfolgten die Fahrten zur Inbetriebsetzung jedoch nicht mit einer Lokomotive dieser Baureihe. Vielmehr nahm man dazu eine Lokomotive der Deutschen Bahn DB zur Hilfe.

So konnten die ersten Fahrten in Deutschland mit den dort bestellten BR 185 durchgeführt werden. Die damit durchgeführten Versuche wollen wir uns ansehen und so die eigentliche Inbetriebsetzung der Maschinen kennen lernen.

Entwickelt wurde die Maschine eigentlich für die Deutsche Bahn DB und für den Einsatz nach Frankreich. Daher blieb es in der Fachwelt während den ersten Gehversuchen noch relativ ruhig.

Besonders die Fachpresse in der Schweiz ignorierte die Entwicklung vorerst. Aber auch in Deutschland fielen die ersten Lokomotiven der neuen Baureihe 185 kaum auf. Man hielt sie schlicht für BR 145, die ja schon im Einsatz waren.

Während sich die ersten Lokomotiven der Baureihe 185 mit Paket nach Frankreich in Ablieferung befanden, kam die Idee auf, dass man diese Lokomotive auch in den Alpen einsetzen könnte. Dazu hätte eigentlich nur die Leistung etwas erhöht werden müssen. Diese Änderung, die nur in der Steuerung der Stromrichter vorgenommen wurde, musste erprobt werden. Das wiederum ging nur in der Schweiz oder in Österreich.

Die in Aussicht stehende Lieferung dieser Maschinen an den Lokpool führte letztlich dazu, dass man sich für die Alpenbahnen in der Schweiz entschied. Dabei konnte man auch gleich erste Fahrten zur Erlangung der Zulassung vornehmen. Da es schlicht noch keine Lokomotive für die Schweiz gab, nahm man die Prototypen und verpasste ihnen etwas mehr Leistung. Man war für die Fahrten in der Schweiz bereit.

Am 14. November 2000, also noch bevor die ersten Lokomotiven dieser Bauart bestellt wurden, gelangten die 185 001-5 und die 185 003-1 über Basel in die Schweiz. In den folgenden Tagen wurden mit diesen beiden Triebfahrzeugen am Lötschberg Versuchsfahrten durchgeführt. Dabei kamen auf der steilen Strecke auch missliche Verhältnisse vor, so dass gute Ergebnisse erwartet werden durften. Zudem rückte die Lokomotive in den Fokus der Schweizer Fachpresse.

Man wollte überprüfen, ob eine Erhöhung der Leistung von 4 200 kW auf 5 600 kW ohne Umbau der Stromrichter möglich war. Zudem erfuhr man, wie sich die Drehgestelle mit dem Antrieb auf Gebirgsstrecken mit engen Kurven anstellen werden. Punkte, die bisher noch nicht überprüft werden konnten. Die Fahrten zeigten schnell, dass man die Konstruktion richtig gewählt hatte und dass es mit etwas mehr Leistung keine Probleme gab.

Gleichzeitig wollte man damit vom Hersteller aus gesehen, die ersten Ergebnisse für eine Zulassung in der Schweiz erreichen. Man kann daher sagen, dass letztlich die Zulassung der Re 482 und Re 485 bereits erfolgt war, als die Bestellung kam. Letztlichen halfen dem Hersteller in diesem Punkt auch die Re 486 der Lokoop, die mechanisch nahezu identisch waren. Doch noch fehlte den beiden Maschinen das Paket für die Schweiz.

Zum Abschluss der Versuchsfahrten am 17. November 2000 kamen die beiden Maschinen auch an den Gotthard.

Dabei bewies der Hersteller, dass er von seinen Lokomotiven überzeugt war.

Die Überfuhr der beiden Maschinen nach Erstfeld fand vor dem regulären Schnell-zug mit der Zugnummer 2267 statt.

So erreichten die beiden Lokomotiven im winterlichen Schneetreiben den bereits schön verschneiten Bahnhof Erstfeld.

Während sich im nahen Depot her-umgeschwiegen hatte, dass zwei Deut-sche Maschinen nach Erstfeld kommen sollten, gab es im Bahnhof einen Ausfall der Spannung.

Nichts ging mehr am Gotthard und das auch sonst nicht gerade gut ausgelastete Personal suchte nach den beiden „Schwaben“.

Damals lockten Lokomotiven der DB in der Schweiz auch unbeteiligte Lokführer aus ihren Löchern. Die Info, dass die Lokomotiven ins Depot kommen, wurde durchaus positiv aufgenommen.

Hinter dem Tor der warmen Remise wartete man gespannt auf die beiden Lokomotiven. So konnte die versammelte Mannschaft sehen, wie sich die Maschinen der Zufahrt zum Depot näherten. Plötzlich war die Attraktion auf dem Lokomotivdach zu sehen und die gehobenen Stromabnehmer schneller Schrott, als man in der Remise etwas sagen konnte. Die nicht korrekt abgespannte Fahrleitung wurde den beiden neuen Lokomotiven zum Verhängnis. Mittlerweile war auch ein „hoppla“ zu vernehmen.

Aus der grossartigen Einfahrt ins Depot wurde eine geschleppte Fahrt hinter einer alten Bm 4/4. Die Diesellokomotive fuhr mit knurrendem Dieselmotor durch die Remise zu den bedauernswerten Maschinen im Vorfeld. Der erste Auftritt der BR 185 im Depot Erstfeld war gründlich misslungen. Die Lokomotive der Schweizerischen Bundesbahnen SBB sorgte letztlich dafür, dass die beiden Maschinen in die Remise kamen, wo man den Schaden auf dem Dach betrachten konnte.

Die versammelten Lokführer der Schweizerischen Bundesbahnen SBB sahen sich die beiden neuen Maschinen genau an und fanden immer wieder etwas, was angeblich bei der eigenen Re 460 besser gelöst worden sei.

Die Herren aus Deutschland jammerten, dass sie eigentlich nach Hause wollten. Zur gleichen Zeit betrachtete sich ein Mitarbeiter auf dem Dach den Schaden und meinte, dass da nichts mehr zu machen sei.

Bei gewissen Lokführern verhinderte der Feierabend, dass sie die Lokomotiven wieder sahen, als sie den Weg in die Heimat doch noch angetreten hatten.

So schön war sie auch wieder nicht und in Deutschland gab es noch nie schöne Lokomotiven. Das Fazit nach der ersten Betrachtung war klar. Noch wusste keiner, dass er diese Maschinen dereinst bedienen würde. Noch war klar, am Gotthard verkehren Züge der Schweizerischen Bundesbahnen SBB.

Es kam, wie es viele befürchtet hatten, die ersten Lokomotiven der neuen Baureihe Re 482 tauchten auf. Mit dem neuen Anstrich von SBB Cargo versehen, sah die Lokomotive doch noch ansehnlich aus. Doch schnell war klar, dass die blaue und billige Lokomotive nur von einem neuen Lebensmitteldiscounter geliefert worden sei. So war der Kommentar, dass es sich um eine „Aldi-Lokomotive“ handelt schnell ausgesprochen.

In Fachkreisen wurde der Tatzlagerantrieb nicht nur mit Freude gesehen, denn auf engen Gebirgsstrecken schienen radial einstellbare Radsätze, wie es sie bei der Lokomotive Re 460 gab, schonender für die Gleisanlagen zu sein. Da war man sich in der Schweiz einig. Doch wirklich Erfahrungen mit dem Tatzlagerantrieb hatte niemand mehr. Die Antwort ob man mit solch einer Maschine über den Gotthard kommt, erbrachte die Re 486 656-2 am 25. Januar 2002.

Die ersten Re 482 erreichten die Schweiz im Sommer 2002. Nach deren Übernahme am 10. Juni 2002 wurden die neuen Lokomotiven in den Depots Basel und Erstfeld stationiert, wobei eine feste Zuteilung gab es nicht mehr.

Das dort ansässige Lokomotivpersonal wurde so-mit als erstes auf den neuen Maschinen geschult. Andere Depots waren auch nicht vorgesehen, denn der Pool sollte doch auf der Gotthardachse stattfinden.

So kam es, dass auch ich für die Instruktion auf der „Aldilok“ aufgeboten wurde. Zuerst stellte ich mir die Frage, ob nur ich kein Deutsch kann oder die, die das Handbuch geschrieben haben?

Vom Umfang her muss es mehrsprachig ge-schrieben sein. Was zum Teufel ist denn ein Luft-presser und wie um alles in der Welt funktioniert dieses komische Sifa-Ding?

Fragen nach einem Wörterbuch und nach Klär-ung, erfolgten am Tag der Instruktion. Vom Aus-bildner sollte alles beantwortet werden.

Ungewohnt präsentierte sich der Führerstand der neuen Maschine und Platz hatte man mehr als in den bekannten Modellen.

Seit den uralten Ae 4/7, die am Gotthard längst vergessen waren, waren sämtliche Arbeitsgeräte mit links angeordnetem Führerstand ausgeliefert worden. Jetzt hiess es wieder rechts und an einem komischen Tisch Platz nehmen. Die Bedienung der Lokomotive stellte das Personal vor schier unlösbare Probleme. Unbedacht ein Schalter umgelegt und es passierte nichts. Bis man anhalten wollte un die Meldung "Türfreigabe" verwunderte Blicke gab. Die Klärung, die Lokomotive wurde als Universalmaschine geplant und da hält auch der Fernverkehr an einigen Haltepunkten.

Die E-Bremse und die Zugkraft nicht mehr auf der gleichen Hand; geht doch nicht! Als Lokführer in der Schweiz war man sich gewohnt, die elektrische Bremse und die Luftbremse parallel zu nutzen. Bereits bei der Lokomotive Re 460 nervte der Bremsrechner ab und zu. Doch, wie war das nun mal mit der Sifa? Ach ja: „Sifa, Sifa, Zwangsbremsung“ erklärte die Lokomotive beim ersten Versuch diese zu bewegen, ohne dass das angebliche Pedal gedrückt wurde.

Spannend war auch die Frage, ob das Ding mit seinen 84 Tonnen und den starren Radsätzen wirklich nach Zugreihe R fahren könne. Der Ausbildner zuckte lediglich mit den Schultern und meine die Re 460 sei auch nicht leichter. Ah aber... Leute ich denke wir gehen zum Bier und klären das später. Scheinbar wusste das niemand so richtig. Die zeitmultiplexe Vielfachsteuerung kam am zweiten Tag, wenn die passende Maschine vorhanden war. Ansonsten übte man später im Betrieb.

Mit dem ausgebildeten Personal war man bereit für die neue Lokomotive. Grosse Versuchsfahrten sollten nicht mehr durchgeführt werden, denn die Maschine war in Deutschland ausgiebig getestet worden. Man ging mit der Lokomotive ab Stange schlicht in den normalen Alltag über. Nur, noch fehlten die Fahrzeuge um einen optimalen Dienstplan zu erstellen. Das Lokomotivpersonal wurde daher wenig mit dem Führerstand konfrontiert.

Wenn man bei der BLS AG und der Lokomotive Re 485 die Inbetriebsetzung ansehen will, verlief vermutlich einiges parallel zu den Schweizerischen Bundesbahnen SBB.

Wobei dort ein Problem nicht bestand, denn die Lokführer in Spiez waren sich gewohnt, dass man auf der rechten Seite seinen Arbeitsplatz vorfand.

So gesehen ein Vorteil und das mit der „Aldilok“ ging auch nicht, denn die Lokomotive Re 485 war ja nicht blau.

Sie sehen, der Start der TRAXX-Lokomotiven verlief in der Schweiz sehr zügig. Der Grund war, dass die Maschinen ihre ersten Gehversuche beim nördlichen Nachbarn machten.

Dort bockten und spukten die ersten BR 185. Keine Seltenheit, denn neue Lokomotiven glänzen oft mit ihren Macken.

Bei den Lokomotiven der Baureihen Re 482 und Re 485 merkte man davon nicht viel, denn die Probleme waren beseitigt worden, als die Lokomotiven in die Schweiz kamen.

Doch noch waren nicht alle Lokomotiven vorhanden. Die Re 484 und letztlich die Re 486 mussten ebenfalls noch in Betrieb genommen werden. Dort wurden die Versuche eher in Italien durchgeführt, denn in der Schweiz galt es nur noch ein paar Daten zu prüfen, das machte man jedoch mit einer anderen Lokomotive, die nicht für eine der beiden Bahnen vorgesehen waren. Und gerade Italien war ein schweres Land.

Bei den Versuchen zur Erlangung der Zulassung erklärten die italienischen Behörden Bombardier, wie man Lokomotiven zu bauen hat. Mehrere Punkte mussten geändert werden, damit man in Italien überhaupt fahren konnte. Eine Uhr, die läuft reicht bekanntlich überall als Lebenszeichen. Nur in Italien reichte das natürlich nicht und so musste eine andere Lösung gewählt werden. Wie oft die Konstrukteure am Rand der Verzweiflung waren, entzieht sich meiner Kenntnis.

Letztlich sollte es doch noch gelingen, dass eine provisorische Zulassung erfolgte. Die Macken, die sich wegen den Änderungen für Italien in der Schweiz bemerkbar machten, konnte oder wollte man nicht beheben, weil man damit die frisch erlangte Zulassung für Italien wieder verloren hätte. Bei den Re 486 war das nicht viel anders und so beschäftigte auch diese Lokomotive das Personal mit ihren Macken.

Jedoch kann gesagt werden, dass die Lokomotiven schnell in den planmässigen Einsatz kamen. Diesen planmässigen Einsatz werden wir uns in der Folge ansehen, dabei werden die Lokomotiven fein säuberlich getrennt vorgestellt werden. Das macht die Angelegenheit etwas übersichtlicher, was die Lokomotiven anbelangt, sorgt jedoch dafür, dass die Verbindungen verloren gehen. Nur, eines lehrte die „Aldilok“: Man kann nie alles haben.

 

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