Tour 11: St. Gallen und St. Margrethen

Es ist ein Tag im Oktober. Die Bäume werfen die Blätter zwar noch nicht ab, aber die Tage werden kürzer und es wird kühler. Der Herbst hat den Sommer abgelöst und er zeigt sich nicht unbedingt von seiner besten Seite. Wobei dieses Jahr auch sonst nicht zu den Besten zählt. Seit dem Frühling regiert ein Virus die Welt und daher muss im gesamten öffentlichen Verkehr eine Maske getragen werden. Auch in den Führerständen sieht man sie.

Ich verrichte die Arbeit alleine und mit einer Maske im Gesicht, kann ich keinen Zug sicher führen. Wie ich es auch anstelle, die Brille auf meiner Nase läuft schnell an. Dann verkommt die Sichtweite fast gegen null.

Das muss ich nicht haben, es reicht, wenn draussen nichts erkannt werden kann. Die In-strumente will ich erkennen, auch wenn es vermehrt Bildschirme sind. Die Lokomotiven ohne ETCS sollen in den nächsten Jahren verschwinden.

Die Meldung, dass es um das Unternehmen schlecht steht, war für das Personal keine so grosse Neuheit. Der vor zwei Jahren angestellte Vergleich mit der Titanic wurde schein-bar nicht ernst genommen.

Ob die Löhne gezahlt werden können, sei fraglich, wurde auch verkündet. Nur was ma-chen die Leute, wenn das Geld fehlt? Was passiert in dem Fall mit der Firma? Hat das Virus tatsächlich bei SBB Cargo den befürchteten Erfolg gehabt?

Angst um den Job, Sorgen um eine Sprachprüfung und andere Probleme, wie die Frage was macht man ohne Lohn, geistern im Kopf herum. Das sind jedoch Sachen, die eigent-lich in einem Führerstand nichts verloren haben. Lokführer müssen sich auf ihre Arbeit konzentrieren und nicht mit den Gedanken woanders sein. So einfach ist das nicht, denn niemand kann einfach die Probleme und Sorgen ausblenden, die ihn beschäftigen.

Nicht genug Personal für die Arbeit und dann soll dieses noch die Überstunden bis Ende Jahr abbauen. Der Vorgesetzte wünscht, dass man weniger arbeitet und der Einteiler muss die anfallende Arbeit so verteilen, dass die Kunden ihre Waren bekommen. Ein Widerspruch, der auch nicht gerade zur Hebung der Moral beiträgt. Niemand weiss, ob er das nächste Rettungsboot nehmen soll, oder ob er sich beim Orchester meldet und fidelt.

Mein nächster Urlaub steht an. Die Termine, die ich hatte, wurden wegen dem Virus gestrichen. Der Besuch bei einem Dealer für Modellbahnen wurde durch die Änderung der Tour auch verhindert. So richtig gut läuft es zur Zeit bei mir persönlich auch nicht. Noch mehr, das in einem Führerstand keinen Platz hat. Nur man ist Profi, zumindest meint man das und so heisst es rauf auf den Bock. Die Kundschaft muss befriedigt werden und so geht es zur Arbeit.

Das Wetter ist vorwiegend trocken. Es soll aber wechselhaft werden und später ist noch Regen gemeldet worden. In dieser Jahreszeit ist das normal und so wird die Arbeit spannend, denn bei schönem Wetter kann jeder Eisenbahn fahren. Auf der Strasse habe ich da oft meine Bedenken, denn obwohl mit 100 gefahren wird, sind die Abstände verflucht kurz. Überall steht, man soll Abstand halten, es klappt ja nicht einmal beim Auto.

Wie das so ist, wenn sich die Wagen zu nahe kommen. Sie treffen sich und das endet oft nicht gut. So auch heute, wo sich auf der Autobahn ein kleiner Stau gebildet hatte. Vor dem Tunnel, wo sich die Fahrspuren für die beiden Röhren trennen, sind viele Fahrer überfordert. In der letzten Sekunde vertraut man doch der Stimme im Navi. Ohne Rücksicht auf Verluste, wird die Fahrspur gewechselt. Wenn die anderen nicht aufpassen, knallt es.

So auch heute, auf der Trennfläche stehen die Überreste und überall verstreut deren Anbauteile. Die Fahrer sind ausgestiegen und nun wird wohl mitten auf der Autobahn verhandelt werden. Nachdem sich mein Vordermann den Schaden genau angesehen hat, kann wieder normal gefahren werden. Den Zeitverlust von gut 15 Minuten habe ich eingebaut, der Kaffee vor der Arbeit wird vermutlich gestrichen werden. Hängt davon ab, wie es jetzt läuft.

Das Tor zum Rangierbahnhof, das verhindern soll, dass die Strasse durch den RBL als Umfahrung genutzt wird, ist offen und ich kann durchfahren. Notfalls kann ich es aber mit meinem Page öffnen.

So lange aber nur auf dieser Seite ein Tor ist, nutzt es wenig und so kommen mir LKW entgegen. Da muss etwas aufgepasst werden.

Es ist eine enge Strasse und Rücksicht ist auch nicht zu erwarten. Auch wenn ich LKW als Kleinwagen betrachte, damit anlegen will ich mich nicht.

Wie ein LKW sei 40 Tonnen schwer? Alles unter 80 Tonnen ist nur ein Kleinwagen. Bei der Eisenbahn kennt man an-dere Gewichte. Heute sind jedoch nicht die schwersten Züge dabei. Im Gegenteil sie sind leicht, dafür schnell unterwegs.

Nicht unbedingt die beiden Lokomotiven zu Beginn, denn bei diesen gibt es Probleme mit der R-Bremse. Daher darf diese nur angerechnet werden, wenn die Sanierung er-folgt ist. Schuld auch jetzt dieses verfluchte Virus.

Das Ziel der Parkplatz ist erreicht und ich kann parken. Das Reisegepäck für den heutigen Tag befindet sich im Kofferraum. Dort ist auch die Jacke mit der Warnweste. Wenn die Sonne scheint, wird die Jacke nicht benötigt, später dann schon. Damit ich nicht viel Gewicht mitschleppe, ist es eine sehr leichte Jacke, die notfalls auch im Rucksack leicht verstaut werden kann. Die Flasche mit dem Desinfektionsmittel findet auch noch Platz.

Meine Tour beginnt mitten im Nachmittag und da sind nicht so viele Lokführer in den Räumen anwesend. Wegen dem dichten Fahrplan mit Reisezügen müssen die Züge mit den Gütern in die Nacht ausweichen. Als eine der Folgen beginnen viele Touren am Abend und früh am Morgen. Am frühen Nachmittag ist der Rangierbahnhof im Limmattal nahezu leer. In zwölf Stunden sieht es jedoch ganz anders aus, aber dann schaut sich das niemand an.

Für den Kaffee hat es noch gereicht und die Gespräche mit den Kollegen behandeln viele Themen. Signale, die so gut versteckt wurden, dass sie vom Lokführer nicht erkannt werden, sind ein sehr grosses Problem. Jeder kennt eine Situation, bei der er beinahe einen Fehler gemacht hätte. Scheinbar interessiert es die Leute, die für die Aufstellung verantwortlich sind wenig, dass diese aus einer Lokomotive auch gesehen werden.

Lokzug nach St. Gallen

 

Die erste Leistung des heutigen Tages besteht aus zwei Lokomotiven, die nach St. Gallen gestellt werden müssen. Diese übernehmen am Abend dann zwei Züge. Früher hätte man auf diese Zuführung verzichten können. Die beiden Maschinen wären am frühen Morgen mit Zügen nach St. Gallen gekommen. Die anstehende Tagesruhe wurde für Leistungen mit Reisezügen genutzt. Am Abend dann wieder mit den Gütern in Richtung Westen.

Dank der von der Politik hoch gelobten Divisionalisierung und der damit verbundenen Aufsplittung der Schweizerischen Bun-desbahnen SBB, kam es zu unlogischen Fahrten. Mit diesem Lokomotivzug zeigt sich die Angelegenheit von der negativen Seite.

Der Zug kann keinem Kunden verrechnet werden. Die Lokomo-tiven einfach einen Tag in St. Gallen ruhen lassen, geht auch nicht, denn dazu besitzen wir zu wenig Maschinen, den an anderen Orten sieht es auch so aus.

Anhand der Diensteinteilung weiss ich, dass die beiden Ma-schinen schon gekuppelt angekommen sind. Ich weiss auch dank den Systemen, wo sie stehen. So kann ich mich auf den Weg machen.

Nach einem kurzen Spaziergang über die Gleisfelder gelange ich zur Lokomotive. Dabei kann ich die Überreste des Strom-abnehmers erkennen, der scheinbar am frühen Morgen mit einer Plane kollidiert sein soll. Die Aem 940 konnte sich dank dem Dieselmotor selber retten.

Bei der Ankunft bei den beiden Maschinen für den Lokomotivzug erkenne ich, dass diese eingeschaltet abgestellt wurden und dass auch das Zugschlusssignal beleuchtet wurde. Scheinbar wurde die teure Kommunikation, also der Zugfunk, einmal für die Information an den Lokführer genutzt. Als Lokführer, der von einer internationalen Strecke kommt, weiss ich, dass mit einem optimal eingesetzten Funk sehr viel erreicht werden kann.

So ist der Zug schnell eingerichtet. Lediglich die Bremsrechnung muss noch gemacht werden. Die führende Lokomotive wurde noch nicht saniert. Bei der zweiten weiss ich das noch nicht. Daher gehe ich einmal nachsehen. Auch bei dieser Maschine fehlt der entscheidende Kleber. Geklebt ist daher nur die Lokomotive an der Spitze, denn sie wurde mit einer Werbung versehen. Ich weiss nun, dass ich mit einem Sparticket nach Paris reisen kann.

Paris soll eine schöne Stadt sein. Zumindest sagt man das. Das Gleisfeld ist jedoch nicht so spannend, als dass ich hier verweilen will. Es wird Zeit, die diversen Stellen zu informieren. Zuerst kommt der Fahrdienstleiter, der ja Zugverkehrsleiter genannt werden will. Auch die Zahlen müssen nach einem neuen Modus übermittelt werden. Dabei muss ich aufpassen, dass ich nicht in den alten Modus verfalle, denn Lokführer sollen deswegen schon rapportiert worden sein.

Auch die Information, dass ich bis zum Zwergsignal vorziehen dürfe und das mit der Bezeichnung, kam ohne Nachfrage. Ich kann nur sagen, dass gute Arbeit geleistet wurde. Damit kann ich mich so aufstellen, dass ich das Hauptsignal erkennen kann. Die langsame Fahrt zum Zwergsignal nutze ich um noch die Bremsen während der Fahrt zu prüfen. Eigentlich müsste ich dazu schneller fahren, aber bei einem Lokomotivzug wird mit der elektrischen Bremse gearbeitet.

Das Hauptsignal geht pünktlich auf Fahrt. Das ist schon mal nicht schlecht, aber das bedeutet auch, dass ich nicht schnell fahren muss. Die S-Bahnen im Limmattal verkehren in einer dichten Folge. Besonders zwischen Dietikon und Zürich Altstetten ist das der Fall. Dass dort für den Güterverkehr kaum noch Platz besteht, ist klar. Daher stellt sich die Frage, warum wir nicht den schnellen Zügen folgen können. Die Antwort kommt jedoch schnell.

In Zürich Altstetten ist bereits wieder der nächste im Fahrplan vorgesehene Halt angesagt. Die Strecke von Zürich HB nach Oerlikon ist dicht belegt. Auch ich muss mich hier einfädeln. Die Idee, dass flinke Lokomotiven irgendwo zwischen zwei Züge gequetscht werden, ist nur ein Wunschgedanke der Lokführer. Bei den Leuten auf der Betriebszentrale sieht das anders aus, denn dort geniesst der Güterverkehr kein grosses Ansehen.

Wenn dann beim EVU noch SBB Cargo erscheint, sinkt die Bereitschaft noch mehr. Nach all den Jahren hat man immer noch Angst vor der Diskriminierung. Das führte dazu, dass ich meinen Fahrstil auch angepasst habe. Ich habe ein Trassee in diesem bewege ich mich. Alle anderen Versuche enden oft wieder vor roten Signalen, oder mit ADL. Besonders am Tag verkehren viele Reisezüge und die können oft nicht mit Güterzügen mithalten.

Doch ich kann mich nicht weiter mit diesen Gedanken auseinandersetzen. Das Signal vor mir hat die Farbe gewechselt und es geht weiter. Schnell beschleunigen die beiden Lokomotiven und kurz nachdem ich die erlaubte Geschwindigkeit und die grosse Brücke erreicht habe, meldet sich ADL. Mit der Meldung «Dist» kann ich nicht viel anfangen. Bis wo gilt diese Fahrempfehlung? Auf jeden Fall heisst es nun wieder runter auf 30 km/h. Energie gespart wurde so nicht.

Wer schon einmal mit dem Mofa von Zürich nach Bassersdorf gefahren ist, kann etwa nachvollziehen, wie es mir auf der Lokomotive ergangen ist. Gerade bei den im Raum Kloten landeten Flugzeugen muss man aufpassen, dass man nicht diesen mit dem Blick folgt. Die Signale könnte ja trotzdem noch einen Halt ankündigen und das tun sie vor dem Dienstbahnhof Dorfnest. Trotz aller Schleichfahrt, ich bin immer noch zu früh hier.

Ich musste nicht lange warten, bis es weiter ging. Jetzt waren doch ein paar Minuten vorhanden, bei denen ich die Geschwindigkeit ausnutzen konnte. Da scheinbar jemand auf den Panikknopf gedrückt hatte, wurde mit ADL Schnellfahrt übermittelt. Das führte eigentlich nur dazu, dass ich in Effretikon bremsen musste. Die Ausfahrt war noch geschlossen. ADL Cancel bestätigt das. Lokomotiven können schnell beschleunigen und dann geht es oft schief.

Im Bahnhof Winterthur bremste mich der IC ein, der vor mir bei Dorfnest gefahren ist. Wenn ich bedenke, dass ich nur mit der Zug- und Bremsreihe A 85% fahre, zeigt das, wie langsam diese Züge sind.

Ein Lichtblick bietet nur das Depot, dort ruht sich gerade die Ce 6/8 III von Olten aus. Mit der wäre ich vermutlich beim aktuellen Fahrplan auch noch zu schnell.

Da ich von den vorausfahrenden Zügen eingebremst werde, eilt es nicht. Auch ADL ist meiner Meinung und im neuen Bahnhof Schneit steht bereits wieder ein Halt an. Vor mir die S-Bahn, hinter mir der Neigezug, da gibt es kaum mehr Platz.

Beim Halt in Schneit kann ich mich um die weisse eins im roten Kreis kümmern. Diese tauchte auf der Fahrt bei der Home-Taste auf. Mit einem Druck auf diese Fläche sehe ich die Meldung. Scheinbar ist der Server für die LEA ausgefallen.

Man solle keine Updates mehr machen. Es folge eine In-formation, wenn das Problem behoben sei. Gut, dass ich schon unterwegs bin, so stört mich das nicht so gross. Noch ahnte ich nicht, was mich erwarten sollte.

Mehr oder weniger schnell konnte ich ab Schneit mit dem Lokomotivzug fahren. Die Strecke in Richtung St. Gallen weisst viele Kurven und auch markante Steigungen auf. Gespickt wird das noch mit Bahnhöfen, wo für Züge nach der Zugreihe A komplett andere Geschwindigkeiten gelten. Ein gutes Bespiel ist Uzwil, wo ich deutlich langsamer fahren muss. Aber auch Gossau kennt diese Regelung. Für mich kein grosses Problem dank ADL.

Ab Gossau konnte ich wieder mit der normalen Geschwindigkeit fahren. Der nicht ganz so schnelle Reisezug vor mir legt bis St. Gallen keinen Halt ein. Spannend wird es eigentlich nur nach St. Gallen Winkeln, denn dort muss einfach der Blick nach rechts schwenken. Die Brücke über die Sitter der SOB ist einfach eine imposante Erscheinung. Viel näher an die höchste Eisenbahnbrücke der Schweiz werde ich nicht mehr kommen.

Bei der Annäherung an das Ziel der Fahrt, kommen in mir Gedanken zum Abstellort auf. Das Gleis, das in meiner Tour erwähnt wird, existiert nicht mehr. Das bisher als Alternative benutzte Gleis ist näher bei den Bahnsteigen. Der Funk entreisst mich meinen Gedanken. Es ist der Fahrdienstleiter. Er teilt mir mit, wie ich an das Ziel komme. Nach dem Halt vor dem Gleisabschnittsignal soll es in Rangierfahrt weiter gehen.

Dank der Nennung der Bezeichnung, weiss ich auch welche Signale gemeint sind. Gut fand ich, dass der Funk nicht kam, als ich bereits auf das Signal fuhr. Leider zu oft melden sich die Fahrdienstleiter in diesen Fällen. Da wir jetzt keine Antwort geben dürfen, erfolgen dann immer wieder böse Worte, wenn der Zug angehalten hat. Welche Seite in diesen Fällen die schlimmeren Schimpfworte verwendet, lasse ich so stehen.

Die letzten Meter erfolgen in Rangierfahrt. Die Anweisung ist nicht so klar. Ich muss die D-Lok eingeschaltet stehen lassen. Da ich schon mit den Kollegen sprechen konnte, die später die  beiden Re 420 übernehmen, weiss ich, dass beide gekuppelt eingeschaltet sein müssen. Sie werden erst später getrennt und so sei die Fahrt dorthin deutlich einfacher. Daher wechsle ich noch den Führerstand und ziehe eine Handbremse an.

St. Gallen – St. Margrethen

 

Da ich die Lokomotiven in der Nähe der Bahnsteige abstellen konnte, ist es nicht weit zur Kante, wo meine geplante Dienstfahrt losfahren soll. Normalerweise wäre ich nun auf dem Weg zu einem Modellbahn-Dealer des Vertrauens. Da ich aber aktuell keine Teile für mein Projekt benötige und wir eigentlich immer die vorgesehenen Dienstfahrten nutzen sollten, lasse ich es beim Gedanken. Es steht aber noch eine kurze Wartezeit an.

Bevor ich losgehen kann, ist noch ein Griff in den Rucksack nötig. Ich muss eine der Masken aus-packen. beruflich müssen wir die Modelle benutzen, die weggeworfen werden. Höchste Sicherheit bei der Maske für das Lokomotivpersonal.

Der Weg vom «Verbrauchsmaterial» zum in der Krise unverzichtbaren Personal war schnell. Wie sich die Zeiten ändern können. Mit dem Papier vor Mund und Nase suche ich das Gleis, wo der Zug fährt.

Es ist nicht so, dass Lokführer sofort wissen, wo ein Zug fährt. Schnell ändert sich ein Gleis. Die Reise nach St. Margrethen wird in einem Triebzug erfol-gen, der nie so richtig aus der Presse verschwinden will.

Zwar funktionieren sie besser, aber die Leute stören sich immer noch. Gerade das immer wieder er-wähnte Schaukeln, konnte ich so noch nicht be-stätigen. Diesmal wähle ich das obere Deck, da unten schon eine gute Besetzung vorhanden ist.

Ich bin auch keiner, der eine Trinkflasche aufstellt, um sich der Maske zu entledigen. Ich ziehe das Ding an, weil ich auch meine Ruhe will. Die Zufuhr vom Sauerstoff ist nicht optimal. Das schränkt mich in meiner Arbeitsleistung ein. Im Führerstand ist das jedoch nicht gut und daher verzichte ich dort. Ich weiss nur nicht, warum viele meiner Kollegen ein Problem damit haben, auch den Führerstand regelmässig zu lüften.

Was zu Hause gut sein soll, kann bei einer Lokomotive nicht falsch sein. Doch nun setzt sich der Zug in Bewegung und bei den ersten Weichen bemerke ich es. Das immer wieder öffentlich bemängelte Wankverhalten kann nicht mit jenem des IC 2000 verglichen werden. Bei einem Triebzug der mit entsprechenden Stabilisatoren versehen worden ist, erwarte ich eigentlich, dass eine deutliche Verbesserung spürbar sein sollte.

Die Fahrt nutze ich nicht um aus dem Fenster zu sehen. Wirklich neue Erkenntnisse könnte diese Strecke nicht bieten. Bei der Rückfahrt kann ich zudem mehr erkennen. Ich nutze die Zeit um mich auf die Fahrt nach Hause vorzubereiten. Das Problem mit dem Server scheint immer noch zu bestehen. Zudem kann ich machen, was ich will, die Fahrordnung wird nicht geladen. Die Meldung, dass der Zug nicht gefunden werden kann, gefällt mir nicht.

Langsam beschleicht mich das Gefühl, dass die aktuellen Probleme grösser sind, als die Meldung vermittelt. Ohne diese Fahrordnung kann ich nicht fahren. Wobei genau genommen benötigte ich nur die Angaben zur Strecke. Fahrzeiten bei Güterzügen sind oft nur Empfehlungen. Die BZ entscheidet, wie gefahren wird. Die Halteorte meiner beiden Züge sind klar. Mit dem ersten in Gossau, mit dem zweiten im RBL anhalten.

Als die elektronische Stimme den nächsten Halt in St. Margrethen ankündigt, kann ich die anderen «Arbeiten» also das Spiel zur Überbrückung von Wartezeiten beenden. Noch ist etwas Zeit, bis ich aufstehen muss, denn die Durchsage kommt immer früh. Ich will nicht vor dem Zug ankommen, als laufe ich nicht zu Fuss durch den Zug. Die Treppe runter und zur nächsten Türe raus. Wie oft las ich, was Psychologen dazu meinen.

Es ist mir egal, aber die Treppe während der Fahrt ist in diesem Triebzug eine kleine Herausforderung. Scheinbar wurden bei ihm die versprochenen Verbesserungen noch nicht umgesetzt. Von den vielen Störungen habe ich noch nicht viel bemerkt. Jedoch fällt mir auf, dass die Lüftung wegen fehlender Spannung nicht mehr läuft. Der Zug kommt aber pünktlich an und ich kann aussteigen. Auf dem Bahnsteig sehe ich mich etwas um. Oft erkennt man hier fremde Fahrzeuge.

Pause St. Margrethen

 

Nun beginnt die nahezu zweistündige Pause. Seit die neue Regelung bei den Pausen eingeführt wurde, sind sie wieder länger geworden. Das Unternehmen teilt einfach die Pausen entsprechend den Regeln ein. Dabei existieren Listen, wo erwähnt wird, an welchem Ort ein Pause erlaubt ist. Es müssen bestimmte Bedingungen vorhanden sein. Das geht sogar soweit, dass an einigen Orten sogar Bedingungen an die Züge vorhanden sind.

Dank den wegen dem Virus erlassenen Massnahmen, ist das nicht immer so einfach. Die Zeit reicht für ein gediegenes Nachtessen mit mehreren Gängen in einem entsprechenden Wirtshaus.

Die Brieftasche und das Bankkonto reduzieren dabei eigent-lich nur die Anzahl der einzelnen Gänge. Letztlich aber wird es, wie so oft, bei einem Take Away enden, der dann etwas «gesundes» Junkfood aus einem Teil der Welt anbietet.

Heute fand das «gesunde» Fastfood den Weg über den gros-sen Teich nach Europa. Ein Salat, wäre sicherlich gesünder, aber bei dem nasskalten Wetter, dass hier vorherrscht, esse ich gerne was warmes.

So werden nicht nur die Nährstoffe, sondern auch die Wär-me aufgenommen. Klar, eine Gemüsesuppe schafft das auch, aber das wurde beim gewählten Take Away nicht an-geboten. Das Angebot bestimmt, was gegessen wird.

Das Wetter ist auch nicht so optimal, dass eine Begehung der Umgebung angezeigt wäre. Ich bereue eigentlich be-reits, dass ich nicht später her gefahren bin.

Der Wühltisch beim Modellbahn-Dealer hatte schon ganz besondere Schätze enthalten. Aktuell suche ich jedoch we-niger nach Wagen, sondern nach Ausstattungen für die Infrastruktur des Bahnhofes. Jene der Station von St. Margrethen kenne ich zwar, aber nicht bis ins Detail.

Beim Verkehr in den Anlagen ist auch nicht so viel zu erkennen. Wobei eigentlich schon, denn die aus Österreich kommenden Züge fehlen. Das war in diesem Jahr durchaus schon länger der Fall. Diesmal sind es die Umbauten an der Strecke. Es soll wirtschaftlicher sein, wenn man den Betrieb einfach einstellt. Der Beförderungsfall kann dann selber zusehen, wie er mit dem öffentlichen Verkehr ans Ziel kommt. Politik und Verkehrsbetreiber haben unterschiedliche Meinungen.

Auch ich ertappe mich immer wieder, dass ich für eine bestimmte Strecke das Auto nehme. Der Umweltschutz bleibt dann auch der Strecke. Nur um ein paar Kilometer entferntes Dorf zu besuchen, Ist mit dem öffentlichen Verkehr mehr als eine Stunde einzuplanen. Mit dem Auto schafft man das in wenigen Minuten. So kann nicht auf dieses Gefährt verzichtet werden. Bei mir kommt noch die Nachtschicht dazu, da geht es nur so.

Gerade in dem Moment, wo ich mich den Aufenthaltsräumen zuwenden will, werde ich im Rücken angesprochen. Als ich mich umdrehe, erkenne ich einen Freund. Schön, dass wir uns doch noch treffen können. So spontan, war es nicht, vor Beginn der Tour teilte ich per SMS mit, dass ich heute in der Gegend anzutreffen sei. So wie es aussieht, konnte er sich doch noch ein paar Minuten früher von der Arbeit befreien.

Mit einem angeregten Gespräch verfliegt die Zeit schnell. So kommt es, dass ich mich auf die Rückfahrt vorbereite. Auf dem entsprechenden Gerät schalte sich die dazu vorgesehene App auf. Als die LEA aufgestartet worden war, tippte ich die Nummer des Zuges ein. So richtig erfreulich ist der Schriftzug «Zug nicht gefunden» nicht. Er existiert, denn ich kann ihn ja bereits in der Ferne erkennen. Ein erneuter Versuch blieb ebenfalls ohne Erfolg.

Das Problem scheint grösser zu sein, als mit der Meldung erwähnt wird. Als dann auch der Kollege, der den Zug bereit machte, meint, dass es bei ihm nicht gehen würde, war klar, die Heimreise wird etwas mühsamer werden. Ich kann die App und damit die LEA nicht nutzen. Für diesen Fall führen wir die Streckentabellen als spezielle Datei mit. Die Fahrordnung bei Güterzügen ist nicht so wichtig und beide Züge fahren nur vom Start ans Ziel.

Bevor jedoch mit so primitiven Mitteln gearbeitet wird, soll die Fahrordnung aus LEA Print bezogen werden. Das geht auch mit dem Ipad, denn die Datei wird als .pdf gespeichert und kann geöffnet werden. Nach der dritten Eingabe meiner Kennung und meines Passwortes gebe ich jedoch auf. Ich kann nicht Stunden verwenden um eine Datei zu finden. Der Kunde erwartet, dass ich auch mit solchen Problemen klar komme.

St. Margrethen – Gossau

 

Die Daten für den Zug können auch im Intranet bezogen werden. Dazu muss ich mich nur einloggen. Den entsprechenden Link haben wir auf dem Ipad. Zudem habe ich ihn auch auf dem Handy abgespeichert. Mit der Eingabe der Zugnummer, erscheinen die für die Fahrt erforderlichen Daten. Damit ich diese auf der Fahrt nicht vergesse, notiere ich sie in dem dazu vorgesehenen Formular. Dieses wiederum wird am Halter aufgesteckt.

Mit einem Gewicht von 122 Tonnen ist der bis zu 120 km/h schnelle Zug, für die Lokomotive keine grosse Last. Auch wenn es nicht mehr der grosse Berg in den Alpen ist, die Steigung von Rorschach hoch nach St. Fiden hat es durchaus in sich.

Es ist nicht so steil, aber ich kämpfte auch schon mit einer Re 430 und der Normallast den Berg hoch. Die Tricks, die ich am Gotthard gelernt habe, halfen dabei auch im schlech-tem Wetter.

Der einsetzende Nieselregen sollte daher kein zu grosses Problem sein. Das Wetter sollte sich im Lauf des Abends verändern. Da ich zu Hause das Wetter der Region ange-sehen habe, stimmt das nicht genau.

Im Aargau kann durchaus die Sonne scheinen und am Bodensee ein schweres Gewitter toben. Auch die Leute in den Betriebsleitzentralen wissen oft nicht, wie sich das Wetter an der Stelle des Zuges zeigt. Daher sollte der Lok-führer bei Problemen auch Meldungen machen.

Auf dem Ipad rufe ich die Datei mit den Streckentabellen auf. Für die anstehende Fahrt benötige ich zwei Blätter. Früher wurden die einzelnen Seiten vor der Fahrt dem Ordner entnommen und im Halter aufgesteckt. Auf der Fahrt musste dann nur schnell das neue Blatt hervor genommen werden. Das ist hier nicht so leicht möglich. Der Wechsel auf eine neue Streckentabelle ist nicht optimal gelöst worden. Zu selten wird die Rückfallebene benötigt.

Als ich alle Dokumente geordnet habe und auf die Uhr blicke, erkenne ich, dass bis zur Abfahrt noch ein paar Minuten Zeit bleiben. Die genaue Zeit ist mir nicht geläufig. Von keinem Lokführer kann erwartet werden, dass er von jedem Zug die genaue Zeit kennt. Deswegen wird bekanntlich mit den Fahrordnungen gearbeitet. Diese habe ich nun nicht zu Verfügung und so musst ich meine Erfahrung ins Spiel bringen und die trügt mich nicht oft.

Bei der Meldung der Bereitschaft melde ich dem Fahrdienstleiter auch, dass ich nach den Regeln der Rückfallebene arbeiten muss. Das ist eine wichtige Information, denn sie kann Auswirkungen auf die Fahrt haben. Bei diesem Zug ist das nicht zu erwarten, aber wenn es zu Umleitungen kommt, ist das anders. Es ist das Recht des Lokführers zur Bereitstellung der Fahrpläne ausserordentlich anzuhalten. Bei der LEA drückt man schnell einen Butten.

Die Fahrt durch die einsetzende Nacht beginnt kurz nach 20 Uhr. Der schnelle Zug des Güterverkehrs muss sich nun durch den Verkehr mit Reisezüge kämpfen. Das dafür vorgesehene ADL steht jedoch nicht zur Verfügung. Damit die Betriebsleitzentrale nun aber den Zug planen kann, ist es wichtig, dass der Güterzug schnell fährt. Alle anderen Dispositionen müssen mitgeteilt werden. Dazu wurden auch schon SMS auf den Funk genutzt.

Wie gut das funktioniert, konnte ich schon am eigenen Leib erfahren. Mit SMS wurde der umgeleitete Güterzug mitten zwischen den S-Bahnen über Stadelhofen und Zürich HB geleitet, ohne dass dieser unnötig bremsen musste. Heute schein das nicht der Fall zu sein und so komme ich, wie ich es erwartet habe, in Rorschach zum Stillstand. Die Strecke hoch besitzt auf einem Abschnitt nur ein Gleis, und da wird es eng.

Also genau kam ich vor der Einfahrt zum stehen. der rote Triebwagen, der noch ausfahren musste, musste nach dem Weichenbereich noch sein Zahnrad in die passende Zahnstange einfädeln und dann konnte her hoch nach Heiden fahren. Eine Verbindung mit der Bahn, die sich seit Jahren trotz aller Wirren halten konnte. Bergbahnen sind speziell und die RHB ganz besonders.

Eine Fahrt mit der Rückfallebene ist nicht so leicht, wie man meinen könnte. In der Streckentabelle muss darauf geachtet werden, dass die richtige Geschwindigkeit genommen wird. Obwohl ich so meine Karriere begonnen habe, überrascht es mich, wie ich nach nur wenigen Kilometern Fahrt die LEA vermisse. Es erleichtert die Arbeit ungemein. Insbesondere in den Fällen, wo die Streckentabelle ausgewechselt werden muss.

Ich erreiche mein Zeil Gossau in einer Zeit, die ich als korrekt ansehe. Da hier nun der Zug ändert, muss ich die neuen Daten suchen. Doch bevor es soweit ist, notiere ich die Zeiten der Fahrt. Das mache ich seit Jahren so, und daher haben sich zu Hause in all den Jahren schon grosse Daten angesammelt. Vor genau 20 Jahren war es ein verspäteter Güterzug von Erstfeld nach Basel mit einer Lokomotive Re 620. Aber wer interessiert das schon.

Gossau – RBL

 

Der letzte Zug des heutigen Tages. Bis die zusätzlichen Wagen beigestellt wurden, kann ich die neue Fahrordnung suchen. Dazu benutze ich die LEA und hoffe, dass die Probleme gelöst werden konnten. Keine neue Nachricht und auch der Zug wird nicht gefunden. Damit ändert sich auf der Fahrt nicht viel und auch mit LEA Print klappt es nicht, da vermutlich die gleiche Datenbank betroffen ist. Die Fahrt mit der Rückfallebene geht deshalb in eine zweite Runde.

Eigentlich regeln die Vorschriften genau, wie solche Pro-bleme zu lösen sind. Der Lokführer muss sich um ein Ersatz-gerät bemühen, oder vor der Fahrt die Fahrordnung aus-drucken.

Die Rückfallebene soll nur angewendet werden, wenn das Gerät während der Fahrt ausfällt. Klare Regeln in den Vor-schriften, die jedoch in keiner Sekunde vorsehen, dass nicht das Gerät, sondern der benötigte Server von einer Störung betroffen ist.

Zuerst hole ich mir die Daten des neuen Zuges. Das funk-tionierte bereits in St. Margrethen und auch jetzt geht es ohne Probleme. Die Zugdaten schreibe ich auch jetzt wieder auf.

Danach suche ich die Seiten mit den Streckentabellen und notiere diese auf einem Blatt. So sollte der Wechsel ein-facher erfolgen und das ist nun wichtiger, da die Strecken im Raum Zürich mehrere Lösungen anbieten. Wobei es eigen-tlich nur eine Lösung gibt.

Ein leichter Ruck geht durch den Zug. Scheinbar sind die neuen Wagen gekommen. Auch die Hauptleitung wird kurz abgesenkt. Damit ist klar, dass nun 475 Tonnen an der Loko-motive angehängt sind.

Die Geschwindigkeit ändert sich nicht und auch die Bremsreihe ist gleich geblieben. Da ich mit den Fahrplänen beschäftigt war, vergass ich aber die Zugnummer zu wech-seln. So erreichte mich das Manöver nicht am Funk und klopft an der Türe.

Ich entschuldige mich dafür. Ich musste zuerst die Daten für den Zug suchen. Der Rangierarbeiter meint nur, dass er das heute schon oft gehört hätte. Scheinbar sind die Probleme mit dem Server grösser als angenommen. Die Bremsprobe wird nun über eine Zwischenstelle durchgeführt und in der Zeit ändere ich auch die Nummer am Funk. So ist der Zug nach dem RBL fahrbereit. Die erforderliche Meldung an den Fahrdienstleiter übernehme ich.

Als endlich die Verbindung am Funk steht, bekomme ich nur die Antwort «Zug in Gossau fahrbereit und eine Fahrt mit Rückfallebene.» Etwas verdutzt bestätige ich das und erfahre, dass er heute den Spruch schon so oft gehört habe, dass eine normale Fahrt die grosse Überraschung sei. Auf jeden Fall sei keine Umleitung geplant und ich könne planmässig um 21:10 Uhr mit dem Zug in Gossau losfahren. Damit ist nun auch das geklärt worden.

Ich konnte, wie versprochen pünktlich losfahren. Langsam gewöhne ich mich auch wieder an die Betrachtung einer Streckentabelle. Es ist für mich beängstigend, wie mühsam früher die Fahrt war. Damals erachteten wir das als normal und dann kam die erste LEA. Dieses Programm wurde mittlerweile so verfeinert und optimiert, dass eine Fahrt ohne diese App fast nicht mehr möglich ist. Auf jeden Fall fahre ich nicht jede Geschwindigkeit voll aus.

Vom Bahnhof A nach B mit 105, dann 100 und dann wieder 105 km/h. Da wird mit 100 km/h zugefahren. So knapp bemessen sind die Fahrzeiten auch wieder nicht. Besonders dann, wenn schnell gefahren wird, ist der Verlust nur minimal. Auch wenn ich nicht sicher sein kann, auf vielen Abschnitten weiss ich genau, wie schnell mit der Reihe A 95% gefahren werden kann. Der Blick in die Streckentabelle ist nur zur Sicherheit.

Vor Winterthur habe ich Bahnhof Schneit eine Überholung abwarten müssen. Diese war im Fahrplan vorgesehen. Mit einem Güterzug vor dem ICN durch Winterthur zu fahren, ist nahezu unmöglich. Dank der Neigetechnik ist er sehr schnell unterwegs. Trotzdem muss ich mich nun nicht besonders beeilen, denn wegen dem Stopp des ICN in Winterthur hole ich auf. Der Güterzug ist schnell, weil er nicht immer anhalten muss.

Auch so sehe ich, wie der Neigezug den Bahnhof verlässt, als ich in diesen einfahre. Grosse Eile ist nicht angesagt, denn auf den ersten Kilometern sind vier Geleise vorhanden. Danach aber nur noch deren zwei. Der Neigezug muss daher über den notwendigen Vorsprung verfügen. Auch wenn ich wirklich versuche die optimale Geschwindigkeit zu finden, das blöde Signal in der Tössmühle wollte einfach nicht auf Fahrt gehen.

Auf diesem stark ausgelasteten Abschnitt ist das schon ein Problem. Das merke ich, weil der Fahrdienstleiter mich am Funk aufruft. Sein Pech ist, dass ich bei einer Fahrt auf ein rotes Signal nicht antworten darf. Vermutlich ist die Info nur, dass dieses offen ist. Auch wenn ich diese hätte, es gilt nicht und ich muss mich davon überzeugen, dass das Signal wirklich auf Fahrt gewechselt hat. Wie oft ich diese Diskussion schon führen musste, weiss ich nicht mehr.

Problem eins ist gelöst, ich kann das Signal sehen und alles leuchtet in grüner Farbe. Nur noch die Zugsicherung, genauer ZUB 121 scheint das noch nicht zu wissen. Hier erwarte ich eine Schlaufe, oder wie es neu heisst, einen Euroloop. Kaum hatte ich den Gedanken, wurde die Bremskurve aufgehoben. Ich kann mit der maximalen Leistung den Zug wieder beschleunigen und mich beim Fahrdienstleiter melden. Ich mach das, wenn ich nicht antworten kann.

Als ich die Belehrung, dass gefälligst am Funk geantwortet werden muss, ertragen hatte, erkläre ich sehr deutlich, was ich davon halte. Er solle in den Vorschriften nachlesen, denn dort steht unmissverständlich, dass ich nicht antworten darf, auch wenn ich den Bremsweg im Griff habe. Ich hatte deswegen vor vielen Jahren auch schon grosse Probleme bekommen. Seither bin ich in diesem Punkt stur. Wie war das mit dem gebrannten Kind?

Die weitere Fahrt über Kloten und Regensdorf verlief ohne grössere Zwischenfälle. Kurz vor dem RBL zwei-ge ich von der Strecke ab und benutze eine Verbind-ung. Diese hat es durchaus noch in sich.

Die Bahnhöfe von Würenlos und Killwangen-Spreiten-bach liegen unterschiedlich hoch. Der Weg um diese grosse Differenz zu überwinden ist aber kurz. In der Folge erwartet mich und den Zug nun ein recht steiles Gefälle.

Dank der elektrischen Bremse ist das eigentlich kein Problem. Jedoch muss ich diese am Schluss wegen den Weichen reduzieren. Die Anhängelast drückt dann kräftig. Damit die Kräfte auf den Puffern ausgeglichen sind, bremse ich die Wagen an.

So kann ich die Lokomotive auslösen. Mit etwas Glück passt es genau und der Zug rollt mit 60 km/h über die Weiche. Heute bin ich etwas langsamer, aber das ist besser als umgekehrt.

Als die Geschwindigkeit sich verringert, löse ich den Zug wieder. So bleibt der Wert gleich. Eine Fahr-weise, die ich von meiner Zeit in Erstfeld her kenne.

In den dort vorhandenen starken Gefällen musste oft so gearbeitet werden. Insbesondere die Spurwechsel waren kritisch. Dass dabei die Bremsen recht warm werden, ist mir durchaus bewusst, aber das müssen sie aushalten und im RBL können die Bremsklötze wieder abkühlen.

Der letzte Zug für mich und diese Tour hat das Ziel erreicht. Vom Gefühl her, bin ich auch pünktlich angekommen, jedoch weiss ich es nicht genau. Jetzt muss noch die Re 420 parkiert werden und dann habe ich es doch noch geschafft. Stopp! Noch ist nicht Feierabend, denn aus irgendeinem Grund wurde dieser langen Tour am Schluss noch eine Vorbereitung angehängt. Daher wurde vermutlich auch die Pause nach St. Margrethen verschoben.

Endarbeiten mal anders
                       

Ein paar Minuten habe ich noch, bis ich zur Vorbereitung muss. In den Räumen für die Lokführer drehen sich die Diskussionen um die Datenbank. Dabei erfahre ich, dass die LEA eigentlich seit ein paar Stunden wieder funktioniert. Jedoch muss dazu zuerst die App gelöst und neu installiert werden. Die Information sei bei den Geräten gekommen, wo das nicht nötig gewesen ist. Mit anderen Worten, jene, die neu gestartet wurden.

Dort war die Meldung ersichtlich. Diese wurde nur auf der LEA angezeigt. Wir haben Mail, können mit dem Handy SMS empfangen, aber so eine wichtige Information wird darüber nicht informiert. Hätte ich das gewusst, wäre die Fahrt von Gossau wieder mit LEA möglich gewesen. Für diese Aktion habe ich jedoch keine Zeit mehr, denn ich muss noch einen Zug bereit machen und daher sehe nach, wo ich die Lokomotive finde.

Bevor ich jedoch den Standort suche, sehe ich nach, was denn für eine Be-spannung in der Planung vorgesehen ist. Es sind zwei Maschinen vom Typ Re 620 und Re 420. Eine Re 10, die schon zu-sammen angekommen ist.

So kann ich zumindest das kuppeln weg-lassen. Es bleibt noch der Standort und der ist an einem anderen PC zu finden.

Es ist wirklich einfach, denn die Loko-motiven stehen bereits vor dem Zug, den sie bespannen sollen.

Der Weg ins Gleisfeld ist bekannt und der Zug verkehrt ab der 400er Gruppe. Sie wird auch als Ausfahrgruppe bezeichnet. Da der Zug den Bahnhof nicht vor Mit-ternacht verlässt, kann ich auch die Prüf-ungen der Sicherheitseinrichtungen nicht unterlassen.

Diese muss bei der ersten Inbetriebnahme des Tages erledigt werden. Geprüft wer-den dabei beide Maschinen. Zumindest soweit das überhaupt möglich ist. Die Tests auf der Fahrt gehen im Stillstand nicht.

Da beide Maschinen entgegen der Ge-pflogenheit eingeschaltet dastehen, kann ich mich auf die Handbremsen, auf die verlangten Kontrollen vor der Fahrt und die Prüfungen beschränken. Das bedeutet aber, dass ich in alle vier Führerstände muss. Durch die Einreihung ergab es sich, dass drei davon auch in Betrieb genommen werden mussten. Die Re 620 benötigte zudem noch ein Reset von ETCS. Bei der Re 420 mit dem System von Siemens ist das nicht nötig.

Beim Wechsel des Führerstandes mache ich auch die Aussenkontrolle und werde fündig. Die Seitenwand der Re 420 ist stark mit Öl verschmiert. Dieses stmmt von den Ablasshähnen für das Transformatoröl. Die sind scheinbar undicht geworden und so sinkt der Ölstand immer mehr. Wenn dann die Wicklungen freiliegen, kann die Spannung nicht mehr isoliert werden. Es knallt dann kräftig. Gemeldet und eingeschrieben vor drei Wochen.

Das benötigt etwas Zeit, die vermutlich auch der Visiteur, der den Zug kontrolliert, noch beansprucht. So sollte es ohne lange Wartezeit für beide klappen. Nicht, dass das immer der Fall ist, aber ab und zu klappt es. Ich vermute, dass dies auch der Grund für die Vorbereitung ist. Entweder weiss man nicht, wie die Zeit in der Pause totgeschlagen wird, oder aber man stürzt einen Kaffee in den Magen und rennt los, dass man rechtzeitig ankommt.

Um die Zugdaten zu finden, benutze ich die Lösung, die ich heute schon zweimal benutzt habe. So kann ich die Daten beim ETCS eingeben. Bei der Nummer für den Lokführer gebe ich eine fiktive ein. Der Lokführer für den Zug kann dann seine Nummer eintippen. Ich werde nach den Arbeiten die entsprechende Eingabe aufstarten. Auch am Funk wird die Zugnummer mit der Funktion angemeldet. Damit ist die Lokomotive bereit.

Als ich aus dem Fenster sehe, erkenne ich, dass die Aufforderung zum anfahren erteilt wird. Daher bewege ich die Lokomotive gegen den Zug. Den Rangierarbeiter sehe ich dabei nicht mehr, da er unmittelbar nach der Erteilung zwischen die Puffer getreten ist. So kann er gleich die Kupplung einhängen und muss sich nur einmal bücken. Wer das oft am Tag macht, ist froh, wenn er einmal aufrecht eintreten kann. Dazu war auch der Abstand vorhanden.

Mit dem Verbinden der Schläuche für die Hauptleitung, merke ich, dass gekuppelt worden ist. Das Führerbremsventil beginnt mit dem füllen auf den regulären Druck. Da die Differenz jedoch gross ist, helfe ich bei diesem recht langen Zug mit dem Füllstoss nach. So wird deutlich mehr Luft in die Leitung geblasen. Der Zug sollte auch korrekt lösen. Die Wartezeit nutze ich um die Eingabe der Personalnummer wieder hervorzuholen.

Mehr als diese paar Meter werde ich mit den Lokomotiven nicht mehr fahren. Es wird zudem Zeit, nach dem Visiteur zu sehen. Dieser steht bereit und erteilt das optische Signal um die Bremsen anzuziehen. Nach einer kurzen Kontrolle, ob die Leitung gefüllt und dicht ist, leite ich die gewünschte Bremsung ein. Es erfolgt kurz darauf das Signal zum lösen der Bremsen. Auch jetzt wieder mit einem Füllstoss, der eine Niederdrucküberladung zur Folge hat.

Auf das Signal ob die Bremse gut ist, warte ich nicht. Ich muss kontrollieren, ob der erste Wagen mit meinen Angaben übereinstimmt und ob richtig gekuppelt wurde. Beides sind Aufgaben, die ich machen muss, wenn ich nicht selber kupple. Wobei ich auch dann nochmal nachsehe, ob ich meine Arbeit wirklich richtig gemacht habe, denn ich will den Kopf nicht am Fenster des Führerstandes anschlagen, wenn es zum Unfall kommt.

Die Kontrolle hat ergeben, dass die Nummer des ersten Wagens stimmt. Auch gekuppelt ist korrekt. Mit dem Lichtschein der Lampe des Visiteurs ist das sehr einfach. Er meldet mir zudem, dass die Bremse gut ist und dass die Zugvorbereitung abgeschlossen sei. Da ich noch nichts vom abgehenden Lokführer bemerkt habe. Melde ich, dass der Zug nur technisch fahrbereit ist. Der Lokführer muss dann selber melden.

Ich wolle gerade das Dokument ausfüllen und den Zug stehen lassen, als ich bemerke, dass der Lokführer sich nähert. Daher kann ich all das unterlassen, denn die Übergabe erfolgt nun mündlich. Da wegen dem Virus keine zwei Personen im Führerstand sein dürfen, steige ich aus. Neben der Lokomotive mache ich die Übergabe. Dabei erwähne ich auch, dass ich nicht alle Prüfungen erledigen konnte. Einige müsse er noch erledigen.

Um Mitternacht hält man sich mit langen Gesprächen auf. Der leichte Regen, der ja angekündigt wurde, beschleunigt die Angelegenheit auch noch. Ich kann nun in Richtung des wohlverdienten Feierabends gehen. Die Probleme mit der LEA löse ich später. Zudem muss ich zu Hause noch kontrollieren, ob die 15/28 Regel bis zu den Ferien eingehalten werden kann. Wegen der jetzt erledigten Vorbereitung wurde ein weiterer Nachtdienst geschaffen.

 

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