Betriebseinsatz BLS Teil 1

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Der Beginn des Betriebseinsatzes bei der BLS Cargo AG war nicht unbedingt wie geplant verlaufen. Die am 29. April 2016 in die Schweiz gelieferten Lokomotiven der Baureihe Re 475 kam nach der Verzollung nach Spiez. Durch die Lieferung von zwei Modellen konnten die Kosten verringert werden und der BLS AG ergaben sich so grössere Vorteile bei der nun anstehenden Inbetriebsetzung beim Kunden, denn der wollte auch testen.

Bis zu diesem Zeitpunkt war schlicht noch nicht klar, wie das definitive Design der Lokomotive aussehen könnte.

Seit einigen Jahren hatte sich das Unternehmen von den klassischen Farben in Blau und Beige verabschiedet.

Neu kamen helle grellgrüne Farben mit grossen silbernen Flächen zur Anwendung.

Bei den Lokomotiven wurden die flachen Wände jedoch mit grossen Anschriften, oder mit speziellen Motiven versehen.

Die Idee mit den Alpen und dem Bergsteiger bei der Bau-reihe Re 486 wurde hier wie-der aufgegriffen. Leicht abgeändert verschwand jedoch der Alpinist und wurde durch einen «vergessenen» im Schnee eingesteckten Eispickel ersetzt. Am Stil des klassisch ausgeführten Bergwerkzeuges wehten Wimpel mit den Landesfahnen der Länder, die von der Lokomotive befahren werden sollten. Durchaus ein besonders ansprechendes Motiv.

Wichtig bei diesen Testfahrten ist, dass die endgültige Konfiguration der BLS AG mit den Ergebnissen der Versuchsfahrten übereinstimmen musste. Bevor es jedoch an die Schulungen für das Personal der Versuche gehen konnte, schritt man in Spiez zur Präsentation. Diese erfolgte im Depot mit den beiden eingeschalteten Lokomotiven. Natürlich wollte man die neusten Modelle im Bestand so gut, wie möglich ins rechte Licht rücken.

Die BLS AG war sichtlich stolz auf die neuen Lokomotiven, auch wenn man damit kaum auf Fahrt gehen konnte. Die Bemühungen dazu, sollten in den nächsten Tagen erfolgen. Es überrascht, dass die beiden Lokomotiven nach der Präsentation kaum in Erscheinung treten konnten. Trotzdem fanden die ersten Schritte statt. Viel Zeit ging dabei für die Schulung des Personals verloren. Die Mitarbeiter der Werkstatt, sollten schliesslich wissen, wie man die Maschine flickt.

Kaum in der Schweiz, meldete sich der Hersteller. Die neuste Maschine der BLS AG sollte unbedingt an den Gotthard verschoben werden. Dort standen die grossen Feiern zur Eröffnung des Basistunnels an.

Im Depot Erstfeld sollte eine grosse Auswahl von Fahrzeugen ausgestellt werden. Von der ersten Dampflokomotive zur neusten Maschine mit Asyn-chronmotoren. Ergänzt wurde diese umfangreiche Sammlung noch mit Triebzügen.

Jene, die mit der Planung beschäftigt waren, hatten dabei zwei Probleme. Es sollten auch die neusten Fahrzeuge im Land gezeigt werden. Neben der Lokomotive Re 475 der BLS Cargo AG, sollte das auch das neuste Flaggschiff des Personenverkehrs sein. Jedoch war bei beiden nicht klar, ob es klappen könnte. Also platzierte man diese so, dass sie ersetzt werden konnte, ohne dass die ganze Ausstellung auf den Kopf gestellt wurde.

Bei Siemens sah es anders aus. Man war zuversichtlich, dass es mit der Lokomotive klappen würde. Die BLS Cargo AG wollte aber mit den neuen Dingern fahren und diese nicht ausstellen. Jedoch sollte sich die Sache verzögern, so dass sie erst ganz zum Schluss in Erstfeld aufgestellt werden konnte. Das mitgeführte Material wurde für eine improvisierte Präsentation aufgestellt und so war der neue Vectron in der hintersten Ecke zu sehen.

Als sich zeigte, dass der Triebzug RABe 502 von SBB Personenverkehr auch mit allen erdenklichen Ideen nicht nach Erstfeld verbracht werden konnte, wurde die so entstandene Lücke mit dem Schulzug gefüllt. Siemens hatte es gerade noch vor dem Feierabend geschafft. Die Alternative mit einer von den eigenen Prototypen klappte nicht, weil diese weit weg noch mit Fahrten zur Zulassung beschäftigt waren und nicht in die Schweiz fahren konnten.

Da für die Lokomotive noch die Zulassung für die ETCS-Strecke zwischen Brunnen und Erstfeld fehlte, stellte sich die Über-fuhr nicht so einfach dar, wie erhofft.

Hier gilt zu sagen, dass auf diesen Strek-ken nur Lokomotiven fahren können, die vom System auch frei gegeben wurden.

Die neue Maschine, die durchaus für Fahr-ten in ETCS Level 2 hergerichtet war, konnte nicht verkehren, weil die Zeit fehlte um das der Strecke auch zu melden.

So wurde die neue Lokomotive aus dem Hause Siemens von der Streckenzentrale abgelehnt. Man musste mit der geschlepp-ten Lokomotive nach Erstfeld fahren.

Dabei wurde als Zuglokomotive eine BR 187 von Bombardier gewählt. Diese ge-mieteten Maschinen verkehrten schon län-ger auf der Strecke am Gotthard.

So gelangten die beiden ungleichen Ma-schinen schliesslich ohne grössere Proble-me in den Bahnhof von Erstfeld.

Speziell war der Weg ins Festgelände. Da die Lokomotive der BLS ohne Fahrleitung nicht verkehren konnte, wurde das kom-plette Gespann mit einer Diesellokomotive an den Platz gestellt.

Anschliessend fuhr die Maschine der BR 187 mit eigener Kraft und dem eingebau-ten Dieselmotor wieder unter die Fahr-leitung. Bei der Vectron in der BLS Aus-führung fehlt dieser, weil man weder den Platz hatte, noch das Gewicht einhalten konnte.

Wir erinnern uns kurz, dass RD-Modul war nur bei den Modellen verfügbar, die für Wechsel- oder Gleichstrom gebaut wurden. Bei den Mehrsystemmaschinen war es nicht erhältlich. Grund war der verfügbare Platz und die Tatsache, dass das Gewicht sehr hoch war. Bei der Fahrt nach Erstfeld spielte das keine Rolle, denn es war eine ausgebaute Anlage. Lediglich beim Abschnitt zwischen Zug und Arth-Goldau gab es noch Probleme.

Am Fest konnten sich die Leute einen Blick in die Lokomotive gönnen. Jedoch wurde die etwas abseits abgestellte Ma-schine der BLS nicht gross belagert.

Durch den späten Entscheid und die noch spätere Ankunft, musste man den Platz nehmen, den man bekommen hatte.

So stand die neuste Lokomotive der BLS Cargo AG in der hintersten Ecke des Festgeländes. Ein Punkt, der natürlich dafür sorgte, dass man die Maschine nicht gross beachtet hatte.

Nach dem Fest zur Eröffnung des Basis-tunnels am Gotthard gingen die Arbeiten zur Inbetriebsetzung immer noch weiter. Jedoch konnten die erforderlichen Fahr-ten geringgehalten werden.

Es wurden schon viele Versuche mit den ersten Lokomotiven des Herstellers ge-macht.

Die Zeit für den planmässigen Versuchs-betrieb sollte daher schnell beginnen. Gerade die BLS Cargo AG wollte mit den neuen Maschinen sehr früh Geld ver-dienen.

Gerade bei schlechtem Zustand der Schienen hatten sich die neuen Lokomotiven sehr oft von der schlechten Seite gezeigt. Sie neigten schnell zum Schleudern und die Achsen mussten anschliessend wieder abgefangen werden. Der Einbruch bei der Zugkraft war gross und oft fiel so die Geschwindigkeit so weit ab, dass die Fahrzeiten nicht mehr gehalten werden konnten. Bei Anfahrten kam es auch vor, dass nichts mehr ging.

Mit zwei Lokomotiven konnte man die Grenzen viel besser auslohten, denn während die erste Maschine den Zug zog, konnte die zweite als zusätzliche Last fungieren. Reichte vorne die Zugkraft nicht mehr aus, wurde aus der virtuellen Last wieder eine Lokomotive und zu zweit ging es dann die Steigung hoch, so dass die Fahrzeiten meistens gehalten werden konnten. Auf den steilen Abschnitten ging es gerade bei schlechtem Wetter kaum ohne die zweite Lokomotive.

Die Fahrten konnte man natürlich auch gleich zur Schulung des Personals nutzen. Dazu setzte man sie meistens zu zweit vor eigenen Ganzzügen ein. Mit Kesselwagen fuhren die beiden anfänglich vorhan-denen Lokomotiven nahezu in der ganzen Schweiz.

Selten kam eine Lokomotive alleine vor diesen Zügen zum Einsatz, denn noch war man sich nicht sicher, ob die Vorgaben in Bezug auf die Übertragung der Zugkraft eingehalten wurden.

Mit den vorhandenen Schulungen konnte der Be-triebseinsatz starten. Dabei kamen die neuen Lokomotiven im Güterverkehr zum Einsatz, wo meh-rere Stromsysteme benötigt wurden.

An der Grenze wurde nur noch gehalten, wenn auch das Personal ersetzt werden musste. Zwischen den Niederlanden und Italien waren die Maschinen der BLS Cargo AG zu sehen. Probleme ergaben sich nur, bei nasser Witterung, denn kam der Zug kaum vom Fleck.

In dieser wurden weitere Lokomotiven geliefert und die Fahrten ausgedehnt. Dabei kamen auch immer öfters planmässige Fahrten dazu, so dass es zu einem fliessenden Übergang bei den Einsätzen kam. Die Testfahrten zur Inbetriebsetzung wurden zu planmässig geführten Zügen. Daher begann bereits im Herbst 2016 der planmässige Einsatz der neuen Lokomotiven. Wobei die meisten Fahrten noch ohne ETCS Level 2 verliefen.

Als letztlich auch die Zulassung für ETCS Level 2 vorhanden war, konnte auch mit anderen Zügen gefahren werden. Es kamen schliesslich aus München immer mehr Maschinen in den Bestand und mit der Ausrüstung konnten die Züge endlich auch in den Niederlanden abgeholt werden. Mit einer Lokomotive von Rotterdam nach Genua war nun möglich geworden. Dank den neuen Basistunnel ging das sogar ohne zweite Lokomotive.

Grosse Abweichungen in den Einsatzplänen gab es nicht, denn mit der vorhandenen Anzahl konnte der gewonnene Verkehr gut abgedeckt werden. Auch sie waren die Maschinen immer wieder in der Schweiz zu erkennen.

Mehrheitlich befuhren sie aber die beiden Achsen durch die Alpen. Die Investition musste sich rechnen und daher wurden nach Möglichkeit auch alle vor-handen Systeme genutzt. Der Zug durch Europa war üblich.

Nur die Rola fand sich zu Beginn nicht im Plan. Die Maschinen waren zwar mit der NBÜ versehen worden, und hatten eine Zugsammelschiene. Nur gab es andere Verkehre

Wenn es die betriebliche Situation zuliess, fand sich eine der neuen Lokomotiven auch vor einem Güterzug in der Schweiz. Für den angedachten Einsatz auch vor Reisezügen, waren schlicht zu wenig Maschinen vorhanden.

Auch bei der BLS AG kamen immer mehr Trieb-wagen in Verkehr, die der Nachfrage gerecht werden konnten. Lokomotiven wurden ab diesem Zeitpunkt nahezu ausschliesslich im schweren Güterverkehr eingesetzt.

Gelgentlich kamen die neuen Maschinen auch vor der Rola zum Einsatz. Wegen dem Begleitwagen musste die Notbremsüberbrückung aktiv sein und natürlich auch die Zugsammelschiene gekuppelt werden. Die Bahngesellschaft im Berner Oberland setzte die Lokomotiven meistens dort ein, wo der Bedarf vorhanden war und dazu gehörte der Güterverkehr von Hafen zu Hafen.

Probleme bekam das EVU BLS Cargo AG jedoch mit den anderen Maschinen. Die alte Baureihe Re 425 war in Ungnade gefallen. Die von der Ausrüstung abhängigen Tarife für die Trassen sollten kommen und dabei wurde ein Zuschlag erhoben, wenn keine elektrische Nutzstrombremse vorhanden war. Bei den alten Modellen war damals noch eine Widerstandsbremse verwendet worden und diese wurde plötzlich viel teurer im Einsatz.

Um nicht mit hohen Kosten zu rechnen, mussten diese Maschinen ersetzt werden. Dabei war schnell klar, dass dazu noch eine weitere Serie von Lokomotiven der Reihe Re 475 beschafft werden sollten. Als Ersatz für die alten Modelle mit einer Ausrüstung für vier Stromsysteme und noch mehr Länder. Das Unternehmen bekam so eine einheitliche Flotte und diese sollte grösser sein, als das bei der Reihe Re 425 der Fall war.

Probleme ergaben sich nur bei der Vielfachsteu-erung. Mit Ausnahme der Re 465 konnten alle Maschinen mit der Reihe Re 475 kombiniert wer-den.

Mit einer Anpassung bei der zur Revision anste-henden Baureihe, konnte auch das gelöst werden. Der Dolmetscher auf der Reihe Re 465 konnte nun auch die Codierungen der ZMS erzeugen und empfangen.

Damit konnte in der Schweiz jede Lokomotive als zweite vorgespannt werden.

Eigentlich verrichteten die Lokomotiven der Bau-reihe Re 475 ihre Arbeit zuverlässig. Die Einsätze brachten die Lokomotive nahezu in ganz Europa an ihre Ziele.

Wer eine Veränderung suchte, der fand diese nur an der Seite der Maschine. Hier kamen neue Motive mit Alpinisten zur Anwendung.

Die Motive wurden daher laufend erneuert und dabei jedes Mal anders gestaltet. Kaum eine Loko-motive hatte so das gleiche Motiv erhalten.

Nachdem die Kombination Re 475 und Re 465 ausgiebig getestet wurde, kamen diese Gespanne in den Einsatz. Eine solche Verbindung startete am 02. Juni 2022 in Spiez auf die Reise in Richtung Norden. Während der Fahrt traten jedoch Probleme auf, die nur noch eine Fahrt ohne aktive Zugsicherung erlaubte. Die Vorschriften in dem Fall verlangten einen zweiten Lokführer, oder die Geschwindigkeit muss auf 80 km/h vermindert werden.

Als die Lokomotive mit der Nummer 475 402 und dem Lokomotivzug in Zollikofen durch das rote Signal nicht aufgehalten wurde, bestand grosse Gefahr. So kam es, dass der Zug  in den Zugschluss eines stehenden Güterzuges von SBB Cargo knallte. Was selten ist, der Aufprall war sogar auf einem Video einer Überwachungskamera zu erkennen. Die Lokomotive geriet auf den Niederflurwagen verschob einen Bagger und auch den stehenden Güterzug.

Findige Leute errechneten schnell anhand der Bilder, dass die Lokomotiven der BLS Cargo AG mit einer Geschwin-digkeit von rund 80 km/h in den Schluss knallten. Schnell kamen auch die Fragen auf, wie das in einer modernen Anlage passieren konnte.

Als dann nach ersten Erkenntnissen bekannt wurde, dass sowohl die Zugsicherung, als auch ZUB 262 ausgeschaltet waren, war nur noch fraglich, warum keine Reaktion vor dem Aufprall erfolgte.

Hatte der Lokführer eine Schwäche, oder war er abgelenkt? Auch Störungen an den Signalen kann man nicht ausschliessen. Ohne wild zu raten, muss der Bericht der Untersuchung abgewartet werden.

Die schwer beschädigte Lokomotive wurde anschliessend auf der Strasse nach Spiez und Später nach München über-führt, wo die Schäden begutachtet wurden. Da es sich um eine neuere Lokomotive handelte, schaute man auch etwas genauer hin.

Was jedoch der Unfall ebenfalls zeigte, war der gut aufge-bauten Kasten. Die vom Hersteller eingebauten Elemente zum Schutz des Personals haben funktioniert und das Lokomotivpersonal war nur leicht verletzt worden.

Ob der Vorfall mit einer älteren Baureihe auch nur zu Schäden an den Fahrzeugen geführt hätte, kann bezweifelt werden. Auf jeden Fall, durfte erwartet werden, dass die nationalen Vorschriften bei funktionsloser Zugsicherung verschärft werden.

Nach dem sich die Wogen gelegt hatten, kam die reparierte Lokomotive wieder in den angestammten Betrieb. Wo jedoch das hier verbaute Ansagesystem schlicht noch nicht benutzt wurde. Die einzigen Züge der BLS AG wo bei einer Maschine so ein System benötigt wurden, waren die Autozüge. Diese waren jedoch nach der grossen Aktion noch fest in den Händen der alten Baureihe Re 425. Die Güterzüge fuhren immer öfter mit Re 475.

 

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