Die Motorwagen CFm 1/2 Nr. 9911 und 9912

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Baujahr: 1925 Leistung: 74 kW / 100 PS
Gewicht: 21 t V. max.: 50 km/h
Normallast: 28 t mit 30 km/h Länge: 13 730 mm
                       

Schon beim Beginn der Elektrifizierung war klar, dass nicht alle Strecken mit einer Fahrleitung versehen würden. Nebenstrecken mit sehr geringem Verkehrsaufkommen sollten nicht damit versehen werden. Da aber dort immer noch Dampflokomotiven verkehrten, mussten Lösungen gesucht werden, die einen Ersatz erlaubten. Daher sollten Versuche mit alternativen Antrieben angestellt werden und das bereits nach 1920.

Die Motorwagen CFm 1/2 können wir getrost als Ver-suchsträger bezeichnen. Eine eigentliche Serie war nicht vorgesehen, denn diese sollte aus den Erfahrungen mit den Fahrzeugen entwickelt werden.

Wie bei Versuchsträgern üblich, wurde kein komplett neu-es Gefährt erbaut. Man nahm so viele Teile, wie man konnte, von anderen Modellen. Geringe Kosten für Motor-wagen, die nie in eine Serie eingebunden werden sollten.

Mit den 1923 bestellten Motorwagen sollten Erfahrungen mit dem thermischen Antrieb gesammelt werden. Auch wenn es sich hier um eine Bestellung handelte, die Arbeiten wurden intern vergeben. So sollten die Arbeiten von der Hauptwerkstätte in Olten ausgeführt werden. Neu benötigte Bauteile stammten aus dem Betrieb, oder von den Firmen Saurer und SLM. Dabei kamen von den externen Firmen nur die neuen Motoren und die Getriebe.

Für den Aufbau des Fahrzeuges wurde kein neuer Kasten erstellt. Vielmehr suchten die Schweizerischen Bundesbahnen SBB im eigenen Bestand nach den passenden Modellen. Dabei wurden für die beiden Versuchsträger die ehemaligen von der JS stammenden Personenwagen AB3 2034 und 2035 genommen. Dabei handelte es sich um dreiachsige Fahrzeuge, deren mittlere Achse ausgebaut wurde, weil der Platz benötigt wurde.

Wie damals in der Schweiz üblich, waren diese Personenwagen mit einem tragenden Rahmen versehen worden. Dieser übernahm die Kräfte und darauf wurde der eigentliche Kasten mit den Einstiegen und den Abteilen aufgebaut. Übernommen wurde dabei von den Mustern schlicht nur der Rahmen. Dieser aus Stahl aufgebaut und mit Nieten versehene Rahmen wurde einer üblichen Revision unterzogen und dabei angepasst.

Die von den Wagen stammenden Zug- und Stossvorrichtungen blieben erhalten. Der mittig vorhandene Zughaken mit montierter Schraubenkupplung und die beiden seitlichen Stossvorrichtungen entsprachen den üblichen Normen.

Wobei bei den Puffern neue Hülsenpuffer verbaut wurden. Diese mit runden Puffertellern versehen Stossvorrichtungen standen damals auch in der Erpro-bung und so versteht es sich, dass sie auch am Versuchsträger vorhanden waren.

Mit den Stossvorrichtungen können wir die Länge bestimmen. Wegen dem Rahmen und den bei den Puffern üblichen Normen, entsprach diese mit 13 730 mm den als Muster dienenden Wagen.

Wirklich bei diesem Aufbau verändert wurde der neue Kasten aus Holz. Dieser musste auch wegen dem Zustand das Musters erneuert werden. Auf der üb-lichen Konstruktion wurden jedoch Bleche aus Leichtmetall montiert.

So sollte das Gewicht gemildert werden. Ein Punkt, der auch für Wagen Gültigkeit hatte. Sie sehen, die beiden Versuchsträger wurden nicht nur für neue Lösungen bei den Antrieben verwendet.

Die neuen Puffer und die neuen Bleche, waren auch bei anderen Baureihen verwendbar. Wenn sich die Teile nicht bewährten, sind hier die Folgen nicht so gross. Wir müssen bedenken, dass Versuchsträger selten ein hohes Alter erreichen.

Kommen wir zur Raumaufteilung. Auf beiden Seiten war ein Führerraum vorhanden, der über eigene Aufstiege verfügte. So konnte das Personal ohne Behinderungen an den Arbeitsplatz gelangen. Dazwischen wurden dann die beiden Abteile mit dem mittigen Einstieg für die Reisenden angeordnet. Wobei das mit der Mitte nicht genau stimmt, denn die beiden Abteile waren nicht gleich gross geworden und die Bezeichnung, lässt auch ein Gepäckabteil erkennen.

Das kleine Gepäckabteil hatte eigene Tore bekom-men und es konnte ein Tonne verladen werden. Es grenzte an den Führerstand und war von diesem nicht mit einer Trennwand abgetrennt worden.

Es wäre eine unnötige Wand gewesen und die bei-den Fahrzeuge sollten so leicht wie möglich wer-den.

Daher wurde weggelassen, was wegen der Festig-keit nicht benötigt wurde. Trotzdem wurde in die-sem Bereich auch ein WC eingebaut.

Abgestellt wurde das Fahrzeug auf den verbliebenen beiden Achsen. Als Folge davon war ein relativ grosser Radstand vorhanden. Mit einer Länge von 9 200 mm war der Achsstand ungewöhnlich gross, was zu einem besonderen Erscheinungsbild führte.

Auch die Aufnahme der Achsen wurde belassen und so waren hier Lenkachsen verbaut worden. Diese besassen die üblichen Speichenräder, mit Bandage. Der Durchmesser betrug 1040 mm.

Spannend wird es jedoch, wenn wir zu den Lagern kommen. Bei der Nummer 9911 wurden neue mit Fett geschmierte Rollenlager der Firma SKF ver-baut.

Beim zweiten Motorwagen wurden jedoch die alten Gleitlager belassen. Diese wurden wie üblich mit Öl geschmiert. Auch in diesem Bereich können wir erkennen, dass es sich um reine Versuchsträger handelte. Der Unterschied bei den Lagern sollte die Vorteile der neuen Lösung aufzeigen.

Keine Unterschiede war bei den Federn vorhanden. Bei beiden Motorwagen wurden die bisherigen Blattfedern beibehalten. Diese waren gut und das wirkte sich auch nicht positiv auf den Fahrkomfort aus. Wo es keine umfassenden Neuerungen gab, wurden sie hier nicht verbaut, aber es gab ja noch mehr und bevor wir dazu kommen, müssen wir die Fahrgasträume ansehen. Die Versuchsträger sollten für Reisezüge genutzt werden.

In den beiden Abteilen für die dritte Wagenklasse besassen die üblichen Holzbänke und auch der Sitzteiler des Musters wurde belassen. Durch den leicht gegen das Ende des Fahrzeuges verschobenen Einstieg mit der üblichen Treppe, waren die Abteil unterschiedlich.

So konnten in dem Führerstand zugewendeten Abteil 20 Fahrgäste sitzen, die nicht rauchten. Das ergab bei der damaligen Sitzanordnung lediglich zwei Sitzreihen.

Spannender wird es auf der anderen Seite. Hier war mit 28 Sitzplätzen ein deutlich grösserer Raum vorhanden. Die drei Sitzreihen wurden nur in der Ecke zum Abteil für das Gepäck beschränkt.

Diese wurde für das WC benötigt und so musste auf zwei Sitze verzichtet werden. Die hier sitzenden Reisenden durften sogar rauchen, auch wenn das im Zusammenhang mit Benzin keine sichere Angelegenheit war. Immerhin waren die neuen Motoren besser.

Bei der Lüftung wurden keine neuen Wege beschritten. So konnte die warme Luft über die Deckenlüfter abgezogen werden. Auf dem Dach waren davon sechs Stück verbaut worden.

Im Winter war sogar eine Heizung vorhanden. Diese wurde mit den Abgasen des Motors betrieben. Jedoch war auch die bisherige Dampfheizung noch vorhanden. Diese konnte bei von einer Dampfmaschine geschlepptem Motorwagen angeschlossen werden und so blieb es warm.

Bevor wir zu den wirklich wichtigen neuen Bauteilen kommen, behandeln wir die Druckluft. Diese wurde für die Bremsen und ein paar Bauteile benötigt. Dazu war ein Kompressor verbaut worden. Dessen Leistung reichte gerade für das Fahrzeug und ein oder zwei Wagen. Mehr war nicht und die Aufbereitung der Druckluft erfolgte im üblichen Stil. Wie bei den neuen elektrischen Lokomotiven wurde damit auch die Lokpfeife betrieben.

Die Druckluftbremse wurde von den Spenderwagen übernommen. Damals waren diese sowohl mit der automa-tischen Westinghousebremse, als auch mit der direkten Regulierbremse ver-sehen worden.

Neu waren nur die dazu erforder-lichen Bauteile in den beiden Führer-ständen.

Viel mehr war nicht erforderlich, da sich beim Aufbau die Druckluft-bremsen der Triebfahrzeuge nicht von den Wagen unterschieden. Daher kaum neue Bauteile.

Auch beim mechanischen Teil der Bremsen änderte sich nicht viel.

Die beiden Achsen wurden mit je zwei von beiden Seiten auf die Lauffläche wirkenden Bremsklötzen versehen. Das bei dieser Klotzbremse erforderliche Bremsgestänge war mit einem Gestängesteller versehen worden. Bewegt wurde dieses einfache Gestänge durch die Handbremse, oder den Bremszylinder der Westinghousebremse. Eine Umstellung der Bremsen war nicht vorhanden.

Mit dem Wechsel zum Antrieb kommen wir wirklich zu den neu verbauten Teilen. Der erste um 1900 angeschaffte Motorwagen hatte gezeigt, dass die Lösung mit den mechanischen Schaltgetrieben nicht sinnvoll war. So konnte nur in einer Richtung gefahren werden und der neue Triebwagen musste nach jeder Fahrt die Drehscheibe aufsuchen. Hier sollte das nicht mehr erforderlich sein und so wurden andere Lösungen umgesetzt.

Bei den hier verbauten Benzinmotoren gab es zwischen den beiden Modellen keinen Unterschied. Gebaut wurden sie von der Firma Saurer in Arbon. Es war ein mit acht Zylindern versehener Ottomotor. Dieser Explosionsmotor verfügte über eine reguläre Drehzahl von 1000 Umdrehungen in der Minute. Bei den vorhandenen vier Takten waren immer zwei Zylinder gleich geschaltet worden, was eine bessere Wirkung ergab.

Das für den Betrieb erforderliche Benzin wurde in einem unter dem Fahrzeug montierten Behälter mitgeführt. Dieser war so aufgebaut worden, dass die Dämpfe nicht entweichen konnten.

So war es auch möglich, im sich darüber befind-lichen Abteil zu rauchen. Trotzdem sollte mit dem hoch entflammbaren Benzin sorgsam umgegangen werden. Besonders wenn der Start des Motors nicht gelang, konnten sich Dämpfe ausbreiten.

Verbessert wurde der Start des Motors. Wie schon beim ersten Versuch war es auch hier möglich, denn Benzinmotor mit einer Kurbel zu starten. Das musste aber nur noch angewendet werden, wenn der neue Anlasser nicht korrekt funktionierte.

Das Aggregat konnte also aus den beiden Führerständen gestartet, aber auch wieder gestoppt werden. Bei diesen Saugmotoren wurde dazu ein-fach der Zündfunke nicht mehr erzeugt.

Gekühlt wurden diese Motoren mit Wasser. Dieses Kühlwasser lief in einem geschlossen Kreislauf und es wurde mit Hilfe des Fahrwindes und durch die Effekte in einem Kühler abgekühlt. Bei der hier noch vorhandenen bescheidenen Leistung war keine künstliche Ventilation erforderlich und oftmals wurde damals sogar mit einer reinen Luftkühlung gearbeitet. Es war ein einfacher Motor, was von den Getrieben nicht behauptet werden konnte.

Bei den am Motor angeschlossenen Getrieben gab es die grössten Unterschiede. Bei der Nummer 9911 wurde ein Schaltgetriebe der Firma Saurer in Arbon verbaut. Im zweiten Motorwagen mit der Nummer 9912 wurde hingegen ein Wechselgetriebe aus dem Hause SLM verwendet. Daher müssen wir uns diese beiden Antriebe etwas genauer ansehen, denn so wirkten sich direkt auf das Verhalten des Fahrzeuge und dessen Bedienung aus.

Ich beginne mit dem von Saurer gelieferten Getriebe im 9911. Hier war ein normales Schaltgetriebe mit drei Gän-gen vorhanden. Je nach eingestelltem Gang konnten 15, 30 oder 50 km/h erreicht werden. Die Umstellung der Gänge erfolgte immer noch manuell.

Damit der Kraftfluss unterbrochen wurde, war eine La-mellenkupplung vorhanden. Einen deutlich höheren Kom-fort, als beim ersten Versuch war daher nicht vorhanden.

Bei der Nummer 9912 kam ein vierstufiges Wechselge-triebe der SLM zum Einbau. Die hier vorhandenen vier Gänge waren für Geschwindigkeiten von 10, 17, 30 und 50 km/h ausgelegt worden.

Speziell war hier, dass die Übersetzungen immer im Ein-griff waren und daher die Gänge nicht manuell durchge-schaltet wurden. Damit das jedoch ging, musste die Kupp-lung verändert werden. Hier kam eine Druckölkupplung zum Einbau.

Hier wurde der Kraftfluss mit Hilfe von Öl herstellt. Je nach verlangtem Gang, wurde dieses in die entsprechen-den Lamellen gepresst und so die Verbindung hergestellt. Wir können diesen Aufbau der SLM mit den hydraulischen Lösungen in Deutschland vergleichen.

Hier war einfach noch ein klassisches Getriebe vorhanden und die Schaltung erfolgte manuell. Deutlich einfacher war daher der Wechsel des Ganges, da nicht gekuppelt wurde.

Wie schon beim Modell von 1900, konnte damit nur eine Fahrrichtung umgesetzt werden. Damit nun aber in beiden Richtungen mit den gleichen Geschwindigkeiten gefahren werden konnte, wurde ein als Reversiergetriebe bezeichnetes Getriebe verbaut. Dieses hatte nur die Aufgabe, die Drehrichtung zu ändern. Der Motor drehte immer gleich, aber der Motorwagen konnte nun in beiden Fahrrichtungen eingesetzt werden.

Speziell war, dass bei beiden Motorwagen der Motor als dynamische Bremse genutzt werden konnte. Diese Lösung erlaubte es das Fahrzeug in Beharrung zu halten, aber auch zu verzögern.

Sie können das mit einer Motorbremse des Strassenverkehrs vergleichen. Jedoch war hier eine deutlich bessere Regulierbarkeit vorhanden. Daher sollten auch bei den thermischen Fahrzeugen die Vorteile der elektrischen Bremse genutzt werden.

Umfangreicher war hier die Steuerung. Das dazu benötigte Bordnetz wurde auch für die Beleuchtung des Fahrzeuges genutzt. Wie bei den elektrischen Modellen wurden dazu Bleibatterien verbaut.

Diese entsprachen im Aufbau den anderen Lösungen und konnten daher ausgewechselt werden. Eine durchaus übliche Lösung, die hier wegen dem Start des Motors stark belastet wurde. Wie gross diese war, erkannte man am Licht, das flackerte.

Glühbirnen waren in den einzelnen Räumen und an den beiden Fronten vorhanden. Die dort montierten Laternen waren so aufgebaut worden, dass alle Signalbilder gezeigt werden konnten.

Viele der damals noch vorhandenen Bilder, galten zum Teil nur noch auf Nebenstrecken. Mit dem Start des Motors und der Beleuchtung haben wir viele Verbraucher und auch die guten Bleibatterien konnten das nicht unendlich lange durchhalten.

Um die Batterien wieder zu laden, war ein damals üblicher Achsgenerator vorhanden. Eine von der Achse angetriebene Transmission führt auf einen Dynamo, der dann die Spannung erzeugte. Abgenommen wurde diese Bewegung von der Laufachse, da dort auch der Platz vorhanden war. Damit waren die nach den Normen der Staatsbahnen gefärbten und bezeichneten Motorwagen bereit für den Einsatz und der erfolgte am Bodensee.

Die Probefahrten mit den Motorwagen fanden im Raum Arbon statt. Dort hatte der Erbauer der Motoren sein Werk und daher ergab sich diese Gelegenheit. Selbst von der Topografie her entsprach diese Nebenstrecke entlang des Bodensees den verlangten Anforderungen.

Die Karriere dieser Fahrzeuge begann im November 1924. Sie wurden jedoch erst im nächsten Jahr übernommen und daher gilt 1925 als Baujahr für die Motorwagen.

Umfangreiche Versuchsfahrten wird es kaum gegeben ha-ben, denn die Motorwagen kamen mit dem Fahrplanwechsel im Frühling in den Einsatz. Beglückt wurde das Depot Rap-perswil.

Von dort sollten die beiden Exoten auf der Strecke zwischen Uznach und Ziegelbrücke, oder Weesen zum Einsatz kom-men. Dabei schreckte man auch von der Linie nach Linthal nicht zurück. Gerade die dynamische Bremse konnte dort aber genutzt werden.

Es zeigte sich schnell, dass die beiden Motorwagen nicht für die Steigungen und den Betrieb geeignet waren. Bereits mit einem leichten Wagen im schlepp, konnte die Steigung nur noch mit dem kleinsten Gang bewältigt werden.

Es fehlte dem Motor einfach die Kraft dazu. Das führte dazu, dass sich die Tagesleistungen zwischen 232 und 180 Kilometer bewegten. Für ein Triebfahrzeug war das ausgesprochen wenig und zeigt die Probleme.

Die wegen dem Motor auch als Klapperkiste bezeichneten Motorwagen galten zudem als anfällig auf Störungen. Der immer sehr stark ausgelastete Motor war damit oft überfordert. Daher wurde 1932 bereits wieder die Ausrangierung verfügt. Der nun erfolgte Rückbau in Personenwagen führte dazu, dass die letzten Reste dieser Motorwagen erst im Jahre 1944 verschwanden. Motoren für Benzin konnten sich daher nicht durchsetzen.

 

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