Betriebseinsatz Teil 2

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Mit dem Beginn des zweiten Weltkrieges im Jahre 1939 änderte sich in der Schweiz viel. So wurden Kriegsfahrpläne erstellt. Zudem beschlossen die Schweizerischen Bundesbahnen SBB, dass Nebenstrecken auch mit Fahrleitung versehen werden. Auf die Verstärkungen des Oberbaus verzichtete man jedoch. So kam es, dass für die Baureihe Ae 3/6 I in Zukunft Beschränkungen bei den Strecken bestehen sollten, denn sie war oft zu kurz.

Während dem Krieg kam es kaum zu Änderungen bei den Dienstplänen. Das sollte aber nicht bedeuten, dass die Reihe Ae 3/6 I nicht in Händel verstrickt wurde. So traf es die Nummer 10 704 am 23. September 1941 bei Kiesen.

Die mit bis zu 110 km/h fahrende Maschine kollidierte mit dem Triebwagen De 4/5 der BLS. Die Schäden führten zu einem Aufenthalt in der Hauptwerkstätte und zu einem Neuanstrich in grüner Farbe.

Der Unfall in Kiesen zeigte aber auch ein Problem. Zwar waren die Anlagen mit der Zugsicherung Integra-Signum ausgerüstet worden und auch die Lokomotive Ae 3/6 I der Schweizerischen Bundesbahnen SBB besass diese.

Leider gab diese jedoch nicht beim Triebwagen der BLS, da die Zugsicherung nur bei den Staatsbahnen, aber nicht bei den Privatbahnen eingeführt wurde. In Zukunft sollten aber auch diese Bahnen eine Zugsicherung erhalten.

Auch jetzt sollte es nicht lange ruhig bleiben. Die Loko-motive mit der Nummer 10 680 hatte am 02. Oktober 1942 mit dem Personenzug gerade den Bahnhof Biel/Bienne verlassen.

In der Gegenrichtung fuhr ein Güterzug mit der Lokomo-tive Ce 6/8 II trotz bestätigter Zugsicherung bei Tüscherz in den einspurigen Abschnitt. Bei der heftigen Kollision wurde die Ae 3/6 I unter dem Krokodil begraben und war fast nicht mehr zu erkennen.

Nach diesen schlechten Nachrichten, soll auch erwähnt werden, dass die Baureihe Ae 3/6 I längst nicht nur auf den Strecken der Schweizerischen Bundesbahnen SBB verkehrte. Planmässige Einsätze auf der BT zwischen den Bahnhöfen Wil und Wattwil wurden eingeführt. Oft stammte die Anhängelast von der Bodensee – Toggenburg – Bahn BT. Lediglich der Gotthard war im Dienstplan immer noch nicht zu finden. In Erstfeld war Schluss.

Mit dem Ende des Krieges 1945 wurden die Dienstpläne neu gebildet. Das führte dazu, dass einige Maschinen der Baureihe Ae 3/6 I umziehen mussten. Der Grund war, dass die Nummern 10 601 bis 10 636 in Rorschach zusammen-gezogen wurden.

So waren dort alle schwachen Maschinen zu Hause. Ent-lang des Bodensees konnte nicht viel schneller als 100 km/h gefahren werden und auch die starken Steigungen gab es nur in Richtung St. Gallen.

Auch sonst änderte sich viel. Mit den neuen Leichtstahl-wagen kamen nun auch die Lokomotiven der Baureihe Re 4/4. Diese hatte zwar nicht unbedingt eine höhere Zugkraft, jedoch konnte sie mit bis zu 125 km/h in der Stunde verkehren.

Das war besonders bei den Städteschnellzügen sehr wich-tig. Diese gingen daher nach wenigen Jahren wieder verloren. Schnellzüge waren schon immer ein sicheres Geschäft für die schnellsten Baureihen.

Da die Reihe Re 4/4 jedoch knapp für die Dienstpläne aus-reichte, wurde als Ersatz die Baureihe Ae 3/6 I verplant. Diese Einsätze forderten sowohl das Personal, als auch die Lokomotive sehr stark.

Die Fahrzeit musste mit 110 km/h eingehalten werden und diesen Verlust konnte die ältere Maschinen auch nicht mit einer höheren Zugkraft ausgleichen. Die im Fahrplan verbauten Reserven schrumpften so sehr schnell gegen null.

Die Lokomotive Ae 3/6 I kam nun fast überall zum Einsatz. Dabei war jedoch die Bergstrecke am Gotthard immer noch nicht im Plan enthalten. In Erstfeld war Schluss für die Lokomotive, die sich aus Rorschach dorthin verirrte. Gerade dort gab es aber auch eine steile Strecke. Dieses starke Gefälle von St. Fiden nach Rorschach war der Kategorie B zugeteilt worden. Daher durfte der Reihe Ae 3/6 I dort auch die Talfahrt alleine antreten. Keine Freude hatten die Bremsklötze.

Es kann aber gesagt werden, dass die Baureihe Ae 3/6 I ab 1950 gute Leistungen hatte. Die Maschinen erreichten im Durchschnitt innerhalb eines Jahres 120 000 Kilometer.

In den Dienstplänen waren Schnell- und Reisezüge ebenso vorhanden, wie Güterzüge. Letztere wur-den bei zu viel Gewicht einfach von mehreren Ae 3/6 I gezogen.

Ab und zu waren drei Lokomotiven nötig. So waren kaum mehr Reserven für unschöne Vorfälle vorhan-den. 

Nachdem ein paar ruhige Jahre eingetreten waren, kam es am 01. Mai 1952 bei Villeneuve zu einem Zusammenstoss. Die Lokomotive mit der Nummer 10 687 legte sich mit einem RCe 2/4 an.

Dabei musste der Leichtriebwagen sämtliche Kräfte aufnehmen. Die deutlich schwerere Lokomotive sorgte daher für ein Blutbad bei der Reisegruppe, die wegen dem Feiertag auf einem Ausflug war. Es war daher einer der schwersten Unfälle.

Am 18. August 1953 zeigte die Nummer 10 638, dass sie wirklich nur für das Flachland gebaut worden war. Mit einem Extrazug gelangte die Maschine ausgerechnet auf die SOB. Die dortigen starken Gefälle erreichten 50‰ und gehörten klar zur Kategorie A. Was der Berg hoch noch einigermassen ging, wurde bei der Talfahrt zum Problem. Ein Triebwagen der SOB musste deshalb als Bremslokomotive am Schluss mitgeführt werden.

Zum Glück benötigte man für die Talfahrt von St. Fiden nach Rorschach trotz einem Gefälle von über 20‰ keine elektrische Bremse. Die Wagen des Zuges 4255 hätten sonst im Oktober 1953 nicht für die Bespannung ausgereicht. Am Zug waren fünf Maschinen der Baureihe Ae 3/6 I und eine Lokomotive der Reihe Ae 4/7. Im besten Fall besass letztere eine elektrische Bremse. Aber auch so, freute sich der Händler von Bremsklötzen am Verdienst.

Ein weiterer Zusammenstoss in der Nähe von Möhlin alarmierte am 05. März 1957 die Rettungskräfte. Die Ae 3/6 I Nummer 10 654 hatte sich mit einer Ae 4/7 angelegt. In den Trümmern wurde nach dem Personal und der Ursache geforscht.

Dabei erkannte man schnell, dass es zuvor zu einer Entgleisung der führenden Laufachse gekommen war. Bei der hohen Geschwindigkeit, die auch jetzt bei 110 km/h lag, hatte das dramatische Folgen.

Das Ergebnis der Untersuchung zeigte ein Problem auf. Bei der Ertüchtigung wurde die Rückstellkraft des Drehgestells erhöht.

Bei der Laufachse entfiel diese Anpassung jedoch. Im Be-trieb zeigte sich, dass die Lokomotive mit der führenden Laufachse deutlich schlechter fuhr, als das beim Drehgestell der Fall war. Probleme deswegen gab es bis zum Vorfall in Möhlin jedoch nicht. Auch jetzt wurde auch keine latente Gefahr benannt.

Einigen Lokführern waren jedoch die Bedenken ein Grund, dass vor der Fahrt die Drehscheibe aufgesucht wurde. Dort wurde die Lokomotive so gedreht, dass bei der Fahrt das Drehgestell führend war. Dass dabei der laute Kompressor auch auf die Rückseite verschoben wurde, war nur ein Nebeneffekt, den man aber nicht als Hinderung ansah. Wer mehr Mut hatte, fuhr im Lärm mit der Laufachse voraus. Ins Verderben, wie manche meinten.

Wir können jedoch feststellen, dass in den vergangenen Jahren die Ae 3/6 I in zahlreichen Konflikten beteiligt war. Werden diese mit den kleinen Vorfällen, wie einem Küsschen bei einer Weiche, ergänzt, ergibt sich eine beängstigende Zahl. Jedoch waren immer noch alle 114 Maschinen im Einsatz und da musste damit gerechnet werden, dass bei einem Streit zwischen Lokomotiven die Reihe Ae 3/6 I in der Nähe sein musste.

Eine besondere Ehre kam der Nummer 10 640 zu. Mit der Maschine wurde am 10. Dezember 1959 das neue Drei-schienengleis zwischen Chur und Domat-Ems in Betrieb genommen. Der erste normalspurige Zug wurde von der genannten Nummer geführt.

Die dort ansässige Industrie konnte nun direkt mit normal-spurigen Güterwagen beliefert werden. Es sollte so wohl das berühmteste Gleis dieser Art entstehen, denn es war wirklich besonders.

Die Fahrleitung der Rhätischen Bahn RhB wurde mit einer Spannung von 11 000 Volt und 16 2/3 Hertz betrieben. Auch wenn die Frequenz passte, die Spannung war deut-lich tiefer.

Aus diesem Grund speiste man die Fahrleitung in diesem Bereich leicht höher ein. Das war gerade so, dass die Lokomotiven und Triebwagen der RhB damit noch keine Probleme bekamen. In Netzen mit Wechselstrom waren solche Schwankungen üblich. Auch die Lokomotive wurde verändert.

Ein Umbau, der aber auf allen Modellen vorgenommen wurde. Damit das in der Steuerung eingebaute Relais zur Kontrolle der Spannung in der Fahrleitung erst bei einem bestimmten Wert auslöste, wurde dieser tiefer angesetzt. Mit anderen Worten, der Hauptschalter wurde erst ausgeschaltet, wenn die Fahrleitungsspannung auf einen Wert von 9 500 Volt fiel. So war der Einsatz kein Problem.

Der Zug nach Domat-Ems zeigt aber deutlich, dass die Baureihe Ae 3/6 I längstens als Universallokomotive  eingesetzt wurde. Die Tabellen für die Normallasten wurden in drei Kategorien aufgeteilt. So konnten die Lokomotiven im Güterverkehr deutlich höhere Lasten ziehen, als das bei einem Regionalzug mit den vielen Halten der Fall war. Auch wenn sie nicht im Plan zu finden war, die Gotthardstrecke hätte mit 195 Tonnen befahren werden können.

Ab 1960 begann die Umsetzung der Modernisierung in der Hauptwerkstätte Zürich. Noch wusste man dort nicht, dass diese nach nur vier Maschinen abgebrochen würde.

Der Grund war eigentlich klar, noch benötigte man diese Lo-komotiven, die doch schon ein ansehnliches Alter erreicht hatten. Die ersten Modelle hatten beinahe 40 Jahre auf dem Buckel. Zudem stand ein Ereignis an, das die Staatsbahnen stark fordern sollte.

Immer mehr verlangte die Betriebsführung nach den mit 110 km/h verkehrenden Maschinen. Dabei stand nicht immer deren Höchstgeschwindigkeit im Vordergrund. Diese Maschinen hat-ten etwas mehr Leistung und das wollte man nutzen.

So richtig unter Druck kamen nun die Modelle mit den Num-mern 10 601 bis 10 636, die einfach nur als lahme Enten bezeichnet wurden. Zudem verhallten die Hilferufe aus der Ostschweiz in Bern.

Die Expo 64 wurde in Lausanne durchgeführt. Was für die Region ein Segen war, war für jene, die nun die Massen zu befördern hatten, ein Problem. Was sich damals mit eigener Kraft bewegen konnte, wurde eingesetzt. So lange immer noch mit Dampf betriebene Modelle verwendet wurden, konnte man nicht auf die gute Baureihe Ae 3/6 I verzichten. Oft bespannte diese einen schweren Zug zusammen mit der dort eingeteilten Dampflokomotive A 3/5.

Die Expo brachte noch einmal gute Leistungen. Auch nach der Ausstellung fand man in den Dienstplänen in der Ostschweiz immer noch Maschinen der Baureihe Ae 3/6 I. Das führte dazu, dass die durchschnittliche tägliche Kilometerleistung bei 489 Kilometer lag. Jedoch waren auch die mit viel Prestige behafteten Städteschnellzüge weg. Diese wurden nun von den kräftigen Triebwagen RBe 4/4 übernommen die Reihe Ae 3/6 I hatte dort nichts verloren.

Da nun immer mehr Nebenstrecken auch mit den schweren kurzen Lokomotiven befahren werden konnten, kam die Ae 3/6 I auch dort zum Einsatz. Dabei waren auf diesen Strecken die Triebwagen mit den Reisezügen beschäftigt.

Der bescheidene Güterverkehr benötigte eine Loko-motive und da war die Reihe Ae 3/6 I gerade recht. Die bescheidene Leistung passte und Nebenstrecken wurden selten mit mehr als 110 km/h befahren.

Allgemein zeigte sich, dass die Baureihe Ae 3/6 I immer mehr in niedere Dienste verdrängt wurde. Dabei waren auch im Fahrplan ab 1964 immer noch Schnellzüge enthalten. Der grösste Teil der Arbeit beschränkte sich jedoch auf Personen- und leichte Güterzüge.

Nur, wo schneller als 110 km/h gefahren werden konnte, gingen die Schnellzüge an andere Baureihen verloren. Jedoch tauchten am Himmel auch erste Ge-witterwolken auf.

Das waren die Prototypen der neuen Baureihe, die provisorisch noch als Bobo bezeichnet wurde. Jedoch musste diese erst noch zeigen, ob es in der Schweiz eine bis zu 140 km/h schnelle Re 4/4 II geben sollte.

Wenn das klappt, dann würde die Ae 3/6 I wohl die letzten Schnellzüge verlieren. Langsam wurde die Lokomotive an das Ende der Hackordnung verschoben. Schwere Kollisionen konnten nun zum Abbruch führen.

Das hielt im Fahrplan 1965 die in Rorschach stationierten Maschinen nicht davon ab, weit vom Depot zu operieren. So erreichten dieses Maschinen mit einem Zugspaar den Bahnhof von Göschenen. Wer sich nicht so gut in der Schweiz auskennt, damit wurde die Nordrampe am Gotthard befahren. Das war bisher seit 1922 noch nie der Fall gewesen, denn der Gotthard war das grosse Monster, vor dem die Baureihe Ae 3/6 I immer grosse Angst hatte.

 

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