Tour 12: RBL - Rothenburg - RBL

Mein neuer Tag beginnt, wie es bei mir oft der Fall ist, erst um die Mittagszeit. Letzte Nacht wurde es spät und das merkt man jeden weiteren Tag. Die Hoffnung auf einen erholsamen Schlaf schwindet mit der Helligkeit bei der man ins Bett kommt. Zu meinen Glück bin ich in eine ruhige Gegend gezogen. Auf dem Land geht es am Morgen nicht so früh los und auch dann stehen eher ruhigere Arbeiten auf dem Programm.

Heute ist die Leistung nicht so schlimm, aber trotz-dem muss sie gefahren werden. Die Züge sind schnell und sollten zudem pünktlich verkehren. Nur eben, es sind Güterzüge und bei denen weiss man nie so recht, ob es mit dem Fahrplan wirklich klappt.

Während ich einen Teil schon öfters hatte, ist der zweite neu für mich. Es gab neue Dienstpläne mit bekannten Elementen, die nun plötzlich neue Ziele auf dem Programm haben.

Den restlichen Tag bis zur Abfahrt nach dem Ran-gierbahnhof im Limmattal, nutze ich für eine paar Arbeiten für die Modellbahn. Es sind Aufgaben, die am Computer gelöst werden müssen, denn die Tem-peraturen lassen nicht erahnen, dass eigentlich der Frühling vor der Tür steht.

Nach dem letzten Winter wartet das Land nur auf die ersten schönen Tage. Auch auf andere zur Zeit nicht möglichen Sachen, warten die Leute seit Mo-naten.

Wie so oft, wenn man konzentriert arbeitet, ver-liert sich die Zeit. Ich muss noch etwas essen, be-vor ich mich auf die Tour begebe.

Vor einem Jahr hätte ich einfach ein paar Minuten geopfert und wäre in der Milchküche essen gegangen. Auch wenn es das übliche Kantinenfutter war. Jetzt wo man alles selber machen muss, kann ich auch gleich zu Hause die Pfannen auf den Herd stellen. Eine grosse Mahlzeit liegt jedoch nicht mehr drin.

Nach dem kochen und der Speisung steht das Programm zur Reinigung an. Verlasse nie das Haus in der Hoffnung schnell zurück zu kommen. Niemand weiss, was passiert, wenn er die Türe öffnet und sich auf den Weg macht. Mein Job ist sicher, dafür sorgen auch wir, aber auf dem Weg dorthin bin ich den Launen des Autos neben mir angewiesen. Wie oft wechselte ein Fahrer vor dem Bareggtunnel die Spur, weil das Navi es sagte.

Ich habe es schon getestet. Mit dem Navi von zu Hause zur Arbeit. An den ersten Tagen half es, heute weiss ich, wo ich durchfahren muss. Also mit dem aktiven Navi auf die Fahrt. Alles geht gut, die nette Stimme meint aber vor dem Bareggtunnel, dass ich die mittlere Spur nehmen soll. Vor dem Tunnel noch mit Nachdruck. Ich wählte die rechte Röhre, denn das geht auch. Nur das blöde Gerät kapiert das wieder nicht.

Der wichtigste Teil des heutigen Tages ist geschafft. Schön, wenn man das bereits vor der Arbeit sagen kann. Es ist so, ich habe das Ziel erreicht, mein Auto ist ganz, ich habe keine Verletzungen. Nun beginnt der Abend mit der Eisenbahn, dort passen die Fachleute auf und das merkt man. Keine gehetzte Person, die bei der Kreuzung noch schnell die Vorfahrt missachtet, weil sie schnell nach Hause will. Wer nicht aufpasst, büsst schnell.

Lokzug nach Rothenburg

 

Der Arbeitstag beginnt mit einem Lokomotivzug. Ich muss damit nach Rothenburg fahren um dort einen Güterzug abzuholen. Da der Computer meint, dass sie im Depot steht, rufe ich an. Es ist ein übliches Ritual. Ich melde die Nummer des Zuges und erhalte dann die Nummer der Lokomotive und das Gleis, wo sie steht. In meinem Fall ist aber die direkte Fahrt nicht möglich und so muss ich neben der Remise auswechseln.

Nachdem ich die Fahrrichtung ge-wechselt habe, muss ich meine Lokomotive für die Fahrt vorbe-reiten. Dazu sind bei einer Ma-schine mit ETCS mehr Schritte nö-tigt

Der Abschluss dieser Zugvorbereit-ung bildet dann die Kontrolle der Beleuchtung. Vorne die üblichen drei weissen Lampen und am Schluss die neu verlangten zwei roten Lichter auf gleicher Höhe.

Damit ist der Lokomotivzug fahr-bereit und er kann nun bis zum Hauptsignal vorziehen.

Im Rangierbahnhof Limmattal ist das ab dem Depot nicht direkt möglich. Der Fahrplan gibt das sogar an, denn vermerkt ist die Abfahrt ab dem Gleis, das «Tivoli» genannt wird.

Der Name stammt von der dort vorhandenen Haltestelle und dem nahen Einkaufspalast mit diesem Namen. Mir ist das eigentlich egal, denn ich sollte losfahren. Das Zwergsignal vor mir zeigt schon länger einen Fahrbegriff und so darf ich auch fahren.

Bis zum ersten roten Signal erfolgt das mit 30 km/h. Wobei es hier Bereiche gibt, bei denen die Bedingungen erfüllt sind, dass mit 40 km/h gefahren werden darf. Mir stellt sich die Frage nach dem Sinn gar nicht, denn das Zwergsignal vor dem Abschnitt zeigte «Fahrt mit Vorsicht». In dem Fall wird sicherlich nicht mehr beschleunigt. Auch wenn das nächste mehrere hundert Meter entfernt ist. Ich muss davor anhalten können.

Letztlich habe ich das Gleis erreicht, wo ich losfahren kann. Noch zeigt das Signal keinen Fahrbegriff und ich fahre bis dorthin noch als Rangierfahrt. Als dieses jedoch das Signalbild änderte, erfolgte bei mir der Wechsel auf Zugfahrt. Dieser kann sogar während dem rollen erfolgen, weil ich nun mit der Zugsicherung geschützt bin. Damit beträgt nun die erlaubte Geschwindigkeit 40 km/h, weil der Fahrbegriff nicht mehr zulässt.

Ein Blick auf die Uhr zeigt, ich starte pünktlich mit der Lokomotive. Ab dem Bahnhof Killwangen-Spreitenbach bin ich zwischen den Reisezügen eingeklemmt und so bot die Fahrt bis nach Lenzburg als Höhepunkt nur die Fahrt mit 60 km/h. ADL meinte, dass dies optimal sei. Meine Maschine hat ein saniertes Steuerventil und dürfte hier mit bis zu 130 km/h verkehren. Das Problem ist aber der Abschnitt, den ich nun befahren muss.

Die Strecke zwischen Lenzburg und Suhr ist sehr stark ausgelastet. gleich zwei der grössten Detailhändler der Schweiz haben sich hier mit ihren Lagern angesiedelt. Längst haben diese den Vorteil der Eisenbahn erkannt. Das ging sogar soweit, dass einer davon seine Wechselbehälter mit der eigenen Verkehrsunternehmung in das Land schickt. Als das nicht genug ist, es handelt sich hier um eine klassische einspurige Nebenstrecke.

Weil es trotz neu gebautem Tunnel und zusätzlichen Geleisen für mich über Olten keinen Platz hat, fahre ich die Strecke über den Striegel. Es ist jene Strecke, die ich als Kind von meinem Elternhaus sehen konnte. Jetzt fahre ich da durch. Bei Beginn meiner beruflichen Karriere hatte ich mir das nie träumen lassen, denn dieser Abschnitt gehörte von den Strecken im damaligen Kreis II nicht zum Depot Erstfeld, was sie mit den Seetal gemein hatte.

Ab dem Bahnhof Suhr, der beim Umbau so genial aufgebaut wurde, dass es über kein Gleis möglich ist, alle Weichen in gerader Stellung zu befahren, kann ich mich am Fahrplan halten. Auf einspurigen Nebenstrecken, wo es kaum Möglichkeiten gibt, dass sich zwei Züge begegnen könnten ist das angezeigt. So kann keine Fahrzeit gewonnen werden. Ziel ist die pünktliche Ankunft in Kölliken, wo dann die S-Bahn nach Lenzburg entgegen kommt.

Natürlich liess ich es mir nicht nehmen, die Autofahrer auf der parallel verlaufenden Strasse zu überholen. Dort wo sich diese noch an 60 km/h halten mussten, konnte ich bereits mit 100 km/h fahren. Eher nervig sind jedoch jene, die mir entgegen kommen. Die Nacht hat mittlerweile das Land verdunkelt. So benötigt man Licht, aber bitte kein Fernlicht. Auch auf einer Lokomotive sitzt ein Mensch, der noch etwas sehen möchte.

Obwohl im Fahrplan Oberentfelden als Bahnhof aufgeführt wird, ist davon nicht viel zu erkennen. Mehr als ein Signal zur Einfahrt und eines zur Ausfahrt gibt es hier nicht mehr. Jedoch gibt es eine sehr bekannte Kreuzung und diese gehört zu den Weichen, also gibt es in Oberentfelden eine Weiche und wir haben einen Bahnhof. Doch was macht diese Kreuzung denn so bekannt und spannend. Für mich gilt, dass ich sie nur mit 60 km/h befahren darf.

In Oberentfelden kreuzen sich zwei Bahnen im nahezu rechten Winkel. Das ist die ehemalige Nationalbahn auf der ich aktuell unterwegs bin und die Schmalspurbahn, die seinerzeit von der Aarau – Schöftland – Bahn AS gebaut wurde.

Die Namen haben sich in den Jahren geändert, denn beide Gesellschaften waren so gut aufgestellt worden, dass sie nicht alleine überleben konnten. In meinem Fall traten so die Staatsbahnen auf.

Beide Strecken haben zudem noch deutlich unterschied-liche Stromsysteme. Die für Gleichstrom von 750 Volt ausgelegte Fahrleitung der Schmalspurbahn, die sich heute AVA nennt, hätte keine Freude.

Besonders dann nicht, wenn da plötzlich 15 000 Volt Wechselstrom fliessen würden. Der Kurzschluss beschädigt meine Lokomotive und killt schlicht die Gleichrichter der Schmalspurbahn. Daher wird die Kreuzung auch umge-schaltet.

Die Kreuzung ist ein so grosses Problem, dass bereits Bestrebungen im Gang sind, auch diese zu eliminieren. Dazu soll die Schmalspurbahn einfach in den Untergrund verschwinden. Im gleichen Artikel der Zeitung stand dann auch, dass die ehemalige Nationalbahn auf Doppelspur ausgebaut werden soll. Das diese jedoch eher den Abschnitt zwischen Lenzburg und Suhr betrifft, stand dann nicht mehr. Die Anwohner freut das natürlich nicht.

Jeder will im Supermarkt frisches Gemüse und andere Produkte kaufen. Im gleichen Atemzug wettert dieser auch gegen den Transport derselben. Der Müllwagen, der die Abfälle holt, stört im Quartier. Wenn er den Müll nicht mehr holen würde, gäbe es Seuchen. Gegen diese würde sich die aktuelle Situation mit Corona als harmlos herausstellen. Es ist klar, niemand will die Pest im Land, daher fährt der LKW durch das Quartier.

Auch bis nach Kölliken folgt die Nebenstrecke der Strasse. Hier ist das nicht mehr so gut zu erkennen. Für mich sind nicht die Autos und das hier stehende Möbelhaus wichtig, sondern die Signale. Die Einfahrt in Kölliken ist nur mit reduziertem Tempo möglich. Ich muss mit der Lokomotive ausweichen, damit die S-Bahn normal durch den Bahnhof fahren darf. Ein Punkt, der auch wegen den Bahnsteigen so gelöst werden musste.

Nach der Kreuzung verlässt die Strecke den Bahnhof von Kölliken mitten durch die Quartiere. So richtig schnell fahren muss ich nicht, denn das Blocksignal ist von der Ansteuerung nicht auf durchfahrende Züge ausgelegt. Die Haltestelle verlangsamt die S-Bahn und so schliessen die Schranken später. Für mich lautet die Devise, dass ich erst auf die normale Geschwindigkeit wechsle, wenn das Vorsignal «Fahrt» zeigt. So bin ich etwas schneller.

Vorbei geht die Fahrt an der mittlerweile sanierten Sondermülldeponie. Ich mag mich noch erinnern, wie als Kind die Fässer mit dem Inhalt einfach irgendwo lagen und es zum Himmel stank. Heute ist alles wieder ausgegraben und fachgerecht entsorgt worden. Verfüllt wurde das Gelände mit dem Aushub des Eppenbergtunnels. Dumm dass dort Spuren von Öl gefunden wurden, welches in dem Sandstein natürlich vorhanden ist.

Safenwil kündigt sich an. Von dieser Seite gibt es zwei Staffeln für die Einfahrt. Das ist eine Folge davon, dass der Bahnhof regelmässig von einem Güterzug angefahren wird, der die Anlagen schlicht sprengt. Damit dessen Wagen dem nahen Importeur von Automobilen zugestellt werden können, muss weit gegen Kölliken vorgezogen werden. Die zwei Staffeln zur Einfahrt verhindern, dass er dazu auf die Strecke fahren muss.

Es ist nun eine ruhige Fahrt, die nur durch den Anruf des Fahrdienstleiters gestört wird. Ich nehme an. Am Funk werde ich gefragt, ob ich in Zofingen eine Pause machen müsse. Das muss ich, da es sonst Probleme mit dem Gesetz gibt. Der mir mitgeteilte Halteort habe ich letztlich auch eingehalten, auch wenn dieser für den Weg nicht ideal war. Aber nicht ich bestimme, wo die Lokomotive nicht stört und so füge ich mich.

Coronapause und dann weiter

 

Eine knappe Stunde dauert die Pause in Zofingen und dann geht die Fahrt weiter. Es ist eine der Pausen, die wir auch als Coronapause bezeichnen. Fussmarsch zum Schnellimbiss, dort etwas lauwarmes zum mitnehmen und dann damit in die Räume für das Personal. Geteilt mit dem Rangierpersonal und dem bösen Blick, wenn man versucht ein Stück von Essen ohne Maske abzubeissen und einen Schluck aus einer Flasche zu trinken.

Die Getränkeflaschen dieses Herstellers werden auch immer kleiner und der Preis bleibt. Normalerweise verzichte auf diese Marke und nutze Alternativen. Jedoch hatte der Imbiss keine anderen Getränke mehr. Vermutlich denken auch andere so, wie ich. Doch so schlecht ist es hier in Zofingen auch wieder. Die neuen längeren Pause, die wieder zur Freude des Personals eingeführt wurden, reichen für einen Besuch im Wirtshaus.

Das hat geschlossen und weil Lokführer keine Bauarbeiter sind und schon gar nicht als Fernfahrer gelten, können wir den neuen Passus mit der Kantine nicht nutzen.

Im Gegenteil, die Kantinen, die wir eigentlich haben sind meistens zu, oder haben auf kompletten Selbstbetrieb umgestellt.

Produkt wählen, an der Kasse den Betrag eintippen, zahlen und dann in der Mikrowelle erwärmen. Das geht, sofern das Menu dazu geeignet ist.

Die Zeit verfliegt und ich muss langsam wieder zurück. Mit etwas im Magen, das ein wenig wärmt, nicht gesund war und einem extrem süssen Gesöff geht es auf den zweiten Teil der Fahrt. Es hat leichter Nieselregen eingesetzt.

Nicht schlimm, wenn man zur Lokomotive läuft, aber nervig genug, wenn mit einem schweren Zug gefahren werden muss. Mein Kollege, der gerade mit so einem Teil einfährt, kämpft gerade etwas.

Wieder auf der Lokomotive erkenne ich, dass mich am Funk jemand versuchte zu erreichen. Es ist der Fahrdienstleiter gewesen, der vor einer halben Stunde gefunkt hat. Mitten in der Pause nehme ich sicherlich keine Gespräche an. Klar dient sie der Aufnahme von Nahrung. Sie ist aber auch eine Zeit, in der man sich erholen sollte, damit man für den nächsten Teil wieder fit ist. Längers je mehr, wird der zweite Teil vergessen.

Als ich mich am Funk melde, merke ich gleich, dass der mit der Erholung niemanden sonderlich interessiert. Ich werde zurecht gewiesen, dass man den Funk auch umleiten könne und so erreichbar bleibe. Es hätte für mich ein freies Trassee gehabt. Ist wohl wirklich so, das mit der Pause haben die wenigsten Leute im Unternehmen wirklich verstanden. Die Lokomotive stört in Zofingen etwas, also muss der Lokführer auf seine Pause verzichten.

Meine Antwort ist klar und sachlich. In rund zehn Minuten sagt der Fahrplan, fahre ich weiter. Pünktlich reicht mir vollkommen. Die Antwort gefiel wohl nicht, denn das Gespräch wird einfach beendet. Vermutlich bin nicht ich das Problem, sondern die Lokomotive vom Güterzug, denn die fährt auch in meine Richtung zu einem Bahnhof, wo es einen Zug abzuholen gibt. Wäre ich weg, hätte sie mein Trassee bekommen und der Güterzug könnte rangiert werden.

Da ich diese Tour auch schon gemacht habe, weiss ich zu gut, dass die Lokomotive die Arbeit des Rangierteams stören kann. Auch meine Maschine ist ein Problem, da auch ein anderer Zug dieses benutzen muss. Besetzte Einfahrt nennt man dies. Eine Situation, die immer wieder angewendet wird, die aber die Geschwindigkeit stark vermindert. Auch das steht im FDV und immer wieder frage ich mich, ob das Buch wirklich gelesen wird.

Die Zeit ist um und die Fahrt führt weiter bis nach Rothenburg. Keine besonderen Vorkommnisse und ADL sorgte auch dafür, dass mich keine Warnungen überraschten. Nur im Raum Sursee klemmte es etwas und dann konnte ich wieder etwas schneller fahren. Zuletzt dann noch nach den ökologischen Regeln. Es muss Energie gespart werden. Auch das keine neue Erfindung, jetzt einfach mit einem neuen Programm und nicht mehr mit Schulung.

Wie jedes Mal bei dieser Tour, die Einfahrt in Rothenburg ist etwas gefährlich. So endet oft die Fahrt vor einem roten Signal und dann stellt sich die Frage, wie es weiter geht. Einmal ist es eine besetzte Einfahrt, dann wieder eine Rangierfahrt. Da dies je nach Wetterlage ändert, greife ich zum Funk. Wer hier einfach davon ausgeht, dass es gemäss Rangiervorschriften weiter geht, kann sich nachher beim Chef erklären, weil er unerlaubt ein rotes Signal befahren hat.

Wie so oft, ist die Antwort etwas genervt. Ich bin leider kein intelligenter Lokführer und den Hellseherkurs habe ich deshalb nicht bestanden. Ich will doch nur wissen, wie ich mich zu verhalten habe. Bei Situationen wo sich das immer wieder ändert, nicht leicht. Also wird zu dem Gerät gegriffen und gefragt. Wenn er es mir nicht sage, bleibt die Lokomotive einfach hier stehen. Der Lokführer sei dann in ein paar Minuten weg.

Siehe da, die Antwort kam etwas freundlicher und ich weiss nun, dass ich heute als Rangierfahrt gelte. Mit etwas mehr Verständnis und etwas weniger, der weiss schon was er zu tun hat, würde der Betrieb vermutlich noch funktionieren. Aber wie so oft, Kommunikation ist etwas, das bei den Bahnen nie so richtig funktioniert hatte. Daher versucht man diese nach Möglichkeit zu vermeiden. Ist doch interessant, der Funk kann SMS empfangen, wenn solche gesendet werden.

Rothenburg – RBL

 

Es geht auf den Rückweg. Wobei das nicht genau stimmt, denn der Weg führt nun über Olten. In Anbetracht, dass sich der Nieselregen nicht gebessert hat, ist die Beschleunigung nicht sehr leicht. Gerade in Rothenburg, wo es noch im Bahnhof in die Steigung wechselt. Das Signalbild verhinderte zudem, dass ich im flachen Teil noch Anlauf holen konnte. Mit Quarzsand versuche ich etwas mehr Zugkraft zu gewinnen.

Leicht war es nicht und letztlich benötigte ich das Gefälle vor dem Bahnhof von Sempach-Neuenkirch. Auch die obligatorische Bremsprobe auf Wirkung kann ich in diesem Teil machen. Zum Glück fuhr in der Gegenrichtung kein Reisezug.

Sonst hätte mich der Fahrdienstleiter aufgerufen, dass der Gegenzug festgestellt habe, dass mein Zug bremsen würde. Vermutlich hat dieser noch nie etwas von Bremsprobe auf Wirkung gehört.

Eben, das mit dem FDV ist so eine Sache, da steht wirklich viel drin. Nur das mit dem ADL, wo jeder weiss, was es ist, steht nicht dort, denn das ist eine Idee von SBB Infrastruktur.

Ich nutze die Bremsprobe auch gleich dazu, um auf die von ADL empfohlene Geschwindigkeit zu ver-ringern. Die Hoffnung, doch noch mit bis zu 120 km/h zu fahren, hat sich soeben erledigt. ADL 60 bis kurz vor Zofingen. In Sursee muss die S-Bahn voraus.

Es folgte das, was zu erwarten war, der kleine Vorsprung reduzierte sich. Seit der Computer die Gestaltung der Dienstpläne und die Einstellung der Fahrstrassen übernommen hat, sind so Begriffe, wie betriebliches Denken vergessen gegangen. Es geht stur nach Fahrplan und wenn die S-Bahn zehn Minuten hat, bedeutet das dass der Zug mit Schnellgut logischerweise auch verspätet fährt. Doch die S-Bahn vor mir fährt zum Glück pünktlich in Richtung Baden.

Vor Zofingen endete ADL. Damit hätte ich nun endlich mit dem Zug Schwung aufnehmen können. Doch all das würde nur sinnlos Energie verschwenden, denn vor mir erkenne ich das Vorsignal für den Bahnhof von Zofingen. Dieses kündigt eine Einfahrt von 40 km/h an. ADL meldet sich wieder, denn nun soll ich plötzlich schnell fahren, zumindest bis Zofingen. Weder das teure System noch der Fahrdienstleiter erkennen an ihrem Computer, dass mehr als 40 nicht mehr geht.

Es gab auch schon nervösere Fahrdienstleiter, die haben sogar versucht am Funk dem Güterzug etwas mehr Schwung zu verpassen. Immer energischer und genervter tönte es am Funk. Von der Lokomotive kam keine Antwort. Es ist nun mal klar geregelt, bei Fahrten auf rote Signale dürfen wir am Funk keine Antwort geben. Es wär wirklich hilfreich, wenn man in dem Buch namens FDV etwas mehr als nur das nötigste lesen würde.

Der geplante Aufenthalt in Zofingen beträgt nur knapp fünf Minuten. Der Fernverkehr nach Basel muss vorgelassen werden und wenn dieser von hinten dem bis fast zum Stillstand gedrosselten Güterzug aufläuft, reagiert der Chef genervt. Daher ist es eigentlich ein Wunder, dass ich bis Zofingen fahren durfte und nicht schon aus Panik eher ausgereiht wurde. Wobei viele Möglichkeiten gibt es auf dieser Strecke nicht, was mein Vorteil war.

Nach der Überholung konnte ich weiterfahren. ADL und die Kurven verhinderten bis Olten, dass ich schnell fahren konnte. Anhand des Fahrplanes wusste ich, dass es schnell genug war. Es ist wirklich eine Sensation. Von Olten nach Rupperswil wurden nun zwei Geleise neu gebaut. Es fehlt nur noch ein kleiner Abschnitt. Trotzdem etwas Platz für einen Güterzug gab es dadurch nicht. Es hilft, wenn man den Fahrplan etwas kennt.

Zudem erkenne ich, dass ich mit dem Schnellgutzug durch den neuen Tunnel am Eppenberg fahren kann. Bevor ich das durfte, musste ich eine Lerneinheit am PC absolvieren. Dort erfuhr ich, dass es zwei Nothaltestellen gibt und das Fluchtstollen vorhanden sind. Was ich aber machen muss, wenn im Tunnel in meinem aktuellen Zug der Wagen mit Sprengstoff in Brand geraten würde, erklärte niemand. Güterzüge wurden gar nicht erwähnt.

Nun kann ich die Geschwindigkeit etwas erhöhen. Es reicht zwar noch nicht um an die Höchstgeschwindigkeit des Zuges zu kommen. Aber immerhin kommt nun auch etwas Freude auf. Schon fast ängstlich der Blick auf ADL. Das meldet wirklich nichts. So fahre ich mit sehr viel Tempo durch den Bahnhof von Aarau. Auch einer der Bahnhöfe, wo es immer wieder Schnapsleichen auf dem Bahnsteig hat. Dank Corona besserte sich das.

Auch die weitere Fahrt verlief ohne grosse Probleme. Also bis kurz nach Lenzburg. Vor dem Bahnhof Othmarsingen muss ich kräftig in die Bremsen steigen. Die hohe Geschwindigkeit verlangt Massnahmen, wenn das Vorsignal «Warnung» zeigt. Jetzt blieb das ADL ruhig, denn der Güterzug, der von der Südbahn kam und vor mir in den RBL fährt, erkannte das System nicht. Der Grund ist, dass nicht erkannt wurde, dass der nur mit 90 km/h über die Weichen fährt.

Bis auch ich wieder etwas schneller fahren konnte, dauerte es. Der aktuell im Umbau stehende Bahnhof von Mägenwil kann noch mit dem normalen Tempo befahren werden. Die neuen Signale werden erst am kommenden Wochenende in Betrieb genommen. Mit diesen kommen dann die neuen Kurven und in Othmarsingen eine Geschwindigkeit für die Ausfahrt. Bis man sich daran gewöhnt hat, wird ZUB wohl öfters eingreifen.

Ich will meinen Kollegen keine Unfähigkeit vorwerfen, denn es könnte auch mich treffen. Lokführer fahren die Strecken anhand ihrer Kenntnisse. Solche grossen Anpassungen müssen zuerst eingelebt werden. Wer nun etwas gestresst ist und dem Fahrplan hinterher rennt, ist dann schnell in der Kurve, weil er schlicht nicht mehr daran dachte. Das ist einfach nur menschlich, denn noch fährt nicht der Computer und Menschen machen Fehler.

Im Heitersbergtunnel ist der Zeitpunkt gekommen. Kurz vor dem Ziel verkehrte ich mit dem Schnellgutzug mit der maximal erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h. Doch kurz vor dem Ende des Tunnels musste ich die Sache beenden. Der RBL kündigt sich gleich an und da darf nicht mehr so schnell gefahren werden. Die Maschine soll mit der elektrischen Bremse die Geschwindigkeit so gut sie kann vermindern.

Letztlich muss ich dann die Druckluftbremsen der Wagen noch zur Hilfe nehmen. Die Hauptlast wurde von der elektrischen Bremse übernommen. Das schonte die Klötze der Wagen und es wurde erst noch etwas Energie in die Fahrleitung abgegeben. Man kann mit einer vorausschauenden Fahrweise viel bewirken, denn die etwas früher eingeleitete Bremsung kostete vermutlich nur ein paar wenige Sekunden und noch fahren die Güterzüge nach Minuten.

Es ist kurz nach 23.00 Uhr, als ich in der Einfahrgruppe zum Stillstand komme. In meinen Notizen kann ich vermerken, der Zug hat den RBL pünktlich erreicht. Jetzt muss noch die Lokomotive den Parkplatz finden, dann erfolgt die Abstellung, die noch nach den Massnahmen für den Winter erfolgt. Der Frühling wird noch auf sich warten lassen. Nun aber beginnt die Rangierfahrt durch den RBL und an den Abstellort, der im Depot war.

Pause zwei und dann nach Härkingen

 

Es steht die zweite Pause der Tour an. Wobei genau genommen ist es nur eine Arbeitsunterbrechung. Mit anderen Worten so kurz, dass man sich entscheiden muss, ob man das WC besucht, oder doch den Kaffee aus dem Automaten bevorzugt. Ich trinke den Kaffee schnell, daher schaffte ich es, dass beides ging und etwas Austausch mit den anderen Lokführern war auch möglich. Ich schätze das, denn sonst ist man alleine.

Die anwesenden Lokführer stammen aus unter-schiedlichen Depots. Darunter auch jenes von Arth-Goldau. Ein Standort, ab dem ich auch einmal tätig war. Die haben es aktuell nicht sehr leicht, denn der Beschluss das Depot zu schliessen, trifft viele hart.

Sie haben Familie und ein Haus im Kanton Uri und die Angebote sind mit Bellinzona, RBL und Basel nicht gerade in der Nähe. Ich auf jeden Fall bin froh, bin damals bei meinem Entscheid geblieben.

Im RBL ist die Arbeit sicher nicht schlechter, als an anderen Standorten. Wer jedoch frisch aus der Innerschweiz hier her wechselt, muss viele Strek-ken neu kennen lernen.

Das ist nicht leicht, aber es ist zu schaffen und dann kommt auch etwas Abwechslung in den Alltag. Ich möchte nicht mehr jeden Tag auf der Nord-Süd-Achse arbeiten müssen. Die Touren ins Tessin, die sind schon zu viel. Es gibt auch andere schöne Strecken.

Die heutige Tour ist diesbezüglich spannend. Bis auf den Abschnitt von Lenzburg nach Zofingen kannte ich alle Strecken schon, als ich im RBL begonnen hatte und das gilt auch für den nun anstehenden Güterzug nach Härkingen.

Auch wenn dieser über Brugg geleitet wird, die Strecke gehörte in das Rayon vom Depot Erstfeld. Für mich heisst es nun, die Werbung für meinen Standort beenden und mich um den zweiten Teil der Tour kümmern.

Zuerst erfolgt die Suche nach der Lokomotive und dem Zug. Der Zug verkehrt ab der Ausfahrgruppe und ist bereits gezogen worden. Die Lokomotive wurde jedoch in der Lokwartegruppe abgestellt. So habe ich alle Angaben für die Übernahme und so quere ich die Anlagen um zur Maschine zu kommen. Über die Geleise muss aufgepasst werden. Die Rangierlokomotiven Aem 940 können leise sein und schnell kommen. Da kann das Telefon lange klingeln.

Als ich nachsehe, erkenne ich, dass es ein Lokführer war. Ich rufe zurück um dann zu erfahren, dass dies nicht nötig sei, da er mich bereits sehen kann. Es ist der Kollege, der die Lokomotive abstellte. Er meint, dass ich nur aufsteigen kann, er habe vom Fahrdienstleiter erfahren, dass sie in kurzer Zeit wieder übernommen werde. Sie stand also noch nicht lange dort, als ich nachgesehen habe. Mit anderen Worten, der Zug wurde ebenfalls gerade gezogen.

So ist es leicht eine Lokomotive zu übernehmen. Auch wenn ich die obligatorischen Prüfungen der Zugsicherung und der Sicherheitssteuerung noch machen musste. Der Zufall wollte, dass dazu gerade der richtige Führerstand aufgerüstet war. Zudem wurde hier das ETCS von Siemens eingebaut und das nächtliche Reset musste daher nicht ausgeführt werden. So sind die erforderlichen Tests schnell erledigt und es steht nur noch eine Prüfung auf dem Programm.

Um die Schaltvorgänge des Hauptschalters zu reduzieren, wurde bei einigen Tests der Schalter nicht ausgelöst. Daher muss diese Funktion noch geprüft werden. Dazu ist im Schaltschrank eine Taste montiert. Wird diese gedrückt, löst der Hauptschalter aus und die Hauptleitung wird kurz entleert. Der letzte Test im Stillstand konnte ebenfalls erfolgreich angeschlossen werden. Ich kann mit der Lokomotive die Zugfahrt ausführen.

Neue Regelungen besagen, dass eine Lokomotive erst an einen Zug gestellt werden darf, wenn die Sicherheitseinrichtung korrekt funktioniert. Die Fahrt ohne diese Einrichtungen ist nicht sehr ein-fach und schnell kann etwas passieren, was sofort die aktuellen Schlagzeilen ändert.

Auch wenn die täglichen Meldungen über Corona nervig sind, eine Titelseite mit einem Zugsunglück will dafür niemand riskieren. Daher sind die Prüf-ungen wichtig.

Eine kurze Rangierfahrt führt mich zum Zug, wo ich sehe, dass die Hauptbremsprobe in vollem Gange ist. Ich kann mich also auf der späteren Fahrrichtung soweit es geht einrichten.

Wegen dem hier verbauten ETCS sind die Eingaben der Zugdaten noch nicht möglich, denn das System ist nicht so schlecht aufgebaut.

Es erkennt, dass mit Zügen nicht rückwärts ge-fahren wird. Dumm dabei, es gibt sie in der Schweiz, aber sie sind sehr selten.

Nachdem ich die Lokomotive die letzten Meter bis zu den Wagen bewegen konnte, die Bremsprobe abgeschlossen wurden, erfolgen die Meldungen zu Abfahrt. Es sind zwei Schlüsselworte, die ich hören will und auch meine Mitteilungen müssen klar erfolgen. Es sind nicht immer die langen Sätze erforderlich. Bremse gut, Zugvorbereitung abgeschlossen und Zug Fahrbereit, reichen völlig aus. Der Smalltalk dazwischen ist nicht in den Vorschriften geregelt.

Pünktlich geht die Fahrt los. Noch muss ich mich zwischen die letzten Reisezüge am Tag quetschen. Diese Lumpensammler sind auch in den normalen Zeiten unter der Woche sehr oft leer. Um Mitternacht schläft das Land der tapferen Frühaufsteher. Jene, die nun am arbeiten sind, sorgen schlicht dafür, dass die vielen «Normalos» am Morgen auch etwas zu tun haben. Leere Gestelle im Supermarkt, wirken nicht sehr einladend.

Das Ziel dieses Zuges ist weit im Westen. Mit anderen Worten, ich fahre nur auf einem Teilabschnitt, genau genommen, bis in den Postbahnhof von Härkingen. Dort wird dann ein Kollege des Depots Lausanne die weitere Traktion übernehmen. Ich kann nun zufahren, denn ich habe mich so zwischen die Züge gedrängt, dass ich nicht der S-Bahn folge. Schnellgutzüge können, wie es der Name schon sagt, auch schnell fahren.

Es gibt keine besonderen Vorkommnisse auf der Strecke über Baden und Brugg. Es ist jener Abschnitt, der zu den ältesten der Schweiz gehört. Der frühere Bahnhof von Schinznach Bad ist längst verschwunden. Der Aargau und seine antiken Bäder. Besonders in der Stadt, wo der Name schon behauptet, dass man baden kann, soll das schon zu Römerzeit der Fall gewesen sein. Ich hatte gestern wirklich viel Zeit um die Zeitung zu lesen.

Wildegg und dann ab Rupperswil auf dem Vierspurabschnitt bis Aarau. Nein, bis Däniken, denn nun ist der Ausbau nahezu abgeschlossen. Es fehlen nur noch einige Meter auf dem Abschnitt nach Dulliken. Der Weg für diesen Zug führt nicht durch den Tunnel. Das wurde auch im Video erwähnt. Die Züge nach dem «Gäu», also jene, die nach Olten Hammer und Oensingen abbiegen, bleibt der Weg auf der bisherigen Strecke.

So kommt es, dass ich in Däniken nahezu alle Geleise queren muss, damit ich ganz links nach Olten fahren kann. Dort dann wieder über alle Geleise um nach Olten Hammer zu kommen. Die automatische Zuglenkung mit Computer nervt nicht nur, sie sorgt durchaus auch für etwas Abwechslung. Mit anderen Worten, mehr Geleise, keine Verbesserung im Fahrplan. Man fragt sich, warum die Millionen ausgegeben wurden.

Nur damit die Regionalzüge regelmässig in Dulliken anhalten können. Dafür ist der Kostenaufwand doch etwas zu hoch geraten. Doch genug der Gedanken, der Bahnhof von Olten nähert sich und die Signalstaffel, die nach den neusten Gesichtspunkten der Planer aufgestellt wurde. Vor einem Hauptsignal Weichen einbauen, ist für einen flüssigen Verkehr nicht förderlich. Besonders dann nicht, wenn die Züge ausgebremst werden.

So bei mir. Ich muss in der Dunkelheit mein Signal suchen. Vor mir eine Wand mit roten Lichtern. Noch keine Gefahr. Doch als ein Signal das Bild ändert, wird es gefährlich. Ist es nun für mich, oder eventuell für einen anderen Zug. Wegen den Weichen, muss ich nahezu bis zum Stillstand abbremsen. Erst im allerletzten Moment, erkenne ich die Zugehörigkeit. Sehr zur Freude des Fahrdienstleiters, der nun endlich am Funk eine Antwort bekommt.

Sie kapieren es wirklich nicht. Züge, die auf rote Signale bremsen, sind am Funk schlicht nicht erreichbar. Das ist eine Ablenkung für den Lokführer und deswegen kam es schon zu Signalfällen. Der Grund führte die Tabelle über Jahre an. Ich bin da stur und wenn dann wie jetzt, die vorwurfsvollen Worte kommen. Kann ich recht madig werden. Dann kommen die klaren Worte. Vermutlich habe ich heute den gleichen Fahrdienstleiter das zweite Mal beschimpft.

Wenn sie wollen, dass Güterzüge schnell verkehren, dann müssen die Signale grün sein. In allen anderen Fällen, heisst es für uns in die Eisen und dann bis zum Signal vorziehen. Wenn die Überraschung kommt, bleiben dann bei vielen Züge nicht mehr viele Meter übrig. 2 500 Tonnen, die in Schwung sind, bremsen nicht so schnell und daher muss gehandelt werden. Auf jeden Fall die Fahrt bis Härkingen, erfolgte ohne weiteren Zwischenfälle.

Bei der Einfahrt in den Postbahnhof stellt sich die Frage nach den Standort des Lokführers, der den Zug übernimmt. Damit ich nicht so stark bremsen muss, mache ich langsam. Ein kurzer Wink mit der Taschenlampe wäre ein Hinweis gewesen, dann wäre ich auch etwas schneller bis zum Signal gefahren. Doch so verzweifelt der Kollege beim roten Signal. Das nächste Mal fahre ich zügig ein und kann mir das Donnerwetter anhören.

Es ist immer das gleiche Spiel bei einer Ablösung. Er schaut mich lange und Inständig an. Nur auf der Lokomotive wird auf französisch nicht reagiert. In Härkingen spricht man deutsch, das weiss ich, weil meine Mutter ursprünglich aus dieser Gegend kam. Daher folgt mein üblicher Kommentar. Ciao tutto in ordine und laufe dann davon. Im Rücken spüre ich die bösen Blicke, aber ich spreche kein gallisch, sondern römisch und gotisch.

Lokzug zurück in den RBL

 

Die Lokomotive hat schon ein Kollege soweit vorbereitet, dass ich aufsteigen und mich einrichten kann. Es ist erneut eine Maschine der Baureihe Re 420. Die Sanierung der Steuerventile konnte hier schon ausgeführt werden. Daher gebe ich bei der Zugreihe R ein und die bei Lokomotivzügen übliche Bremsreihe von 115%. Die Länge ist 20 Meter und die Höchstgeschwindigkeit 140 km/h. Noch auf OK tippen und die Daten sind eingegeben.

Anhand der Einteilung habe ich gesehen, dass der Zug eine Fahrzeit von 45 Minuten hat. Recht sportlich und über Lenzburg ist das problemlos zu schaffen.

Jetzt mit der Tour vor Augen, erkenne ich, dass meine Hoffnung nicht bestätigt wird, der Zug muss ebenfalls über die alten Strecken fahren.

Der Weg über Brugg ist länger und daher ist schnell klar, jetzt muss das erlaubte Tempo ausgenutzt werden, denn sonst könnte es knapp werden.

Der Start in Härkingen erfolgt hier auf eine spezielle Art. Ich kann an meinem Funk den Fahrdienstleiter aufrufen, der mir erklärt, dass dies ihn gar nichts angehe. Zuständig ist hier das Stellwerk der Post und zu diesem habe ich am Funk keinen Kontakt.

Daher muss das Bodenpersonal meine Fahrbereitschaft melden. Trotz aller modernen Kommunikation, an solchen Kleinigkeiten scheitert es immer wieder, was einfach nicht motivierend ist.

Es gab eine pünktliche Abfahrt und schon beim zweiten Bahnhof merkte ich, dass ich mich nicht geirrt hatte. Die Lokomotive hat es eilig und so muss das erlaubte Tempo wirklich ausgefahren werden.

Dank der wieder funktionierenden R-Bremse sollte das möglich sein. Ohne diese, hätte der Fahrplan unweigerlich zu Verspätungen geführt. Was so ein Steuerventil und das Virus, das die Schuld übernommen hat, für eine Macht haben.

Dank der Fahrt durch den Tunnel rückt es mit bis zu 140 km/h in Richtung RBL. Ungewohnt, den Bahnhof von Aarau mit einem so hohen Tempo zu befahren. Nur im Fahrplan konnte damit keine Minute herausgefahren werden. Also auch der Aare entlang, ist keine Entspannung möglich. Mit dem Messer zwischen den Zähnen und voll auf Angriff fahren, ist nicht leicht und wirkt auf den Lokführer ermüdend. Das ist keine gute Kombination.

Die wilde Ecke, oder wie es regional heisst Wildegg, drosselt mein Tempo wegen den Kurven. Ein erneuter Blick auf den Fahrplan bringt dann gleich die Ernüchterung. Es ist kaum ein Vorsprung vorhanden. Also weiter im gleichen Stil und dann in Brugg erneut nachsehen. Von der Aare, die hier nahe an der Strecke fliesst, kriege ich nicht viel mit. Angeblich soll diese bei Koblenz mehr Wasser führen, als der Rhein. Nur wenn interessiert das wirklich.

In Brugg die Hoffnung, doch nichts konnte ich hier herausfahren. Es ist wirklich eine verdammt knappe Fahrordnung. Bei anderen kann man während der Fahrt noch zum Kaffee einkehren und kommt immer noch pünktlich an. Dann gibt es jene, wie die heutige, wo man froh sein kann, wenn keine Fahrzeit verloren geht. Verspätungen können so nicht eingeholt werden. Mal sehen, was die LEA in Baden meint, denn ich sehe nur gelegentlich nach den Zeiten.

In der Bäderstadt, die den Namen zu recht hat, bin ich wirklich bald reif für ein Bad das entspannend wirkt. Besonders der Fahrplan macht mir Sorgen. Ich habe keine schlechte Fahrt gehabt und trotzdem erreichte ich den Bahnhof Baden mit einem Rückstand von einer Minute. Nicht viel, aber das bedeutet umgekehrt, dass hier die Fahrzeit schlicht nicht gehalten werden kann. Jemand musste wohl im Kopf rechnen, weil der Rechner ausgefallen war.

Da nun das Ziel der Rangierbahnhof Limmattal nicht mehr weit ist, unterlasse ich weitere Vergleichsaktionen. Viel könnte ich auf den letzten Metern auch nicht mehr ändern. In der LEA erkenne ich, dass ich in der U-Gruppe einfahren werden. Doch noch ist die Strecke von Wettingen nach Neuenhof zu befahren. Dort erlaube ich mir immer einen Blick auf die Autobahn. Der kleine Stau verrät mir, dass die Polizei Kontrollen ausführt.

Noch habe ich nicht Feierabend und bis dann ist die Kontrollstelle eventuell bereits wieder verschwunden. Noch die Schutzstrecke befahren und dann beginnt die Verzögerung auf die tieferen Geschwindigkeiten im Rangierbahnhof.

Hier kann ich wegen den Signalbegriffen nur noch mit 90 km/h fahren, aber das ist kein Problem mehr, denn die später folgenden Signale sind wichtiger, denn diese zeigen an, ob ich einfahren kann.

Der Fahrweg führt über die Brücke entlang der Limmat. Dann folgt die Staffel, die ich noch nicht genau zuordnen konnte. Ist das nun ein Abschnitt der Einfahrt, oder schon der Ausfahrt.

Anhand der Position würde ich auf den letzten Abschnitt der Einfahrt tippen. Das Vorsignal darunter kündigt maximal 60 km/h und das ist sicher die Ausfahrt aus dem Bahnhof von Killwangen-Spreitenbach, und die kann nicht schneller befahren werden.

Also nur wenn es gegen den RBL geht ist das so. Die 60 km/h verraten zudem bereits, dass die Einfahrt in den RBL offen ist. Wäre das nicht der Fall würde wegen dem Bremsweg ein Tempo von 40 km/h angekündigt. So kann man sich schon auf die übernächsten Signale vorbereiten. Ich muss einfach noch zusehen, dass ich die 60 km/h auch einhalte, denn das Signal ist mit ZUB überwacht und meine Lokomotive reagiert sehr scharf auf die Bremskurven.

Das surfen entlang der Bremskurve ist hier nicht zu empfehlen. Wer so frech fährt, fällt immer wieder auf die Nase. Das gibt dann Ärger mit dem Chef, der genau wissen will, warum das passiert ist. Die Antwort mit einer knappen Fahrzeit, ist dann nicht unbedingt richtig. Daher lieber etwas eher verzögern und sicher fahren. Lokführer von SBB Cargo fahren defensiv. Auch mit einem Lokomotivzug, sollte man dies nicht so schnell vergessen.

Der Halt in der U-Gruppe erfolgt mit einem Rückstand von zwei Minuten. Nicht viel, aber es zeigt klar auf, dass die berechnete Fahrzeit für den Lokomotivzug eher zu einem ICN passt. Egal, ich bin angekommen und nun folgt der letzte Teil meiner Tour, die künstlich noch etwas verlängert wurde. Klar ist auch, ab der U-Gruppe fahre ich nach den Vorschriften des Rangierdienstes. Weil das etwas zu lang ist um geschrieben zu werden, wird oft auch von R 300.4 gesprochen.

Vorbereitung und dann ist Schluss
                       

Die Fahrt von der U-Gruppe in Richtung Westen folgt den Zwergsignalen. Diese leiten den Weg und so endete die Fahrt in der Richtungsgruppe, die hier immer noch mit R-Gruppe bezeichnet wird. Nicht, wie in anderen Bahnhöfen, wo nach den neuen Regeln von einer Romeo-Gruppe gesprochen würde. Nur wenn wir dann nach einer Romeo Echo vier zwei null fragen, lautet die Antwort immer wieder hä? Etwas gewöhnungsbedürftig sind die neuen Regeln schon.

Die Frage, die sich mir nun stellt, ist die, was mit der Lokomotive denn genau passiert. Meine Einteilung erklärt mir, dass ich wenden muss. Das geht nicht so einfach, denn die Maschine ist 84 Tonnen schwer und daher kann ich diese nicht so einfach wenden.

Bei mir zu Hause auf der Modellbahn klappt das hingegen sehr gut, aber die ist auch etwas leichter. Daher wechsle ich den Führerstand, denn nach Westen geht es sicher nicht.

Dank einem komischen Gerät, das nicht viel Geld kostet, kann ich meine Frage beantworten lassen. Es ist das Handy, das jeder Lokführer besitzt.

Dort habe ich die Nummer jener Stelle im Stellwerk gespeichert, die in diesem Teil für die Disposition der Lokomotiven und Züge verantwortlich ist.

Ein Anruf wird vermutlich die Antwort liefern, denn dann habe ich ein paar Minuten Zeit, die neue Maschine im Bahnhof zu suchen, denn das ist oft der Fall.

Nach kurzer Wartezeit, steht die Ver-bindung mit dem Telefon. Angesprochen werde mit Vornamen, denn die Erkennung funktioniert gut. Ich erkläre in welchem Gleis ich stehe und frage, was die Lokomotive für einen Zug übernehmen werde. Die Antwort kommt klar und freundlich, es ist der Zug, den ich vorbereite. Ich danke und meine, dass ich das dem Fahrdienstleiter melden werde. Die Antwort ist schön, denn ich erfahre, dass er es sagen werde.

Es ist schön, wie hier im RBL die Dienste unabhängig der Abteilung miteinander arbeiten. Klare Informationen, die helfen den Betrieb aufrecht zu halten. Es gibt zwar Phasen, wo es besser gehen könnte, aber das ist überall so und an anderen Ort muss am Funk die Nummer gewählt werden, die zum betreffenden Gleis gehört. Wer dann die falsche erwischt, wird mit deutlichen Worten darauf hingewiesen, dass dies eine andere Nummer sei.

So wird dann kurz später mit der neuen Nummer gefunkt. Was dann wirklich nervt, ist, wenn man die gleiche Person an der Leitung hat. Das sind dann jene Momente, wo ich mit Freude am Kabel ziehen möchte, nur damit der andere sein Gleichgewicht auf dem Stuhl verliert. Kein Wunder gibt es viele Lokführer, die den Bahnhof in der Nähe einer grossen Stadt im Norden der Schweiz nicht so gerne anfahren. Wer wundert sich darüber?

Die Wartezeit nutze ich für ein paar Kontrollen, denn ich wurde am Telefon auch verständigt, dass der Zug voraussichtlich erst in zehn Minuten gezogen werde. Bis zu diesem Zeitpunkt ändert das Zwergsignal vor meiner Lokomotive seine Meinung nicht. Es sind Aussenkontrollen, die mir helfen zu erkennen, ob auf der schnellen Fahrt etwas beschädigt worden ist. Schnell hat sich eine Schraube gelockert und dann fliegt das Sanderrohr. Selbst von der Spurkranzschmierung geschmierte Bremsklötze gab es schon.

Nicht zu denken was das für Folgen hat, wenn es jemanden trifft. Daher sind diese Kontrollen wichtig, auch wenn sie nicht überall vorgeschrieben sind. Dies wäre so ein Fall, denn ich übergebe die Lokomotive direkt an einen anderen. In dem Fall werden keine Kontrollen gemacht, da man ja Probleme mitteilen kann. Dass ich diese aber zuerst finden muss, ist nicht überall klar, denn nicht jeder Schaden am Fahrwerk kann man hören.

Das Zwergsignal geht auf Fahrt und ich kann zum Zug fahren. Dort steht bereits der Lokführer, der den Schnellgutzug übernehmen wird. Im RBL werden um Mitternacht die schnellen Züge behandelt. Der normale Verkehr mit der bunten Last beginnt nachher, denn diese Nahgüterzüge fahren jetzt in der Einfahrgruppe ein. Es ist so genau ausgelegt, dass die morgendlichen Spitzen im Personenverkehr umgangen werden können.

Wer dann um die Mittagszeit ein Foto von der jetzt gut gefüllten Richtungsgruppe macht, sieht einen leeren Bahnhof. Doch nun steht die Übergabe an, denn danach ist für mich endlich Feierabend. Auch wenn es am frühen Morgen ist, es ist so und ich kann nach Hause fahren. In Erstfeld konnte ich noch gehen, aber das ist längst ein Teil der langen Geschichte, die mich auf meinem Beruf seit bald 30 Jahren begleitet.

Die Fahrt mit dem Auto nach Hause verlief ohne besondere Vorkommnisse. Die von der Polizei durchgeführte Kontrolle war vorbei und als ich gefahren kam, waren die netten Damen und Herren gerade damit beschäftigt, die Sachen in die Wagen zu räumen. Hoffentlich haben sie ein paar Sünder erwischt, denn mit Alkohol fährt man nicht. Das gilt auf der Eisenbahn, aber auch auf der Strasse, wo es noch eine Toleranz gibt.

 

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