Tour 10: RBL – Dt - Spao – Dt – RBL

Eigentlich ist es eine Wiederholung bereits bestehender Leistungen der Standorte Erstfeld und Arth-Goldau. Mit der zehnten Tour für den Rangierbahnhof Limmattal soll trotzdem das Tessin angefahren werden. Eine spezielle Fahrt, die Sie hier erwarten soll, denn in der Schweiz hatte sich nur Tage davor ein schwerer Unfall am Zielort ereignet. Auch sonst wird diesmal nichts so sein, wie wir es uns bisher gewohnt sind.

Dabei beginnt auch jetzt der Tag wieder zu Hause. Wie so oft sorgten die Feiertage dafür, dass die Ein-teilung etwas aus dem Ruder geriet.

Bei mir führte der Zufall dazu, dass ich den ein-zigen Wochenenddienst meiner Gruppe ausgerech-net hatte, als die Osterfeiertage anstanden.

Von den vier eingeteilten Touren, fielen alle auf einen der damit verbundenen Tage. So kam es, dass schon früh, die ersten beiden freien Tage eingeteilt wurden.

Es blieben in der Folge nur noch die Touren am Samstag und an Ostern. Wobei es nicht einmal die Leistungen der Planung waren, denn die gab es gar nicht mehr.

Vor einer halben Woche kam dann der Anruf und auch die Leistung an Ostern wurde auf den letzten Augenblick gestrichen. In der Folge blieb nur noch der Samstag übrig.

Für das Tessin finden sich die Leute nicht so leicht. Es sind keine beliebten Leistungen, die es in diesem Depot gibt.

Besonders in den letzten Wochen sind die Fahrten ins Tessin auch mit einem gewissen Risiko verbun-den. Ein neuartiger Virus hat das Land fest im Griff und führte dazu, dass demokratische Grundsätze, die wir schätzten, nicht mehr angewendet wurden. Besonders das Tessin war davon stark betroffen und daher reagierte auch das Unternehmen mit Massnahmen zum Schutz, die nur wenige Monate zuvor kaum zu denken waren.

Einen Vorteil ergab sich jedoch durch meinen Beruf. Die behördliche Empfehlung, dass Homeoffice gemacht werden soll, aber auch die Tatsache, dass im Land bestimmte Betriebe geschlossen wurden, galten nicht. Ich kann normal meine Arbeit verrichten. Jedoch bewirkte der Rückgang bei gewissen Transporten, dass sich die personelle Situation etwas entschärfte. Am Ende der Hackordnung befanden sich die Mietlokführer.

Güterzüge müssen mit einem Lokführer bedient werden. Wenn es die Leute nicht verstehen, auch diese Züge sind für die Versorgung des Landes sehr wichtig. Dabei spielt neben einem Grossverteiler auch die Post eine grosse Rolle. Doch auch meine heutige Rückleistung ist wichtig, denn es werden frische Lebensmittel transportiert. Der Zug verkehrt deshalb immer an den Samstagen, wo der normale Verkehr die Ware nicht aufnehmen kann.

Bevor es jedoch auf die Reise geht, muss ich zu Hause noch etwas kochen. Es ist wirklich nicht schön, wenn man in Bellinzona Pause hat und man Pizza essen könnte. Die Pizzeria hat wegen dem Virus zu und daher bleiben dem Lokführer eigentlich nur noch die Aufenthaltsräume im Bahnhof San Paolo. Die dortigen Schutzmassnahmen für das Personal verhindern zudem, dass man sich angeregt unterhalten kann. Drei Stunden in einer Ecke sitzen und warten.

Hoffen, dass der Zug nach Hause doch etwas eher kommen könnte und dass man sich in dem verseuchten Gebäude nicht mit dem Virus infiziert. Ein Spaziergang durch die Stadt ist damit verbunden, dass man als deutschsprechender Mensch im Tessin sogar begründen muss, warum man hier ist. Unverhohlen wurde kommuniziert, dass man dieses Jahr über Ostern keine Gäste aus den anderen Regionen haben will. Niemand solle reisen.

Nach dem Mittagessen bringe ich die Wohnung noch in Ordnung. Aufräumen, Fenster schliessen und nicht benötigte Geräte abschalten. In all den Jahren habe ich gelernt, dass man das Haus immer so verlassen soll, als wisse man nicht, wann und ob man zurückkommt. Geplant ist dies kurz nach Mitternacht und somit bereits an Ostern. Das meinte jedoch auch der arme Kollege im Tessin, bis dann eben der Schnellzug im ungünstigsten Moment kam.

RBL – Dietikon

Wie an solchen Tagen üblich, der Rangierbahnhof ist leer. Kaum Leute, die der Arbeit nachgehen. Gerade in der Zeit des frühen Nachmittages ist hier die grosse Flaute. Mit anderen Worten, gewisse Stellen sind nicht mit Personal besetzt. Dank den guten Informationen, weiss ich, welche Rangierteams im Osten nicht arbeiten. Nur, wo sich die Ansprechstellen für jene Leute, die arbeiten müssen, befinden, das wurde wie so oft verschwiegen.

Letztlich erreichte ich doch noch jemand, denn gemäss Programm soll ich mit der Lokomotive nach Dietikon fahren und dort einen Zug übernehmen. Das Programm mit den Informationen zeigt mir jedoch nur den Zug in Dietikon. Wo die Lokomotive steht fand sich nicht. Ich hoffe, dass nun jemand mir erklären kann, wo ich denn mein Arbeitsgerät finden kann. Ohne Lokomotive bin ich ziemlich hilflos und stehe nur blöd da.

Der Anruf brachte die erhoffte Antwort. Das mir zuge-teilte Arbeitsgerät soll in der Lokwartegruppe stehen und auf die Nummer 420 289-1 hören. Den Weg dorthin kenne ich und so mache ich mich auf den Spaziergang.

An den Orten, wo sich sonst die Leute tummeln, ist nie-mand zu sehen und langsam kommt mir der Gedanke, ob das Stellwerk überhaupt mit Personal besetzt ist. Auch wenn meine Lokomotive bewegt werden muss, ist das nicht sicher.

Die Arbeiten um das Arbeitsgerät in Betrieb zu nehmen, werden heute noch mit einer zusätzlichen Aufgabe ver-bunden. Ich muss die Lokomotive noch so vorbereiten, dass ich den Zug anhängen kann.

Die Wagen besitzen keine Kupplung nach UIC mehr und da-her ist auch die Maschine mit dieser neuen automatischen Kupplung versehen worden. Normal ist sie jedoch in der Stellung um mit üblichen Wagen verbunden zu werden.

Eine Fernbedienung, die neben der Kupplung eingesteckt wird, muss aus dem Führerstand mitgenommen werden. Danach kann ich bei der automatischen Kupplung die Sicherungen entfernen.

Jetzt verhindert nur noch ein dünnes Drahtseil und eine Winde, dass das schwere Teil einfach runterknallt. Mit der Fernbedienung, deren Bedienung mich immer etwas fordert. Drück ich die Taste vor dem Schalter, oder war es umgekehrt?

Diesmal dauerte es nicht so lange, wie sonst üblich, bis sich die Winde in Bewegung setzt. Durch das Gewicht der Kupplung wird das Seil gesteckt. Abstellen darf ich erst, wenn das Windenseil locker ist. Es soll ja nicht während der Fahrt reissen, denn sonst kann die automatische Kupplung nicht hochgezogen werden. Der Abschluss der Arbeiten umfasst das Anbringen der Sicherung. So kann sie durch die Kräfte nicht hochgedrückt werden.

Die Fahrt ist so möglich. Ich muss nur noch dem Stellwerk erklären, dass ich die Fahrt beginnen kann. Als ich die Nummer am Funkgerät eintippe, bin ich nicht davon überzeugt, dass jemand Antwort geben wird. Nach kurzer Zeit, kommt jedoch die Ansage, dass der Teilnehmer mit einem anderen Gespräch besetzt ist. Man solle so gnädig sein und warten. Auch nach der dritten Landessprache nahm jedoch niemand ab.

In dem Moment, wo ich wieder auflegen will, meldet sich jemand. Das Stellwerk ist in dem Fall doch besetzt! Auf dem Weg konnte ich Bauarbeiten erkennen. Als ich meinen Spruch aufgesagt habe, erfahre ich, dass mein Gesprächspartner nicht der ist, den ich erwartet habe. Die Antwort ist, dass ich wisse, dass das Stellwerk Ost bis 16.00 Uhr nicht besetzt ist? Jetzt ja und in dem Fall werde ich wohl noch 75 Minuten warten müssen.

Da wir vom laufenden Dienst auch erwarten, dass er uns informiert, wenn sich etwas ändert, rufe ich an. Als die Verbindung steht, erkläre ich, dass die Lokomotive mit rund 60 Minuten Verspätung in Dietikon sein wird. Auf die Frage nach dem Grund, erkläre ich, dass bis 16.00 Uhr das Stellwerk nicht besetzt sei und das müsse es sein, denn sonst komme ich hier nicht weg. Die Weichen stehen nicht für mich und auch sonst geht es nicht.

Noch ahnte ich nicht, dass ich mit dem Anruf die halbe Firma aufgeschreckt habe. Die Wartezeit sollte kurz später mit dem klingelnden Telefon beendet werden. Es ist die Lokleitung, ob es eventuell eine andere Lokomotive gäbe, die so steht, dass die Fernsteuerung die Signale bedienen könne. Soweit ich sehen kann, ist das nicht der Fall und ich erkläre, dass ich keine grosse Auswahl bei den Maschinen habe, ich benötige eine mit Geschwür.

Keine zwei Minuten später war dann der laufende Dienst am Telefon, ob es eventuell eine andere Lösung gebe. Wie, ich kann mir die Fahrstrasse nicht selber stellen und wie es mit dem Personal aussieht, wissen vermutlich die Leute auf der BZ besser als ich auf der kleinen Lokomotive. Wieso erwarten eigentlich immer alle, dass der Lokführer alles weiss. In vielen Fällen ist er oft schlecht bis gar nicht informiert und das ist frustrierend.

Wer alles aus seinen Träumen gerissen wurde, weiss ich nicht, auf jeden Fall musste ich nicht bis 16.00 Uhr warten, denn kurz vor 15.00 Uhr kam Bewegung in den Bahnhof. Auch vor mir änderten die Zwergsignal ihre Meinung. Die Lokomotive verkehrt gemäss R 300.4 nach Dietikon. Ach, Sie wissen nicht, was damit gemeint ist? Es ist der Teil in den Vorschriften, in dem der Rangierdienst geregelt ist. Meine Fahrt ist daher direkt geführt.

Da Weichen fehlten um direkt an den Zug zu fahren, kam ich nicht darum herum, den Führerstand zu wechseln. Dann war es aber kein Problem mehr und ich kam vor dem letzten Zwergsignal vor der Last zum Stillstand. Nicht weil es ein Problem mit der Lokomotive gab, sondern schlicht, weil der Fahrweg noch nicht bis zu meinem Ziel eingestellt wurde. Ich muss erneut den Zugfunk bemühen und noch etwas mehr Weg anfordern.

Kuppeln und Bremsprobe

Da niemand zu sehen ist, muss ich wohl die Arbeiten alleine ausführen. Daher muss zuerst die Lokomotive gekuppelt werden. Das ist dank der automatischen Kupplung sogar eine einfache Sache. Mit der Maschine fahre ich gegen den Zug. Dabei muss eine bestimmte Geschwindigkeit eingehalten werden. Ideal sind 2 km/h. Dann sollte es mit der Verbindung klappen. Die Kupplungen verbinden sich und die Hauptleitung wird entleert.

Der Vorgang ist abgeschlossen! Ich kann den Führerstand erneut wechseln und anschliessend den Zug füllen. Die Daten für die Fahrt habe ich bereits und daher nutze ich die Wartezeit um die Zugdaten einzugeben und diese zu bestätigen. Auf der LEA erkenne ich, dass ich in zehn Minuten losfahren sollte. Das könnte eine knappe Sache werden. Es steht ja auch jetzt noch eine Bremsprobe an und die kann ich jetzt durchführen.

Zuerst begebe ich mich zum ersten Wagen. Dort sollte im Zettelkasten ein Formular vorhanden sein. Immer wenn ich das rosa Formular sehe, kommt mir ein Trickfilm in den Sinn, wo die Helden sich im Haus das Verrückte macht, beweisen müssen. Oft komme ich mir auch so vor. Besonders jetzt, wo das Formular nicht zu finden ist. Damit wird es am anderen Ende zu finden sein. Bevor ich jedoch losgehe, kontrolliere ich einen Bremsklotz, ob er lose ist.

Wieder im Führerstand leite ich eine Bremsung ein und dann geht es auf den ersten Spaziergang zum Schluss des Zuges. Dort angekommen, finde ich das erhoffte rosa Formular auch nicht. Keine Angaben, ob die Zugvorbereitung abgeschlossen wurde und auch keine Hinweise, wie die Last gesichert ist. Wie so oft könnte ich jetzt jemanden in die Wüste schicken. Ohne Hut und auch ohne Wasser, denn jetzt steht eine Hauptbremsprobe an.

Auf dem Weg nach vorne kontrolliere ich, ob bei allen Wagen die Bremsen angezogen sind. Bei den Modellen mit Scheibenbremse geht das einfach, denn dort ist eine An-zeige vorhanden. Diese können vom Bahnsteig aus einge-sehen werden.

Nur die beiden Wagen am Schluss und die zwei an der Spitze haben Klotzbremsen. So gelange ich wieder zur Lo-komotive. Dort kann ich die Bremsen des Zuges wieder lösen und mich erneut auf den Weg machen.

Beim ersten Wagen fand ich nun die angezogene Hand-bremse. Nachdem ich diese gelöst habe, sind die Brems-klötze lose. Beim ersten Wagen mit den Scheibenbremsen war das auch der Fall.

Was dann jedoch kam, löste ein kleines Stossgebet an die heiligen Geister der Eisenbahn aus. Die Bremsen waren nicht gelöst! Ich musste in der Folge an einem grossen Teil des Zuges die Bremsen auslösen. Nur der letzte Wagen war wieder lose.

Da ich an den Bremsen eine Manipulation vorgenommen habe, muss ich an diesen Wagen die Bremsprobe wieder-holen. Der Zug sollte längst losgefahren sein.

Aber die Sicherheit geht vor und so beginnt das Spiel von neuem. Behinderungen mit S-Bahnen, waren der Zeit auch nicht förderlich. Auf jeden Fall, beim zweiten Anlauf war auch bei diesen Wagen die Bremse gut. Der Zug ins Tessin ist für die Fahrt endlich bereit.

Jetzt muss ich jedoch auch bekennen, dass das fehlende rosa Formular ein Vorteil war, denn bei einer Zusatzbremsprobe, hätte ich diese Bremsstörung nicht erkannt. Ich hätte bei offenem Signal nicht losfahren können. Die Zugvorbereitung schloss ich, soweit dies möglich war ab. Die Wagen waren in Ordnung, der Zug korrekt gekuppelt und das Signal für den Zugschluss wurde gesteckt. Zudem wurde die Bremsrechnung gemacht.

Dietikon – San Paolo

Auf Grund meines Standortes kann ich nicht, wie das im Fahrplan vorgesehen war, direkt auf die Stammstrecke wechseln. Die dazu erforderliche Weiche ist von der Lokomotive belegt. Da ich wegen der Länge des Zuges, die doch 300 Meter beträgt, nicht zurücksetzen kann, bleibt nur ein Weg übrig. Dieser führt über die Umfahrung des RBL. Genutzt wird sie oft auch von den Zügen, die von Osten in den Bahnhof fahren müssen.

Am Funk melde ich meine Bereitschaft und ich bekomme zur Antwort, dass es genau über den erwarteten alternativen Fahrweg geht. Eine Verständigung, die in diesem Fall nicht erforderlich gewesen wäre. Die Strecke von Dietikon nach Killwangen-Spreitenbach kann wahlweise befahren werden. Eine Verständigung des Lokführers ist dabei jedoch nicht erforderlich. Auch ein Schnellzug könnte über diesen Weg geführt werden.

Das Signal vor mir ändert den Fahrbegriff. Ich kann losfahren und die leichte Last auf 40 km/h beschleunigen. Auch wenn es sich nur um eine Re 420 handelt, mit 290 Tonnen leeren Wagen hat sie kein grosses Problem. Jedoch ich, denn auch wenn ich vorsichtig zuschalte, ich merke jede Kupplung die gestreckt wird. Ein Nachteil von automatischen Kupplungen und mitunter auch der Grund, warum sie sich bisher nicht durchsetzen konnten.

Bei dem an der Lokomotive verbauten System hoffen wir sogar, dass das schnell der Fall sein wird. Ich habe nur leere Wagen angehängt. Durch die Bauweise der Bremsen könnte ich nach A 105% fahren. Da aber bei der Beschaffung der automatischen Kupplung nicht so viel studiert wurde, muss mit den Werten für die G-Bremse gerechnet werden. Die maximal erlaubten 120 km/h erreiche ich nicht so schnell, doch das ist aktuell nicht wichtig.

Wegen dem Fahrbegriff und auf Grund der Tatsache, dass ich mit dem Zug starte, sind nur 40 km/h erlaubt. Schneller fahren hätte ich auch nicht dürfen, wenn das Signal mehr erlaubt hätte. Es fehlt die Überwachung der Zugsicherung und in dem Fall lassen die Vorschriften schlicht nicht mehr zu. Eine verständliche Regel, auch wenn sie oft nicht eingehalten wird. Besonders von jenen, die dafür verantwortlich sind, dass es die Regel gibt.

Die ersten Meter der Fahrt führen über eine Strecke mit drei Haltestellen. Auch wenn der Shuttle mittlerweile ein Bus und nicht mehr ein alter Triebwagen ist, die Haltstellen Ost, West und Tivoli sind im RBL Relikte davon.

Die sich im Bau befindliche Limmattalbahn, soll das angeb-lich ändern, denn dann soll der Shuttle endgültig ver-schwinden. Doch bis es soweit ist, dauert es noch ein paar Monate, denn die Bahn ist im Bau.

Ein Blick auf die Uhr und in den Fahrplan zeigen, dass der Rückstand bei der Abfahrt 30 Minuten beträgt. Es hätte schlimmer kommen können, denn es ist immer noch nicht 16.00 Uhr.

Wegen der gemütlichen Fahrt über die Weichen kann ich noch keine Bremsprobe auf Wirkung machen. Jedoch muss der Zug kontrolliert werden und das ist hier nicht so leicht möglich. Die Lokomotive besitzt zwar eine moder-ne Kupplung, aber keine Rückspiegel.

Erst wenn diese fehlen, merkt man deren Vorteil. Jetzt ist der Blick zurück die einzige Möglichkeit. Bei 60 km/h und bei dem schönen Wetter, ist das kein Problem.

Wenn ich jedoch mit der doppelten Geschwindigkeit fahre, halte ich den Kopf nicht mehr in den Fahrtwind. Selbst eine Mücke, kann in diesem Fall zu einem Elefanten werden. Doch nun muss ich mich nach vorne ausrichten, denn ich nähere mich Killwangen-Spreitenbach.

Hier stehen wir mit den Güterzügen oft, weil die Züge des Fernverkehrs zuerst durch den Heitersberg fahren. Heute entfällt jedoch die Wartezeit und ich kann zufahren. Jetzt wird es erstmals schneller und bis zum Scheitelpunkt muss ich noch mit der Bremsprobe auf Wirkung warten. Nach den Problemen ist jedoch auch wichtig, dass der Zug friedlich rollt. Bei der Kontrolle konnte ich noch keine Rauchzeichen erkennen.

Bei der Bremsprobe auf Wirkung merke ich den Nachteil der automatischen Kupplung. Nahezu jeder Wagen, der bremst, erzeugt auf der Lokomotive einen Schlag. Auch wenn ich mich sehr bemühe, bei den Zügen mit dieser Kupplung sind solche Reaktionen oft nicht zu vermeiden. Auch wenn die Kräfte aktuell noch nicht so gross sind, es ist unangenehm. Komfort für den Lokführer auf einem Güterzug ist nicht gefragt.

Immerhin bremsen die Wagen und dank der Klimaanlage, die auf der Lokomotive arbeitet, komme ich gut voran. Wobei der Blick auf die Uhr verrät, dass das nicht lange so sein wird. Ich komme genau zu der Zeit nach Hendschiken, wenn dort die S-Bahn nach Rotkreuz fährt. Auch wenn aktuell nicht viel Verkehr vorhanden ist, der muss ich trotz der Verspätung folgen. Das war vor nahezu 30 Jahren so und das wird sich nicht ändern.

Daher verwundere ich mich nicht, als sich ADL meldet. Die elektronische Lösung, die den denkenden Lokführer ersetzen soll. Daher ignoriere ich die Vorgaben. Ich weiss, vor mit ist ein RABe 523. Daher kann ich mit 70 km/h dem Zug folgen und laufe so nicht auf. Für ADL ist das jedoch zu nahe und daher kommen die neuen Meldungen im Abstand von Minuten. Einmal 60, dann 65, dann 50 und dann ADL END. Mein Tempo änderte ich nie.

Der Abstand zum Fahrplan beträgt nun mehr, als bei der Abfahrt. Das verwundert mich nicht, denn die Umleitung und nun die gemütliche Fahrt nach Rotkreuz waren nicht förderlich. Wobei sich eigentlich bei der Fahrt mit dem Zug das Problem erst im Kanton Uri zeigen wird. Wenn ich nicht genug Abstand vor dem IC habe, dann muss ich warten. Doch noch muss ich die letzten Meter auf der Aargauer Südbahn absolvieren.

In Arth-Goldau habe ich einen Rückstand von 45 Minuten. So werde ich nicht pünktlich ankommen, aber auf der nun befahrenen Strecke ist bekanntlich ein pünktlicher Güterzug eine Betriebsstörung. Wegen den Feiertagen ist jedoch kaum Verkehr vorhanden. Doch die Uhr zeigt es mir, es wird nicht in den Tunnel reichen, denn der IC ist sehr nahe hinter mir. Auch mit 120 km/h bin ich im Basistunnel zu langsam.

Seit Brunnen hat ETCS die Kontrolle übernommen. Mit dem Wechsel in den Level 2 ist zumindest das Problem mit dem reduzierten Bremsgewicht entfallen. Das System rechnet einfach einen längeren Bremsweg. Aus 100 km/h sind das bis zum Stillstand rund 2500 Meter. Vor wenigen Minuten hatte ich dazu bei gewissen Signalen knapp 1000 Meter zur Verfügung. Bei ETCS bremst man wirklich sehr gemütlich und ADL kommt mit einer neuen Meldung.

Schnellfahrt bis Sedrun. Das klingt insofern gut, nur zeigt mit der Level 2 an, dass ich gleich auf 80 km/h reduzieren muss. Eine Reduktion, die nicht wegen der Baustelle erfolgt, sondern wegen der Tatsache, dass ich im Bahnhof Altdorf ablenkende Weiche befahren muss. Danach ist die Anzeige am DMI auch nicht zuversichtlicher und es kommt, wie ich es erwartet habe. Ich muss vor den Tunnel einen Stopp einlegen.

Manchmal könnte ich die neuen Systeme, wie ADL, einfach auf den Müll schmeissen. Ich stehe, weil ETCS Level 2 mit noch einen Fahrweg von 46 Metern zulässt, ADL verlangt jedoch immer noch Schnellfahrt bis Sedrun. Durch diese Meldung entfallen nun aber die vorgesehenen Hinweise zur Weiterfahrt. Diese waren zur Optimierung der Abfahrt vorgesehen. Jedoch reicht es, wenn ich losfahre, wenn das System pieps, denn dann änderte sich etwas.

Dieser Pieps kam noch bevor der IC vorbeifuhr. Ich kann beschleunigen. Dank dem leichten Zug geht das recht schnell. Rechts von mir taucht er dann auf. Es ist ein neuer RABe 501, der in den Tunnel fährt.

Für das Personal im Gleisfeld ein gefährlicher Zug, denn der ist so leise, dass man ihn nicht kommen hört. Plötzlich ist er da. Da muss man die Augen offenhalten. Ansonsten endet es so, wie vor ein paar Tagen im Tessin.

Vor mir fährt ein Zug, der mit bis zu 250 km/h durch den Tunnel fahren kann. Auch wenn er aktuell nicht mit vollem Tempo fährt, ich kann mit dem Güterzug auf die vorge-sehene Geschwindigkeit beschleunigen.

Im Basistunnel bedeutet das, dass ich die 120 km/h erstmals auch ausfahren kann. Die Meldung von ADL ist immer noch vorhanden, auch wenn diese niemanden kümmert, denn jetzt gilt es den Rückstand etwas zu minimieren.

Die Spannung bei der Fahrt durch eine 57 Kilometer lange Betonröhre ist längst verschwunden. Auch wenn der Basis-tunnel heute etwas kürzer sein wird, als normal. Ich bin immer noch rund 30 Minuten im Tunnel.

Abwechslung bieten nur die Nothaltestellen in Sedrun und Faido. Gerade bei der ersten kontrolliere ich den Fahrplan. Der Rückstand ist auf sonderbare Weise auf unter 30 Minuten gesunken. Die Überholung war daher geplant.

Der Tunnel ist dunkel, laut und verdammt lange. Jedoch hatte ich bisher noch nie sonderbare Phänomene erlebt. Mir wurde von einer Frau berichtet, die angeblich zwischen Sedrun und Faido im Führerstand sitzen soll. Ob sich die heilige Barbara nun auch dem Schutz des Lokomotivpersonals angenommen hat? Auf jeden Fall auch diesmal merkte ich von diesen Vorfällen nichts und so kann ich langsam das Licht am Ende des Tunnels suchen.

Das Südportal kommt hier eher überraschend, denn der Tunnel macht eine leichte Kurve. In der oberen Röhre sah man 7.5 Kilometer lang, wie das Wetter in Göschenen ist. Jetzt ist es im Tessin schön. Auch wenn die Sonne schon hinter den Bergen verschwunden ist, und sich lange Schatten gebildet haben. Die Uhr verrät mir, dass der Rückstand sich bei 25 Minuten eingependelt hat. Viel werde ich nicht mehr einholen können.

Im Gegensatz zu den normalen Touren, lasse ich Biasca links liegen und fahre direkt in Richtung Bellinzona. Das ist seit ich im RBL stationiert bin, eher selten geworden. Auch wenn ich gehofft hätte, dass es nicht so oft in diese Richtung gehen würde. Probleme zeigen sich auch nicht, denn auf dem DMI wird eine reichlich grosse Distanz zum nächsten Halt angezeigt und die Nachschaltung erfolgt auch regelmässig, ich kann mich auf Castione vorbereiten.

Am DMI wird mit angezeigt, dass ich ETCS Level 2 in Castione verlassen werde. Eine Meldung, die nur im Süden kommt und die immer wieder verwunderlich ist, denn eine Alternative gibt es nicht. Zudem ist hier noch speziell, dass die Bremskurve durch das Signal angestossen wird, aber eine Korrektur nicht immer erfolgt. Doch nun muss ich noch nach der Entlassungsgeschwindigkeit sehen. Jene von ETCS ist tiefer.

Noch ein paar Meter und dann komme ich am Ziel dieser Fahrt zum Stillstand. Ich habe San Paolo erreicht und der Blick auf die Uhr verrät mir, dass der Rückstand immer noch 25 Minuten beträgt. Auch der Kollege aus dem Tessin ist schon bereit und so können wir den Wechsel vornehmen. Auch die Übergabe an den übernehmenden Lokführer hat sich seit dem Virus leicht verändert. Es ist die Lösung Re 620 vorhanden.

Mit anderen Worten. Zuerst steigt der ankommende Lokführer aus, dann erfolgt die Übergabe neben der Lokomotive. In dem Gleis, wo ich stehe geht das, aber in anderen Bereichen ist das nicht so leicht möglich. Wenn dann im dümmsten Moment der IC und die Ecke kommt, ist es leider zu spät, um sich darüber noch Gedanken zu machen. Die Regel ein Mann auf Lok ist daher nicht nur gut, es gibt damit auch Probleme, besonders in kritischen Bahnhöfen.

San Paolo

San Paolo, der Güterbahnhof von Bellinzona wurde in den vergangenen Jahren kräftig umgebaut. An der Stelle von Handweichen und Rangiersignalen wurden Zwergsignale aufgestellt. Mit dem letzten Schritt verschwanden dann noch der Ablaufberg und die Geleise wurden massiv verlängert. Jedoch vergass man bei der Planung, dass sich hier auch Personal bewegen muss. So angenehme Ideen, wie freier Raum und sichere Wege gingen vergessen.

Nicht jedoch in dem Bereich, in dem ich mich befinde, denn hier gibt es einen schönen Übergang und den kann ich nutzen um aus dem gefährlichen Bereich zu gelangen. Anschliessend bleibt heute nur der Weg zu den Aufenthaltsräumen und so zum Automaten der Firma, die diese an den entsprechenden Stellen platziert. Wer für die Auswahl der darin enthaltenen Produkte verantwortlich ist, weiss ich nicht. Gesund ist das meiste jedoch nicht.

Dank der Verspätung kann ich mich während etwas mehr als zwei Stunden damit beschäftigen. Eine Zeit, die problemlos für eine Pizza ausreichen würde. Von den alten Standorten waren solche immer wieder vorgesehen. Seit ich im RBL arbeite, veränderte sich auch die Verpflegung. Mit den neu definierten Pausenorten, können wir nahezu überall eine Pause machen. Ob unser Schlüssel passt, ist jedoch den verantwortlichen Stellen egal.

Diesmal muss ich die Türe, die in der Regel deutlich schmaler ist, als das im restlichen Land üblich ist, nicht öffnen. Sie erlaubt den freien Zugang. Sonst geht sie nur auf, wenn man den Badge benutzt. Sofern dieser funktioniert. Zur Not greift man zu dem Schlüssel. Dank Corona kann man eintreten. Flankiert von den Plakaten der Behörden und dem Hinweis, dass sich in jedem Raum nur fünf Personen aufhalten dürfen.

Ausser mir ist nur ein Kollege von Basel anwesend. Er arbeitet für die internationale Abteilung. Dabei meinte er nur, dass SBB Cargo International offiziell Kurzarbeit habe, er jedoch dauernd am Arbeiten sei. Na ja, das Problem bei der Kurzarbeit ist, dass diese von der Politik für die Schweizerischen Bundesbahnen SBB nicht eingeführt wird. Ein Staatsbetrieb könne das nicht. Aha, aber über Jahre hinweg in die Versicherung zahlen dürfen wir.

Der basler Kollege meint nur, dass es zudem verhext sei. Sämtliche Züge verkehren pünktlich, oder sind zu früh. Nur der Zug, den er machen müsse, habe wieder einmal Rückstand. Ein Szenario, das mir durchaus auch passieren könnte, denn der vom Lokführer in Bellinzona von mir übernommene Zug fährt nach Stabio. Dort übernimmt er dann den Zug, den ich ab San Paolo fahren werde. Meine Verspätung, kann sich daher übertragen.

Ein Snack und Kaffee müssen reichen. Zwar gab es mal den Hinweis, dass ein Apfel für eine Tour von acht Stunden ausreicht. Mein Problem ist, dass meine Leistung jedoch nahezu zehn Stunden dauert. Ob jetzt dem Affen eine Banane zugestanden wird? Beides fand sich in dem Automaten nicht. Dort wo zumindest die Äpfel sein sollten, klaffte nur ein Loch. Die warme Mahlzeit ist schlicht nicht vorhanden und so bleibt nur der PC.

Nicht dass es dort Futter gibt, aber ein Programm, das mir zeigt, wie es sich mit dem Heimweg anstellt. Der Güterzug, den ich nach Dietikon führen werde, hat soeben Stabio verlassen. Die Zahl hinter der Zugnummer besagt, dass dies rund 20 Minuten zu früh erfolgt war. Ein erster Lichtblick, denn so könnte die Pause doch noch ein glückliches Ende finden. Noch reicht es für einen weiteren Kaffee und doch noch einen letzten Blick in den Automaten.

Als sich der Zug nähert, verlasse ich die Räume und folge dem Weg in Richtung Norden. Diesen haben sie angelegt, nach dem die Proteste zu gross wurden. Weiter oben wird es dann kritischer, denn dann muss ich die Geleise queren. Das um die abgestellten Züge des Personenverkehrs. Nach jedem kann der Tod lauern und wo der Zug einfährt, weiss ich nicht, dann dass kann die Fernsteuerung angeblich nicht vorhersagen.

Zurück nach Dietikon

Der Personalwechsel lief gut ab, denn der Zug wurde in ein Geleise gelassen, dass relativ gerade ist. Zudem führten wir das obligatorische Gespräch vor der Lokomotive mitten im Gleis durch. Sicherlich kein Ort, den die Vorgesetzten gerne sehen, aber in diesem Bahnhof die sicherste Stelle. Auf jeden Fall, sollte der Lokführer nicht vom eigenen Zug überfahren werden, denn dann ging wirklich einiges schief bei der Übergabe.

Zudem sind die Worte in diesen Fällen meistens sehr beschränkt. Wobei diesmal das «tutto in ordine» durch ein «buona Pasqua» ergänzt wurde. Danach trennten sich die Wege und ich konnte in den Führerstand steigen. Bevor ich jedoch etwas für die Weiterfahrt unternehme, sind die neuen Schutzmassnahmen erforderlich. Daher folgt nun der Griff zur Flasche mit dem Desinfektionsmittel. Dieses soll den Führertisch keimfrei machen.

Danach sind die Hände an der Reihe. Man versucht wirklich alles, damit man nicht im Spital landet. So müssen die Regeln der Behörden eingehalten werden und auch der Betrieb erliess Vorschriften. Dazu gehört, dass wir unseren Arbeitsplatz bei der Übernahme desinfizieren müssen. Bei einer Lokomotive ist das deutlich mehr, als bei einem Bürotisch. Daher bemüht man sich, die Bedienelemente so gut es geht zu behandeln.

Wenn ich das Etikett auf der Flasche ansehe, dann ist es spannend, denn wir verteilen hochprozentigen Alkohol im Führerstand. Als vor Jahren einem Kollegen die in Italien gekaufte Flasche im Führerstand zerbrach, schämte er sich.

Heute reicht es, wenn man sagt, ich habe doch nur den Führertisch desinfiziert. So verändert sich die Welt und in unseren Aufenthaltsräumen riecht es immer mehr wie in einem Spital. Was eine Panik alles ergibt…

Es wird Zeit um den Heimweg anzutreten. Zwar meint der Fahrplan, dass dies erst in 25 Minuten erfolgen soll. Jedoch will ich auch wieder nach Hause, denn die Tour ist lange und begann nicht besonders gut.

Ohne lange zu warten, antwortete mir die Fernsteuerung. Die Antwort stimmt mich zuversichtlich und so wandert mein Blick zum Signal. Erst jetzt bemerke ich, dass ich ausgerechnet im gefährlichen Gleis 502 stehe.

Das Gleissignal wurde so hinter zwei Masten für die Fahr-leitung versteckt, dass es kaum erkannt werden kann. Jetzt mit dem letzten Tageslicht geht es noch, aber in der Nacht, erkennt der Lokführer das eigene rote Signal nicht.

Auch mich hat es schon erwischt. Ich meldete mich, das Signal ging auf Fahrt und der andere Zug fuhr los. Erst, als sich mein Signal öffnete, erkannte ich, dass sich hinter den Masten noch ein Signal befindet.

Eigentlich sollte ich das melden. Nur ich weiss dann, was passiert, denn die Antwort ist oft, dass scheinbar nur ich damit ein Problem hätte. Scheinbar bin ich das Problem und nicht die gefährlichen Anlagen. Daher fluche ich etwas auf dem Führerstand und belasse es dabei. Wer scheinbar Fehler an den Anlagen melden will, ist ein Problem. Dass so die Motivation nicht besonders hoch ist, versteht sich. Dabei sollte im Führerstand der Frust nicht mitfahren.

Die Fahrt durch das Tessin am Abend ist für viele Lokführer spannend. Besonders für jene Kollegen, die es erst mit dem Basistunnel in diese Gegend schaffen. Nach all den Jahren kenne ich den Abschnitt so gut, dass mir nicht einmal auffällt, dass der Schutt neben der Strecke verschwunden ist. Dank ETCS Level 2 schaut man nicht mehr so oft aus dem Fenster. Die wichtigen Angaben finden sich auf einem Monitor und das gilt auch für die Schutzstrecke.

In der LEA steht, dass es sich um eine fakultative Schutzstrecke handelt. Jedoch wird diese auf dem DMI immer angezeigt. So werden die Lokomotiven ausgeschaltet, obwohl es nicht nötig ist. Mit der Re 420 habe ich keine Anzeige der Spannung, wenn der Hauptschalter ausgelöst wurde. Bei modernen Baureihen sieht man, dass die Spannung nicht ausgefallen ist. Ein Problem beim ETCS soll schuld sein. Seit Jahren gibt es jedoch keine Lösung.

Der an der Lokomotive angehängte Zug ist knapp 500 Tonnen schwer. Auf den Wagen befinden sich nun Auflieger. Diese gehören einem Unternehmen, das zumindest gemäss den Anschriften, Früchte transportiert. Das wird auch stimmen, denn dieser Zug versorgt das Land mit frischen Früchten und Gemüse aus dem Süden. Damit diese nach den Feiertagen in den Läden in den Gestellen zu finden sind, fahre ich mit dem Zug in den Norden.

Grosse Probleme ergaben sich nicht, ich konnte direkt in den Basistunnel einfahren und so mit den erlaubten 120 km/h zufahren. Da sich scheinbar vor mir kein langsamerer Zug befand, konnte ich die 57 Kilometer so schnell fahren und in Richtung Norden kündigt sich das Portal etwas besser an. Auch das in dieser Röhre befindliche Tor zur Hölle ist ein Hilfsmittel. Also das Besucherfenster, das gut erkannt werden kann. Gerade als ich es passiere meldet sich der Langsamgang wieder.

Erstmals etwas langsamer fahren musste ich in Altdorf. Dort wird gebaut, denn aus dem Regionalbahnhof soll einer für den Fernverkehr werden. Daher wurde eine Langsamfahrstelle aufgestellt.

Wenn diese mit mehr als 40 km/h befahren werden kann, erkennen wir diese weder auf der LEA noch anhand von Signalen. Nur auf dem DMI ist eine Ermässigung vorhanden. Das ist so vorgesehen. Ich finde den fehlenden Hinweis jedoch schade.

Langsamfahrstellen sind immer auch ein Grund sich etwas mehr auf den Bereich neben dem Gleis zu konzentrieren. Hier sind Bauarbeiter zu erwarten, die nahe am gefährlichen Bereich arbeiten.

Ein Lokführer, der auf diese Situation vorbereitet ist, achtet auf solche Situationen. Ein kurzer Pfiff und das Personal weiss, dass ein Zug kommt. Heute sind jedoch keine Arbeiten im Gang und so erübrigt sich diese Handlung.

Auch sonst komme ich gut voran. Das zeigt sich auch im Bezug auf den Fahrplan, denn ich gewinne immer mehr an Vorsprung. Bei der Durchfahrt in Muri AG bin ich bereits 50 Minuten vor dem Fahrplan unterwegs. Wie weit das noch der Fall sein wird, weiss ich nicht, denn ADL meldet sich. Ich habe beinahe vergessen, dass dieses System aktiv ist, denn seit der Abfahrt hat es sich nicht gemeldet. Da die Reduktion auf 95 km/h vorgesehen ist, nicht schlimm.

Wegen den Bremsen, die auch jetzt nicht so gut wirken, wie das sonst der Fall wäre, kann ich nicht viel schneller fahren. Im Gegensatz zur Fahrt im Level 2 muss ich jetzt die Bremswege berücksichtigen. In Othmarsingen musste ich die Bremsen der Wagen erstmals zur Hilfe nehmen. Dank vorausschauender Fahrt konnte ich das bisher vermeiden. Eine Bremsung auf ein rotes Signal geht jedoch nicht alleine mit der elektrischen Bremse.

In Othmarsingen komme ich erstmals zum Stillstand. Von Westen kommen jetzt die Schnellzüge und vor diesen komme ich nicht durch den Heitersbergtunnel. Wegen der automatischen Kupplung muss ich dort langsamer fahren, als sonst und so verwundert mich diese Situation nicht weiter. Zudem habe ich genug Vorsprung, dass ich etwas warten kann. Eine Gelegenheit, einen Schluck aus der Getränkeflasche zu nehmen, denn ich habe Durst.

Die Wartezeit war nur kurz und so geht die Reise nach der Befreiung weiter. Durch den Heitersbergtunnel und dann wieder über die Südumfahrung des RBL. Es scheint, als komme ich gut nach Dietikon. Kurz vor der Haltestelle RBL Ost meldet sich der Fahrdienstleiter am Funk. Die Information, die ich jetzt bekomme, habe ich erwartet, denn ich muss selber abhängen und den Zug anschliessend sichern. Das Rangierteam sei noch nicht vor Ort und komme erst später.

Zug sichern und nach Hause

Ich habe mit der üblichen Definition der Arbeiten meine Mühe. Der Zug ist abzuhängen und anschliessend zu sichern. Wenn wir nun den Aspekt der Sicherheit dazu nehmen, ist die geänderte Reihenfolge besser. Zuerst wird die Last gesichert. Die dazu benötigte Zeit drängt nicht, da der Zug ja noch von der Lokomotive gehalten wird. Egal wie, wichtig ist, dass die Arbeit sicher erfolgen kann und das ist hier nicht gerade geboten.

Ich stehe im Gleis zwei. Links von mir fahren die S-Bahnen, die weiter nach Killwangen-Spreitenbach wollen und rechts jene, die in Dietikon enden. Da ich korrekt arbeite, rufe ich den Fahrdienstleiter auf und verlange die Sicherung eines der beiden Geleise. Eine Massnahme, die zu meinem Schutz ist und die, wie könnte es anders sein, von der Betriebsleitzentrale nicht mit Freude aufgenommen wurde. Ein Problem, denn dann bleibe ich stehen.

Es gab eine Lösung. Die S-Bahn, die auf das Gleis eins fährt, macht Fahrt auf Sicht und dann kann ich arbeiten. Eine Lösung, die vermutlich auch nicht geht, aber so lange der Betrieb vor der Sicherheit des Personals Vorrang hat, so lange wird es immer wieder schwere Unfälle geben. Ich will nicht das nächste Opfer sein und wenn es keine Lösung gibt, dann ist klar. Ich bleibe stehen und warte die Zeit bis das Manöver eintrifft.

Wir einigen uns auf einen Kompromiss. Ich mache meine Arbeit und achte darauf, dass in zehn Minuten die S-Bahn auf Gleis eins einfährt. Mit anderen Worten, es liegt wieder am Lokführer. Glücklich ist niemand und die Leute auf der BZ schon gar nicht, wenn der Lokführer beschliesst, die Strecke zu blockieren. Erlebt habe ich das schon, als meine Lokomotive neben der angeforderten Leistung auch dicken Rauch produziert hatte.

Innert zehn Minuten drei Anrufe, ob man nicht mit Zügen fahren könnte. Nie kam auch jemand auf die Idee, dass der Lokführer bewusstlos neben der Lokomotive liegen könnte. Mit Rauch soll nicht gespielt werden, besonders wenn dieser nicht einer Rauchkammer entweicht. Besonders auch dann nicht, wenn es nicht jener ist, der zum Genuss dient. Die Erfahrung hat mich eines gelehrt, ich muss auf mich aufpassen und daher weiss ich auch, wie ich mich im Gleis zu verhalten habe.

Auf der Lokomotive bestimmte ich, wie viel Stillhaltebremskraft ich benötige. Dann rufe ich die Wagenliste auf und suche die schwersten Wagen. Das ist kein Problem, da alle mit geringen Abweichungen gleich schwer sind. Im Gleisfeld muss ich dann nur noch die Anzahl der benötigten Handbremsen definieren. So ist die Arbeit schnell und effektiv ausführbar. In meinem Fall benötige ich für den Zug eine Kraft von 38 kN.

Erforderlich waren zwei Handbremsen. Mit einer schaffte ich das Gewicht nicht und erst mit der zweiten waren die Bedingungen erfüllt. Damit ist zumindest der erste Teil der Arbeit erledigt, der Zug ist gesichert und ich begebe mich auf den Bahnsteig. Hinter der weissen Linie bin ich sicher und von dort kann ich die Nummern der betreffenden Wagen ebenfalls ablesen. Diese trage ich, wie weitere Angaben in dem rosa Formular ein.

Dieses kommt anschliessend in den Zettelkasten des ersten Wagens und dann kann die Lokomotive entkuppelt werden. Auch wenn in den Vorschriften von einer automatischen Kupplung gesprochen wird, die Sache ist nur halbautomatisch. Entkuppeln muss ich daher manuell.

Das geht eigentlich ganz einfach, dazu muss man nur den Bügel aus der Sicherung nehmen und kräftig ziehen. Helm ist Pflicht, owohl man nich an den Pufferteller kommen sollte. Dumm ist nur, dass der dumme Lokführer die Sicherung nicht knacken kann.

Nein, so blöd bin ich auch wieder nicht, auch wenn es sicherlich Leute gibt, die das behaupten. Das Seil war einfach zu stark gespannt und die Halterung leicht verbogen. Daher entschied ich mich für das Exemplar, das sich beim Wagen befand.

Kräftig am Griff ziehen und gut hinhören. Das kurze Zischen ist das Signal. Zudem kann ich an einer Anzeige nachsehen. Die Lokomotive ist entkuppelt worden. Damit ist die Arbeit abge-schlossen.

Mit der Lokomotive fahre ich diesmal als Lokomotivzug in den RBL. Einmal so, dann wieder so, wer da keinen Fehler machen will, muss aufpassen.

Nachdem ich mich gemeldete hatte, kam auch die S-Bahn in das Gleis eins, das bisher leer war. Dann konnte ich auswechseln und in Richtung meines Zieles fahren. Dieses sollte letztlich die Lokwartegruppe sein. Dumm ist nur, jetzt fahre ich in ein anderes Gleis. Der Kreis ist nicht geschlossen.

Die Lokomotive muss abgerüstet werden. Bevor ich das jedoch kann, muss ich die Kupplung noch hochklappen. Würden die Maschinen nicht laufend andere Züge führen, könnten wir uns die Arbeit ersparen. Da ich jedoch mit einem deutlichen Vorsprung angekommen bin, habe ich die benötigte Zeit. Ich muss nicht vorzeitig nach Hause, denn ich bin schon froh, wenn ich pünktlich Schluss habe, denn das war auch schon anders.

Meine Nerven liegen blank. Was mache ich an der Fernbedienung falsch? Die blöde Winde will einfach nicht arbeiten. Kurz bevor ich die Fernbedienung in den Schotter werfe, ein letzter Versuch. Taste drücken, dann die Richtung wählen. Welche hoch und welche runter ist, steht natürlich nicht drauf und ich mit meiner Dummheit wählte natürlich wieder die falsche Richtung. Ob ich das noch kapieren werde, steht in den Sternen. Doch nun geht es hoch.

Den Bolzen einstecken und dann den Sicherungsstift. Nur wo zum Teufel ist der? An der Kette befindet er sich auf jeden Fall nicht mehr. Am Boden werde ich fündig, er hat sich elegant von der Kette befreit. Eine kleine Reparatur und dann ist auch das Kapitel beendet. Die Lokomotive kam remisiert werden. Nach meiner Information geht es nach den Feiertagen in den Unterhalt. Es wird nun aber auch Zeit tschüss zu sagen.

Die Kontrollen an der Maschine sind längst zur Routine geworden. Kontrolliert werden die Bauteile, wie die Dämpfer und die Primärfederung. Letztere sind hier zwar dauernd am quitschen, aber sonst in Ordnung. Die Kontrolle der Farbscheibe erspare ich mir, denn die gibt es auf dieser Lokomotive nicht mehr, denn die Daten werden elektronisch erfasst. 

Auch wenn es vorgeschrieben ist, so wirklich daran hält sich hier im RBL niemand. Die Lokomotiven müssen abgeschlossen werden! Angeblich ist das ein grosses Problem bei der Sicherheit. Kaum sichtbare Signale ignoriert man, aber eine versehentlich nicht abgeschlossene Lokomotive führt gleich zum Einsatz aller erdenklichen Behörden. Ich fürchte, ich bin der Einzige der das nicht ganz versteht.

Da der Betrieb im Bahnhof nun zwei Tage ruhen wird, schliesse ich die Lokomotive ab. Danach kann ich mich mit ruhigem Gewissen entfernen. Ich hoffe einfach nicht, dass jemand die automatische Kupplung abmontiert. Schliesslich sehen die Maschinen damit doch sehr schön aus. Zumindest passen sie nun zu meinen Modellen. Es fehlen eigentlich nur die passenden Wagen, dann kann auch ich in die Zukunft starten.

Der Weg durch den Bahnhof kenne ich und auch wenn die Gedanken schon beim Feierabend sind, ich muss aufpassen, denn auch die neuen Maschinen hier sind sehr leise unterwegs. Da kann und darf man sich nicht auf die Ohren verlassen. Feierabend ist erst, wenn man den Gleisbereich verlassen hat. Dann blickte ich auch auf die Uhr. Von meinem Vorsprung sind noch knapp 30 Minuten verblieben. Noch die Hände waschen und dann ab nach Hause.

Es wird lange dauern, bis ich wiederkomme, denn nun habe ich frei und anschliessend Ferien. Dank dem Regime, das sich Bundesrat nennt und den zusätzlichen Weisungen des Arbeitsgebers bedeutet das schlicht, dass ich drei Wochen Hausarrest habe. Früher gab es diesen, wenn man nicht gehorsam war. Jetzt wurde dieser staatlich verordnet. Eine Welt, in der wir hoffentlich nicht mehr so lange leben müssen, denn eigentlich hatte ich ein Programm.

 

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