Traktionsstromkreis

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Mit dem Traktionsstromkreis kommen wir endlich zur elektrischen Ausrüstung des Triebzuges. Diese wurde von den Firmen Société Anonym des Ateliers de Sécheron SAAS in Meyrin und Brown Boveri und Co BBC in Münchenstein geliefert und sie unterteilte sich in den Hauptstromkreis (BBC) und in den Fahrmotorkreis (SAAS) mit variabler Spannung. Wie so oft, beginnen wir aber auch hier die Betrachtung ausserhalb des Fahrzeuges.

Wie bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB in der Regel üblich, wurden die hier vorgestellten Triebzüge für eine Fahrleitungsspannung von 15 000 Volt und 16 2/3 Hertz ausgelegt.

Dieser einphasige Wechselstrom kam mit Ausnahme der Strecke zwischen Genève und La Plaine überall zur Anwendung und hatte sich daher durchgesetzt. Zu den Fahrzeugen geführt wurde diese Spannung mit einer über dem Gleis montierten Fahrleitung.

Von dieser Fahrleitung auf das Fahrzeug übertragen wurde die Spannung mit einem auf dem Mittelwa-gen montierten Stromabnehmer. Dabei wurde die-ser über dem hinteren Drehgestell und somit im Be-reich des Gepäckabteils auf dem Dach aufgebaut.

Auf einen zweiten Stromabnehmer wurde jedoch verzichtet, da damals bei Triebwagen und Trieb-zügen mit kurzen Strecken ein zweites Modell nicht als sinnvoll angesehen wurde.

Es war aber auch eine Frage des Gewichtes, denn der Scherenstromabnehmer von Typ 350/2 hatte ein ansehnliches Gewicht, auch wenn er leichter war, als die Vorgänger. Das Modell war nicht neu, denn es wurde schon bei den Lokomotiven Ae 6/6 und Re 4/4 II sehr erfolgreich verwendet. Die Vorhaltung von Ersatzteilen in diesem Bereich konnte so deutlich verringert werden. Trotzdem sehen wir uns diesen Stromabnehmer etwas genauer an.

Der Bügel wurde mit der Hilfe von zwei Federn und Druckluft gehoben. Dabei sorgte die Senkfeder mit ihrer Kraft dafür, dass der Stromabnehmer gesenkt blieb. Sollte dieser gehoben werden, wurde mit Druckluft deren Kraft aufgehoben. Damit konnte die zweite, als Hubfeder bezeichnete Feder, den Bügel heben. Das erfolgte so lange, bis der Fahrdraht berührt wurde, oder die Höhenbegrenzung ein weiteres Anheben verhinderte.

Den Kontakt zum Fahrdraht wurde jedoch nur mit dem 1 320 mm breiten Schleifstück wahrgenommen. Dabei wurde dieses als Wippe ausgeführt und besass neben den beiden Notlaufhörner aus Metall auch die beiden Schleif-leisten.

Diese Leisten waren aus Kohle geformt, die in einem Gehäuse gefasst worden war. Dabei konnten die Schleifleisten, die einem Verschleiss unterworfen waren, in einem Depot einzeln ausgewechselt werden.

Um den Bügel wieder zu senken, wurde die Druckluft über ein Ventil aus dem Zylinder gelassen. Dies erfolgte so schnell, dass im Zylinder ein Unterdruck entstand. Damit wurde die Schleifleiste regelrecht von Fahrdraht gerissen.

Anschliessend besorgte die Senkfeder gegen die Kraft der Hubfeder das sanfte absenken des Stromabnehmer auf die Ablagen. Wie schnell das jedoch erfolg-te, konnte mit dem Anpressdruck eingestellt werden.

Damit haben wir die Spannung aus der Fahrleitung auf das Fahrzeug über-tragen. Mit einer Litze gelangte sie vom Stromabnehmer in die auf dem Dach montiert Leitung.

Dank der Litze konnte im Unterhalt der Bügel leicht von dieser Dachleitung getrennt werden. Ein Defekt am Stromabnehmer führte jedoch unweigerlich zu einem Ausfall des Triebzuges. Doch auch nur dieser, denn die weitere Ausrüstung war aufgeteilt worden.

Vom Stromabnehmer wurde die auf Isolatoren stehende Dachleitung zu den beiden Endwagen geführt. Diese waren, wie zuvor schon oft erwähnt, identisch aufgebaut worden und das galt auch für diesen Stromkreis. Daher können wir uns auf die Betrachtung einer Seite beschränken. Wo es Unterschiede gab, werden diese natürlich erwähnt werden. Doch noch haben wir ein Problem mit der Dachleitung bei den Gelenken.

Im Bereiche der Kurzkupplung musste die Leitung mit Litzen geführt werden. Solche Litzen waren auch sonst noch vorhanden. Diese dienten jedoch der Abtrennung einer kompletten Hälfte.

Sie ersetzten die bisher dazu verwendeten Trenn-messer und konnten nur auf dem Dach gelöst wer-den. Damit war zu erkennen, wie selten in diesem Bereich grössere Störung zu erwarten waren, denn der grösste Teil konnte mit dem Hauptschalter abgetrennt werden.

In der Mitte des Endwagens wurde auf dem Dach über der dortigen Plattform mit den Einstiegen ein Hauptschalter eingebaut und an der Dachleitung angeschlossen.

Während sich die Schaltkontakte auf dem Dach be-fanden, konnte dieser Schalter aus dem Innenraum des Fahrzeuges bedient werden.

Wichtig war das im Unterhalt und bei der verhass-ten Inbetriebnahme ohne Druckluft, da in dem Fall der Hauptschalter von Hand bedient werden musste.

Verbaut wurde ein Drucklufthauptschalter der Bauart DBTF 20i. Dieses Modell wurde schon bei anderen Baureihen sehr erfolgreich verwendet und kam daher auch hier zum Einbau. Die Kontakte wurde mit Druckluft geschlossen und so die elektrische Verbindung hergestellt. Dazu war aussen ein Trennmesser vorhanden, dass einfach geschlossen wurde. Ein einfacher Vorgang, der kein Probleme bereitete, da das Problem anders gelagert war.

Die Schaltung zur Öffnung der Leitung hätte bei der hohen Spannung in der Fahrleitung dazu geführt, dass das erwähnte Trennmesser zerstört worden wäre. Daher wurde jetzt in zwei Schritten gearbeitet. Dabei wurde zuerst ein massiver Hilfskontakt geöffnet. Der dort entstehende Lichtbogen wurde sofort mit Druckluft ausgeblasen. So war die Leitung getrennt und das Trennmesser konnte ohne Schaden zu nehmen, geöffnet werden.

Der DBTF 20i war ein sehr leistungsfähiger Hauptschalter, der auch in der Lage war, hohe Ströme bei Kurzschlüssen sicher zu schalten. Dazu musste jedoch ein genug grosser Vorrat bei der Druckluft vorhanden sein.

War das nicht der Fall, wurde mit der Niederdruckblockierung verhindert, dass der Drucklufthauptschalter geöffnet werden konnte. Genau diese Sicher-ung nutzte man bei der Inbetriebnahme ohne genug grossen Vorrat bei der Druckluft.

Für den Unterhalt und um die Anlage für die hohe Spannung sicher spannungs-los zu halten, war parallel zum Hauptschalter ein Erdungsschalter verbaut worden. Dieser konnte nur bedient werden, wenn der Stromabnehmer ge-senkt war.

Er verband die Leitungen vor und nach dem Hauptschalter mit der Erde. Die Bedienung musste von Hand erfolgen und damit war auch der Schalter aus dem Innenraum des Triebzuges zu erreichen.

Die sich immer noch auf dem Dach des Fahrzeuges befindliche Spannung musste nun dem Transformator zugeführt werden. Dieser wurde aber wegen dem Platzbedarf unter dem Wagen eingebaut.

Daher wurde ein Hochspannungskabel verwendet, das jedoch im Innenraum wertvollen Platz benötigte. Um den Platz optimal zu nutzen, wurde das Kabel mittig der Plattform in einem senkrechten Rohr eingebaut. Diese Stange wurde zugleich von den Leuten zum festhalten genutzt.

Angeschlossen wurde dieses Hochspannungskabel letztlich an der Primärspule des Transformators. Diese Wicklung wurde auf der anderen Seite einfach mit dem Kasten verbunden. Damit der Strom sicher gegen die Erde abgeführt werden konnte, waren an den Achsen unterschiedlich lange Erdungsbürsten eingebaut worden. So entstand der geschlossene Stromkreis und vom Kraftwerk konnte elektrische Energie auf das Fahrzeug übertragen werden.

Bei der Leistung für einen Transformator wurde ein Wert von 1 558 kVA angegeben. Auf den Triebzug hochgerechnet ergab das einen Wert von 3 116 kVA. Da davon aber auch die Neben- und Hilfsbetriebe versorgt werden mussten, reduzierte sich die der Traktion zur Verfügung stehende Leistung eines Transformator auf 1 462 kVA.

Damit können wir vorerst den Hauptstromkreis verlassen und uns dem Stromkreis für die Fahrmotoren zuwenden. Für den Stromkreis der Fahrmotoren wurde eine eigene Spule vorgesehen. Diese Sekundärwicklung wurde über das Magnetfeld im Eisenkern so angeregt, dass darin eine Spannung entstand.

Damit war dieser Teil der elektrischen Ausrüstung von der Erde getrennt worden. Eine Massnahme, die es erlaubte, die Isolationen einfacher auszuführen. Zu den anderen damals gebauten Triebfahrzeugen der Staatsbahnen gab es jedoch keinen Unterschied.

Die Sekundärspule besass 14 Anzapfungen mit unterschiedlichen Werten. Zusammen mit einem Endanschluss konnten so 15 verschiedene Spannungen abgegeben werden. Diese Abgriffe wurden nach dem Transformator lediglich mit der gleichen Anzahl elektropneumatisch betriebenen Hüpfern verbunden. Damit dienten diese als schnelle Schaltelemente. Jedoch konnten auch die Hüpfer einen Unterbruch der Spannung nicht verhindern.

Um die Erhöhung der Spannung ohne Unterbruch zu ermöglichen, wurden die Hüpfer mit Drosselspulen in einer speziellen Sparschaltung mit zwei Querschalthüpfern verbunden. Dank diesen Schützen und einem Schaltplan, der bis zu fünf Hüpfer gleichzeitig schloss, konnten beim Triebzug 29 Fahrstufen verwirklicht werden. Wir haben damit die veränderliche Spannung von bis zu 694 Volt und ohne Unterbruch erhalten und können diese nun den Fahrmotoren zuführen.

Für die Veränderung des Stromflusses in den Fahrmotoren und damit für die Änder-ung der Fahrrichtung des Triebzuges war ein Wendeschalter vorgesehen worden. Speziell dabei war, dass dieser nicht für die Umgruppierung genutzt wurde.

Dies erfolgte mit eigenen Schaltern, die wir uns später ansehen werden. Denn zu-erst müssen wir uns den Fahrmotoren zuwenden. Immerhin waren davon an einem Stang sechs Stück verbaut worden.

Es wurden 6polige Seriemotoren mit Wendepol verbaut. Diese Wechselstrommo-toren hatten sich seit Jahren im Betrieb bewährt. Sie benötigten deshalb keine weitere Aufbereitung der Spannung.

Verbaut wurden Motoren vom Typ M6-466, die über eine maximale Klemmen-spannung von 347 Volt verfügten. Dem aufmerksamen Leser ist dabei sicher die Dif-ferenz bei den Spannung aufgefallen, aber das war so, den mir der Schaltung konnte das ausgeglichen werden.

In jeden Drehgestell wurden die beiden Fahrmotoren in Reihe geschaltet und so die Spannung angepasst. Wiederum drei Drehgestelle, also auch das benachbarte Modell des Mittelwagens waren parallel an der Leitung vom Wendeschalter angeschlossen worden.

Eine Schaltung, die bei einem Defekt an einem Motor nur ein Drehgestell ausfallen liess. Der Verlust bei der Zugkraft konnte so in bescheidenem Rahmen gehalten werden.

Für die Betrachtung der Leistungsdaten der Fahrmotoren sehen wir uns den ganzen Triebzug an. Sofern Sie sich für einen Motor interessieren, können Sie die Werte ganz einfach durch zwölf teilen.

Dabei werden Sie schnell erkennen, dass pro Motor keine grossen Werte vorhanden waren. Das war eine Folge des bescheidenen Einbauraumes und auch der Grund, warum der Triebzug bei seiner Länge alle Achsen angetrieben hatte.

Der Zug konnte eine Anfahrzugkraft von 238 kN erzeugen. Dieser Wert konnte auch bis zu einer höheren Geschwindigkeit gehalten werden. So war gesichert, dass die verlangte Beschleunigung von 0.85 m/s2 erreicht werden konnte. Betrieblich war es sehr wichtig, dass der Triebzug schnell auf eine angemessene Geschwindigkeit beschleunigen konnte. Die langfristigeren Werte bei den Zugkräften galten dann eher für Steigungen.

Die Leistungsgrenze für die Anfahrzugkraft lag bei 68 km/h. Ab diesem Zeitpunkt sank diese und bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h konnte noch eine Zugkraft von 110 kN abgegeben werden. Dieser Wert galt für die Dauer einer Stunde und der Triebzug besass nun eine Motorleistung von 2 520 kW. Da für die Datenblätter in der Schweiz jedoch die Stundenleistung am Rad genommen wurde, waren dort 2 440 kW aufgeführt worden.

Bis zur Dauerleistung von 2 268 kW sank die Zugkraft technisch bedingt weiter auf 91 kN. Die jetzt erreichte und unbegrenzt erlaubte Geschwindigkeit lag bei 86 km/h. Bei der Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h waren jedoch immer noch 78 kN vorhanden. Damit war mit dem Triebzug auch bei höheren Werten noch eine gute Beschleunigung vorhanden. Was insbesondere bei S-Bahnen von grosser Bedeutung war.

Wie gut diese Werte für das 170 Tonnen schwere Fahrzeug waren, zeigen Zahlen nicht so eindrücklich, wie die Übernamen des Personals. Die Triebzüge RABDe 12/12 wurden von diesem als «Mirage» bezeichnet. Dabei war der Begriff eine Anlehnung an die damals neuen Kampfflieger der Schweizer Armee. Dieser flog schneller als der Schall. Werte, die der Zug natürlich nicht erreichen konnte, aber schnell war auch er auf Tempo.

Der Triebzug besass eine elektrische Nutzstrombremse. Um in den Bremsbetrieb zu wechseln mussten die Fahrmotoren jedoch anders gruppiert werden. Dazu waren neue Fahren-/Bremsumschalter eingebaut worden. Diese sorgten zusammen mit der Erregung in 21 Stufen dafür, dass die Motoren durch die Drehung begannen Leistung abzugeben. Diese wiederum wurde in die Fahrleitung abgegeben und konnte so von anderen Zügen genutzt werden.

Wichtiger als der Nutzen für andere Züge, war die dabei erzeugte Bremskraft. Diese konnte einen maximalen Wert von 157 kN erreichen. Die bei diesem Triebzug verwendete Schaltung wurde gegenüber der Reihe Re 4/4 II geändert. Statt der dort umgesetzten Erregung mit einem Fahrmotor (Erregermotorschaltung) wurde auf die Lösung mit einer auf Kondensatoren basierenden Erregung gearbeitet. So konnte noch etwa mehr Leistung abgerufen werden.

Speziell war jedoch der langfristige Betrieb der elektrischen Bremse, wie er zum Beispiel bei längeren Talfahren benötigt wird. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB definierten dafür zwei Werte, die bei allen Baureihen gleich gehalten wurden. Dabei durfte die Bremskraft während der Dauer von 20 Minuten einen Wert von 137 kN nicht überschreiten. Erreicht wurde diese Zeit auf der Nordrampe der Strecke über den Gotthard.

Wenn wir schon bei dieser Strecke sind, kommen wir zur anderen Seite und somit zur Südrampe. Diese war etwas länger und daher benötigten die Züge mehr Zeit. Daher wurde bei den erlaubten Werten noch die Marke für 45 Minuten vorgesehen. Jetzt durfte noch eine Bremskraft von 118 kN angewendet werden. Durchaus gute Werte für den 170 Tonnen schwere Triebzug, der damit die Bergstrecken der Staatsbahnen ohne Probleme befahren konnte.

 

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