Betriebseinsatz Teil 1

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Wie so oft, wurden die Triebfahrzeuge für die Strecken zwischen Bern und Neuchâtel viel zu spät bestellt. Die von der BLS-Gruppe geforderte Lieferfrist konnte mit einem Hersteller nicht gehalten werden. Daher sollte es dazu kommen, dass die Auslieferung durch zwei Firmen erfolgen sollte. Die Endmontage fand daher in Oerlikon und Meyrin statt. Die MFO sollte dabei die tiefen Nummern ausliefern.

Genau heisst das, dass die Nummern 721 bis 723 bei der Maschinenfabrik Oerlikon MFO gefertigt wurden. Die ver-bliebenen Nummern 724, 725 und 786 wurden jedoch bei der Société Anonym des Ateliers de Sécheron SAAS in Meyrin gebaut.

Dazu mussten die Pläne und Anweisungen aber in eine an-dere Sprache übersetzt werden, denn die Arbeiter in die-sen Werken waren damals sicherlich noch nicht in zwei Sprachen geschult worden.

Ein Problem, das durchaus nicht vernachlässigt werden durfte. Der Kunde, also die BN, erwartete fünf baugleiche Triebwagen. Der Vorteil hier war, dass es keine Mög-lichkeit gab, diese miteinander zu verbinden.

Viele Jahre später sollten die Sprachen und die Über-setzungen wieder zum Thema werden. Dann betraf dies jedoch die Schweizerischen Bundesbahnen SBB und deren Baureihe Re 4/4 II, die an drei Orten gebaut wurde.

Es konnte also gespannt gewartet werden, wer das erste Fahrzeug an die BLS-Gruppe übergeben konnte. Wegen der hohen Auslastung der Werke, konnte die SAAS den ersten Triebwagen fertigstellen.

Die Zeit der Baureihe CFe 4/5 begann im Mai 1929 mit der Betriebsnummer 724. Damit konnte bei der BLS-Gruppe mit den Testfahrten begonnen werden. Diese umfassten sowohl das Fahrzeug, als auch das Verhalten mit der Fahrleitung.

Die Inbetriebsetzung war so kurz, dass man diese kaum erkennen konnte. Der erste Triebwagen wurde im Rahmen der Testfahrten auf mehreren Strecken der BLS-Gruppe eingesetzt. Oft wurden die dabei erhobenen Daten mit nur einer Fahrt gemessen. Speziell war, dass dabei die schnellen Fahrten auf der Linie zwischen Thun und Bern absolviert wurden. Das von den Staatsbahnen betriebene Aaretal war gerade und so ideal.

Der erste Triebwagen zeigte dabei deutlich, dass er gut gebaut wurde und kaum Mängel hatte. Lediglich die Zuschaltung der einzelnen Fahrstufen war sehr gut zu spüren.

Man ging damals noch davon aus, dass diese Sprün-ge der Zugkraft mit einer verbesserten Einstellung der Schützensteuerung gemildert werden konnten.

Das waren jedoch keine grossen Probleme und so konnte man diese unangenehmen Effekte noch als Kinderkrankheiten bezeichnen.

Die restlichen fünf Triebwagen wurden dann inner-halb von drei Monaten an die BLS-Gruppe abge-liefert. Mit der Nummer 723 wurde im Juli 1929 das letzte Exemplar ausgeliefert.

Der Betriebsaufnahme des elektrischen Betriebes stand daher nicht mehr im Weg. Da die Fahrleitung seit dem 15. Mai 1928 in Betrieb war kam es für ein Jahr zu einer besonderen Situation, denn man fuhr elektrisch, obwohl die Triebwagen fehlten.

Um bis zur Auslieferung der sechs Triebwagen dennoch die neue Fahrleitung zu nutzen, kamen auf der BN neben den eigenen Dampflokomotiven noch neue Modelle der BLS-Gruppe, aber auch aus den Beständen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB (Ce 4/6 und Fe 4/4) zum Einsatz. Daran sollte sich mit der Auslieferung aber vorerst nichts ändern. Die neuen Triebwagen der BN verkehrten überall, nur nicht auf der Strecke der BN.

Der Grund dafür war die von den anderen Baureihen erbrachten Kilometer. Diese musste dank dem Kilometerausgleich von den Triebfahrzeugen der BN kompensiert werden. Das führte dazu, dass die neuen Triebwagen die vorhandenen Schulden zuerst begleichen mussten. Die Modelle mit dem auffälligen Anstrich waren daher im Raum Bern überall zu finden. Nur nicht dort, wo das eigentlich der Fall sein sollte.

Speziell war die Regelung mit der Nummer 786. Diese war im Besitz der BLS und daher wurde sie im Gegensatz zu den anderen Triebwagen nicht dem Depot Holligen zugeteilt. Er kam ins Berner Oberland und somit in das Depot Spiez.

Seinen Einsatz war hier geplant. Dazu müssen wir wissen, dass der schwere Unterhalt bei der Be-schaffung berücksichtigt werden musste. Ein Fahr-zeug stand daher immer auf Reserve.

Bei der BN war das anders, denn in dem Fall konnte man den Triebwagen der BLS abkommandieren. Der somit bei der BLS eingesetzte CFe 4/5 verkehrte dort im Wechsel mit den Motorwagen Ce 2/4, die noch aus den Anfängen des elektrischen Betriebes stammten.

Für die Kundschaft ein Quantensprung. Wenn auch das neue Modell mit den Fahreigenschaften nicht glänzte, besser als der bockige Motorwagen war es schon.

Die fehlende elektrische Bremse wirkte sich durch einen etwas erhöhten Verbrauch von Bremsklötzen aus.

Wobei damals die BLS-Gruppe mit dieser elektri-schen Bremse immer noch auf Kriegsfuss stand. Die Vorschrift, dass starke Gefälle nur mit einer solchen Einrichtung befahren werden dürfen, galt nur für die Staatsbahnen. Wenn es auch die eigene Fb 5/7 war, die auf der Südrampe nicht mehr bremsen konnte. Das Problem hiess jedoch BKW.

Kommen wir zu den Triebwagen, die auf der Strecke von Bern nach Neuchâtel eingesetzt wurden. Deren Dienstpläne umfassten die Reisezüge auf der Strecke. Das war der Regionalverkehr und die Schnellzüge. Der Güterverkehr wurde von den neuen Lokomotiven der Reihe Be 4/6 übernommen. Als Ersatz kam hier noch die Ce 6/6 als Ersatz zum Einsatz. Die Positionen auf der BN waren damit bezogen, jedoch nicht ohne Probleme.

Die von Bern kommenden Schnellzüge nach Paris mussten in Neuchâtel umgespannt werden. Zu Zeiten der Dampf-lokomotive war das sinnvoll.

Nach der Fahrt über die BN waren der Reihe Ea 3/6 die Vorräte schon so stark geschrumpft, dass eine weitere Fahrt nicht möglich wurde.

Mit den nun eintreffenden elektrischen Modellen war das jedoch kein Problem und so wurde der zeitraubende Wechsel des Triebfahrzeuges zum grossen Problem.

Gerade die Bezeichnung Schnellzug vermittelt, dass nicht getrödelt wird. Für die internationalen Schnellzüge zwischen Bern und Paris war der Halt in Neuchâtel in der Provinz.

Auch wenn das nicht stimmt, aber so lange stehen bleiben war nicht ideal. Daher kam es zu einem Abkommen zwischen der BN und den Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Dieses sah vor, dass das Triebfahrzeug in Neuchâtel am Zug bleibt.

Während die Lokomotiven der Schweizerischen Bundes-bahnen SBB bis nach Bern fuhren, traf man die Triebwagen der BN im Jura an. Um aufwendige Abrechnungen zu vermeiden, geschah das im Kilometerausgleich. Es blieb also dabei, die neuen Triebwagen der BN waren überall anzutreffen und es war schon fast ein Wunder, wenn man ihn auf der eigenen Strecke sah. So kamen aber auch stattliche Leistungen bei den Kilometern dazu.

Der Triebwagen der BLS war jedoch ein Einzelgänger, für den man immer wieder die passende Arbeit suchen musste. So verkehrte der CFe 4/5 oft zwischen Spiez und Interlaken Ost. Dazu reichte der Triebwagen aus und das Problem war nur der letzte Abschnitt nach Bönigen. Für die Brücken dort, war der Triebwagen schlicht zu schwer. Daher blieb dieser Abschnitt in der Hand der alten Motorwagen Ce 2/4, sehr zur Freude der Kundschaft.

So war auch das Problem mit der fehlenden elektrischen Bremse gelöst worden. Das Modell kam nicht mehr auf die Bergstrecke und daher war auch das Problem gelöst worden.

Somit waren die Positionen bezogen und in den nächsten zehn Jahren änderte sich daran wirklich nichts mehr. Dienstpläne bei Privatbahnen waren schon immer sehr beständig. Das auch, weil kaum neue Triebfahrzeuge in Betrieb kamen, die etwas Wirbel verursachten.

Bis 1939 war wirklich alles sehr ruhig und für Wirbel bei den Bahnen sorgten nur die Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Diese hatten erkannt, dass die Regelung mit der BN in Neuchâtel sehr gut funktionierte.

Daher strebten die Staatsbahnen auch einen Durchlauf der Lokomotiven in Thun an. Während die BLS sich auf die Züge der Bergstrecke konzentrierte, übernahmen die Staatsbahnen die Schnellzugsdienste nach Interlaken.

Im Gegenzug musste aber das Triebfahrzeug der BLS durch das Aaretal bis nach Bern fahren. So leicht, wie man meinen könnte, war das für die die BLS gar nicht. Man hatte kein Triebfahrzeug, dass auch nur annähernd das Tempo im Aaretal erreichte. Wir müssen bedenken, hier erreichten damals die Maschinen der Reihe Ae 3/6 I bereits 110 km/h. Bei der BLS schafften die Lokomotiven mit dem Wind im Rücken 75 km/h.

Es gab aber eine Ausnahme, das war der Triebwagen CFe 4/5. Der schaffte 90 km/h und so war der Zeitverlust nicht mehr so gross. Mit den Modellen der BN konnte so der Verkehr übernommen werden. Nur war das Problem die Bergstrecke. Daher wurde beschlossen, dass vorerst die BLS nach Interlaken Ost fuhr und die Staatsbahnen mit der Baureihe Ae 4/7 nach Brig. Vor allem dann, wenn es an einer Ae 6/8 fehlte.

Schon damals war die Strecke durch das Aaretal als Rennbahn bekannt. Wenn wir daher ein Rennen haben, sehen wir uns die Teilnehmer genauer an. Ausserhalb der Konkurrenz war die Reihe Ae 4/7 mit 3 120 PS.

Die kleine Schwester schaffte noch 2 100 PS. Eher schwach war da der Triebwagen der BLS, denn dieser hat-te 1 440 PS und mit 90 km/h erst noch die tiefste Höchstgeschwindigkeit. Es war ein schier hoffnungsloser Kampf.

So machte sich der Triebwagen mit der Nummer 786 am 23. September 1941 mit dem Schnellzug auf den Weg von Thun nach Bern. Um die Fahrzeit einhalten zu können, musste mit dem Zug die maximale Geschwindigkeit ausge-fahren werden.

Was normal schon nicht leicht war, wurde dadurch erschwert, dass es an diesem Tag im Herbst noch dichten Nebel hatte. Keine leichte Arbeit, aber das gehört zum Beruf und so ging es im Führerstand frohen Mutes auf die Fahrt.

Während sich der Schnellzug daran machte, die Strecke mit 90 km/h zu befahren, kam vor Kiesen ein Zug im Einspurbetrieb vor dem Einfahrsignal zum stehen.

Welche Gedanken den Fahrdienstleiter beschäftigten, als er diesen Zug vergass, kann nicht restlos widergegeben werden. Auf jeden Fall stellte er dem aus Thun kommenden Schnellzug die Durchfahrt in Kiesen. Dies obwohl auf der Strecke noch der Regionalzug stand und auf die Einfahrt wartete.

Im dichten Neben passierte der Schnellzug den Bahnhof Kiesen, dessen Signale für den Lokführer die korrekte Stellung zeigten. Bedingt durch den dichten Nebel war eine Reaktion schlicht nicht mehr möglich. Als der Lokführer die Front der Ae 3/6 I mit der Nummer 10 704, erkannte, blieb nicht einmal die Zeit eine Schnellbremsung einzuleiten. Der Zug aus Thun prallte daher mit voller Wucht auf den stehenden Zug mit der Lokomotive.

Durch die grossen Kräfte des Aufpralls wurde der Kasten des Triebwagens nahezu abgeräumt. und der Lokführer in den Trümmern so stark eingeklemmt, dass es sein Leben verlor.

In den Überresten wurden schliesslich bei der Bergung insgesamt elf Todesopfer geborgen und viele zum Teil schwer verletzte Personen gerettet. Es blieb nur noch die Abklärung nach der Ursache und dabei kam heraus, dass der Zug vergessen worden war.

Das schwere Zugunglück sorgte für Wirbel in der Presse. Angeprangert wurde dabei die veraltete Sicherungs-anlage und zweifelhaften Betriebsabläufe. In der Folge sollte das Aaretal mit modernen Anlagen versehen werden. Doch wir interessieren uns eher für die Trümmer und dort um den Triebwagen, denn der war schlicht nicht mehr zu erkennen. Es grenzt an ein Wunder, dass er nicht gleich auf der Unfallstelle abgebrochen wurden.

Das Fahrzeug, das schlicht schrottreif war, wurde nach Spiez überführt und dort der Hauptwerkstätte übergeben. Dort beriet man lange, was mit dem Triebwagen passieren sollte. Vermutlich war es dem Rohstoffmangel des zweiten Weltkrieges zu verdanken, dass der CFe 4/5 damals nicht vollends abgebrochen wurde. Zudem benötigte die BLS dieses Triebfahrzeug dringend, denn auch die Lieferung von neuen Lokomotiven war ins Stocken geraten.

Die Triebwagen mit den Nummern 721 bis 725 wurden in der Folge von der Strecke zwischen Bern und Thun abgezogen. Ob man nicht noch einen Triebwagen verlieren wollte? Auf jeden Fall sollten sie nicht mehr auf Strecken der Staatsbahnen verkehren und die der BN gehörenden Triebwagen waren immer öfters im Gürbe- und im Simmental anzutreffen. Nur nach Schwarzenburg durften sie nicht, da hier eine elektrische Bremse gefordert war.

Alternativ hätten Bremswagen mitgeführt werden können. Die sehr regionale Strecke mit ausgesprochen bescheidenem Güterverkehr hatte schlicht nicht genug Wagen um dem Triebwagen eine sichere Talfahrt zu ermöglichen.

Es zeigte sich, dass die für die BN gebauten Triebwagen zu speziell auf diese Strecke ausgelegt worden waren. Jedoch hatte die BN neue leichte Triebwagen bekommen und daher die alten Modelle als Pfand abgegeben.

Damit diese Einsätze mit den schweren Triebwagen überhaupt möglich wurden, mussten die Strecken dieser Bahnen verstärkt werden, womit nun alle Bahnen der BLS-Gruppe einen Oberbau hatten, der für die mittlerweile reguläre Streckenklasse C3 ausgelegt war.

Das führte nun auch dazu, dass vermehrt schwere Lokomotiven der BLS auf die Strecken geschickt wurden. Die Triebwagen hielten sich jedoch recht beharrlich im Güterverkehr.

Die Wiederherstellung der Nummer 786 dauerte rund zwei Jahre. In Anbetracht, dass man das Fahrzeug beinahe neu aufbauen musste, nicht weiter verwunderlich. Als der Triebwagen die Hauptwerkstätte verliess, staunten die Leute nicht schlecht. Das grün eingefärbte Fahrzeug hatte riesige Glubschaugen und Eckfenster bekommen. Selbst das von den Reisenden kaum benutzte Personenabteil war verschwunden.

Als Folge davon hörte der Triebwagen, der auch eine elektrische Bremse bekommen hatte, auf den Namen Fe 4/5. Der massive Rahmen liess jedoch auch erkennen, dass der neu aus Stahl aufgebaute Kasten komplett neu gebaut werden musste. Von den Trümmern waren einzig die Drehgestelle übrig geblieben und das war schon fast ein Wunder. Ob der Triebwagen nun als gelungen angesehen, oder als missraten verteufelt wurde, lass ich so stehen.

Es war nun auch klar, die fünf Modelle der BN soll-ten zum gleichen Umbau aufgeboten werden.

Was sich die Werkstatt und der Betrieb ge-wünscht hätte, wurde von der Direktion nicht bewilligt.

Die Kosten für einen kompletten Umbau waren nicht gesprochen worden. Daher wurde der Holzkasten ersetzt und die misslungenen Tatzlagerantriebe erneuert. Ausser der Bezeichnung Fe 4/5 gab es daher keine Verbindung zum Modell der BLS mehr.

Wir haben mit diesen sechs Triebwagen während dem zweiten Weltkrieg eine aufregende Zeit erlebt. Der schwere Unfall im Aaretal führte dazu, dass aus den CFe 4/5 noch Fe 4/5 wurden und damit stellt sich uns natürlich die Frage, warum man plötzlich auf dieses kleine Personenabteil verzichten wollte. Damals war ja dessen Nutzen anscheinend gegeben, denn sonst hätte man es nicht im Fahrzeug verbaut.

Die Fahreigenschaften der Triebwagen waren so schlecht, dass sich schlicht niemand in die Personenabteile setzte. Dieses war zudem immer vom restlichen Zug abgetrennt. Da Wagen Personenübergänge hatten, konnten sich dort die Reisenden besser verteilen. So weit an der Spitze dachte niemand mehr an das Abteil. Es sei denn, man war frisch verliebt und schätzte die Einsamkeit diese versteckten Abteils.

Hinzu kam, dass auch die Menge des mitgeführten Gepäckes immer umfangreicher wurde. Das führte dazu, dass der Platz im Triebwagen nicht ausreichte und so dem Zug noch ein Gepäckwagen mitgegeben werden musste. Mehr Platz und ein Abteil, das kaum genutzt wurde, führten zur einzig logischen Folge. Aus den CFe 4/5 wurde so schlicht die Reihe Fe 4/5. Die Zeit, wo man mitreisen konnte, war daher nach dem zweiten Weltkrieg Geschichte.

 

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