Alpenbahnen 1950-1999

Mit dem Jahr 1950 beginnen wir wieder mit einem neuen Abschnitt in unserer Geschichte der Alpenbahnen. Was war bisher passiert, das sich nun in diesen Jahren auswirken sollte? Die Züge des Autoverlads wurden immer moderner und es mussten spezielle Anlagen gebaut werden um dem Ansturm gerecht zu werden. Dabei spielte es keine Rolle, um welchen Tunnel es sich handelte. Besonders spannend war die Situation in Brig, wo Autozüge in zwei Richtungen losfahren konnten.

In den folgenden Jahren werden sich die drei Strecken weiter verändern und die ersten grossen Jubiläen stehen an, denn wir haben bereits mehr als 100 Jahre Geschichte hinter uns und in dieser Zeit ist viel passiert, das gefeiert werden konnte. Dazu gehört natürlich einer der Tunnel, aber man kann auch besondere Geburtstage feiern. Lesen Sie deshalb, wie sich die Geschichte der schweizer Alpenbahnen weiter entwickeln wird.

1952: Die ersten bestellten Lokomotiven der Baureihe Ae 6/6 trafen kurz nach 1950 ein. Die Lokomotiven, die noch nicht zu überzeugen vermochten, sollten den Verkehr am Gotthard in den nächsten Jahren übernehmen und somit die Kapazität, dank höherer Leistung und etwas besserer Geschwindigkeit, weiter erhöhen. Damit dieses Ziel noch verbessert werden konnte, begann man mit Ausbauten an mehreren Stellen.

Da die Bahnstrecke noch an mehreren Stellen die dicht befahrene Gotthardstrasse überquerte, begann man mit dem Bau von Unterführungen und begradigte Kurven um schneller zu fahren. Damit sollten die Züge die Abschnitte schneller wieder freilegen und so für mehr Kapazität sorgen. Man nannte diesen Ausbau auch den Ausbau in kleinen Schritten, denn hier wurde verbessert und das wurde verbessert, aber einen gänzlich neuen Bereich gab es nie.

So wurden die alten Stahlbrücken, die schon früher mit Fischbäuchen verstärkt wurden, langsam zu schwach für die schweren Züge. Die Gotthardstrecke sollte daher auch für neue Achslasten ausgelegt sein und so die schwersten Wagen befördern können. Gerade bei der Meterlast waren die alten Stahlfachwerkbrücken aus der Zeit der Eröffnung zu schwach geworden. Die Verstärkungen reichten nicht mehr aus und die Brücken sollten so oder so saniert werden.

Daher ging man daran, diese alten Brücken zu ersetzen. Bei laufendem Betrieb wurde immer ein Teil der Brücke ersetzt und der Verkehr auf einem Gleis abgewickelt. So konnte man den Umbau ohne Unterbruch der Strecke ausführen. Die alten Stahlbrücken wurden daher an Ort und Stelle zerlegt und mit den Zügen abtransportiert. War diese weg, wurde die neue Brücke eingebaut und danach der zweite Teil in Angriff genommen.

Beim Umbau achtete man anfänglich noch darauf, dass die Brücken ästhetisch schön aussahen. So wurden die neuen Betonbrücken mit Steinplatten verkleidet, so dass schöne Steinbogenbrücken entstanden, die eigentlich gar keine waren. So wurde auf das Bild der Gotthardbahn geachtet. Wobei später auch andere Lösungen verwendet wurden. Die meisten Brücken blieben aber optisch schön. Der Umbau veränderte zwar das Aussehen, machte aber eine schöne Figur.

Der Brückenumbau startete 1952 mit der Stalvedro-Brücke unterhalb von Airolo. Um den Betrieb nicht zu sehr zu behindern, war man immer nur an einer Brücke am Arbeiten. So konnte auf dem grössten Teil der Strecke ein normaler Betrieb angeboten werden. Trotzdem am Gotthard brach immer wieder das grosse Chaos aus, so dass es zeitweise unmöglich war, den Fahrplan aufrecht zu erhalten. Ein Zug fuhr, wenn man ein freies Gleis und eine Lokomotive hatte und nicht immer, wenn er sollte.

Die Doppelspur sollte nun durchgehend erstellt werden. So wollte man dem gestiegenen Verkehr gewachsen sein. Die letzte Lücke befand sich zwischen Melide und Maroggia-Melano und die musste nun geschlossen werden. Dummerweise waren das gerade der Damm und die Brücke über den Lago di Lugano. Die Probleme hier lagen aber auch bei einem Tunnel und einer Kurve mit engem Kurvenradius. Beides sollte so gut wie möglich verbessert werden.

Der Seedamm wurde bisher nur mit einem Gleis überquert und das sollte sich nun ändern. Damit wäre dann die ganze Strecke auf zwei Geleisen befahrbar und hätte eine grössere Kapazität. Was in anbetracht des steigenden Verkehrs auch dringend nötig war. Die Strecke wurde nun auch offen durch die Gemeinde Bissone geführt und die Kurve gestreckt. Die Züge konnten so auch schneller fahren. Nebeneffekt war, dass die Bahnlinie einen Tunnel weniger hatte.

Im Simplontunnel konnte nun der Betrieb wieder normal abgewickelt werden. Hier begann man in dieser Zeit damit, den Autoverlad im Tunnel auszubauen und die Verladeanlagen zu verbessern. Mit speziellen Zügen sollten Autos durch den Simplon transportiert werden. Eine Lösung, die am Gotthard schon seit Jahren sehr erfolgreich umgesetzt wurde und sich immer an einem höheren Zuspruch erfreuen konnten.

Auch am Lötschberg begannen diese Transporte immer mehr Zuspruch zu finden. So sollte der Autoverlad im allen drei Tunneln mit modernen Anlagen angeboten werden. Dank den speziellen Zügen war man vom normalen Verkehr unabhängig und konnte die Autos besser verladen. Die Kapazität beim Autoverlad wurde deutlich höher. Mit dem Autoverlad hatte aber die BLS den besten Part erwischt, denn die parallele Passstrasse existierte nicht.

Die Ausbauten am Lötschberg beschränkten sich nur auf wenige punktuelle Verbesserungen und Begradigungen von Kurven in den flachen Abschnitten. Ein Ausbau auf Doppelspur war bei der Bergstrecke vom Tisch und wurde mittlerweile für die Privatbahn, welche die BLS-Gruppe nun mal war, zu teuer. Das schränkte jedoch den Verkehr ein, denn Lokomotiven die nur auf Bergfahrt verwendet wurden, belegten wertvolle Trassen, wenn sie ins Tal zurückkehrten. Ein Problem, das es am Gotthard zum Beispiel nicht gab.

Daher kamen hier nun die grossen Doppellokomotiven ohne Laufachsen in den Einsatz. Damit konnten schwerere Züge mit einer Lokomotive befördert werden.

Der Verkehr war auch hier angestiegen und musste bewältigt werden. Besonders dank den neuen Zughakenlasten, konnte mit einer Lokomotive ein ganzer Zug gezogen werden. Vorspannlokomotiven konnten so entfallen, was Trassen für andere Züge freistellte und so den Verkehr auf der Bergstrecke etwas vereinfachte.

Die Autozüge waren davon nur auf der Südseite betroffen, denn im Winter mussten diese bis Brig verlängert werden. Die Strasse im Lötschental war einfach nicht sicher genug. Die Lawinen, die die Bahn gefährdeten, rollten auch über die Strasse, so dass diese immer wieder gesperrt werden musste. In dieser Situation kämpften sich dann auch noch die Autozüge über die einspurige Südrampe. Man spürte das fehlende Gleis daher immer mehr.

1954: Im Jahre 1954 fuhr man am Gotthard wieder eine neue Rekordmarke ein. Das nach dem Krieg eingebrochene Verkehrsaufkommen, hatte sich schnell wieder erholt und so stiegen die Zahlen auf der Strecke erfreulich an. Dass sich damit die Situation auf der Bergstrecke wieder verschärfte war klar und auch die neuen Ae 6/6 vermochten keine Wunder zu bewirken. Das obwohl sie doppelt so schnell waren, als die noch verkehrenden Ce 6/8 II oder Be 4/6. So fuhren die Züge in den neu geschaffenen Blockabständen und in kleinsten Stationen gab es Überholungen und Kreuzungen.

Die Zahlen lügen indes nicht und so vergleichen wir den 1954 erreichen Wert mit dem Aufkommen vor dem Krieg. Die letzten Zahlen von 1945 waren wenig aussagekräftig, denn der Verkehr auf den Zulaufstrecken im Ausland war unterbrochen und so konnten keine Züge verkehren. Erst als sich besonders in Deutschland die Situation verbesserte, konnten die Züge nach Basel wieder rollen und gelangten so an den Gotthard.

 

    Reiseverkehr Güterverkehr  
  1938 12‘769 Züge 3‘330‘100 BrT 12‘266 Züge 5‘918‘400 BrT  
  1954 20‘739 Züge 6‘188‘400 BrT 18‘330 Züge 10‘493‘500 BrT  

 

Wenn wir diese Zahlen so sehen, erkennen wir, dass der Verkehr nahezu verdoppelt wurde, jedoch nur die Hälfte mehr an Zügen dafür benötigt wurde. Die Lasten pro Zug konnten daher deutlich gesteigert werden. Die Lösungen hier fand man bei den Zwischenlokomotiven und natürlich mit den neuen Lokomotiven mit hoher Leistung. Dazu gehörten die neu abgelieferten Ae 6/6 Lokomotiven. Diese konnten viel schneller fahren als die alten Lokomotiven aus den Anfängen. Diese verschwanden nun endgültig vom Gotthard und machten den modernen Nachkommen Platz. Trotzdem arbeitete man am Gotthard an der Leistungsgrenze.

Jedoch erkannte man, der Verkehr konnte nicht weiter gesteigert werden, wenn man keine durchgehende Doppelspur hat. Die letzte Lücke mussten daher so schnell wie möglich geschlossen werden. Die Zeit drängte. Nur damit war es nicht getan, denn der Bahnhof Chiasso platzte aus allen Nähten. Man begann nun damit, die Züge über Luino zu leiten. Nur verkehrten dort noch Dampflokomotiven, weil die Fahrleitung noch nicht montiert wurde.

Das führte dazu, dass man den letzten einspurigen Abschnitt auch endlich beheben musste. Dieser befand sich im Tessin und zwar zwischen Melide und Maroggia-Melano. Die grösste Schwierigkeit und somit der letzte einspurige Abschnitt bildete dabei der Seedamm. Die Strecke wurde in zwei Teile geteilt um dem einspurigen Abschnitt so kurz wie möglich zu halten. Trotzdem der Damm musste erweitert werden.

Doch wie war es nun mit der Bahnstrecke von Bellinzona nach Luino? Genau, diese Nebenlinie sollte den Bahnhof Chiasso entlasten. Nur, dort hatte man bisher noch keine Fahrleitung montiert und so verkehrten am Gotthard plötzlich wieder Dampflokomotiven mit schweren Güterzügen. Doch nur so konnten die Probleme mit der Strecke nach Chiasso und dem dortigen Bahnhof gelöst werden. Nur, der Ausbau im Sotto Ceneri musste kommen.

Neben der Doppelspur kam nun auch der Rangierbahnhof in Chiasso zur Ausführung. Mit diesem Rangierbahnhof, der in Form eines Tropfens angeordnet wurde, sollten die Probleme mit der Kapazität beseitigt werden. Die Güterzüge bekamen nun den Platz, den sie benötigten. Chiasso sollte zum grossen Grenzbahnhof werden und so auch als Puffer gegen Süden dienen. Wagen konnten hier abgestellt werden und auf die Weiterleitung nach Italien warten.

Auf der Simplonlinie gab es keine weiteren Ausbauten mehr. Die Doppelspur wurde mit dem Bau der zweiten Röhre durchgehend erstellt und so war man hier schon lange mit zwei Geleisen gesegnet worden. Der Simplontunnel hatte auch ein ansehnliches Verkehrsaufkommen und so war die Strecke gut ausgelastet. Die meisten Züge kamen daher durch das Rhonetal nach Brig um dann weiter in Richtung Süden zu fahren. Hinzu kam dann noch der Verkehr vom Lötschberg. Das sorgte für ein gutes Verkehrsaufkommen im Tunnel.

Auf der Strecke blieb der Lötschberg, dessen doppelspurige Bergstrecke auch nach erneuten Vorstössen nicht verwirklicht wurde. Die Begründung ergab sich durch den Ausgang des zweiten Weltkrieges, denn Frankreich hatte das Elsass wieder erhalten und konnte nun Basel und so auch den Gotthard direkt erreichen. Westlichere Gebiete wurden über das Rhonetal zum Simplon geführt. Südfrankreich hatte schliesslich noch die Linie über den Mont Cenis oder entlang der Küste. Der Lötschberg verlor seine internationale Bedeutung.

So sehr man sich den doppelspurigen Ausbau und mehr Züge auch wünschte, so schwierig war es den Verkehr auch auf die Strecke zu bringen. Gehen wir einmal davon aus, wir hätten am Lötschberg zwei Geleise und die gleichen Zahlen, wie am Gotthard. Dann würde die Linie durch den Simplon aus allen Nähten platzen, denn dort vereinigten sich die Transporte vom Lötschberg und vom Rhonetal. Die Transitachse über den Lötschberg hatte einen konstruktiven Fehler, der nicht so leicht behoben werden konnte.

1957: Die Bauarbeiten in Göschenen konnten abgeschlossen werden. Nur, was wurde gebaut? Ein neuer Tunnel wurde gebaut. Seither sollte der Gotthardtunnel auf seiner nördlichen Seite vier Gleise haben, die in den Tunnel führten. Im Tunnel vereinigten sich dann beide Tunnel und es ging auf zwei Geleisen weiter. Damit gewann man im Bahnhof Göschenen Platz und die Geleise konnten verlängert werden.

Der gewonnene Platz wurde für die neuen Verladeanlagen benötigt. So konnten längere Autozüge verkehren. Damit konnte man dem Ansturm auf den Autoverlad gerechter werden. Immer mehr Autofahrer nutzten den Verlad auch im Sommer um sich die Fahrt über die verstopfte Passstrasse zu ersparen. Erneut hatte man am Gotthard wieder eine Goldgrube, die sich am Limit befand. Der Gotthardtunnel wurde zu einer der am meisten befahrenen Strecken der Schweiz.

Je mehr Ae 6/6 abgeliefert wurden, desto besser konnte man den Verkehr am Gotthard gestalten. Der Verkehr über Luino entwickelte sich erfreulich und so wurden die Dampflokomotiven von neuen Diesellokomotiven unterstützt. Jedoch war klar, auch dort muss eine Fahrleitung erstellt werden. Man hatte am Gotthard zwei wichtige Baustellen und man durfte wetten, wo der erste Engpass aufgehoben werden würde.

1960: Die Fahrleitung war schneller und so wurde am 11. Juni 1960 der letzte Dampfzug auf die Reise nach Luino geschickt. Die Rückfahrt sollte dann mit mit eingeschalteter Fahrleitungsspannung und einem elektrischen Triebwagen erfolgen. So war man im ganzen Tessin unter Fahrdraht. Die letzten Dampflokomotiven vom Gotthard verschwanden und wurden abgebrochen. Verbleiben durften nur noch die Lokomotiven für Einsätze vor Hilfswagen, aber auch dort kamen immer öfters Diesellokomotiven zum Einsatz.

Noch blieb aber in Erstfeld ein Relikt aus der Urzeit vorhanden. Die Schneeschleuder von 1896 leistete dort im Winter immer noch gute Dienste. Alle Versuche, den Rotary abzulösen scheiterten bisher kläglich. Auch der letzte Versuch ging in die Hosen, so dass man nicht verzichten konnte. So musste man in Erstfeld noch ein mit Kohlen betriebenes Fahrzeug unterhalten. Der Rotary war mittlerweile zum letzten Fahrzeug geworden, das noch aus der Zeit der Gotthardbahn stammte. So alt wurde keine Lokomotive der GB.

Die Kunde von der neuen Fahrleitung nach Luino machte zwar die Runde, beeindruckte die Leute am Lötschberg und am Simplon wenig. Dort hatte man sich nun damit abgefunden, dass man nie an die Zahlen des Gotthards kommen konnte, denn zwei Bahnstrecken, die auf einen Tunnel gerichtet waren, konnten nur zur Hälfte ausgelastet sein und der Simplontunnel wird am Limit betrieben. Das Problem war somit bekannt, es hiess Simplon.

1963: Die Lötschbergbahn feierte im Jahre 1963 ihren 50sten Geburtstag. Zwar hatten das alle bisherigen Strecken schon hinter sich, aber so richtig gefeiert wurde nie. Die BLS war da etwas anders, denn der Kanton Bern war sehr intensiv mit der Strecke verbunden. Man liebte die Berner Alpenbahn und daher fierte man diesen Geburtstag. Solche Feiern regen aber zu einem Vergleich an. Denn wie weit hatte sich die Strecke bisher entwickelt?

Die meisten Bauwerke der Bergstrecke präsentierten sich im Zustand, wie er bei der Eröffnung auch war. Grosse Ausbauten fehlten und wenn, gab es sich eigentlich nur beim Autoverlad. Damit konnte die Strecke den erhofften Auftrag im Transitverkehr nie so richtig aufnehmen. Man musste sich den Simplontunnel mit dem Rhonetal teilen und das brachte viele Güterzüge nach Brig. Diesen Platz im Tunnel konnte die BLS nicht nutzen und so blieben die Erfolge in diesem Bereich aus.

Erfreulich entwickelte sich hingegen der Autoverlad. Dieser hatte in etwa den Erfolg, wie am Gotthard. Man konnte hier sogar leichte Vorteile gegenüber dem Gotthard feststellen, denn man hatte keine Passstrasse in der Nähe. Wer ins Wallis wollte, benutzte den Verlad, oder musste weite Umwege in Kauf nehmen. Das führte dazu, dass sich die Zahlen beim Autoverlad mehr als nur erfreulich entwickelten. Die BLS hatte hier den grossen Erfolg, den man sich im Güterverkehr erhofft hatte.

1965: Schliesslich war es am 02. April 1965 soweit. Die bisherige Dienststation Bissone konnte aufgehoben werden. Der Seedamm in Melide verfügte über zwei Gleise. Die Gotthardstrecke war nun durchgehend zweigleisig ausgebaut. Die Arbeiten dazu begann 1883 und wurden erst jetzt beendet. Während 83 Jahren war man damit beschäftigt, die Strecke auf Doppelspur auszubauen. Das sollte aber keine grossen Auswirkungen mehr haben, denn ein Teil der Züge fuhr nun über Luino.

Die erneuerten Brücken wurden auch immer zahlreicher und so kam man dem Endausbau, der eigentlich 1882 hätte vollzogen werden sollen, immer näher. Genau genommen hatte man ihn jetzt erreicht. Die weiteren Ausbauten, sorgten nur noch dafür, dass die Strecke noch mehr leisten konnte. Dazu gehörten die neuen Brücken und begradigte Kurven. Die Geschwindigkeit auf der Bergstrecke konnte so auf durchgehend 75 km/h gesteigert werden.

Im Flachland testete man eine neue Lokomotive. Ohne zu wissen, dass diese Lokomotiven dereinst die erneute Steigerung der Zahlen am Gotthard ermöglichen würde, wurde die erste Re 4/4 II getestet. Am Gotthard hatten nun die Ae 6/6 das Kommando übernommen und so kamen alle 120 Lokomotiven dieses Typs auf der Gotthardstrecke zum Einsatz. Man hatte moderne Lokomotiven und so konnte man nun zu neuen Rekorden aufbrechen.

Im Vergleich dazu, wurden im Simplontunnel Lokomotiven älterer Baujahre verwendet. Die Ae 4/7 konnten dort ganz gute Dienste leisten. Der Vorteil war, dass besonders in der Hauptlastrichtung, also in Richtung Süden keine grossen Steigungen bewältigt werden mussten. Das Rhonetal war flach und so konnten auch diese Lokomotive längere Güterzüge ziehen. Die Talfahrt nach Domodossola schaffte sie auch alleine.

Die BLS nahm ebenfalls eine neue Lokomotive in Betrieb. Die neue Ae 4/4 II sollte über eine höhere Leistung verfügen, als ihre Vorgängerin. Damit sollten die schwereren Reisezüge nun auch mit einer einzigen Lokomotive bespannt werden. Zudem konnten die letzten alten Lokomotiven ausgemustert werden. Die Ablieferung erfolgte etwas zu spät, so dass die Lokomotive nicht beim Jubiläum präsentiert werden konnte. Nun war sie aber da und konnte eingesetzt werden.

1966: Was die durchgehende Doppelspur und der Ast nach Luino am Gotthard brachten, erkennen wir wieder an den Verkehrszahlen, diese mussten nun aber an einem bestimmten Punkt erfasst werden. Das musste dort sein, wo alle Transitzüge durch mussten.

Diese Zahlen konnten erstmals im Jahre 1966 bereinigt erfasst werden, denn 1966 war das erste Jahr mit vollständig doppelspuriger Strecke. Somit erkannte man nun erstmals, was die Strecke am Gotthard überhaupt leisten konnte.

Da nun nicht mehr aller Verkehr über Chiasso abgeführt wurde, müssen ein paar Fragen zu der Erfassung der Daten angestellt werden. Die Daten wurden im Bahnhof Erstfeld erfasst. Dieser war dazu sehr gut geeignet, denn nur wenige Züge verkehrten nicht weiter und die Zwischenlokomotiven wurden klar erkannt. Das hatte aber zur Folge, dass die Autozüge im Tunnel in der Berechnung nicht einbezogen wurden.

Damit lag die Belastung im Tunnel durchaus etwas höher, denn dort verkehrten die Pendelzüge, die im Autoverlad eingesetzt wurden. Diese sorgten im Tunnel besonders vor Feiertagen immer wieder für ein grosses Chaos. Die Nummern der Autozüge änderten sich im Minutentakt, denn die Abfahrzeit gab die letzten Ziffern der Zugnummer. Nach Fahrplan fuhr damals im Gotthardtunnel niemand mehr. Man fuhr, wenn es ging und wartete, wenn es nicht ging.

 

Reiseverkehr Güterverkehr
1954 20‘739 Züge 6‘188‘400 BrT 18‘330 Züge 10‘493‘500 BrT
1966 26‘110 Züge 9‘120‘000 BrT 31‘902 Züge 22‘652‘400 BrT

 

Die Verdoppelung der Lasten führte gleichzeitig zu einer massiven Erhöhung der Züge. Dank höheren Zughakenlasten konnten immer mehr Züge schwerer verkehren und so die Leistung der Strecke weiter erhöhen. Mit Hilfe der eingesetzten Ae 6/6 waren die schwersten Züge mit nur zwei Lokomotiven möglich. Das bedeutete, dass sehr effizient gearbeitet werden konnte. Die alten und langsamen Lokomotiven waren endgültig verschwunden. Am Gotthard konnte man sie nicht mehr brauchen.

Damit war man mit der Strecke an der Leistungsgrenze angelangt, eine weitere Steigerung war nur möglich, wenn man die Strecke weiter ausbauen würde. Nur dieser Ausbau sollte die grössten Schwierigkeiten eliminieren. Daher begannen die Diskussionen um eine neue Alpenbahn durch die Schweiz. Schnell waren dabei die Kantone in der Ostschweiz, die das Projekt der Splügenbahn entstaubten und so postwendend ihren Anspruch geltend machten.

Die Steigerung sollte mit einer neuen Bahnlinie erschaffen werden. Die Ostschweiz hatte bereits wieder die Schubladen geöffnet um die Pläne mit dem Splügen hervor zunehmen. Doch schnell wurde klar, man wollte einen neuen Tunnel am Gotthard bauen und die Ostschweiz hatte erneut das Nachsehen. Nur, am Gotthard war der Platz sehr eng und der neue Gotthardtunnel zwei nur wenige Meter lang. Die zweite Röhre hätte aber die Probleme in der Rampe nicht gelöst.

Der neue Gotthard-Basistunnel sollte die Steigung grundsätzlich eliminieren. Daher sollte die neue Strecke südlich des Bahnhofes Erstfeld beginnen und weiter der Talebene folgen. In Erstfeld hätte sich daher der Verkehr gesplittet. Man sah damals den Bahnhof als Ideal an, weil hier die Steigung begann und man annehmen musste, dass spezielle Lokomotiven für den Basistunnel benötigt würden. So gesehen eine gute Wahl.

Im Raum Amsteg hätte der neue Basistunnel begonnen und mit einer Länge von rund 40 Kilometer nach Bodio geführt und wäre natürlich zum längsten Tunnel der Welt geworden. Die steilen Rampen wären so weggefallen. Das Projekt war spruchreif und wurde immer mehr gefördert. So meinte die Ostschweiz mit einer Tunnelstation an diesen Basistunnel angeschlossen zu werden. Nun wollte man endlich etwas von grossen Kuchen abhaben.

Noch war alles nur ein Projekt. Die schweizerischen Bundesbahnen SBB mussten erneut Lösungen suchen um den Verkehr zu verbessern. So kamen die Lokomotiven Re 4/4 III. Diese recht klein geratenen Lokomotiven hatten alleine keine Chance gegen die grossen Ae 6/6. Nur, die „Kleine“ hatte ein Kabel und zu zweit, lehrte sie der betagten Ae 6/6 das Fürchten. Mit zwei Re 4/4 III konnte nun die neue Zughakenlast gezogen werden.

So gesehen hatten die Pläne am Gotthard auch Auswirkungen auf den Simplon, denn dieser Tunnel war immer noch der längste Tunnel der Welt und wäre damit abgelöst worden. Ein Prädikat, das man schnell los sein konnte und das nicht viel über den Tunnel aussagte. Genau hier müssen wir uns wieder an die Probleme des Simplons erinnern, denn diese wurden beim Gotthard-Basistunnel immer wieder ins Feld geführt.

Der Simplon war beim Bau kein leichter Tunnel. Die Quellen sorgten immer wieder für hohe Luftfeuchtigkeit und bremsten den Vorschub. Beim Gotthard fürchtete man ähnliche Probleme. Zudem sah man, dass die Überdeckung viel grösser sein sollte und so erwartete man einen gigantischen Bergdruck, der auch den modernen Abstützungen zusetzen würde. Ein leichter Bau sollte der Basistunnel nicht geben, zudem erinnerte man sich an die Opfer vom ersten Gotthardtunnel.

1969: Die immer zahlreich werdenden Autobahnen riefen die Autolobby auf den Plan. Diese brachten ein, dass man statt einen überteuerten Basistunnel zu bauen lieber auf Autobahnen setzen sollte. Autobahnen durch den Gotthard, über den Simplon und durch den Rawil sollten die Verkehrsprobleme lösen. Die Bahnlinien wären so vom nationalen Verkehr entbunden worden und hätten wieder freie Kapazitäten für den Transitverkehr.

Damit kam nun eine neue Konkurrenz auf die Bahnen zu. Erstmals sollten die Autobahnen auch im Alpenraum gebaut werden. Das grosse Problem war, dass die Autolobby sehr stark war und mit zum Teil falschen Argumenten für ihre Ideen kämpfte. So war klar, dass Autobahnen nie vom internationalen Verkehr genutzt werden würden, denn weite Strecken sollten natürlich von den Bahnen oder vom Flugzeug abgedeckt werden.

Somit gingen die Diskussionen analog 1851 wieder los und die Chancen, dass der Basistunnel gebaut würde sanken. Trotzdem hielt man im Land an dem Projekt fest, denn der Gotthard war chronisch überlastet und benötigte dringend eine Entlastung. Diese sah man bei einer neuen Flachbahn, die durch die Alpen geführt werden sollte. Aus der Geschichte war klar, dazu kam nur der Gotthard in Frage, vom Splügen wollte man nichts wissen.

1971: Die Re 4/4 III zeigten, was man mit modernen Lokomotiven ausrichten konnte. Daher ging man daran, eine neue Gotthardlokomotive zu bestellen. Die neue Lokomotive sollte nicht die stärkste Maschine der Welt sein, es reichte, wenn sie die stärkste einteilige Lokomotive der Welt war. Doch speziell war, dass bereits bei der Bestellung Bezug auf den neuen Basistunnel genommen wurde. Doch im Moment bestand die Lokomotive nur auf dem Papier und wurde erst konstruiert.

Gebodigt wurde der Basistunnel schliesslich durch die Lobby der Autofahrer. Autobahnen waren die Verkehrswege der Zukunft und immer mehr solcher Schnellstrassen wurden im Land erstellt. Bisher war man nur im Mittelland daran, doch nun witterte man den Alpenraum, die veralteten Bahnen hatten ausgedient, die Zukunft gehört der Strasse. Dieser Meinung waren viele und unseren drei Alpentunneln stand eine schwere Zeit bevor.

Am Gotthard sollte eine Autobahn die deutsch sprechende Schweiz mit der italienischen Schweiz verbinden. Dazu sollte erneut ein Tunnel zwischen Göschenen und Airolo erstellt werden. Der Basistunnel war nun endgültig abgehalten, jetzt baut man Strassen, denn nur die sind wirklich leistungsfähig. Das veraltete System der Bahn sollte abgelöst werden und das war mit den Autobahnen leicht zu ermöglichen.

Auch die Passstrasse über den Simplon sollten zur Nationalstrasse ausgebaut werden. Man sprach nur noch von einer neuen Nationalstrasse. Projekte für die Bahn sah man nicht mehr als sinnvoll an. Für den Autoverlad wären diese Nationalstrassen jedoch eine Katastrophe gewesen. Wer würde noch auf einen Zug verladen, wenn er selber fahren kann? Genau das war die Problematik, denn man wollte mit dem Auto fahren und nicht verladen.

Doch Krisen gab es bei Bahnen immer wieder und wer knapp einer Sprengung entgangen ist, erschrickt nicht so schnell ab einer Autobahn. Die Simplonlinie sah ihren Vorteil weiterhin und so war man sich dem Sieg bewusst. Einen Autoverlad sollte es am Simplon immer geben, da war man sich einig. Schliesslich wollte man mit der Autostrasse in das Hochgebirge und die langjährigen Erfahrungen zeigten, dass das nicht immer einfach war.

Ähnliche Ideen gab es auch am Lötschberg. Die neue Autobahn durch den Rawil hätte der Bergstrecke viel Arbeit abgenommen. Was an anderen Stellen erwünscht war, hätte hier keine guten Auswirkungen gehabt, denn der Lötschberg war noch nicht an der Kapazitätsgrenze angelangt und eine Autobahn hätte die Bahn ernsthaft in Frage gestellt. Wir fahren mit dem Auto, dann brauchen wir keine Bahn, war man sich einig.

Die BLS wäre ihrer grössten Einnahmequelle beraubt worden. Ob man so noch lange hätte arbeiten können, war fraglich. Man befürchtete, dass die Bahn, die immer noch zu einem grossen Teil dem Kanton Bern gehörte, verstaatlicht wird und so plötzlich zu einem Teil der schweizerischen Bundesbahnen SBB hätte werden können. Bern liebte seine Bahnen und so war gerade dieser Kanton nicht angetan von der Autobahn.

1972: Im Jahre 1972 wurde schliesslich die Lokomotive abgeliefert, die einen Zug in einem Basistunnel befördern sollte. Der Tunnel war endgültig vom Tisch, die neue Lokomotive hatte zwar die Leistung dazu. Am Gotthard sollte sie erneut eine Steigerung der Produktion ermöglichen. Dank der Vielfachsteuerung konnte man Lokführer einsparen und die Lasten weiterhin erhöhen. Mit 800 Tonnen zog die Lokomotive so viel wie noch nie eine Lokomotive planmässig am Gotthard schaffte. Selbst der Stolz der Ae 8/14 wurde arg in Mitleidenschaft gezogen. Der Star am Gotthard war nun die Re 6/6.

Die Zugführer wurden durch einen Funk ersetzt und verschwanden so von den Güterzügen. Mit Hilfe der Vielfachsteuerung sollte die Zahl der Lokführer reduziert werden. So wollte man produktiver werden und sich der neuen Konkurrenz stellen. Zudem war klar, die Bergstrecke sollte dank modernen Sicherungsanlagen weiter modernisiert werden. So konnten die Lasten der Strecke auch dank höheren Zughakenlasten weiter gesteigert werden.

Man kann diese Massnahmen verurteilen, aber damals kämpfte man mit allen Mitteln gegen die neue Konkurrenz von der Strasse. Dabei war man sich nicht schade, die Kieszüge zum Bau dieser Strassen zu führen. Die Bahnen zeigten sich grosszügig, denn wer hilft schon dabei, der Konkurrenz den Aufschwung zu ermöglichen. Die Bahnen kämpften wirklich auf verlorenem Posten, denn das ganze Land schwärmte von den Autobahnen.

1975: Hier half der Bergstrecke schliesslich die Wirtschaftskrise von 1975 mit Einschränkungen beim Strassenverkehr. Die Autobahn durch den Rawil wäre der BLS sicherlich nicht gut bekommen. Sie wurde aber gestrichen. Gebaut werden sollte nur die Autostrasse am Simplon und, was der Gotthardstrecke nicht gefiel, eine Autobahn am Gotthard. So konnten alle etwas vom Kuchen abbekommen, ohne dass man einen Entscheid hätte fällen müssen.

Man konnte das als typischen eidgenössischen Entscheid ansehen. Man machte überall etwas und musste sich so nicht für eine einzige Region entscheiden. Schliesslich bekamen ja die Kantone in der Ostschweiz auch eine Autostrasse ins Tessin. So waren die Bahnen entlastet, die Lobby der Autofahrer beruhigt und das Land konnte friedlich weiter leben, ohne dass man die Probleme wirklich gelöst hätte.

Ausbaupläne am Gotthard und Wirtschaftskrise klingt schon etwas skurril, aber nach all den Jahren verwundert bei dieser Bahnlinie eigentlich gar nichts mehr. Daher sollten wir uns einmal überlegen, was diese Krise auf den Verkehr am Gotthard für eine Auswirkung hatte, denn daraus wurden tatsächlich folgenschwere Rückschlüsse gezogen. Daher ein Blick auf das Jahr 1975 im Vergleich zu 1966:

 

  Reiseverkehr Güterverkehr
1966 26‘110 Züge 9‘120‘000 BrT 31‘902 Züge 22‘652‘400 BrT
1975 29‘371 Züge 10‘599‘500 BrT 29‘957 Züge 19‘906‘000 BrT

 

Dieser Einbruch hatte zwei Folgen. Erstens wurde der Basistunnel nun endgültig gestrichen und die Pläne in den Schubladen versteckt. Gleichzeitig beschloss man einen wesentlich günstigeren Ausbau der Schrecke mit Blockverdichtungen und so eine weitere Steigerung der Kapazität auf der bestehenden Strecke. Nur, ebenfalls gebaut werden sollte die Autobahn. Das war natürlich nicht im Interesse der Fans der Gotthardstrecke.

Die Planungen der Autobahn zeigten aber, dass man diese jeweils auf der anderen Talseite der Eisenbahn erstellen musste. Die gute und von Lawinen relativ sichere Talseite benutzte die Bahn und dort gab es keinen Platz mehr. Umfangreiche Kunstbauten sollten daher die Autobahn vor der Unbill der Natur schützen. Daher beschloss man die Autobahn Schrittweise zu eröffnen und so zumindest einen Teil der Passstrasse zu entlasten.

Kurz nach der Krise gingen die Bauarbeiten für einen Strassentunnel los. Wieder sollten die Ortschaften Göschenen und Airolo als Ausgangspunkt dienen. Die Tunnelachse sollte in der Nähe des Bahntunnels angeordnet werden. Zudem sollten Entlüftungen für gute Atemluft sorgen. Ein Rettungsstollen sollte der Sicherheit der Autofahrer dienen. Nur, gebaut war der Tunnel noch nicht und wer sich an die Opfer des Basistunnels erinnert, befürchtete das Schlimmste.

1980: Schliesslich war es dann soweit und 1980 wurde der Strassentunnel eröffnet. Die Freude über das neue Bauwerk war geteilt, denn Kritiker beim Bau der Autobahn befürchteten nun eine Lawine von LKW, die durch die Schweiz fahren würden. Der Verkehrsminister höchstpersönlich beschwichtigte mit den Worten, dass der Strassentunnel nicht für den Transitgüterverkehr gebaut wurde. Die folgenden Jahre sollten dann zeigen, wer Recht hatte.

Damit war aber auch klar, dass am gleichen Tag der Autoverlad durch den Bahntunnel eingestellt wurde. Man benötigte die Wagen noch am Simplon und am Gotthard ging man davon aus, dass nun wirklich niemand mehr den Verlad nutzen würde. So gesehen, brachte der Strassentunnel der Bahn im Gotthardtunnel mehr freien Platz. Den konnte man natürlich brauchen und so entschärfte sich dort die Situation etwas.

Blicken wir erneut auf die Zahlen am Gotthard. Im Haupttunnel war nun mehr Platz vorhanden. Die Strecke war nun für die normalen Züge bereit und so können wir etwas genauere Zahlen nehmen und auch den Personenverkehr ansehen. Schliesslich wurde ja erwartet, dass nicht nur Güter, sondern auch Reisende auf die Strasse abwandern würden. Daher die Zahlen zum Zeitpunkt, als die Bahn das beinahe Monopol am Gotthard verloren hatte.

 

Reiseverkehr Güterverkehr
  1966 26‘110 Züge 9‘120‘000 BrT 31‘902 Züge 22‘652‘400 BrT  
  1980 31‘168 Züge 11‘405‘700 BrT 35‘944 Züge 27‘911‘800 BrT  

 

Nun, der befürchtete dramatische Rückgang war nicht eingetreten und so glaubte man, dass man den Verkehr auf der Bahnlinie halten konnte. Sollten die Politiker Recht behalten? Die kommenden Jahre sollten es zeigen, aber auf der Autobahn ging es zum Glück nicht gleich so los, wie seinerzeit auf der Eisenbahn. Doch diese hatte sich nun gegen die Strasse mit Autos und nicht mehr mit Kutschen und Fuhrwerken zu behaupten.

Die Abwanderung war hingegen vorhanden, denn der Zuwachs beim Verkehr auf der Strasse war um einiges höher als auf den Schienen. Die Gotthardstrecke verlor laufend Marktanteile gegenüber der Strasse und die Ausbauten der Blockstellen schienen nicht notwendig gewesen zu sein. Die neue Autobahn führte dazu, dass die Gotthardstrecke erstmals in der Geschichte nicht voll ausgelastet war. Freie Kapazitäten sollten nun immer vorhanden sein.

Nicht so dramatisch war die Situation am Lötschberg und am Simplon, denn dort fehlte die parallel verlaufende Autobahn. Die Züge blieben aber auf dem bisherigen Niveau, denn wegen den freien Kapazitäten am Gotthard wurden einige Züge wieder dort durchgeschleust. Die Marktanteile der Bahn sanken daher auf der ganzen Achse deutlich. Die nicht für den Transit gebaute Autobahn wurde nun von diesem genutzt um Güter nach Italien zu befördern.

1981: Im Jahre 1981 wurde dann am Gotthard gross gefeiert. Die Gotthardbahn war 99 Jahre alt. Das runde Jubiläum durfte die Strecke nicht feiern, weil dann die durchgehende Autobahn eröffnet wurde und man es den Staatsgästen nicht zumuten konnte, die Reise in die Schweiz zweimal zu unternehmen. So feierte man das 99 jährige Jubiläum, ein Fest, das nur der Gotthardstrecke ohne grösseren Witz zugemutet werden konnte.

Stars bei den Feierlichkeiten waren die Lokomotiven. Diese wurden beim Festakt in der Schleife bei Wattingen mit fachkundigem Personal erklärt. Die Leute sahen von der letzten Dampflokomotive bis zur modernsten Komposition alles. Daneben lief der reguläre Betrieb, so dass man immer wieder die Lokomotiven bei der Arbeit beobachten konnte. Gekrönt wurde diese Parade mit der Dampfschneeschleuder, dem einzigen betriebsfähigen Fahrzeug der ehemaligen Gotthardbahn.

Die grossen Helden waren aber die Männer, die den Tunnel gebaut haben. In Airolo hatten sie ein Denkmal bekommen. Mit einer Niederlegung von Kränzen bedachte man deren Opfer. Das schlichte Grab in Göschenen ging jedoch bei den Feierlichkeiten unter, so dass Louis Favre, der als einziger bisher noch kein Denkmal bekommen hatte, fast vergessen wurde. Ein gelungener Anlass, der den Leuten die Gotthardbahn etwas näher brachte.

1982: Eine kleine Änderung gab es am 15. Oktober 1982 auch für den Simplontunnel. In Japan wurde an diesem Tag der Daisimizu-Tunnel eröffnet. Mit einer Länge von 22‘280 Meter war er etwas mehr als zwei Kilometer länger als der Simplon, der voran nur noch der längste Tunnel in Europa war. Ein Prädikat, dass der Tunnel somit während 76 Jahren halten konnte. Die drei grossen Tunnel in der Schweiz waren davon jedoch wenig beeindruckt.

Am Verkehr im Tunnel änderte sich hingegen wenig. Die Autozüge verschwanden hier noch nicht und so war hier und am Lötschberg noch ein Autoverlad vorhanden. Dieser entwickelte sich jedoch immer besser, da immer noch keine ganzjährig befahrene Strasse zwischen dem Kanton Bern und dem Wallis bestand. Wer mit dem Auto ins Wallis wollte, musste entweder über den Grimsel reisen oder den Umweg über Lausanne nehmen. Alternative war daher nur der Autoverlad.

Das 100 Jahr Jubiläum wurde vorverschoben, weil man statt der alten Bahnlinie lieber die neue Autobahn feiern wollte, die nun durchgehend befahren werden konnte. Die Autobahn durchschnitt die beiden Täler und viele fanden, dass gerade in der Biaschina die Autobahn störe, denn dort wechselt diese mit einer über 100 Meter hohen Brücke die Talseite. Seither fahren die Züge zweimal unter der gleichen Brücke durch.

Nun sollte sich zeigen, wie sich die Autobahn auf den Verkehr auswirkte. Die Befürchtungen begannen sich zu bewahrheiten, denn immer mehr Leute fuhren mit dem Auto durch den Strassentunnel in den Süden. Der Personenverkehr am Gotthard nahm ab und im Güterverkehr verschärfte sich die Situation ebenfalls. Doch noch war der Verkehr auf der Autobahn erträglich. Noch besassen die meisten LKW schweizer Kontrollschilder.

1983: Mit dem Umbau der Brücke über den Rohrbach wurde die Brückensanierung am Gotthard abgeschlossen. Gerade die Rohrbachbrücke war seit Eröffnung das grosse Sorgenkind. Die Sanierung wurde bis am Schluss aufgehoben, weil man zuerst eine Lösung für das Problem suchen musste. Diese fand man schliesslich und so konnte man auch diese Brücke sanieren. Die Meterlasten konnten nun auf den europäischen Standard gehoben werden.

Doch, was war mit der Rohrbachbrücke? Diese wurde ursprünglich, wie alle Brücken der Gotthardbahn aus Stahl gebaut. Wenn es im Winter aber viel Schnee gab, konnte sich die gefürchtete Lawine im Rohrbach bis zur Brücke vorkämpfen. Dort kam dann die Staublawine mit sehr viel Schwung an. Damit Züge nicht gefährdet wurden, hatte man schon vor Jahren eine Lösung, wie beim Mankingraben der Lötschbergstrecke eingebaut.

Nur, die Lawine hatte oft so eine grosse Gewalt, dass die Stahlbrücke regelrecht verschoben wurde. Daher musste sie immer wieder mit grossem Aufwand repariert werden. Die letzte Reparatur wurde nur noch notdürftig ausgeführt, denn daneben begann man damit eine neue Betonbrücke zu bauen. Diese wurde als geschlossenes Rohr ausgeführt, so dass auch die Züge vor der Lawine geschützt waren. Seither überqueren die Züge in einem „Tunnel“ das Tal des Rohrbaches.

Auch die Signalanlagen auf der Strecke wurden nun auf den neusten Stand gebracht. So konnten die Züge mittlerweile im Wechselbetrieb verkehren. Bei dieser Betriebsform können Züge auch parallel verkehren und sich so fliegend überholen.

Dazu mussten die Stellwerke angepasst werden und in jedem Streckengleis in beide Richtungen Signale gestellt werden. Einzig die Station von Gurtnellen wurde nie so modernisiert, so dass er nicht in diese Betriebsform eingebunden werden konnte.

Damit sollte der Ausbau der Bergstrecke abgeschlossen sein. Weiter Schritte um die Kapazität zu erhöhen waren nicht vorgesehen und hätten vermutlich auch nicht mehr verwirklicht werden können.

Die Bergstrecke am Gotthard war auf dem aktuellen Stand der Technik, mehr konnte man nicht mehr machen. Doch dank der Autobahn reichte des problemlos aus.

1986: Langsam formierte sich der Widerstand bei der Bevölkerung im Kanton Uri. Die medizinischen Untersuchungen ergaben, dass längers je mehr Leute im engen Alpental an Beschwerden der Atemwege litten. Einen direkten Zusammenhang mit dem Strassenverkehr, der immer mehr zunahm, konnte von den Fachleuten nicht ausgeschlossen werden. Das rief die besorgten Eltern auf den Plan und so formierte sich der Widerstand gegen diese Autobahn, die den Verkehr zwar aus den Dörfern brachte, aber eben auch die schweren Lastenwagen aus Europa.

Die Abgase der Fahrzeuge auf der Strasse blieben im engen Talkessel und die Luftverschmutzung im Kanton Uri war zeitweise sogar höher, als in der Stadt Zürich. Fehlte der Wind, litt diese ländliche Gegend unter Smog, wie ihn nur die grossen Städte der Welt kennen. Man war immer wieder froh, wenn der Föhn dafür sorgte, dass die Abgase aus dem Tal geblasen wurden. Die Luft wurde dann für einen kurzen Moment besser und man konnte aufatmen.

Die Situation verschlechterte sich so sehr, dass man sich auch in Bern um den Transit kümmern musste. Die Aussage von 1980 war definitiv überholt worden. Die Landesregierung musste etwas unternehmen um die Bevölkerung in der Wiege der Schweiz vor dem Transitverkehr zu schützen. Dazu erachtete man neue Gebühren als die ideale Lösung. Das Befahren der Autobahnen sollte in der Schweiz in Zukunft etwas kosten.

Ein schweres Unterfangen, denn den Politikern in Brüssel war die Gesundheit der Leute in diesem kleinen Kanton egal. Hauptsache, man konnte gratis durch die Schweiz fahren und dazu den LKW benutzen. Notfalls hätte man das Tal entvölkern müssen. Eine Lösung, die wohl manchem Politiker in Europa durch den Kopf ging, die aber nie ausgesprochen wurde. Vermutlich war man sich bewusst, dass man mit solchen Worten wohl ein Eigentor geschossen hätte.

Den Schweizern platzte schliesslich der Kragen und die Lastwagen wurden mit einer Lenkungsabgabe verteuert. Die Fahrt durch die Schweiz war nicht mehr gratis. Der Bahn kam das nur Recht, denn die Zahlen sanken so sehr, dass man die Leute mit anderen Arbeiten beschäftigen musste und erstmals Entlassungen befürchtet wurden. Dass es nicht so weit kam, lag wohl beim Status der Bahnangestellten, die als Beamte geführt wurden und so vor Entlassung geschützt waren.

Die Lokomotiven am Gotthard blieben immer öfters in den Depots. Noch konnten die schweizerischen Bundesbahnen SBB aber keine Leute entlassen. Da kam jede Hilfe recht, denn in der Not braucht man Unterstützung. Die Bahnlinie hatte hingegen mittlerweile eine Bekanntheit erlangt, die dazu führte, dass einige Gebäude der Gotthardstrecke unter Schutz gestellt wurden und so nicht mehr verändert werden konnten. Man begann also damit, die Bahn zu schützen.

Von den Problemen auf der Autobahn am Gotthard sollte schliesslich der Lötschberg profitieren. Dort wurde nun beschlossen, dass die Bergstrecke doch noch auf Doppelspur ausgebaut wird. Auf dem zusätzlichen Gleis sollten Züge der Rollenden Autobahn verkehren und so einen Korridor für hohe Lastwagen ermöglichen. So sollten die Lastwagen auf der Schiene transportiert werden und nicht mehr auf der Autobahn durch die Schweiz fahren.

1988: Wenn schon der Gotthard ein komisches Jubiläum feiern kann, dann konnte man das am Lötschberg auch. Im Kanton Bern feierte man das 75 Jahr Jubiläum der Lötschbergbahn. Mit einer grossen Parade von Lokomotiven sollten die Leute im Raum Frutigen erfreut werden. Dabei zeigten sich nicht nur Lokomotiven aus der Schweiz und die Gäste kamen aus Österreich, Deutschland und Frankreich. So konnte die Entwicklung der Lokomotiven gezeigt werden.

Beim Anlass in Frutigen fehlten jedoch die Dampflokomotiven. Das war so richtig, denn auf der Strecke verkehrten seit der Eröffnung keine Dampflokomotiven. So war die Lötschbergstrecke schon damals bei den Pionieren dabei und das dort gewählte System hatte dazu geführt, dass mittlerweile mehr als 95% der Schweiz mit elektrischen Zügen befahren wurde. Ein Wert, der im Vergleich zu anderen Ländern in Europa sehr hoch war.

Die Parade in Frutigen konnte übrigens nur durchgeführt werden, weil man hier bereits über das zweite Gleis verfügte und man so ein freies Gleis zur Verfügung hatte. Der Ausbau auf Doppelspur hatte begonnen und bei den berühmten Brücken der Lötschbergbahn achtete man darauf, dass die Erneuerungen optisch so gut wie nur möglich eingebunden werden konnten. Die meisten Brücken behielten daher ihr bisheriges Aussehen.

Da man hier noch die Tunnel fertig ausbrechen musste, gingen die Arbeiten nicht so schnell voran, wie das am Gotthard möglich war. Die Felsen konnten nur gesprengt werden, wenn gerade kein Zug die Strecke befuhr.

Das führte zu Verzögerungen. Gleichzeitig wollte man die gefährlichen Situationen im Lötschental entschärfen, was auch nicht mit schnellen Arbeiten erledigt werden konnte. Man musste sich noch etwas gedulden, bis die Doppelspur durchgehend bereit stand.

1991: Am 20. November 1991 wurde die durchgehende Doppelspur auf der BLS eingeweiht. Erneut sorgte ein Politiker für viel Aufsehen. Mit der Aussage, dass man nun plane einen neuen Tunnel in tieferer Lage zu bauen, verblüffte er viele Leute.

Nur, warum dann der Ausbau auf Doppelspur? Schliesslich würde sie ja nicht mehr benötigt, wenn man den neuen Tunnel gebaut hat. Nur gebaut war der Tunnel ja noch nicht und man wusste ja, dass man lange brauchen kann um eine Alpenbahn zu bauen.

Die schweizerischen Bundesbahnen SBB nahmen nun die ersten Lokomotiven der Baureihe Re 460 in Betrieb. Diese Lokomotiven sollten am Gotthard für moderne Traktionsmittel sorgen. Mit Drehstrommotoren und einer sehr leistungsfähigen elektrischen Bremse sollte der Verkehr noch rationeller ausgeführt werden. Damit waren auch die letzten Ae 6/6 am Gotthard entbehrlich geworden und sollten ins Flachland abwandern.

Die neue Doppelspur ermöglichte es, dass die Züge der Rollenden Autobahn in einem Slalomkurs fahren konnten und so auch ganz hohe Lastwagen transportiert werden konnten. Diese Möglichkeit gab es bisher nicht und auch am Lötschberg konnte man noch nicht gleich starten, denn noch mussten die Abschnitte angepasst werden, die schon früher auf Doppelspur ausgebaut wurden. Auch der Simplon war noch nicht bereit für solche Züge.

Somit sind wir wieder an einem Punkt angelangt, bei dem die Diskussionen um eine neue Eisenbahn Alpen Transversale losgebrochen wurde. Diese NEAT sollte eine Flachbahn durch die Alpen ermöglichen und so die steilen Rampen vermeiden. Diesmal meldete sich die Ostschweiz sehr schnell und kam mit den entstaubten Plänen der Bahn über den Splügen an die Öffentlichkeit. Man wollte nun endlich eine eigene Strecke in den Süden haben.

Immer mehr zeigte sich, dass die NEAT eine Angelegenheit werden würde, die sich vor dem Volk zu verantworten hatte. Nun ging man daran eine Mehrheit zu finden, denn mit nur einer Achse war es schwer die nicht berücksichtigten Gebiete zu befriedigen. Die Schweiz musste geeinigt werden. Damit das gelingen konnte, wurden letztlich zwei Tunnelprojekte ausgewählt. Man wollte eine neue Strecke am Gotthard und am Lötschberg.

Da auch hier die Kosten gigantisch waren, kam man zum Entschluss, dass man nicht die ganzen Strecken bauen konnte. Man reduzierte die Strecken nun auf die eigentlichen Basistunnel. Das konnte man nun machen, weil man ja die bestehenden Strecken nutzen konnte. Die Lösung kam schliesslich vor das Volk und wurde bei der Abstimmung angenommen. Die Schweiz sollte eine NEAT erhalten, die zwei lange Tunnel ermöglichen sollte.

1993: Als Europa am 15. Juni 1993 die Eröffnung des Tunnels unter dem Ärmelkanal feierte, wurde der Simplon nur noch zum längsten Tunnel der Schweiz. Diese Einbusse war aber nicht mehr so wichtig, denn die Schweiz plante ja einen Basistunnel am Gotthard und der sollte alle bisherigen Tunnel überflügeln und mit rund 57 Kilometer den Weltrekord wieder in die Schweiz holen. Nur, gebaut war er noch nicht und die Gelder dafür schienen ebenfalls nicht zu reichen.

Wenn man den ersten baulichen Eingriff als Start für die Bauarbeiten betrachten will, dann begann der Bau beim Gotthard-Basistunnel bereits 1993. Somit noch vor dem definitiven Entschluss. Mit den Sondierbohrungen sollte abgeklärt werden, ob die Pioramulde mit dem Basistunnel durchquert werden konnte. Diese Abklärungen waren nötig um überhaupt das Projekt umsetzen zu können. Daher dürfen diese Arbeiten nicht als Beginn der Bauarbeiten angesehen werden.

Am Gotthard hatten sich die Zahlen wieder erholt und man bekundete immer mehr Probleme damit, die benötigten Zwischenlokomotiven in den Zug zu stellen und wieder zu entfernen. Daher begannen 1993 die Versuche mit Schiebelokomotiven. Diese sollten den Zug am Schluss stossen und so das Manöver vermeiden. An den Versuchen beteiligte sich auch die BLS, so dass erstmals zusammen nach einer Lösung für die steilen Abschnitte gesucht wurde.

1994: Die Versuche konnten erfolgreich abgeschlossen werden, so dass man ab dem Fahrplanwechsel im Jahre 1994 damit begann, die Züge am Gotthard und am Lötschberg zu schieben. Gleichzeitig verschwanden die Regionalzüge in den Rampen und wurden durch Busse ersetzt. Die Strecken konnten so noch mehr Güterzüge befördern. Jedoch mussten diese nun speziell formiert werden, da man beim Schiebedienst andere Probleme lösen musste.

Wenn eine Lokomotive am Schluss den Zug schob, gab das Kräfte auf die Puffer. Diese Kräfte konnten dazu führen, dass leichte Wagen aus den Schienen gedrückt werden. Daher musste die Last, die geschoben werden durfte, reduziert werden. Am Gotthard beschränkte man diesen Wert daher auf 300 Tonnen. Am Lötschberg konnte man wegen der besseren Wahl von Weichen auf diese Beschränkung im Schiebedienst verzichten. Erstmals hatte der Lötschberg gegenüber dem Gotthard einen leichten Vorteil.

Bei all diesen Lösungen wurde vom Simplon nicht gesprochen. Die Strecke durch den Simplon hatte das Problem mit den steilen Rampen nur in Fahrrichtung Nord. In dieser Richtung waren die Züge leichter und benötigten deshalb selten eine Zwischenlokomotive. Daher war hier auch der Schiebedienst nicht so wichtig und wurde daher nicht erwähnt. Nur bei der NEAT war der Simplon im Vorteil, denn er hatte in der Lastrichtung Süd keine Rampe, die befahren werden musste.

Zwar nicht unbedingt am Gotthard, aber trotzdem für die Gotthardstrecke wichtig war der 17. November 1994. Zwischen Brugg und Othmarsingen konnte das zweite Gleis in Betrieb genommen werden. Damit war nun die ganze Strecke zwischen Basel und Chiasso mit zwei Gleisen versehen worden. Die Zufahrten konnten nun auch etwas mehr Züge zum Gotthard bringen. Die Leistung der Strecke konnte so indirekt erweitert werden.

1997: Im Jahre 1997 stand erneut ein Jubiläum an. Es sollte das grösste Bahnfest sein, das es bisher gegeben hatte. Die Bahnen in der Schweiz waren 150 Jahre alt. Die Feierlichkeiten fanden überall in der Schweiz statt und man konnte wieder mit den ältesten Lokomotiven fahren. Obwohl das Fest von den schweizerischen Bundesbahnen SBB organisiert wurde, waren alle Bahnen eingebunden worden. Das konnten längst nicht alle Personen verstehen.

Man war in gewissen Kreisen der Meinung, dass das Fest nur ein Fest der Bundesbahnen sein könne. Man feierte schliesslich die Eröffnung der Linie Zürich – Baden und die ist Bestandteil der schweizerischen Bundesbahnen SBB. Die anderen Bahnen seien ja erst viel später erschienen und so könnten sie unmöglich an den Feierlichkeiten teilnehmen. Daher überraschte es auch nicht, dass unsere Alpenbahnen davon wenig betroffen waren. Nur, wenn die SBB feiert, geht das natürlich nicht ohne Gotthard.

Die Feierlichkeiten wurden überschattet von Diskussionen, die eigentlich mit der Bahn nichts zu tun hatten. Vielmehr mit den Alpenbahnen zu tun hatten aber die Diskussionen um die Finanzierung der NEAT. Gegner und Befürworter meinten, dass sie alleine die richte Lösung präsentierten und so kam es politisch zu einem Kampf, der diesmal ohne direktes Mitwirkten der benachbarten Staaten geführt wurde. Letztlich sollte aber das Volk entscheiden können.

1998: Am 29. November 1998 war es dann soweit. Das Volk musste über die Finanzierung der NEAT abstimmen. Damit man auch in nicht direkt betroffenen Landesteilen mit Stimmen rechnen konnte, verpackte man die ganze Angelegenheit in einem Paket. So sollten die Ostschweiz, die bis zuletzt für den Splügen gesprochen hat und die Westschweiz von der NEAT profitieren. Auch wenn das geografisch nicht stimmen konnte, man unterbreitete das so dem Volk.

Das Ergebnis war deutlich. Das Stimmvolk sagte Ja zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrs. Die Finanzierung für die NEAT stand und so konnten die beiden Basistunnel am Gotthard und am Lötschberg gebaut werden. Die Schweiz sollte eine komplett flache Alpenbahn erhalten. Die Achse am Lötschberg – Simplon konnte das jedoch nur in der Nord – Süd – Richtung behaupten, denn am Simplon gab es keine neuen Bauprojekte und so blieb dort die Südrampe weiterhin bestehen.

Jetzt wo die Finanzierung feststand, konnte man mit dem Bau beginnen. Gegenüber den bisherigen drei Tunnels hatte sich somit nichts geändert. Der einzige Unterschied war, dass man nun erstmals in unserer Geschichte gleichzeitig an zwei Tunnel bauen wollte. Das gab es bisher noch nie. Die Finanzierung war zudem erstmals nicht von Geldern aus dem Ausland abhängig, so dass die NEAT alleine durch die Schweiz finanziert werden sollte. Viele befürchteten ein Debakel.

 

1999: Baubeginn am LBT

Am 5. Juli 1999 starteten die Bauarbeiten am Lötschberg-Basistunnel. Der Tunnel sollte aus mehreren Abschnitten bestehen und im nördlichsten Teil nur einspurig gebaut werden. Die zweite Röhre sollte auf einem Teil voll ausgebrochen und auf einem Abschnitt als Rettungsstollen dienen. So konnten Kosten gespart werden. Ein vollwertiger Ausbau war daher möglich, vorerst aber noch nicht vorgesehen. Die Geschichte der bisherigen Alpenbahnen schien sich zu wiederholen.

Der Basistunnel am Lötschberg sollte in Frutigen beginnen und in Visp enden. Spannend daran war eigentlich nur, dass die allerersten Projekte der Lötschbergbahn auch Visp als Endpunkt hatten. Damit sollte ein rund 34 Kilometer langer Tunnel entstehen, der mit den modernsten Maschinen gebaut werden sollte. Im Gegensatz zum oberen Tunnel hoffte man nun darauf, dass man die Geologie der Alpen besser kannte und so keine bösen Überraschungen entstehen.

Gleichzeitig begann man am Gotthard mit den ersten Vorarbeiten, so dass man auch dort eigentlich vom Baubeginn sprechen konnte. Nur nehmen wir hier, wie bei den bisherigen Tunnel der Beginn des Vortriebs und somit des eigentlichen Baus der Tunnelröhre. Sowohl am Lötschberg, als auch am Gotthard sollten zwei einzelne Röhren nach dem Muster des Simplontunnels gebaut werden. Damit sollte die Sicherheit im Tunnel erhöht werden.

Um die Bauzeit zu verkürzen sollten neu Zwischenangriffe vorgesehen werden. Damit wurden diese beiden Tunnel nicht von zwei Seiten aus gebaut. Die Zwischenangriffe sollten später als Fluchtwege dienen und so eine schnelle Rettung im Notfall erlauben. Diese Forderung wurde umgesetzt, weil der Strassentunnel gezeigt hatte, dass bei einem Brand die Chance zu überleben sehr schnell schwindet. In einem langen Tunnel wären die Fluchtwege einfach zu lang gewesen.

Damit haben wir den dritten Abschnitt unserer Zeitreise beendet und haben wieder einen Basistunnel im Bau. Erneut sollte ein Tunnel nur über ein Gleis verfügen und parallel dazu ein Stollen erstellt werden. Die Geschichte vom Simplon schien sich nun zu wiederholen. Doch ob all der Freude, dass die Autobahn ins Wallis nun durch einen Bahntunnel ersetzt wird, waren wieder alle Blicke auf den Gotthard gerichtet, denn dort sollte das Wunder entstehen.

Geplant war am Gotthard ein Basistunnel, der mit seiner Länge alle bisherigen Bauwerke in den Schatten stellen sollte. Der Basistunnel am Gotthard sollte mit 57 Kilometer eine neue Rekordmarke weltweit setzen. Dort war zudem der Vollausbau mit zwei komplett eingerichteten Röhren geplant. Nur, auch dort machte man sich bereits vor dem Bau Sorgen wegen dem Bergdruck. Erneut kamen die Erinnerungen an die Opfer des ersten Tunnels hoch.

Wie können aber auch auf 50 Jahre zurückblicken und erkennen dabei, dass den beiden Transitachsen eine grosse Konkurrenz erwachsen ist. Der Strassenverkehr übte einen grossen Reiz aus, so dass immer mehr Lastwagen auf der Autobahn durch den Gotthard beobachtet werden konnten. Nur, die Bahnen hatten immer noch nicht aufgegeben und so wird uns das neue Jahrtausend mit einer weiteren Überraschung erwarten. Doch lesen Sie selber.

 

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