Traktionsstromkreis |
|||||
Navigation durch das Thema | |||||
Bei einem international verkehrenden
Triebzug
ist eigentlich bereits klar, dass dieser für mehrere
Stromsysteme
ausgelegt werden musste. Zudem musste auch die Abnahme der
Elektrizität
an die Normen der jeweiligen Länder angepasst werden. Punkte, die klar
zeigen, dass wir die Betrachtung dieses
Stromkreises
ausserhalb beginnen müssen. Genau genommen bei der
Fahrleitung,
die über dem
Gleis
montiert wurde.
Damit war schon schnell klar, dass auch die
Baureihe ETR 610 mehrere Systeme erhalten wird, wie das schon beim älteren
Modell
ETR 470 der Firma Cisalpino AG der
Fall war. Jedoch gab es diesmal Veränderungen bei der Infrastruktur, die sich auf den Zug auswirkte. In Italien rüstete man die Neubaustrecken mit einer Fahrleitung aus, die mit 25 000 Volt und 50 Hertz betrieben wurde und nicht mehr mit Gleich-strom. Nur damit konnte man auch die hohen
Geschwindigkeiten dieser Strecken erreichen. Beim ETR 610, sowie beim RABe
503, musste dieses System daher auch montiert werden. Es war klar, dass der neue Neigezug im Raum Mailand auch auf solche Strecken gelangen konnte. Dabei stellten diese drei Spannungen für den Hersteller eine sehr ungünstige Kon-stellation dar. Um die drei Werte zu erreichen, musste eine
Ausrüstung eingebaut werden, die auch noch die
Spannung
von 1 500
Volt
anbieten konnte. Ein Verzicht darauf war für den Hersteller ein enormer
Aufwand bei der Konstruktion. Hinzu kam, dass zur gleichen Zeit auch die
ETR 600 für die FS gebaut wurden. Deren elektrische Ausrüstung sollte für
1 500
Volt
Gleichstrom
ausgelegt werden. Jedoch wurde dort auf 15 000 Volt und 16,7
Hertz
verzichtet. Sowohl der ETR 600, als auch der ETR 610 für die Firma
Cisalpino AG, sollten daher über die gleiche Ausrüstung verfügen. In der
Steuerung wurden dann einfach nur die benötigten
Spannungen
freigeschaltet.
|
|||||
Stromsystem |
Spannung |
Land |
Bemerkungen |
||
Gleichstrom |
1 500 Volt |
Nicht
freigegeben |
|||
Gleichstrom |
3 000 Volt |
Italien |
|||
Wechselstrom |
15 000 Volt 16.7 Hz |
Schweiz / Deutschland |
|||
Wechselstrom |
25 000 Volt 50 Hz |
Italien |
|||
Wir haben daher eine Ausrüstung erhalten, die vier
unterschiedliche
Stromsysteme erlaubte und der
Triebzug
damit gut bestückt
war. Diese vier Systeme hätten dem
Neigezug
einen Einsatz in nahezu
sämtlichen Ländern Europas ermöglicht. Doch dazu mussten auf dem Dach des
Zuges auch die passenden
Stromabnehmer montiert werden. Dort bildeten nur
die drei Länder, die vorgesehen waren ein erstes Problem.
Das führte dazu, dass die einzelnen Modelle beim hier vorge-stellten
Triebzug
auf nicht weniger als vier Fahrzeuge verteilt wurden. Genau waren
dies die Wagen drei bis sechs. Wir müssen uns daher jeden Wagen ansehen. Beim Wagen mit der Nummer drei wurde auf Seite des Wagens vier ein einziger Stromabnehmer montiert. Dieser Einholmstrom-abnehmer wurde mit einer 1950 mm breiten und mit Kohle bestückten Schleifleiste ausgerüstet. Daher wurde der Bügel unter
Wechselstrom von 15 000
Volt
und 16.7
Hertz
verwendet. Zugelassen war
dieses Modell sowohl in Deutschland, als auch in Österreich. Wobei mit den
ETR 610 nur Deutschland angefahren werden sollte. Bei der Ablieferung der RABe 503 für die
Schweizerischen Bun-desbahnen SBB war Österreich jedoch als
Option
vorhanden. Dies wurde im Hinblick auf einen späteren Einsatz nach München
vorgesehen, da man dort ein kurzes Stück auf der
Infrastruktur von
Österreich zurücklegen musste. Auf die auf dem Dach montierten
Stromabnehmer hatte das jedoch keine Auswirkungen, da Nummer eins in
beiden Ländern ging. Wenn wir nun zum Wagen vier kommen, dann folgt zuerst
der
Stromabnehmer
für 3000
Volt
Gleichstrom. Er hatte eine 1450 mm breite
Schleifleiste
aus Kupfer erhalten und wurde in Italien unter Gleichstrom
benötigt. Somit war der zweite Stromabnehmer auf dem Wagen vier jener, der
für die Schweiz vorgesehen war. Hier wurde wieder eine Schleifleiste aus
Kohle
verwendet. Die Breite des
Schleifstücks
lag jedoch ebenfalls bei
1450 mm.
Es war somit der einzige
Stromabnehmer, der in zwei Ländern und unter zwei Stromsystemen verwendet
werden konnte, denn der Zug erhielt keinen Stromabnehmer für 1500
Volt
Gleichstrom. Bleiben eigentlich noch die Wagen fünf und sechs. Dort wurden die gleichen Stromabnehmer montiert, wie auf den bereits betrachteten Wagen. Somit hatte jedes System einen zweiten Stromabnehmer erhalten. Einzig die Reihenfolge wurde umgekehrt ausgeführt. Das heisst,
dass auch jetzt wieder der Stromabnehmer für Deutschland alleine auf dem
Wagen sechs montiert wurde. Jedoch war die Montage hier nicht so einfach. Somit kommen wir zur Montage der Stromabnehmer. Der Triebzug verfügte über eine Neigetechnik. Damit neigte sich der Kasten in den Kurven um bis zu 8° gegen die Innenseite. Für die
Stromabnehmer ist
dies jedoch nicht zulässig. Daher mussten diese auf einer Gleitbahn
montiert werden. Ein hydraulischer
Zylinder sorgte dann dafür, dass sich
die Stromabnehmer des
Neigezuges entgegen der Kastenneigung bewegten. Diese sechs
Einholmstromabnehmer
konnten mit Hilfe
von
Druckluft
gehoben werden. Die Druckluft hob dabei die Kraft der
Senkfeder
auf und erlaubte es der
Hubfeder, den
Stromabnehmer zu heben.
Damit wurde der untere rot gestrichene Holm der Stromabnehmer erkennbar
und die
Schleifleiste
berührte den über dem Zug gespannten
Fahrdraht. Der
in den entsprechenden Vorschriften festgelegte
Anpressdruck wurde
natürlich bei allen Modellen eingehalten.
Dabei waren alle sechs
Bügel an dieser
Dachleitung
ange-schlossen worden. Eine Unterscheidung der
übertragenen
Spannung fand daher in der Dachleitung nicht statt. So konnte
hier
Wechselstrom, aber auch
Gleichstrom fliessen. Die elektrische Ausrüstung können wir nun halbieren. Der Triebzug war so aufgebaut worden, dass der Zug elektrisch gesehen aus zwei Halbzügen bestand. Damit war zumindest die Hälfte des
Neigezuges bei
einem Totalausfall noch einsatzbereit. Diese
Redundanz war vor-geschrieben
und musste mindestens 15 Minuten aufrecht-erhalten werden können. Für uns
bedeutet das jedoch, dass wir uns nun auf einen halben Zug beschränken
können. An dieser gemeinsamen Dachleitung wurden die beiden Hauptschalter eines Halbzuges angeschlossen. Zudem war aber auch die eingebaute Spannungsprüfung, die letztlich den richtigen Hauptschalter freigab, an dieser Leitung angeschlossen. Das bedeutete unweigerlich, dass
ein
Hauptschalter
für
Wechselstrom
und der andere für
Gleichstrom genutzt
wurde, und dass diese abhängig von der
Spannung
geschaltet wurden. Als
Hauptschalter, beziehungsweise
Gleichstromschnellschalter, kamen die sich mittlerweile bei den Bahnen
durchgesetzten
Vakuumhauptschalter
zur Anwendung. Diese Hauptschalter
liessen keinen Löschfunken zu, so dass sie problemlos unter allen
Stromsystemen eingesetzt werden konnten. Gerade der bei Stromsystemen mit
Gleichstrom
gefürchtete stehende
Lichtbogen war bei diesen Modellen nicht
mehr möglich.
Dieser wurde nach dem Hauptschalter einem Netz-filter zugeführt und letztlich über die vorhandene Systemgruppierung in den Zwischenkreis des Um-richters geleitet. Dank dem
Filter konnten
Störströme aus der
Fahr-leitung im
Zwischenkreis vermieden werden. Es muss noch erwähnt werden, dass die vorher erwähnte Systemgruppierung nicht voll umfänglich aktiv war. Sie war vorhanden, weil die ganze elek-trische Ausrüstung eigentlich für vier Stromsysteme ausgelegt worden war. Mit der Ansteuerung dieses Umschalters hätte der
Triebzug
jedoch mit sehr geringem Aufwand für den Betrieb mit 1500
Volt
Gleichstrom freige-schaltet werden können. Ein Bauteil, das wegen der Reihe
ETR 600 vorhanden war. Bei einem Betrieb unter
Wechselstrom
wurde die
Spannung
vom
Hauptschalter
einem
Transformator
zugeführt. Dieser wurde,
wie die Schalter im Wagen vier, beziehungsweise im Wagen fünf eingebaut.
Diese Lösung musste gewählt werden, weil die schweren Transformatoren die
Achslast
in den anderen Fahrzeugen unzulässig erhöht hätten. Man konnte
die Wagen mit den Nummern vier und fünf daher als
Transformatorwagen
bezeichnen. Der
Transformator
jeder Hälfte war als
Trenntransformator
ohne zusätzliche
Anzapfungen
ausgeführt worden. Er war
für zwei
Stromsysteme ausgelegt worden und konnte dabei auch mit zwei
Frequenzen
betrieben werden. Es waren in der
Primärspule nur zwei
Anzapfungen erforderlich, denn die Spannung wurde in der
Spule gegen Erde
geschaltet, was die korrekte Anzahl der Windungen erforderlich machte.
Um gefährliche
Situationen zu vermeiden, mussten die unterschiedlich langen
Erdungsbürsten
regelmässig kon-trolliert werden. Abgenützte Elemente wurden
dabei durch neue ersetzt, so dass gesichert war, dass immer Kontakt zum
Geleise bestand. Letztlich wurden die über ein elektrische Magnetfeld in einem Eisenkern erregte Sekundärspulen für den weiter-en Stromkreis genutzt. Die Spannung war zwar einheit-lich, jedoch waren noch zwei Frequenzen vorhanden. Zudem wurde die Leitung auf die Wagen mit den
Num-mern eins und zwei geführt und dort an einen
Gleich-richter
angeschlossen. Dadurch entstand eine zum
Zwi-schenkreis passende
Gleichspannung. Auch wenn vorher von Gleichrichter gesprochen wurden. Der Teil wurde auch als Eingangsstromrichter be-zeichnet. Verbaut wurden
Modelle, die mit der
IGBT
Technik aufgebaut wurden. Diese Schaltungen mit
Transistoren hatte gegenüber den älteren
Thyristoren
den grossen Vorteil,
dass sie deutlich leichter waren. Gerade bei einem
Neigezug war das ein
wichtiger Punkt, denn schliesslich befanden sie sich in den Wagen mit den
Triebdrehgestellen. Anschliessend wurde auch diese
Spannung
der
Systemgruppierung zugeführt. Dort wurde dann die Spannung, die vom
Gleichstromteil, oder vom Wechselstromteil kam, dem
Zwischenkreis
zugeführt. Die Umschaltung war dabei nur erforderlich, dass keine
ungewollte Rückspeisung in die bisher ge-trennten
Stromkreise erfolgen
konnte. Gefährliche Spannungen in ungenutzten Bauteilen konnten so
verhindert werden.
Auch hier kamen die Schaltungen
mit
IGBT
zur An-wendung. Das führte dazu, dass die nun vorhandene Leit-ung
einen
Drehstrom
mit unterschiedlichen
Frequenzen und
Spannungen führte. Eine weitere Aufbereitung, oder Schaltung der Spannung war jedoch nicht mehr nötig, da man bei Drehstrom-motoren keine Wendeschalter und keine speziellen Grup-pierungen mehr benötigte. Jedoch
erlaubte die Gruppierung der
Stromrichter
eine Schaltung, die es erlaubte,
dass eine Hälfte bei einem Defekt an einem
Wechselrichter noch eine
Leistung
von 75% abrufen konnte. Deutlicher konnte man den Vorteil der
leichteren
IGBT
nicht aufzeigen. Damit kommen wir zu den
Fahrmotoren. An jedem
Stromrichter wurden davon zwei Stück angeschlossen. Es wurden dabei für
Drehstrom
geeignete
Asynchronmotoren
verwendet. Diese hatten den grossen
Vorteil, dass sie sehr robust gegenüber hohen
Strömen
bei geringer
Drehzahl waren. Somit waren sie ideal für den
Antrieb
eines Zuges. Hier
zudem hilfreich war, dass sie bei geringem Gewicht eine hohe
Leistung
abrufen konnten. Bei den
Triebzügen
ETR 610 führte das dazu, dass für
den ganzen Zug eine
Leistung
von 5 500 kW verfügbar war. Die von den acht
Fahrmotoren
maximal erzeugte
Zugkraft lag bei 225 kN. Dabei muss gesagt
werden, dass gerade bei Triebzügen die Zugkraft nebensächlich war. Ein
wichtiger Punkt war die damit erreichten Werte bei der Beschleunigung. Für
den rund 450 Tonnen schweren
Neigezug ergab das eine maximale
Beschleunigung von 0.48 m/s2.
Diesen Effekt nutzte man bei den
Triebzügen
für eine
elektrische
Bremse.
Dabei kippten nun auch die
Stromrichter und über den
Transformator
wurde
die
Spannung
an jene der
Fahrleitung
angepasst. Damit war eine
Rekuperationsbremse vorhanden. Diese elektrische Bremse arbeitete jedoch nur bei Fahrleitungen mit Wechselstrom vollumfänglich als Rekuperationsbremse. Der Grund waren die Anlagen, die ohne Probleme eine Rückspeisung sicher erlaub-ten. Diese
Nutzstrombremse arbeitete mit einer
Brems-kraft von
maximal 150 kN auf die
Fahrleitung. Die
Bremse
erlaubte eine gute
Verzögerung für den
Triebzug, so dass in vielen Fällen auf die
Scheiben-bremsen verzichtet werden konnte. Bei
Gleichstrom
war diese Art der
elektrischen
Bremse
jedoch nicht möglich. Diese Netze können nur einen bestimmten Teil der
Leistung
aufnehmen und ermöglichen daher nicht immer die maximalen
Bremskräfte. Damit die elektrische Bremse trotzdem vergleichbar arbeitete,
war dem
Triebzug
eine
Widerstandsbremse
eingebaut worden. Diese wurde
jedoch nur bei Bedarf und nur bei Gleichstrom zugeschaltet. Die
Bremswiderstände
der
Widerstandsbremse
waren so
ausgelegt worden, dass sie die volle
Bremsleistung
aufnehmen konnten. Sie
wurden auf den Dächern der Wagen montiert und waren unter den Abdeckungen
versteckt worden. Diese Anordnung hatte den Vorteil, dass die
Widerstände
durch den Fahrtwind des Zuges und über Luken gekühlt werden konnten. Damit
war diese
Bremse
auch optimal aufgebaut worden.
|
|||||
Letzte |
Navigation durch das Thema |
Nächste | |||
Home | SBB - Lokomotiven | BLS - Lokomotiven | Kontakt | ||
Copyright 2023 by Bruno Lämmli Lupfig: Alle Rechte vorbehalten |