Tour 13: RBL - Hrk - FFPP - RBL

Das Wochenende fühlte sich wieder einmal kurz an. Am Freitag ging es weit in den Morgen und dann war der Samstag schon fast gelaufen, als ich das Bett verlassen hatte. Im November wird es seit der Umstellung auf Winterzeit sehr früh dunkel. So fühlt sich der Tag noch kürzer an, als er sonst schon ist. An Arbeit mangelte es auch nicht und letztlich blieb für das Hobby kaum noch Zeit. Man kann nicht bis Mitternacht die Kreissäge laufen lassen.

Der Sonntag diente dann der Erholung. Diese Zeit wird mit zunehmendem Alter immer wichtiger. Dumm nur, dass dies die Leute auf dem Büro nicht verstehen wollen. Bei SBB Cargo wird der Personalstamm immer älter und so eine grosse Überraschung, die gehen doch tatsächlich in Rente und halten dem Unternehmen nicht bis in den Sarg die Treue.  So kommt es, wie es kommen muss, es fehlt wieder Personal.

Lokführer findet man nicht so einfach auf der Strasse. Die Anforderungen sind sehr hoch und dann kommt noch die Schichtarbeit. Wer sich im Internet schlau macht, erkennt dann schnell die Probleme. Die Form der Schichtarbeit, die vom Lokomotivpersonal praktiziert wird, ist jene, die der Gesundheit am meisten zusetzt. Schöner Beruf hin oder her, wenn es gesundheitlich und sozial nicht verträglich ist, dann ist da nichts schönes zu sehen.

Jetzt am Montag geht es wieder los. Da die Einteilung ausgesprochen grosszügig war, wurde die Ruheschicht über das Wochenende auf das Minimum gekürzt. So kommt es, dass ich kaum bemerkte, dass es Wochen-ende war und nun muss ich wieder aus dem Haus.

Etwas eher, weil mein Auto Durst hat und ich deshalb eine Tankstelle aufsuchen muss. Die Preise für den Treibstoff sind recht hoch und auch die Politik ist gegen das Auto.

In der Zeitung stand, dass spezielle Fahrspuren für Fahrgemeinschaften geschaffen werden sollten. Ich kann keine Fahrgemeinschaft gründen, denn wer wartet mitten in der Nacht schon gerne eine Stunde bis der Kollege auch nach Hause kann?

So kommt es, dass der Lokführer auf der sozialen Ebene immer mehr ins Abseits gerät. Unter diesen Vorgaben neues Personal zu finden, ist nicht so leicht, der Glanz ist längst weg.

Dem Pflegepersonal spendete man national Applaus. Für die Fernfahrer wurden die Restaurants plötzlich zu Kantinen. Ich mag den Leuten das alles gönnen. Überall auf der Welt gingen die Lokführer im gewohnten Rahmen ihrer Arbeit nach. Sie konnten keine Wirtshäuser als Kantinen nutzen. Reklamiert hat deswegen niemand und auch sonst merkte niemand, dass hier der Motor am laufen war und die Güter transportiert wurden.

Die Fahrt über die Autobahn und damit mit den anderen Chaoten, gehört längst zur täglichen Routine. Jedoch nicht das Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer. Da werden Fahrspuren ohne Rücksicht auf Verluste gewechselt. Die mit den schweren Lastwagen verhalten sich oft so, als würde die Strasse ihnen gehören. Ausscheren ohne Blinker. Gut, ich verstehe ja, dass der Datenschutz das verlangt, denn es geht ja niemand etwas an, wo man hinfährt.

Immer wieder denke ich an die Filmchen mit den idiotischten Autofahrern. Bilder von Russland und aus Fernost. Dumm dabei ist, dass sich das Geschehen auf den Strassen in der Schweiz davon nicht unterscheidet. Als der BMW an mir vorbei fuhr, fragte ich mich, ob die 120 km/h auf meinem Tacho wirklich korrekt sind. Jedenfalls kam es mir vor, als würde ich stehen. Ich kann es kaum erwarten, dass ich ab dieser Strasse kann.

Auch die mit einem Fahrverbot belegte Strasse durch den RBL ist längst nicht mehr sicher. Es vor wenigen Wochen kam mir ein LKW entgegen. Ob der aus England kam, ist mir nicht bekannt. Auf jeden Fall fragte ich mich. Soll ich nach links, oder rechts ausweichen. Die Lichthupe weckte dann den Chaoten mit dem «Kleinwagen» und er wechselte wieder die Spur. An das Fahrverbot hält sich längst niemand mehr. Aber wenn der Richter fehlt…

Der Parkplatz ist erreicht, der erste gefährliche Teil des heutigen Tages ist geschafft. Das Wetter ist trüb und für die Jahreszeit passend. Seit wenigen Wochen sind bei den Bahnen in der Schweiz wieder die Wintermassnahmen aktiviert worden. In diesen ist alles schön geregelt, nur nicht die Aufrechterhaltung des Betriebes bei starkem Schneefall. 20 Centimeter hier sind zwei Meter in Göschenen. Damals ging es mit dem Betrieb ja auch.

RBL – Oberbuchsiten
                       

Dienstvorbereitung mit den täglichen Updates und dem Kaffee aus dem Automaten ist auf dem Programm. Viele Informationen, die da übermittelt werden. Viele davon kommen zu mir und ich frage mich, wo der besagte Bahnhof sein könnte. So komische Orte, wie Lausanne Triage sind mir ebenso unbekannt, wie andere kleinere Orte mit so komisch klingenden Namen. Beinahe, wären mit dabei die neuen Regeln für BIPO entgangen.

Das kenne ich und der frühere Rangierbahnhof von Biel ist nicht mehr zu erkennen. Neue Signale und Zwerge sind aufgestellt worden. Die alten Formsignale sind in der Schweiz nahezu Geschichte. Mit den neuen Signalen sind die harten Regeln gefallen.

Neu können über die Produktionsanlage Ost Züge umge-leitet werden und das sogar ohne Verständigung des Lokführers. Der merkt dann schon, dass es nicht der übliche Weg ist.

Doch heute komme ich nicht dorthin und andere Bahnhöfe und Strecken stehen auf dem Programm. Das erste Etap-penziel ist heute der Bahnhof von Oberbuchsiten. Damit wird auch gleich der westliches Punkt erreicht, denn danach geht es in den Osten.

Ich bin froh um jeden Tag, bei dem ich nicht in den Süden muss. Das Tessin habe ich gesehen und muss es nicht mehr haben. So eine lange Betonröhre ist nun wirklich nicht mein Wunsch.

Die Lokomotive für den ersten Zug steht in der Richtungs-gruppe. Der Zug selber in der Ausfahrgruppe. Begriffe, die sich hier halten konnten und auch sonst sind die Ge-spräche im RBL nicht so kompliziert.

Nicht wie an anderen Orten, wo man plötzlich erfährt, dass man nun vor Quebec ist und beim Signal zwei fünf zur Rangierfahrt wechselt. Wo geht es dann hin? Nach Ontario, oder vielleicht doch nur nach Basel Rangierbahnhof?

Eine grosse Überraschung am heutigen Tag kam schnell. Mit der aufgerufenen Fahrordnung kamen auch gleich die Zugdaten. Die Last nach dem unscheinbaren Bahnhof von Oberbuchsiten ist auf eine Länge von 649 Meter verteilt. Gut, die Lokomotive ist auch noch inbegriffen, aber mit 15 Metern macht die Re 420 den Zug auch nicht viel länger. Das Gewicht verrät, es sind zu einem grossen Teil leere Wagen eingereiht.

Es sind Wagen, die einem grossen Detailhändler der Schweiz zugestellt werden. Die weiteren Daten des Zuges lassen sich sehen, denn trotz der Länge, kann mit bis zu 120 km/h gefahren werden. Vorerst beschränkt sich das Tempo jedoch auf 30 km/h, da ich mit der Lokomotive als direkt geführte Rangierfahrt an die Last anfahren muss. Eine Arbeit, die üblich ist und die heute gleich bei den Wagen endete, denn das Bodenpersonal steht bereit.

Arbeiten, die ich in den nächsten Tagen nicht mehr selber ausführen werde. Die ersten Heizer kommen nun auf die Lokomotiven. Der Lehrlokführer schaut dann noch, ob alles richtig gemacht wird. Offiziell werden die Auszubildenden natürlich längst nicht mehr als Heizer bezeichnet. Das war bei mich auch schon so, aber etwas Tradition sollte schon sein und daher fahren immer noch Heizer mit, auch wenn das Feuer längst erloschen ist.

Pünktlich kann ich mit dem Zug den RBL verlassen. Vorerst ist noch keine hohe Geschwindigkeit zugelassen, denn es sind maximal 40 km/h erlaubt. Da seit Jahren die Signale nie rechtzeitig auf Fahrt gehen, wird sich daran auch nicht mehr viel ändern. Wobei in Killwangen-Spreitenbach tatsächlich die Ausfahrt bereits geöffnet ist. Ich muss hier nicht warten und kann mit wenigen Minuten Vorsprung in den Heitersberg fahren.

Grosse Euphorie kommt jedoch nicht auf, denn kaum nach dem passieren des Ausfahrsignals, meldet sich ADL. Mit 60 km/h bis nach Aarau. Das wird eine gemütliche Fahrt geben. Der Güterzug kann hier nur nach der S-Bahn losfahren und dann bremst diese den Zug ein. In Rupperswil muss ich dann zusehen, dass ich zur Seite komme, denn dann kommt bereits der erst Schnellzug der Zürich 30 Minuten später verlassen hatte.

Heute hatte ich in der Zeitung gelesen, dass die Schweizerischen Bundesbahnen SBB Probleme mit der Pünktlichkeit hat. Die Lösung für das Problem, ist die Verdichtung der Reisezüge auf 15 Minuten. Der Güterverkehr bleibt dann auf der Strecke und wenn ich an die 42 Wagen des Zuges denke, dann wären das ebenso viele LKW auf der Autobahn. Die will auch niemand und damit wären dann die Regale endlich leer und der Hunger gross.

Anhand von internen Schreiben, weiss ich, wo das Problem effektiv liegt. Nur in dem Fall müsste man das eigene Versagen zugeben und das macht bekanntlich niemand. Ein Chef, der seinen Kunden mitteilt, dass sie doch besser die Konkurrenz benützen sollten, erweckt beim Personal kaum Vertrauen. Es muss gespart werden und das um jeden Preis. Leidtragende sind der Fahrplan, der nicht eingehalten werden kann und die Kunden.

So rumpelt es sich dahin und der Güterzug fährt halb so schnell, wie er eigentlich könnte. In Aarau steht dann der erste Signalhalt an. Ich verstehe es immer noch nicht, wie vorher müssen wir hier warten, bis die schnellen Züge durch gefahren sind. Ein Vorteil mit den weiteren Geleisen ergab sich also nicht. Viel Geld verlocht, damit nicht viel erreicht werden konnte. Doch einen Vorteil gibts, die S-Bahn kann nun auch in Dulliken halten.

Als es wieder weiter geht, eilt es mir mit der Beschleu-nigung nicht, denn ich weiss, es wird keine zehn Se-unden dauern und ADL meldet sich. Kaum ist der Gedanke durch, ist es soweit. Weiter mit 60 km/h, diesmal bis Olten.

Die Meldung änderte sich immer wieder, einmal langsamer und dann wieder schneller. Ich liess den Zug rollen und kam so elegant durch. So kam es, dass ich mit 70 km/h einen neuen Rekord hatte.

So ging es schleppend und da ich diesmal über Schönen-werd gefahren bin, muss ich in Olten nicht sämtliche Geleise queren. Oft ist das so und so können die zusätz-lichen Geleise schlicht nicht genutzt werden.

Genutzt habe ich die Schwerkraft und so komme ich in Olten Hammer genau vor den roten Ausfahrsignal zum Stillstand. Der Fahrplan sieht die Weiterfahrt erst in ein paar Minuten vor und daher wird gewartet, denn der Com-puter ist nicht flexibel.

Ein Blick in die LEA verrät mir, wieso ein Zug zu spät sein Ziel erreicht. In Härkingen sollte ich zur Minute 30 durch-fahren, jedoch bereits zwei Minuten vorher an meinem Ziel ankommen.

Das ist schlicht nicht zu erreichen. Zumal in den Unter-lagen noch steht, dass die Last sofort weggestellt werden muss. All das ist so oder so erledigt, denn als ich losfahren sollte, blieb das Signal auf Halt. Mein Dienst lässt eigentlich keine Verspätung zu.

Ich habe in Oberbuchsiten nur kurz Pause, dann geht es gleich über Härkingen nach Frauenfeld und mit der Lok zurück nach dem RBL. Komme ich viel zu spät an, dann bleibt die Post schlicht stehen. Das Gesetz ist klar umschrieben. Ich muss eine Pause machen. Auch wenn sich an dieses Gesetz niemand hält, die Lokführer tun das, auch wenn es deswegen immer wieder Ärger gibt, denn auch die Chefs sehen es nicht immer ein.

Als auch nach drei Minuten nichts ging, griff ich zum Funk. Starte ich doch einmal eine Anfrage, nach dem Grund. Die Antwort ist, wie zu erwarten war, sehr hilfreich. Es ist einspuriger Betrieb und daher wird das Signal grün, wenn es grün wird. Schön, es sind nicht meine Pakete, die heute nicht in die Ostschweiz geliefert werden. Der LKW wird es dann wohl richten können. Sofern man dort einen Fahrer findet, denn die sind auch Mangelware.

Mit fünf Minuten Rückstand ging es weiter und es ist kaum zu glauben, kurz vor dem Ziel konnte noch auf die 120 km/h beschleunigt werden. Normalerweise würde ich das wegen der verschwendeten Energie sein lassen, jetzt aber bin ich zu spät und es steht ein Postzug auf dem Spiel. In dem Fall trödle ich nicht und versuche mein Handwerk so gut, wie möglich zu machen. Leider sind diese Ansichten längst nicht mehr üblich.

So richtig in Begeisterung kam ich, als ich die Bremsung auf das Halt zeigende Ausfahrsignal von Oberbuchsiten einleitete. Exakt in dem Moment meldet sich der Funk. Es ist verhext, die Anrufe kommen wirklich immer dann, wenn wir keine Antwort geben dürfen. Es gibt Tage, da bin ich stur und gebe keine Antwort. Es ist dann spannend, wie oft versucht wird, den Lokführer von der Bremsung auf das Signal abzulenken.

Die Info ist klar, der Zug ist so lange, dass er im Bahnhof schlicht keinen Platz findet. Nach dem Halt muss noch vorgezogen werden. Auch das ist nicht selten der Fall, aber seit ich den RBL verlassen habe, ist das bekannt, warum dann erst, wenn der Zug auf das Signal bremst? Warum mit dem Funk. Dieser kann auch SMS empfangen. Nach dem Halt kann ich diese lesen. Keine Ablenkung und keine bösen Worte von einem genervten Lokführer.

Rangier in Oberbuchsiten
                       

Der Zug muss gemäss dem Eintrag in der Fahrordnung sofort weggestellt werden. Vermutlich verstehe ich das Wort sofort nicht richtig, denn die Wartezeit von dem geschlossenen Zwergsignal wird schon fast zur Folter. Liebe Kunden, wegen einer nicht so durchdachten Planung, können ihre Pakete morgen leider nicht zugestellt werden. Der Postzug könnte heute wohl nicht pünktlich fahren und ich warte immer noch.

Nach zehn Minuten ruft mich dann der Rangierarbeiter auf. Die Info ist kurz, es geht zurück ins Anschlussgleis. In das wohl bei den Lokführern berühmteste Gleis der Schweiz. Die Fahrleitung hört kurz nach der Weiche auf und davor sollte die Lokomotive zum Stillstand kommen. Findige Leute im warmen Büro schufen deshalb einen richtigen Wald an Tafeln und Signalen. Das ging so weit, dass sich diese sogar aufheben.

Zuerst kommt ein Vorsignal zum Senksignal. Meine Aufgabe nun, ich muss den Stromabnehmer senken, da ich mich dem Ende der Fahrleitung nähere. Dann kommt eine Halteorttafel. Gemäss FDV gilt diese nur für Reisezüge. Reisende gibt es bei meinem Zug nicht, also ist die Tafel ungültig und auch dieses H darf straflos passiert werden. Beim Ende kommt denn das Senksignal, das Ende der Fahrleitung und das ist nun spannend.

Das Senksignal besagt, dass Triebfahrzeuge mit gehobenem Stromabnehmer davor anhalten müssen. Da ich aber wegen dem Vorsignal den Bügel gesenkt habe, kann ich ohne Probleme auch über das Ende der Fahrleitung fahren. Der einzige Hinweis, der das verhindert, kam per Funk. Halteort nach dem Engländer und nun ist klar, wo ich anhalten muss. Also nicht beim Bewohner von England, sondern bei der Weiche, die so genannt wird.

Mit so einem langen Zug am Haken, fahre ich nicht gerne schnell rückwärts. Da es so oder so in ein Anschlussgleis geht, darf ich auch nur 10 km/h fahren. Eventuell ist hier auch eine höhere Geschwindigkeit zugelassen.

In der Schweiz befahren wir so viele Anschlussgeleise, da kann ich nicht alle auswendig kennen. Zeit um in den ver-borgenen Dateien danach zu suchen, habe ich nicht. Also wird mit der als Standard definierten Geschwindigkeit gefahren.

Schön brav, wie mir geheissen wurde, halte ich mit der Lokomotive nach dem Engländer. Für jene, die es immer noch nicht wissen. Es handelt sich dabei um eine doppelte Kreuzungsweiche englischer Bauart.

Es gibt noch die deutsche Bauart und diese Weichen gibt es in der Schweiz auch. Da aber die meisten englischer Bauart sind, hat sich der Begriff Engländer durchgesetzt. Doch nun wieder zum Funk und der Frage der Fragen.

Ob ich denn wirklich nach dem Engländer stehe und ob ich nicht zu weit gefahren bin? Mensch, der Zug ist fast 700 Meter lang, da sind die Wagen auch im längsten Gleis nahe beim Prellbock. Zumindest heute kamen auch die Massangaben, das war nicht immer so und dann stand die Lokomotive im Bereich ohne Fahrleitung. Der Lokführer erklärte dann die Regelung und so war der Ärger nicht so gross. Heute nerven andere Stellen.

Als die Lokomotive endlich abgehängt wurde, begann meine Pause. Also auf dem Papier ist das so. Noch stehe ich im Anschlussgleis. Doch dort ging es schnell los und dann gleich an die nächsten Wagen. Ich müsse nun noch die Bremsprobe machen, dann könne ich die Lokomotive sehen lassen. Sicher nicht, denn nun mache ich meine Pause, denn meine Berufsehre steht auf dem Spiel. Dass ich Pause machen muss, wurde nicht verstanden.

Pause und Dienstfahrt
                       

Eine Pause in Oberbuchsiten ist nicht so komfortabel, wie an einem Ort, wo es eine Milchküche gibt. Die sind selten geworden und die Verpflegung beschränkt sich auf einige Schokoriegel und ein paar Sandwich. Eigentlich wäre bei dem nasskalten Wetter, das sich nun einstellte, eine warme Mahlzeit, oder ein heisser Tee richtig, aber dazu reicht die Zeit nicht mehr. Ein paar Minuten Erholung sind aber noch möglich.

Dann muss ich mich auf den Weg zum Bahnsteig machen. Der Regionalzug scheint pünktlich zu kommen. Auch wenn die ganze Schweiz eine grosse S-Bahn ist, hier verkehren tatsächlich noch die klassischen Regionalzüge. Zwar mit modernen Einheiten, die sehr oft mit einem englischen Begriff bezeichnet werden. Hier nenne ich diesen Zug jedoch RABe 523 und ich suche nicht die erste Wagenklasse, sondern steige ein.

Es ist eine kurze Fahrt, denn beim übernächsten Halt muss ich wieder aussteigen. Das kann ich auch stehend. Ich kann danach wieder lange genug sitzen. Im nahen Abteil wird darüber nachgedacht, wieso es eigentlichen Olten Hammer heisst. Genau weiss ich das auch nicht und dabei fällt mit ein Witz ein. Der geht aber nur auf Dialekt, also etwas für die Leute, die diesen verstehen. Die anderen werden es beim lesen auch kapieren.

Also der Herr geht in den Laden und fragt: «Händer Hämmer». Der Verkäufer ruft ins Lager «Hämmer Hämmer?». Die Antwort lauten «Hämmer Hämmer». Das noch mit Olten Hammer ergänzt, wird noch recht spannend. Doch nun kündigt die Dame vom Ansagesystem den nächsten Halt an. Es ist der Bahnhof von Hägendorf und dort muss ich aussteigen. Das Thema mit Olten Hammer wird die Damen vermutlich noch etwas beschäftigen.

Umsteigen ist angesagt, es geht mit dem Bus weiter. Wo dieser steht, weiss ich auch und so ist der Weg klar. Viel Zeit ist nicht vorhanden und es ist auch schon passiert, dass der Bus vor dem Lokführer losfuhr, dann blieb der Postzug stehen. Heute klappt es und ich finde im leeren Bus auch einen Sitzplatz. Das Ziel ist das Briefpostzentrum in Härkingen. Zumindest steht das auf dem Monitor, der den Fahrweg des Busses anzeigt.

Die automatische Ansage auch von einer Dame, kam erst nachdem der Bus losgefahren ist. Scheisse ich sitze im falschen Bus, wenn dieser schon fährt, ein Albtraum für jeden. Spass beiseite, ich sitze im richtigen Bus und so ist die Reise klar. Es geht durch die Region zum Postzentrum. Die Orte sind mir geläufig, da ich die Gegend etwas kenne. Auch wenn es viele meinen, ich bin kein Urner und im Kanton Solothurn habe ich noch Verwandte.

Härkingen – Frauenfeld
                       

Beim Busstopp muss ich wieder zurück gehen. Ich könne den Weg durch das Postzentrum nehmen. Dieses ist nicht für ostunkundige Lokführer geeignet und daher benutze ich den sicheren Weg, auch wenn dieser wegen der Strasse nicht so sicher ist, wie man meinen könnte. Die Damen und Herren mit den schweren LKW nehmen wirklich auf niemanden Rücksicht. Da wird der Eisenbahner mit der Warnweste leicht übersehen.

Wieder in den sicheren Bereichen der Eisenbahn angekommen, er-kundige ich mich nach der Loko-motive. Deren Nummer ist im Ar-beitsplan jedoch enthalten und diese habe ich auch im Gleisfeld gesehen, aber ich gehe auf Num-mer sicher.

Es ist jedoch so und ich kann die Maschine mit der Nummer 420 234-7 übernehmen. Mit den aktuell gültigen Wintermassnahmen ist das schnell erledigt, was auch gut ist, denn der Zug wird soeben aufge-stellt.

Auswechseln, vor die Last fahren und dann wird die Lokomotive bereits an die Wagen gekuppelt. Aus dem Führerstand heraus beo-bachte ich die dazu erforderlichen Arbeiten.

Ich spioniere nicht den Rangier-arbeiter aus, aber ich bin ver-pflichtet seine Arbeit zu kontrol-lieren. So geht das nicht so offen-sichtlich und dank dem Tragwagen der Post ist auch dessen Nummer aus dem Führerstand zu erkennen. Die wichtigen Angaben habe ich.

Da der Zug neu formiert wurde, ist eine Hauptbremsprobe auszuführen. Die neuen Wagen besitzen Scheibenbremsen und daher ist diese Kontrolle nicht so schwer, denn deren Funktion kann nur an einem Meldefenster abgelesen werden. Während der Rangierarbeiter die Bremsen der Wagen kontrolliert, richte ich mich auf dem Führerstand ein. Es ist nicht so, dass wir jetzt nichts zu tun haben, denn auch die Zugdaten müssen erfasst werden.

Als der gelöste Zustand kontrolliert wurde, begebe ich mich doch noch zum ersten Wagen. Diesen muss ich auch noch ansehen und das ging vom Führerstand aus nicht. Sicherungsmittel sind keine angebracht und auch die Container der Post sind richtig abgesetzt worden. Es stimmt alles und ein Blick auf die Uhr zeigt, dass nicht mehr viel Zeit vorhanden ist. Gerade bei den Postzügen sind die Zeiten ausgesprochen knapp bemessen.

Wieder im Führerstand angekommen, richte ich mich endgültig ein. Der Zug hat mit A 95% eine angemessene Reihe und mit 120 km/h auch die passende Geschwindigkeit. Diese werde ich diesmal vermutlich mehr ausfahren, als das beim ersten Zug des Tages der Fall war. Post ist etwas hektischer, als der normale Güterverkehr. Auch wenn das anhand der Zugnummer nicht erkannt werden kann. Postzüge gelten als Schnellgutzüge.

Pünktlich kann ich den Bahnhof Härkingen verlassen. Eine längere Reise steht mir bevor, denn ich muss weit in die Ostschweiz fahren. Bis Olten sind noch einige Aufgaben zu erledigen. So kontrolliere ich unmittelbar nach der Abfahrt den Zug. Jetzt ist das nicht so schwer, wie vorher bei fast 700 Meter. Dort kann hinten kaum noch was erkannt werden. Auch die obligate Bremsprobe auf Wirkung darf nicht fehlen.

Gerade diese Bremsprobe auf Wirkung ist bei diesen Zügen nicht sehr einfach. Es sind nur wenige Wagen vorhanden und die bei diesem Vorgang nicht bremsende Lokomotive zieht kräftig. Hinzu kommt, dass das Verhalten der Scheibenbremsen anders ist, als bei den üblichen Klotzbremsen. Da der Zug noch gut gekuppelt wurde, setzt die Bremsung kaum merklich und ohne Zerrungen im Zug ein. Es wird langsamer und das ist gut.

Von Härkingen ist es nicht sehr weit, bis Olten. Zwar hatte ich ADL, aber das ignorierte ich diesmal. In einem Einspurabschnitt mit 30 km/h fahren, verträgt sich nicht mit meinem Berufsstolz. Solche Bereiche müssen schnell befahren werden, denn dann bietet sich der Platz für einen anderen Zug, der dieses Nadelöhr auch noch passieren kann. Der Halt in Olten ist daher nicht zu vermeiden gewesen und ich bin auch etwas vor dem Fahrplan.

Noch verlassen die letzten Reisezüge den Bahnhof in Richtung Osten. Zwar bin ich mit diesem Zug vor dem Regionalverkehr eingereiht, aber gegen einen Regioexpress hat der Postzug keine Chance. Dieser hat mich nicht eingebremst, denn er fährt die alte Strecke und ich benutze den Weg durch den Eppenbergtunnel. Dieser ist schon speziell, denn Güterzüge müssen wegen den Bremsen langsamer fahren, aber die Distanzen der Signale sind riesig.

Langsam kommt auch der Postzug in Schwung. Auch wenn der aus dem Hochnebel fallende Nieselregen stark ist. Die Adhäsion ist noch ausreichend. So kommt es, dass ich den Bahnhof von Aarau mit 115 km/h befahre. Ein kurzer Blick auf die LEA zeigt mir, dass ich aktuell gut zwei Minuten vor dem Fahrplan verkehre. Das passt und ich bleibe bei der Geschwindigkeit. Zumindest hoffte ich das, denn ADL meldet sich wieder.

Schnellfahrt bis Lenzburg wird gefordert. Aha das System schiebt bereits Panik, denn ich bin nicht mit genug Abstand vor dem in Aarau startenden Regionalzug. Dieser kann zwar normal fahren, aber das System zur Behinderung des Verkehrs kapiert was nicht. Umgekehrt folge ich einem Regionalzug mit 65 km/h, weil ich das seit Jahren so mache. ADL führt dann einen Tanz auf, der alle erdenklichen Werte in Abstand von Minuten bringt.

Ich bin mit einem Postzug unterwegs, da wird nicht getrödelt und der Fahrplan eingehalten. Zumal ich in Rupperswil den Vorsprung etwas ausbauen konnte. Unmittelbar nach den schnellen Züge kann man wirklich zufahren und das geniesse ich nun. Schnell durch die Nacht und in Lenzburg beruhigte sich auch ADL wieder. Der Regioexpress stoppt hier und dann ist mein Vorsprung gross genug, dass ich keine Panik mehr auslöse.

Die Euphorie des schnellen Fahrens hält nicht lange an. In Othmarsingen muss ich bremsen. Durch den Bahnhof von Mägenwil darf ich nur mit 75 km/h fahren. Der neuste Schrei bei der Kostenoptimierung. Statt einer Langsamfahrstelle werden nun einfach neue Kurventafeln montiert. Sehr zur Freude des Lokomotivpersonals, denn diese sind in der LEA nicht speziell hervorgehoben. Wer sich nicht achtet, wird dann gebremst.

Zürich kündigt sich langsam an und dort wird es langsamer. Besonders der Abschnitt zwischen Zürich Altstetten und Zürich Oerlikon ist nicht leicht zu befahren. Hier folgen sich die Züge gefühlt wirklich im Abstand von Sekunden. Genau liegt die Zugfolge etwas höher, aber das führt unweigerlich dazu, dass auch der Postzug sich einreihen muss. ADL drosselt mich und so kommt es, dass bei Ausfahrt von Oerlikon eine S-Bahn auf mich warten musste.

An der Situation ändert sich bis Winterthur nichts. Auch dort ist es wirklich eng und so kommt es, dass der Post-zug kräftig in die Eisen steigen musste. Das so geliebte überraschend Warnung zeigende Vorsignal bewirkte dies.

Es war auch mein Fehler, ich habe mich gehen lassen und bin das Tempo gefahren. An die anderen Züge dachte ich einen Moment der Euphorie nicht mehr. Die Warnung erin-nert mich daran, dass ich nicht alleine unterwegs bin.

Winterthur mit dem Dienstbahnhof Schwalmenacker ist in Richtung Thurgau etwas einfacher zu verstehen. So rich-tig passen wollen die Signale einfach nicht. Für mich zählt jedoch die Farbe, denn grün ist gut und so kann ich wieder etwas schneller fahren.

Die letzten Kilometer bis nach Frauenfeld sind nicht mehr schwer und so nähert sich der Zug seinem Ziel. Dieses kommt nach dem Bahnhof, den ich mit 30 km/h verlassen darf.

Der Endbahnhof Frauenfeld Paketpost ist nicht leicht anzu-fahren. In der Nacht können die Distanzen schlecht ein-geschätzt werden und es geht zudem noch den Berg runter.

Das Einfahrsignal ist zugleich das Ende für die Zugfahrt und ab dort geht es nur noch als Rangierfahrt weiter. Die Zustimmung dazu muss mir jedoch das Stellwerk erteilen und da es hier keine Zwergsignale gibt, erfolgt das mündlich mit dem Funkgerät der Lokomotive.

Noch wenige Meter und dann werden die Wagen abgehängt. Eigentlich wäre das meine Arbeit, aber der Rangierarbeiter der Post wartete bereits. Die Regelung ist eigentlich nur da, wenn sie es nicht zur rechten Zeit zum Zug schaffen. Heute war das kein Problem und so muss ich mit der Lokomotive nur noch über die Weiche aus dem Weg. Dort kann ich dann den Lokomotivzug zurück in den RBL vorbereiten und die Kontrollen machen.

Frauenfeld – RBL
                       

Bis ich mit dem Lokomotivzug bereit bin, wurden die Wagen von der Post abgeholt. Sie rollen gerade an mir vorbei. Ich kann mich erneut beim Stellwerk melden. Es ist etwas aufwendiger in diesem Bahnhof losfahren zu können. Mit dem Griff zum Funk beginnt der Prozess. Mit dem nun erfolgten Funkgespräch bekomme ich nur die Zustimmung für die ersten beiden Weichen, die befahren werden müssen. Eine davon musste noch umgestellt werden.

Ich kann losfahren und dabei bin ich noch gemäss R 300.4 unterwegs. Eine andere Lösung, die eine Fahrt als Zug erlaubt hätte, gibt es hier nicht, denn dazu fehlen die Hauptsignalel und genau zu diesem will ich nun fahren. Der erste Etappenort ist dabei das Rangiersignal. Dieses ist in der Nacht schwer zu erkennen. Es ist kleiner als üblich und zudem noch schlecht beleuchtet. Man muss schon wissen, wo es steht, denn dort ist vorerst Schluss.

Um doch noch zum Hauptsignalel zu kommen, muss ich erneut zum Funkgerät greifen. Jetzt rufe ich jedoch den Fahrdienstleiter an. Für die Post bin ich losgefahren, aber noch weiss die Fernsteuerung davon nichts. Mit dem Funkgespräch ändere ich diese Situation und damit auch das Signalbild beim Rangiersignal. Jetzt leuchtet das Signalbild «Zustimmung zur Rangierfahrt» auf und ich kann bis zum Hauptsignal vorfahren.

Damit bin ich endlich dort angelangt, wo ich losfahren kann. Noch stehe ich vor dem Bahnhof von Frauenfeld. Daher fahre ich auch im Postbahnhof los und nicht an der üblichen Stelle. Gerade in Frauenfeld ist es im Moment sehr eng, denn wie jeden Herbst hat die Ernte der Zuckerrüben begonnen und hier werden diese zu Zucker verarbeitet. Die Hauptlast beim Güterverkehr fährt jedoch immer direkt in das Anschlussgleis der Fabrik.

Mit Zucker und dessen Herstellung habe ich aktuell nichts am Hut. Ich stehe mit der Lokomotive vor einem roten Signal. Kaum habe ich mir das auch bildlich ausgemalt, ändert das Signal seine Farbe. Zumindest bis in den Bahnhof kann ich fahren. Es ist aber fraglich, ob es weiter geht, denn neben mir hat ein Zug die Einfahrt ebenfalls offen. Als der IC mich überholt ist klar, der hat Vorrang und der Güterzug fährt in die andere Richtung.

Ein Güterzug, den ich auch schon geführt habe. Er ist mittlerweile mit einer Lokomotive der Baureihe Re 484 bespannt. Diese bisher im Verkehr mit Ita-lien eingesetzten Maschinen sind an den nationalen Verkehr abgegeben worden.

Hier gelten sie als neue Lokomotiven. Das obwohl sie so alt ist, dass ich eine Schulung benötigte. Kei-ne normale, denn mit der Baureihe fahre ich seit dem sie wirklich neu war.

Der Intercity fährt los und beschleunigt. Noch muss ich warten. Auch er löst sich nicht in Luft auf und benötigt etwas Zeit, bis er den nächsten Bahnhof Islikon erreicht hat. Erst dann kann auch ich losfahren. Noch weiss ich nicht genau, welchen Weg gefahren wird. Der Beginn ist klar, aber danach sind viele Wege möglich. Das Ziel RBL Depot verrät mir, dass die Zufahrt von Dietikon her erfolgt. Doch dazwischen ist vieles möglich.

Am Ausfahrsignal ändert sich die Farbe. Die zwei grünen Lichter zeigen mir, dass ich die Lokomotive auf 60 km/h beschleunigen darf. Es sind ablenkende Weichen zu befahren und daher ist dieses Signalbild logisch. Auch danach wird es nicht schneller, denn ADL meldet sich. Mit 60 km/h sei bis Winterthur zufahren. Die 130 km/h die hier zugelassen sind, kann ich daher vergessen, denn das System meint es gemütlich und ich merke die Müdigkeit.

Durch die Nacht mit langsamen 60 km/h ermüden mehr, als schnelle Fahrten. Dort muss man sich konzentrieren und immer eine Handlung vornehmen. Jetzt lasse ich die Lokomotive rollen, ob ich dabei mit 55 km/h oder mit 65 km/h fahre, ist wirklich nicht mehr wichtig. So dauert es lange, bis Islikon erreicht ist und auch sonst dauert es ewig. Hinter mir ist kein weiterer Zug und daher können solche Spiele gemacht werden.

Vor Winterthur endete ADL und die Signale liessen nicht mehr zu. Der Rekord bei der Geschwindigkeit liegt aktuell bei 65 km/h. Noch ahnte ich nicht, dass es nicht so schnell einen neuen geben sollte. So lange die Signale keine schnellere Fahrt erlaubten, blieb ADL ruhig. Danach kam dann die Meldung 50 km/h bis Kloten. So ist auch der Fahrweg klar, denn ab Kloten geht es nur noch auf einem Weg direkt nach Dietikon.

In Kloten stand dann die Kreuzung mit der S-Bahn auf dem Programm. Das ging nicht anders, weil sich vor mir der einzige einspurige Abschnitt zwischen Zürich und Winterthur befindet. Wie lange das noch so sein wird, ist fraglich, denn die Pläne für eine Doppelspur liegen auf. Jedoch wird sich bei der Bevölkerung kaum eine Mehrheit für den Güterverkehr finden. Soll aber die S-Bahn alle 15 Minuten fahren, dann sieht es besser aus.

Kaum habe ich die Lokomotive in Bewegung versetzt, meldet sich ADL erneut. Mich beschleicht das Gefühl, dass ich heute mit einem gemütlichen Zug unterwegs bin. 55 km/h bis Hard wird angezeigt. Es eilt also immer noch nicht und da ich jetzt auf der LEA bereits das Ziel sehe, erkenne ich, dass wohl die S 12 noch vor mir durch das Limmattal fährt. Daher gehe ich es gemütlich an, und nicht immer habe ich das Tempo von ADL.

Kurz nach Zürich Oerlikon kam das ADL END und ich kann beschleunigen. Da die Signale so oder so bald reduzierte Geschwindigkeiten zulassen, beschleunige ich auf diese. Alles andere wäre nur eine Verschwendung von Energie gewesen. Man soll wirtschaftlich fahren und gerade mit einer leeren Lokomotive ist das gar nicht so einfach, wie man meinen könnte. Diese Erkenntnis habe ich vor Jahren gemacht, als ich noch nicht im RBL war.

Die elektrischen Bremskräfte bei einer leeren Lokomotive sind so gering, dass die von den Hilfsbetrieben bezogene Energie nicht ausgeglichen werden kann. Es fehlt schlicht die Last, die für den notwenigen Schub sorgt. Für diesen Lokomotivzug bilden die nun erlauben 90 km/h bereits einen neuen Rekord, denn so schnell war ich seit Frauenfeld noch nicht unterwegs. Sollte jetzt gegen den Schluss noch etwas Hektik aufkommen?

Als ich Zürich Altstetten vor der S12 verlassen konnte, wusste ich, dass dem so war. Bis Dietikon habe ich freie Fahrt, auch wenn diese kaum höhere Geschwindigkeiten bedeutet. Bis kurz vor Schlieren sorgte die Überwachung von ZUB dafür, dass ich nicht schneller als 90 km/h fahren konnte. Dann kam die kurze Strecke, die etwas schneller ging. Die zumindest in der Theorie schneller sein sollte. So richtig mitmachen wollten die Signal jedoch nicht.

Zum Stillstand komme ich in einem Gleis, das als «RBL Depot» bezeichnet wird. Bis hier kann mit den Signalen gefahren werden. Die Güterzüge von Osten nach der Einfahrgruppe nehmen einen anderen Weg. Den Halt nutze ich um die Lokomotive auf Rangierfahrt umzustellen. Mache ich das nicht, komme ich kaum an diesem Signal vorbei, denn es kann nur rot zeigen und daher sind keine anderen Fahrten mehr möglich.

Da die Lokomotive wirklich ins Depot gestellt werden musste, war die Einfahrt ideal. Dank den nun geltenden Wintermassnahmen, bleibt die Maschine eingeschaltet und ich kann nach den Kontrollen den Weg zu den Aufenthaltsräumen nehmen. Das Gesetz sieht nun vor, dass ich eine Pause machen muss. Das ist so, weil es nach acht Stunden noch zu früh ist, um Feierabend zu machen. Eine Ablösung und eine Vorbereitung stehen noch an.

Ablösen oder vorbereiten?
                       

Die Pause nutze ich für einen Kaffee. So spät am Abend essen ich kaum mehr was. Das ist auch nicht so leicht, denn selbst im RBL wurden die Öffnungszeiten der Milchküche wegen diesem hartnäckigen Virus massiv eingekürzt. Wie so oft, kann angenommen werden, dass sich das nicht mehr ändern wird. Alternative ist der Automat mit Schokoriegel. Zumindest den Flyer vom Pizzakurier wird nicht mehr so schnell entfernt.

Aus Kostengründen ist eine gute Verpflegung leider nicht mehr möglich. Es ist wie in der Armee, denn dort kämpft eine gut verpflegte Truppe angeblich besser. Dumm, wenn das in der berüchtigten Kader-schule nicht bekannt ist.

Der Deckungsgrad ist am Abend nicht optimal. Daher wird einfach geschlossen und die Kunden können zusehen, wo sie bleiben. Ob sich das eine normale Gaststätte langfristig leisten könnte?

Ein Blick auf die Systeme verrät mir, dass der Zug, den ich ablösen sollte mit fast zwei Stunden Ver-spätung unterwegs ist. Das führt zu einem kleinen Problem, denn ich kann nicht zwei Arbeiten zur gleichen Zeit ausführen.

Die Personen die das angeblich können, sollen mir zeigen, wie sie gleichzeitig zwei Lokomotiven bedienen. Gut, auch ich weiss, dass das bei der Modellbahn ganz einfach geht. Das Vorbild ist zum Glück noch nicht so weit.

Könnten Lokomotiven wie bei der Modellbahn be-dient werden, dann wäre ich meinen Job in wenigen Stunden los.

Das Schlagwort ist der automatische Fahrbetrieb, der aktuell erprobt wird. Die Zeit wird kommen und dann sind Lokführer Angehörige eines Berufes, der ausgestorben ist. Drohnen kontrollieren den Zug und die Lokomotive fährt einfach los. Der schlimmste Horrorfilm könnte keine bessere Szene bieten. Menschen sind da nicht mehr gefragt.

Der laufende Dienst soll mir die wichtigere Arbeit zuweisen. Nachdem ich die Ansprache, dass der Teilnehmer besetzt ist, in drei Sprachen gehört habe, wird jetzt die Musik einer Hardrockband gespielt. Wer sich in der Elektrotechnik auskennt, dem ist diese Band und das Lied durchaus sehr bekannt. Jetzt will ich aber eine Information und nicht AC DC hören. Ob die Lokführer wirklich absichtlich in der Warteschleife gelassen werden? Man könnte das doch testen…

So kappe ich die Verbindung mit dem Diensttelefon nach einer Wartezeit von zehn Minuten. Danach greife ich zu meinem privaten Telefon. Nach dreimal klingen, habe ich die entsprechende Verbindung und auch die für mich wichtige Information. Ob nun das Telefon der Lokführer absichtlich ignoriert wurde, kann ich nicht bestätigen, es ist aber klar, dass vieles im Betrieb schief läuft, weil das Personal vor Ort zu spät informiert wird.

Zwei Tage später erfuhr ich auch den Grund für die Verspätung des Zuges. Es gab scheinbar eine Entgleisung in Heerbrugg. In einem Anschlussgleis soll das passiert sein und daher blieben die Wagen blockiert. Ein Vorfall, der wirklich nicht so selten ist, der aber nicht passieren sollte. Wie nebensächlich das ist, zeigt ein Beispiel, das vor zehn Jahren in der Zentralschweiz passiert ist. Der besagte Vorfall fand in Luzern statt.

Auf Grund der Pressemeldung «Entgleisung in Luzern» pilgerte die gesamte Presse nach Luzern. Im dortigen Bahnhof fanden sie aber nur einen normal laufenden Betrieb vor. Es stellte sich dann heraus, dass in Emmenbrücke ein Wagen im Stahlwerk aus den Schienen sprang. Ausser einem Vertreter der Fachpresse, zogen alle wieder ab. Scheinbar ist es normal, dass im Stahlwerk ein Güterwagen aus den Schienen springt.

Ach ja, die Meldung war indes nicht falsch. Nur fehlte der Hinweis, dass damit nicht der Bahnhof, sondern der Kanton gemeint war. Dumm, wenn diese gleich heissen und man die Meldung kurz fassen will. Ich jedoch sollte mich auf die letzte Arbeit vorbereiten. Für einen Kollegen vom Depot Olten muss ich die Lokomotive an den Zug stellen. Das wird nicht so leicht möglich sein, denn die Last wurde noch nicht aufgestellt.

Ich mache mich auf den Weg und nehme die Lokomotive in Betrieb. Da ein neuer Tag begonnen hatte, mache ich die entsprechenden Kontrollen. Dazu gehört auch die Prüfung der Zugsicherung. Soweit das ging, habe ich die Arbeit gemacht und nun kann ich dem Stellwerk noch mitteilen, dass ich fahrbereit bin. Die Antwort am Funk ist keine grosse Überraschung. Die Last sei noch nicht bereit. Scheinbar ist eine Lokomotive im Verschub ausgefallen.

Ob es nun die neue Lokomotive, oder der Lokführer war, ist nicht so klar. Auf jeden Fall bleibt die Maschine stehen und das ist nicht gut. Die Prognose lautet angeblich, dass die Last erst in 30 Minuten bereit sei. Auf Grund dieser Angaben erkläre ich, dass in dem Fall die Lokomotive besser hier stehen bleibt, denn es komme ein anderer Lokführer und so wisse dieser, wo er hinlaufen müsse. Soweit ist alles klar geregelt.

Soll ich nun den laufenden Dienst verständigen. Wenn ich das versuche, klappt es schlicht nicht. Ich schaue kurz nach dem Lokführer, der den Zug macht. Diesen erreiche ich am Telefon und dabei erkläre ich ihm die Situation. Er meint, ich sollte mich auf den Weg in den Feierabend machen, er sei bereits auf dem Weg und wisse nun, wo die Lokomotive steht. Weit gefahren bin ich nicht mehr und nun sind meine zehn Stunden erreicht.

Mit dem Auto nach Hause
                       

Der Fahrweg über die Autobahn entspricht jenem des Hinweges. Einfach im umgekehrter Richtung. Jetzt kurz nach ein Uhr in der Früh wird sich der Verkehr etwas beruhigt haben. Doch nun muss ich aus dem Gleisfeld kommen und dabei begegne ich meinem Gesprächspartner. Er ist wirklich auf dem Weg und so teile ich ihn noch das mit, was ich vorher am Telefon vergessen habe. Es war ein langer Tag und da kann das passieren.

Es sollte nicht und gerade der Heimweg hat es nun in sich. Nach einer langen Tour ist auch ein Lokführer nicht mehr topfit. Es mag viele überraschen, aber das sind auch nur Menschen. Weit ist die Fahrt zum Glück nicht, aber ich muss mich noch einmal konzentrieren. Das Auto steht auf dem Parkplatz immer noch dort, wo ich es hingestellt habe. Alles andere wäre gar nicht gut gewesen. Kalt ist es auch im inneren des Fahrzeuges.

Ich gebe es zu, es gab schon Tage, da musste ich meinen Wagen nach der Arbeit suchen. Die Hektik des Tages und den Ärger mit Personal und Arbeitsgerät führten dazu, dass ich schlicht nicht mehr genau wusste, wo ich den Wagen vor einem halben Tag abgestellt habe. Tage wie diese sind jedoch sehr selten und das stimmt zuversichtlich. Trotz aller Bemühungen das zu verhindern, der Güterverkehr ist nicht immer pünktlich.

Dank der eingebauten Sitzheizung wird dieser in meinem Mittelklassewagen schnell angenehm. Von solchen Annehmlichkeiten kann ein Lokführer nur träumen. Bei den neuesten Lokomotive wird anhand von mir zugespielten Informationen wieder die Bremsbedienung eingeführt, die schon 1890 in Europa angewendet wurde. Ist das W4 von Westinghouse wirklich der letzte Schrei? Zwar neu verpackt, aber wieder der alte Modus.

Meine Pension ist nicht mehr so weit entfernt, ob bis dann wieder die ersten Dampflokomotiven verkehren? Neue Technik, die statt mit Kohle, mit Wasserstoff arbeitet. Wie war das nun mal mit dem Teufel, den man nicht an die Wand malen soll? Auf jeden Fall wird immer mehr dafür gesorgt, dass der Bedienkomfort nicht mehr optimal ist. Vermutlich ist das die Vorstufe auf den automatischen Betrieb der Züge.

Dann braucht es keine nervigen Lokführer mehr. Wenn man dann aber erfährt, dass die Forderungen für das angeblich kommende neue Arbeitsgerät eine Zugsicherung verlangt, die nicht auf dem neusten Stand ist, dann habe ich eher den Verdacht, dass es einfach Neid, oder eventuell Boshaftigkeit ist. Nur ich bin lange genug dabei, dass ich an eine neue Lokomotive erst glaube, wenn sie vor mir steht und auch richtig angeschrieben ist.

Die heute bedienten Re 420 sind älter als ich, ein Ersatz für diese Arbeitstiere ist nötig. So lange man sich dann nicht mit Feuerbüchse und Hochdruckzylinder befassen muss, ist es schon die richtige Richtung. Stromrichter sind aber auch nicht der letzte Schrei. Was dereinst der junge Kollege, der morgen bei mir ist, in seiner Karriere antreffen wird, steht in den Sternen. Die sind jetzt auch am Himmel.

Die Autobahn ist nahezu leer. Lediglich beim Fressbalken ist etwas Betrieb. Angeblich soll hier der Treff für die Drogendealer sein. Ob das stimmt, werde ich nicht testen, denn von dem Zeug lasse ich die Finger. Der mit dem Wagen vor mir, vermutlich nicht, oder ist es vielleicht nur Alkohol? So richtig der Spur folgen kann er auf jeden Fall nicht mehr. Auch das sind die Abgründe der modernen Welt, in der Nacht ist es nicht einfacher.

In Neuenhof kam dann doch noch etwas Freude auf. Bei der dort vorhandenen Überdeckung wurde eine Kontrolle eingerichtet. Die ist seit dem Virus seltener geworden. Davon begrüsste mich mehrmals in der Woche ein Polizist und stellte immer die gleiche Frage. Die immer gleiche Antwort lautete von der Arbeit nach Hause ins Bett. Heute ging es jedoch recht schnell vorwärts, ich wurde einfach nur durchgewunken.

Ein Blick in den Rückspiegel verrät mir, warum das so war. Der Wagen mit dem eher komischen Fahrstil wurde angehalten. Schön, wenn es ein kleiner Erfolg gibt, und so die Strassen etwas sicherer werden. Es sollten einfach noch alle Autos mit diesem gelb blinken Teil versehen werden. Ich bin diesbezüglich auf dem aktuellen Stand der Technik. Vermutlich hat auch dort ein Hersteller herausgefunden, das man ohne Blinker Geld sparen kann.

Zu Hause angekommen erklärt mit ein Anwalt per Email, dass sich meine Probleme gelöst haben. Ich hätte in den USA von meinem verstorbenen Onkel rund sechs Millionen Dollar geerbt. Wie oft träumte ich von einem reichen Onkel in den USA. Wie das aber mit Träumen ist, sie sind nie die Wirklichkeit. Die Mail wird gelöscht und dann steht wirklich das Land der Träume an. Morgen geht es wieder weiter im selben Spiel.

 

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