Erstfeld - RBL - Erstfeld

Es ist ein Freitagmorgen, den man ohne weiteres verschlafen durfte. Regen, kühl und obwohl es Sommer ist, liegt in den Bergen schon wieder etwas Neuschnee. Ich habe bis weit in den Morgen hinein geschlafen. Gestern Abend wurde es noch spät, ich war bei einem Freund eingeladen und die Heimfahrt dauerte lange. Mein Wochenende geht zu Ende. Zuerst schaue ich im Briefkasten nach, ob die Post etwas gebracht hat. Die Zeitung, eine Zeitschrift und ein paar Rechnungen sind die „Beute“ meines ersten Ausflugs vor die Türe.

Jetzt geht es in die Küche, obwohl ich erst aufgestanden bin, sagt die Uhr, dass es Zeit zum Mittagessen ist. Dies beeindruckt mich wenig, ich nehme jetzt gemütlich mein Morgenessen ein. Etwas Kaffee, Brot, Butter und Honig, eben ein ganz gewöhnliches Frühstück um 11.50 Uhr. Nach dem Essen wird zuerst die Zeitung gelesen. Einige Schlagzeilen darin gefallen mir nicht, lese ich doch, dass mein Arbeitgeber meine Stelle nach Arth-Goldau verlegt und die Proteste seitens des Kantons nichts fruchten. Von arroganter Haltung und sozialer Inkompetenz ist die Rede. Der Reporter meint damit vermutlich nicht die Kantonsregierung.

Ja, Freude an diesem Entscheid habe auch ich nicht, denn wer will schon einen längeren Arbeitsweg. Nur, letztlich werde ich keine andere Wahl haben, als mich versetzen zu lassen. Andere Kollegen versuchen es mit einem anderen Arbeitgeber, aber auch das birgt ein Risiko. Motivierend ist dieser Umstand auch nicht, aber letztlich muss man ja froh sein wenn man überhaupt Arbeit hat. Mich trifft es nicht so schwer wie andere Kollegen, denn ich kann umziehen. Das geht nicht, wenn man ein eigenes Haus hat.

Mit meinem Hobby lenke ich mich etwas von den Problemen ab. Es reicht, wenn ich am Abend die besorgten Gesichter einiger Kollegen sehe. Die Zeit vergeht rasch, wenn man sich seinem Hobby widmet. Die Uhr zeigt gerade vier Uhr nachmittags, als ich in der Küche das Mittagessen zubereite. Ja, ich muss jetzt am Abend noch was richtiges Essen, denn ich muss noch zur Arbeit. Die erste Nachtdiensttour steht auf dem Plan.

 

Reserve

Als ich das Haus verlasse ist es gerade 18.45 Uhr. Es regnet immer noch, und so muss ich mit Schirm zur Arbeit. Einige Personen gehen gerade in den Ausgang und andere machen Feierabend. Letztlich komme ich im Depot an. Zuerst habe ich etwas Reserve. Genau genommen reicht die Zeit, um mit einer Schiebelokomotive nach Göschenen und zurück zu fahren. Aber die Mitarbeiterin am Schalter, dem so genannten laufenden Dienst, teilt mir mit, dass sie keine Arbeit hat. Das heisst, die erste Zeit meiner Arbeit verbringe ich im Reservezimmer. Die Zeit kann ich jedoch gut nutzen, um meine Arbeitsmappe wieder mal aufzuräumen. Von Zeit zu Zeit ist das nötig, da unwichtige Miteilungen oft darin verschwinden und letztlich vergessen gehen. Wer will schon den ganzen Tag unnützes Papier mitschleppen.

Es gibt doch noch etwas Arbeit für mich. Zusammen mit einem Kollegen, der das gleiche Schicksal wie ich hat, müssen wir in der Remise eine Vielfachsteuerung einrichten. Eine Arbeit, die sein muss. Dabei gilt es, die korrekte Funktion der Steuerung und der Bremsen zu überprüfen. Ist ja auch sinnvoller, wenn man die Sache im Depot prüft, als wenn letztlich der Zug am Gotthard stehen bleibt, weil die Vielfachsteuerung nicht korrekt funktioniert.

Es hat sich eingespielt, dass die beiden Lokführer, sofern es überhaupt zwei sind, je eine Lokomotive übernehmen. Wenn man es alleine macht, dauert es halt länger, da zuerst die Fernsteuerung der jeweils anderen Lok getestet werden muss, danach kann man erst die Vielfachsteuerung testen. Auf jeden Fall bei unseren beiden Loks einer Re 421 und einer Re 620 funktioniert alles bestens. Da ich auf der Re 620 bin, und diese noch keine Leistung gefahren ist, muss ich das Leistungscouvert ausfüllen. Im Kopf schreibe ich deshalb die Nummer der Lok ein, es ist die 620’042-2. Irgendwo an einer gut sichtbaren Stelle schreibe ich mit Kreide die Nummer der anderen Lok im Führerstand an. In unserem Fall 421'378. Beide Loks tragen den neuen Cargo-Anstrich, was noch recht selten ist. Mein Kollege ist bereits bereit um die Bremsen zu prüfen. Ich kontrolliere bei der Re 620 an allen Achsen, ob die Klötze anliegen, oder ob sie lose sind. Logischerweise müssen entweder alle lose oder fest sein. Das ist auch der Fall. Diese Kontrolle machen wir mit beiden Bremssystemen der Lok.

Jetzt wechselt alles. Ich bediene jetzt die Re 620 und mein Kollege überprüft die Re 421. Auch jetzt klappt es und die Bremsen arbeiten auch richtig. Zuletzt ergänze ich noch den Luftvorrat. Die Lokomotiven können jetzt wieder ausgeschaltet und remisiert werden. Ihre Arbeit beginnen sie erst in ein paar Stunden hat der Schaltwärter uns gesagt. Ganz zuletzt informieren wir ihn, dass die Vielfachsteuerung in Ordnung sei. Noch schnell einen Kaffee trinken und danach geht es wieder durch den Regen ins Dienstgebäude.

Die nächste Zeit ist es ruhig, es stehen keine weiteren Arbeiten an. Die Uhr zeigt gerade 21 Uhr, als mich der Arbeiter in der Leitstelle, der mittlerweile die Kollegin abgelöst hat, darauf aufmerksam macht, dass ich in die Pause kann. Der Rest meiner Tour verlaufe normal. Ich besuche das Personalrestaurant, das wir Milchküche nennen. Der Begriff entstand in der Dampflokzeit, als die Bremser mit warmer Milch den Rauch bekämpften. Warme Milch muss gekocht werden, also war es nicht weit zur Milchküche. Warme Milch gibt es auch heute noch, aber ich nehme ein Glas Mineral und ein Gebäck. 

 

Erstfeld – Zürich

Der Tessiner Kollege verlässt die Re 4/4 II mit den typischen Worten „Tutto in Ordine“. Ich besteige die Lok und richte mich kurz ein, denn lange Zeit habe ich nicht und darf ich auch nicht haben, denn das Signal zeigt bereits Fahrt und die Abfahrerlaubnis leuchtet auf. Gut, dass ich die Eingaben auf der LEA schon im Depot erledigt habe.

Grosse Mühe hat die Re 4/4 II mit den drei angehängten Postwagen nicht. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 140 km/h und der Zug verkehrt nach Zugreihe R 125%. Nachdem ich den Bahnhof verlassen habe, kann ich bereits auf die Höchstgeschwindigkeit beschleunigen. In Flüelen hat die schnelle Fahrt ein Ende, das Vorsignal zeigt Warnung, wechselt aber kurz bevor ich daran vorbeifahre auf Fahrt. Da ist anscheinend etwas im Weg.

Da an der Axenstrecke das Seegleis zwischen Flüelen und Sisikon saniert wird, herrscht Einspurbetrieb. Ich kann jedoch problemlos in den Einspurabschnitt einfahren. Es besteht doch ein Vorteil, wenn man einen schnellen Postzug hat und dahinter der Intercity verkehrt. Kurz bevor ich in den Tunnels verschwinde, informiert mich die Fernsteuerung Arth-Goldau, dass ich bis Sisikon einen langsamen Zug vor mir habe, aber danach parallel verkehre und somit schnell fahren soll.

Schnell fahren, tönt ganz gut, aber eben, mit dem Zug bedeutet das nicht dasselbe wie beim Auto. Schneller darf er nicht verkehren. Das einzige, was der Lokführer darf, ist so genau wie möglich die erlaubte Geschwindigkeit fahren und vor allem möglichst knapp und etwas stärker auf langsamere Abschnitte abbremsen. Schnell fahren heisst somit, dass der Komfort leidet und die Fahrt nicht energieschonend ist. Letztlich spielt es bei meinem Zug keine Rolle, denn Reisende habe ich nicht und den Strom muss ich ja zum Glück auch nicht bezahlen. In Sisikon beginne ich das Wettrennen mit dem Güterzug vor mir. Der Vorteil des Gleiswechselbetriebes macht sich jetzt bemerkbar. Mal schauen, wer gewinnt. Vorteile haben beide. Der Güterzug ist ein paar Minuten vor mir und ist auf dem Regelgleis, wo er keinen Gegenverkehr hat. Andererseits muss er langsamer fahren und länger warten, bis er eine Geschwindigkeitsermässigung passiert hat.

Meine Vorteile hingegen sind die hohe Geschwindigkeit und die Flexibilität des kurzen und leichten Zuges. Zudem ist die Fernsteuerung froh, wenn ich wieder auf dem richtigen Gleis bin und die Gegenzüge wieder verkehren können. Es ist kaum zu glauben, aber ich schaffe es nicht bis nach Arth-Goldau den Güterzug zu überholen. Ich befinde mich gerade auf Höhe seines Zugschlusssignals, als das Einfahrvorsignal vom Bahnhof Arth-Goldau auftaucht. Es kündigt mir die Geschwindigkeit von 60 km/h an. Da der Güterzug neben mir nicht verlangsamt, gehe ich davon aus, dass sein Signal freie Fahrt zeigt.

Probleme ergibt das keine, denn ab Arth-Goldau verkehren wir nicht mehr auf demselben Weg. Er setzt seine Fahrt Richtung Immensee – Basel fort. Ich hingegen drehe ab und benutze die Strecke nach Zug – Zürich. Ab Arth-Goldau ist die Strecke einspurig. In Walchwil besteht die einzige Kreuzungsmöglichkeit bis Zug. Dort wartet bereits der Regionalzug, als ich durch den Bahnhof fahre. Jetzt geht es um Minuten, denn der Regionalzug fährt jetzt los nach Arth-Goldau wo der Intercity nach Zürich bereits wartet.

In der Dunkelheit der Nacht befahre ich die kurvige Strecke nach Zug. Der Regen hat mittlerweile aufgehört und ich kann den Scheibenwischer abstellen. Doch die dicken Wolken verraten nichts gutes, so dass ich ihn kurze Zeit später wieder einschalte. Eine Tafel taucht aus der Dunkelheit auf. Eine einfache Blechtafel, die für mich aber wichtige Infos enthält. Es handelt sich um die Funkkanaltafel. Ab hier muss ich den Zugfunk 88 in Betrieb nehmen.

Die Tafel ist ein unverkennbares Zeichen dafür, dass ich mich Zürich nähere. Aber bis dahin dauert es noch, denn zuerst kommt der Zuger Stadttunnel. Das Ausfahrsignal von Zug zeigt noch Halt, wie ich am Vorsignal erkennen kann. Es geht auch nicht auf Fahrt, als ich mich nähere. Deshalb komme ich zum stehen. Ein Doppelstockzug aus Zürich fährt in Zug ein, danach kann auch ich meine Fahrt fortsetzen.

Eine weitere Funktion des Zugfunk 88 kommt jetzt zum Einsatz. Das Funkgerät gibt einen Ton von sich. Ein Blick auf das Display verrät mir „schnell bis Horgen“. Somit mache ich erneut Schnellfahrt. Auf dem Bediengerät drücke ich die Quittungstaste. Jetzt weiss der Mitarbeiter auf der BLZ, dass ich den Funkspruch erhalten habe. Die Meldung bleibt weiterhin auf dem Display sichtbar. In Horgen werde ich sie dann löschen, aber bis dahin belasse ich sie, damit ich die Info immer habe.

Jetzt kommt ein kurzer Doppelspurabschnitt, der nach der Dienststation Litti aufhört. Nun steht wieder nur ein Gleis zur Verfügung. Viel Attraktion gibt es nicht. Schon beim Beginn kommt der erste Tunnel. Danach die Kreuzungsstation Sihlbrugg und wieder ein Tunnel. Schon ist der Einspurabschnitt fertig. In Horgen Oberdorf steht bereits die S-Bahn nach Zug. Ah, darum musste ich Schnellfahrt machen. Ich drücke auf die Reset-Taste damit die Meldung verschwindet.

In der Dunkelheit schimmert der Zürichsee in der Ferne. Die Strecke sinkt ab hier stetig, bis ich den Bahnhof von Thalwil erreiche. Im Gegensatz zu den Schnellzügen, die den neuen Zimmerbergtunnel nach Zürich benützen, befahre ich mit meinem Postzug die alte Strecke. Obwohl ich keinen Halt bis Zürich HB habe, kann ich den Tunnel nicht benützen, da ich sonst das vorgesehene Gleis nicht erreichen kann.

Nach Zürich Enge, einem Bahnhof mit nur zwei Gleisen prüfe ich, ob die Bremsen an meinem Zug funktionieren. Das muss ich vor einem Kopfbahnhof machen, damit ich weiss, dass ich bremsen kann. Wie erwartet, reagieren die Bremsen der Wagen auf den Druckabfall in der Hauptleitung. Kurz nach dem Bahnhof Zürich Wiedikon kommt noch eine Fahrleitungsschutzstrecke. Das nächste Signal ist bereits das Vorsignal der Einfahrt Zürich HB. Es kündigt mir die Fahrt mit 40 km/h an. Das ist so, schneller können nur die Züge, die den unterirdischen Durchgangsbahnhof anfahren verkehren. Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigt mir, dass ich pünktlich bin.

Nach dem Einfahrsignal von Zürich HB muss ich noch etwas reduzieren, denn letztlich darf ich nur mit 30 km/h dem Perron entlang fahren. Wenn man sich jedoch einem Prellbock nähert, steigt die Anspannung trotzdem. Reagieren die Bremsen auch richtig und vor allem so, wie ich es wünsche. Gedanken, zu denen eigentlich keine Zeit währe, die aber kommen. Schliesslich kommt der Moment der Wahrheit, ich beginne mit der Bremsung. In dem Moment wo ich die Bremskraft der Wagen bemerke, löse ich die Bremsen der Lok, damit der Bremsweg etwas länger wird. Die Lok löse ich, weil sie schwer ist und ich deren Bremse jeder Zeit wieder betätigen und so den Bremsweg optimal beeinflussen kann. Der Zug wird langsamer und hält schliesslich etwa 2 Meter vom Prellbock entfernt. So genau kann man nur mit kurzen leichten oder topmodernen Zügen fahren. Bei einem langen Gotthard-Schnellzug ginge es nicht so genau.

Jetzt muss alles sehr schnell gehen. Die Lok gegen den Zug bewegen, ausschalten, abrüsten und Handbremse anziehen. Die normalen Kontrollen an der Lok muss ich nicht machen, da in meiner Einteilung das Zeichen # steht. Dieses Zeichen besagt, dass ich die Lok stehen lassen kann, ein Kollege übernimmt sie später wieder. Für einen aussenstehenden sieht es fast so aus, als ob der Lokführer die Lok fluchtartig verlässt. Es ist fast so, denn ich habe nur ein paar Minuten Zeit um an die andere Seite des Hauptbahnhofes zu kommen. Minimale Umsteigezeiten gelten leider nicht für Lokführer, die müssen es manchmal in kürzerer Zeit schaffen. Letztlich komme ich zur richtigen Zeit am Zielort an.

 

Zürich – RBL

Etwas Ruhe kann ich mir auf der jetzt anstehenden Dienstfahrt nach Dietikon gönnen. Die anderen Reisenden kommen vom Ausgang. In meinem Abteil der ersten Wagenklasse befinden sich nur wenige Leute. Die Mehrheit benutzt ein Zweitklassbillett, wenn überhaupt. Wie ich aber sofort erkennen kann, befindet sich die Stichkontrolle ebenfalls im Zug und auf der Plattform haben sie bereits einen Jugendlichen erwischt, der kein Billett hat. Nun Gleichberechtigung muss sein, denn auch die Reisenden der ersten Klasse müssen ihren Fahrschein zeigen, so auch ich. Probleme habe ich mit meinem „Schwarzfahrerausweis“, wie ich den Personalausweis nenne, keine.

Kurz nach der Stichkontrolle beehrt auch die Bahnpolizei unseren Wagen. Eine Dame im Nachbarabteil meint lakonisch, ob es vielleicht viele Schwerverbrecher im Zug habe. Ich erkläre ihr, dass das alles zu ihrem Schutz sei. Sie fragt mich, ob ich auch auf dem Weg nach Hause sei. Eigentlich bin ich das auch, erkläre ich ihr, aber das sei letztlich erst um halb vier Uhr morgens. Sofort kommt von ihr die Frage, was ich bis dahin mache. Ich antworte ihr, dass ich am arbeiten sei und jetzt in den Rangierbahnhof Limmattal wechsle. Unser Gespräch wird mit der Lautsprecheransage „Dietikon“ beendet. Sie wünscht mir noch eine schöne Zeit. Ich wünsche ihr angenehme Nachtruhe. So ist es halt in der Nacht, die Nachtschwärmer gehen ins Bett und die Eisenbahner sorgen dafür, dass sie das auch sicher tun können.

In Dietikon steige ich aus. Ab dem Bahnhofplatz verkehrt ein Kleinbus nach dem Rangierbahnhof. Der Fahrer wechselt mit mir ein paar Worte. Ich bin sein einziger Fahrgast. Kurz vor der Haltestelle RBL Ost stehe ich auf und verlasse den Bus. Auch der Fahrer hat noch eine längere Nacht vor sich. Kurz vor einer Schranke bleibe ich stehen. Nein, es kommt kein Zug, aber ab hier beginnt das Gleisfeld. Am, bei der Schranke montierten, Wechselsprecher erkundige ich mich, wo sich meine Lok befindet. Die blecherne Stimme gibt mir den Standort und die Loknummern bekannt. Ich ziehe meine Warnweste wieder an, denn ab hier herrscht die Tragepflicht.

 

RBL – Rotkreuz

Ich muss durch das Gleisfeld. Dazu kann ich eine Unterführung benutzen. Das ist auch sinnvoller, denn schon mancher Eisenbahner hat hier im RBL sein Leben verloren, denn die Gleise sind nahe beieinander und es verkehren viele Fahrzeuge. Zudem sind die Gehwege oft in Weichenzonen, so dass es schwer ist zu erkennen, welchen Weg eine Lok nimmt. Im letzten Moment kann sie eine ganz andere Richtung einnehmen und es wird gefährlich. Dann hilft nur noch ein Sprung ums Leben, sofern er nicht vor einem ausfahrenden Zug endet. Letztlich erreiche ich die Abstellgruppe und die Lokomotiven. Ich habe mich vorher tatsächlich nicht verhört, es sind zwei Re 4/4 II. Eine solche Doppeltraktion ist durchaus möglich, aber in Richtung Gotthard sehr selten. Da die Uhr mittlerweile schon 0.30 Uhr zeigt muss ich die Sicherheitseinrichtungen an beiden Loks prüfen. Zuletzt erfolgt noch die Bremsprobe vom Boden aus. Schliesslich kann ich die Fahrbereitschaft dem Bahnhof melden. Die Zwergsignale gehen auf Fahrt und ich fahre mit einem Standwechsel vor meinen Zug.

Vor dem Zug muss ich anhalten, ich darf nicht direkt an den Zug anfahren. Der Rangierer ist mir auch dankbar, wenn er sich nur einmal bücken muss. Er kriecht ja sonst schon genug unter den Puffern durch. Noch kontrolliert der Visiteur den Zug. Ich sehe seine Handlampe in der Ferne. Mein Zug scheint lange zu sein. Als er schliesslich bei meinen Loks ist, erhalte den Befehl an den Zug zu fahren.

Das mache ich, ich bemerke am Druckabfall in der Hauptleitung, dass diese gekuppelt wurde. Ich bin mit meinen Loks am Zug, diesmal gab es kaum einen Ruck in der Lok. Das ist nicht immer so, man hat halt gute und schlechte Tage. Meiner scheint gut zu sein.

Die Bremsprobe wird nach dem vollständigen füllen der Hauptleitung durchgeführt, was eine gewisse Zeit braucht. Während der Zug nach dem Bremsvorgang wieder löst, schaue ich, ob alles richtig mit der Lok verbunden ist. Der Visiteur leuchtet mir mit der Handlampe, so dass ich alles gut sehe. Anscheinend versteht er, dass ich diese Kontrolle machen muss. Es ist letztlich meine Lebensversicherung.

Im Gleis nebenan, wird gerade ein Zug aufgestellt. Die Diesellok brummt an mir vorbei und einige Wagen folgen ihr willig. Ich erhalte die Papiere für meinen Zug. Viel ist es nicht, denn im Gegensatz zu den internationalen Zügen, wo wir richtige Schriftenpakete erhalten, gibt es hier nur die Belastungsanzeige. Mein Zug hat ein Gewicht von 1'216 Tonnen und darf 80 km/h schnell verkehren.

Die Bremswirkung beträgt 85 % und die Zugreihe D. Mit 600 Meter ist er zudem noch recht lange. Mindestens ein Wagen ist wieder mal bis ans Limit beladen. Der hinter der Lok ist es nicht, denn er hat einen anderen Eisenbahnwagen geladen. Ein verladener Eisenbahnwagen ist übertrieben, denn noch fehlen die Achsen. Pünktlich auf die Minute kann ich abfahren. Meine beiden Lokomotiven beschleunigen den Zug nur mühsam auf den immer noch nassen Schienen. Petrus sorgt dafür, dass es so bleiben wird. Die Fahrt geht in Richtung Westen.

Bis in den Bahnhof Killwangen-Spreitenbach habe ich die erlaubten 60 km/h erreicht. Mein linker Daumen, mit dem ich die Sandstreueinrichtung bediene, und der Schleuderschutz haben eine kleine Pause verdient. Das Ausfahrsignal zeigt den Fahrbegriff 5, welcher mir 90 km/h gestatten würde, nur, so schnell ist mein Zug gar nicht. Ich beschleunige somit auf 80 km/h, das heisst ich versuche es. Das Portal des Heitersbergtunnel schluckt meinen Zug. Später gibt es aus dem Einspurtunnel eine Doppelspurröhre. Da hier das Gleis kein Schotterbett besitzt ist das Fahrgeräusch recht laut. Das leicht geöffnete Fenster schliesst man dann noch gerne. Die trockenen Schienen erlösen meinen linken Daumen erneut. Jetzt kann ich auf die Betätigung des Sanders verzichten. Die aktuelle Geschwindigkeit beträgt 78 km/h ich habe somit die Geschwindigkeit beinahe erreicht.

Nach dem Tunnel nehmen die Scheibenwischer ihre Arbeit wieder auf, nachdem ich sie eingeschaltet habe. In der Dunkelheit nähere ich mich dem Bahnhof Mägenwil. Beim nächsten Bahnhof, Othmarsingen, biege ich auf die Nord-Süd-Achse ein. Anhand der Signale erkenne ich, dass ich gut in den Verkehr passe, denn ich muss meine Fahrt nicht ermässigen. Die ablenkenden Weichen, welche 90 km/h erlauben, merkt man nicht so gut, wenn nur 80 km/h gefahren werden darf. Jetzt befinde ich mich wieder auf der Gotthardzufahrt. Der Regen lässt anscheinend diese Nacht nicht nach. Da die Regionalzüge hier um diese Zeit nicht mehr verkehren, bin ich der langsamste Zug auf der Strecke. Kurz nach der Ausfahrt aus dem Bahnhof Dottikon-Dintikon wird der Hauptschalter meiner Lok ausgeschaltet. Was war passiert? Noch habe auch ich keine Ahnung. Ich lasse den Stufenschalter ablaufen und schalte die Lok wieder ein. Das darf ich, aber nur 1 Mal.

Hurra, die Lok schaltet wieder ein. Es scheint alles in Ordnung zu sein. Doch Halt, beim aufschalten der jetzt benötigten elektrischen Bremskraft leuchtet die Stufenschalterlampe dauernd und der Differenzstrom, welcher den Wert zwischen dem höchsten Fahrmotorstrom und dem kleinsten angibt, steigt ins uferlose. Etwas ist hier nicht gut, die erste Lok scheint zu arbeiten, also muss es sich um die zweite Lok handeln. Die Worte, die mir jetzt durch den Kopf gingen, schreibe ich nicht auf, aber sie beginnen mit sch...

Ich greife zum Funkgerät und informiere den Bahnhof Wohlen, dass ich bei ihm anhalten werde, da ich eine Störung mit der Lok habe. Genauere Angaben könne ich ihm jedoch noch nicht geben. Er bestätigt meine Meldung und bittet mich bis ganz zum Signal zu fahren, damit mein Zug Platz hat. Bei 600 Meter wird das auch dann noch knapp werden. Auf der Steigung nach Wohlen verliert mein Zug an Geschwindigkeit. Die eine Lok kann hier nicht viel ausrichten kann. Daher fahre ich nur langsam in den Bahnhof ein. Nachdem ich angehalten habe wechselt das Signal von Fahrt auf Halt. Etwas, was man als Lokführer eigentlich gar nicht gerne zu sehen bekommt, aber jetzt spielt es mir keine Rolle, ich habe andere Sorgen.

Nach dem Halt kontrolliere ich zuerst die erste und dann die zweite Lok. Bei der ersten Maschine scheint, wie erwartet, alles gut zu sein. Auf der zweiten Maschine erkenne ich zunächst auch nichts. Die Vermutung, dass nur der Stufenschalter nicht auf Null abgelaufen ist, löst sich bei der Kontrolle in Rauch auf. Der steht auf Null, ich hätte beinahe schreien können. Letztlich erkenne ich beim öffnen der nächsten Schranktüre das Malheur. Ein Überwachungsrelais hat angesprochen! Nur das Relais,  das angesprochen hat ist jedem Lokführer bekannt und auch äusserst unbeliebt. Es ist das Überwachungsrelais des Stufenschalters die Positionsnummer ist 159.1. Alles, ja alles kann man ein Mal zurückstellen, nur dieses 159.1 ist absolut verboten. Etwas Glück hatte ich trotzdem, denn hätte das Relais nicht angesprochen, währe der Stufenwähler auf der Lok explodiert. Die Schäden währen enorm gewesen. Und das Öl des Wählers und des Transformators hätte den Weg ins Freie gefunden. Öl, das im Schotterbett versickert bringt immer viel Ärger. Aber so, sieht alles noch ganz aus. Trotzdem erde ich die Lok, damit ich den Hochspannungsbereich betreten kann. Die Kontrolle am Stufenwähler zeigt, dass er noch ganz ist und an keiner Stelle Öl austritt. Ich hatte Glück, sehr viel Glück.

Einziges Problem. Ich vermag mit der übrig gebliebenen Re 4/4 II meinen Zug nicht nach Rotkreuz zu befördern der Zug und die geschleppte Lok sind einfach zu schwer. Jetzt wird es etwas länger dauern. Ich informiere den Bahnhof Wohlen, dass ich meine Fahrt nicht mehr fortsetzen kann, da eine Lok defekt sei und die andere zu schwach ist. Eine Reparatur sei zudem vor Ort unmöglich. Er bestätigt meine Meldung, aber am Tonfall erkenne ich, dass er daran keine grosse Freude hat. Ich kann ihn verstehen, denn mit meinem Zug blockiere ich ein Durchfahrgleis. Gleichzeitig fordere ich bei ihm eine Hilfslokomotive an. Über das Handy informiere ich die Lokleitung. Der Mitarbeiter dort, ein ehemaliger Lokführer, nimmt meine Schadensmeldung für die Lok 11'165 auf.

Gleichzeitig frage ich den Lokleiter, woher ich meine Hilfslokomotive erhalte. Er meint nur, dass er das noch nicht wisse. Ich erkläre ihm, dass ich nur eine Re 4/4 II benötige. Meine Hoffnung, dass es schnell gehen wird, löst sich immer mehr in Wunschdenken auf. Mittlerweile hat der Fahrdienstleiter des Bahnhof Wohlen den Weg zu meiner Lok gefunden, und fragt, ob es wirklich nicht mehr alleine gehe. Aha, die Hilfslok ist anscheinend immer noch nicht angefordert. Zuerst versucht man den Lokführer zu bekehren, als ob er zu den Göttern gehört, die einmal mit dem Finger schnippen und schon ist die Störung weg. Ich erkläre noch mal, dass es nicht gehe und ich keine Chance habe, die Steigung nach Rotkreuz und Muri zu befahren. Zudem sei für die Re 4/4 II und Re 4/4 III keine Überlast, wie das für die anderen  Maschinen im Güterverkehr der Fall sei, zugelassen.

Resigniert meint er letztlich, wenn ich meine Arbeit erledigt hätte, könne ich bei ihm einen Kaffee trinken, bis die Hilfslokomotive eintreffe. Danach zog er wieder davon. Ich ziehe in der funktionsfähigen Lok die Handbremse an. Die andere Lok richte ich so ein, dass ich sie bis Rotkreuz mitschleppen kann. Danach schalte ich die erste Lok wieder ein, damit ich die Bremsen mit Luft versorgen kann. Letztlich gehe ich mit dem Schirm in der Hand zum Fahrdienstbüro mit dem Stellwerk von Wohlen. Der Kaffee tut bei dem nasskalten Wetter gut. Meine nasse Jacke hänge ich über einen Stuhl, man kann mit einem Schirm in der Hand schlecht arbeiten. Ich erkundige mich,  wie es um meine Hilfslok stehe. Es zuckt nur verlegen die Schultern und meint, er habe noch keine Antwort erhalten. Als schliesslich der vierte Güterzug mit Doppeltraktion nach Basel durchfährt zweifelte ich an der Logik einiger Eisenbahner.

Erneut nehme ich das Telefon zur Hand und rufe den Lokleiter an. Ich erkundige mich, jetzt etwas weniger freundlich, wie viele Züge noch nach Norden fahren, bis er auf die Idee komme einem davon die Re 4/4 II abzuhängen. Er meinte daraufhin, dass sei eine gute Idee, wenn die BLZ mitspielen würde. Nach dem Telefon bitte ich den Fahrdienstleiter mir eine Verbindung mit der BLZ herzustellen. Als sich am anderen Ende eine Stimme meldet, nenne ich meinen Namen. Ich erkläre dem Mann am Telefon, dass er zwei Möglichkeiten habe. Die eine sei, dass rasch ein Zug nach Norden halte ich eine Lok davon nehme und danach auch wieder fahren könne. Die andere Möglichkeit sei, dass ich in einem Jahr noch in Wohlen stehe und ein Gleis blockiere.

Er jammert etwas von vielen Zügen aber es ginge, ich solle mit der Lokleitung sprechen. Aha, die Verantwortung wird hin und her geschoben. Jetzt handelt halt wieder der Lokführer. Das dritte Telefon zur Lokleitung soll endlich eine Lösung bringen, bin ich entschlossen. Der Lokleiter meint, er schaue nach der passenden Maschine. Meine Antwort war klar und deutlich. Der nächste Zug Hält und die Re 4/4 II nehme ich für mich. Weitere Diskussionen gibt es nicht mehr. Nummernroulette spielen wir jetzt keines, dafür kann er sich einen anderen Zeitpunkt aussuchen. Widerwillig stimmt er zu. Endlich, jetzt weiss ich woher meine Hilfslokomotive kommt vom nächsten nordwärts fahrenden Zug. Dem Fahrdienstleiter teile ich mit, dass der nächste Zug nach Basel anhält und ich eine Lok davon für meinen Zug nehme. Er erklärt mir, dass er das Ausfahrsignal für den nächsten Zug schon auf Fahrt gestellt habe, aber fünf Minuten später ginge es, ich könne also ruhig noch einen Kaffee trinken und mich aufwärmen.

Der Zug fährt ein. Beinahe hätte ich geschrieen, denn es sind tatsächlich vier Loks an dem Zug.  Mehr als genug Lokomotiven für zwei Züge. Dem Basler Kollegen erkläre ich, dass ich eine von seinen Loks benötige, da meine defekt sei. Jetzt noch einmal der Lokleitung telefonieren. Endlich, ich kann sogar die eine Re 10 des Zuges haben. Ich erkläre ihm, dass es sich dabei um die 620’042 und die 421'378 handelt. Genau, es sind die zwei Loks, die ich am Abend in Erstfeld zusammen kuppelte. Der Lokleiter erklärte mir, dass ich die defekte Lok in Schleppfahrt bis Erstfeld mitnehmen muss. Das spielt keine Rolle, da ich ja jetzt genug Zugkraft habe und die Lok in Wohlen nicht unbedingt am richtigen Ort steht.

Mein Kollege von Basel hat bereits die Loks getrennt, als ich zur Trennstelle komme. Er will logischerweise möglichst rechtzeitig Feierabend. Ich kann jetzt mit den zwei Lok an meinen Zug fahren.  Da ich jetzt alles selber machen muss, kann ich direkt anfahren. Ich gebe mir den Befehl selber. Anhängen, die Vielfachsteuerung richte ich ein, damit ich mir das ausschalten der Bremsen an der geschleppten Lok ersparen kann. Über das Vielfachsteuerkabel kann ich die Bremsen der geschleppten Lok auslösen, wenn ich das bei den anderen Maschinen mache. Bis ich alles kontrolliert und gestestet habe vergehen ein paar Minuten. Natürlich überprüfe ich die Funktion jetzt nur in der benötigten Richtung. Doch letztlich komme ich ans Ziel.

Ich bin mit meinem Zug wieder fahrbereit. Nur ein Problem gibt es noch zu lösen, denn, durch die zwei zusätzlichen Lokomotiven stehe ich jetzt mit der Spitze des Zuges nach dem Signal. Bei der Bereitschaftsmeldung teile ich diesen Umstand dem Fahrdienstleiter mit. Er erklärt mir, dass er mittlerweile das Signal auf Fahrt gestellt habe und ich abfahren kann. Mit den drei zur Verfügung stehenden Lokomotiven beschleunige ich den Zug auf die erlaubte Geschwindigkeit.

Probleme, wie ich sie bei der Abfahrt im RBL hatte, gibt es jetzt nicht mehr, denn jetzt wird die Kraft durch 14 statt 8 Triebachsen aufgebaut. Die Belastung pro Rad ist somit kleiner als vorher. Da spielt es auch keine Rolle mehr, dass der Zug nun 80 Tonnen schwerer ist. Schwerer, da die geschleppte Lok ja auch noch gezogen werden muss. Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass ich jetzt 45 Minuten Verspätung habe. Die Fahrt nach Rotkreuz bleibt ruhig, keine weiteren Störungen. Ja sogar die Einfahrt in Rotkreuz ist ohne Halt möglich. Etwas Überrascht blickt mich der Rangierleiter an, als er die vier Lokomotiven sieht. Er erklärt mir, dass er mich für das Manöver begleiten wird. Ein Wagen werde an der Lokomotive belassen.

 

Rotkreuz – Erstfeld

Der nächste und letzte Zug, den ich in dieser Tour führen muss, steht auf Gleis vier. Der Kollege, der eigentlich mit mir Dienstfahrt nach Hause kommen sollte, hat vermutlich einen anderen Zug genommen. Auf jeden Fall erscheint er nicht. Die Bremsprobe wird gemacht, die neue Belastung abgegeben. Ein Blick darauf zeigt mir, dass der Zug nur 650 Tonnen schwer ist. Die defekte Lok ist dabei nicht eingerechnet. Kein Gewicht für die Bespannung. Ja, jetzt würde sogar die einzelne Re 4/4 II bis Erstfeld ausreichen. Sogar mit geschleppter Re 10. Das Signal wechselt auf Grün, da ich jetzt mit meinem Zug auf 100 km/h beschleunigen darf, spielt es eine Rolle, dass das Signal mit Fahrbegriff 5 auf Fahrt geht. Den leichten Zug beschleunige ich problemlos und schnell.

Bei der Abfahrt habe ich eine Verspätung von 25 Minuten. Wenn es jetzt läuft, dann... weiter komme ich nicht, denn das Einfahrsignal von Immensee ist geschlossen und bleibt es auch. Kurz nach dem Halt meldet sich der Fahrdienstmitarbeiter am Funk. Er erklärt mir, dass er wegen einer Störung das Signal nicht auf Fahrt stellen kann. Er müsse mir einen Sammelbefehl diktieren. Ich greife zum Block und zum Schreiber. Damit wir den Streckenkanal nicht unnötig lange belegen, haben wir vereinbart, dass wir den Stationskanal von Immensee benutzen. Er diktiert mir alle notwendigen Angaben. Der Grund liegt an einer defekten grünen Glühbirne am Signal. Als er den Befehl fertig diktiert hat, bestätige ich die Angaben und gebe ihm meinen Namen bekannt, so wie er das ebenfalls gemacht hat. Er sagt mir, dass ich meine Fahrt vorsetzen darf. Eine Routine, die sich eingeschlichen hat, denn mittlerweile wurden die Vorschriften geändert, und ich darf nach erhalt des Sammelbefehl sofort losfahren. Aber es ist sicherer, wenn er mir die Erlaubnis zusätzlich noch erteilt.

Damit ich am Halt zeigenden Signal vorbei komme, muss ich die Manövertaste meiner Lok drücken, denn die Zugsicherung weiss ja nicht, dass ich einen Befehl erhalten habe. Die Einfahrt erfolgt ohne Beeinflussung durch die Zugsicherung. Bei der Vorbeifahrt am Bahnhofsgebäude grüsse ich den Fahrdienstleiter, indem ich das Licht im Führerstand kurz einschalte auch sein Dienst verlief nicht problemlos. Und kurz vor dem Feierabend wollte er sicher nicht noch diese Signalstörung. Das Ausfahrsignal ist grün und ich kann meine Fahrt fortsetzen. Die Störung hat meiner Verspätung nicht gut getan, denn jetzt sind es schon wieder 35 Minuten.

Ich passiere Arth-Goldau, ab jetzt befahre ich wieder dieselbe Strecke wie auf der Fahrt nach Zürich. Ja, bis Sisikon sogar dieselben Schienen. Die Haltestelle Steinen und die Stationen Schwyz und Brunnen fliegen an meiner Lok vorbei. Die Signale sind Grün. Doch vor Sisikon ist Schluss, das Signal zum Spurwechsel zeigt Halt. Erneut anhalten und warten heisst es jetzt. Es kommt ein Zug entgegen, doch das Signal bleibt auf Halt, obwohl der Zug schon vorbei ist. Meinen Feierabend wäre eigentlich vor 10 Minuten gewesen. Es kommen noch ein Zug und noch einer. Nach dem vierten Zug geht mein Signal auf Fahrt. Informationen währen schön gewesen, so musste ich jetzt die ganze Zeit das rote Licht anstarren. Ich komme mir fast wie ein Stier in Spanien vor. Die Verspätung beträgt wieder 45 Minuten, aufholen kann ich bis Erstfeld nichts mehr.

Bei der Einfahrt ruft mich der Fahrdienstleiter am Funk auf, und fragt, ob das stimme, dass ich vier Loks habe und davon eine defekt sei. Ich bestätige, und frage mich, warum die Stationen uns immer dann aufrufen müssen, wenn wir eigentlich keine Zeit haben. Auch jetzt war ich am bremsen als der Funkruf kam. Als ich endlich im Geleise fünf stehe, warten schon zwei ablösende Lokführer auf den Zug. Zumindest muss ich die Lokomotiven nicht selber wegstellen schiesst mir durch den Kopf. Der eine nimmt die Re 10 um später wieder an den Zug zu fahren. Der andere Kollege erkundigt sich nach dem Zustand der defekten Lok. Ich erkläre ihm, dass die Lok nicht mehr eingeschaltet werden darf, aber jene, die ich auch jetzt eingeschaltet habe, normal funktioniert. Die defekte Lok sei auf Steuerwagen geschaltet und er könne somit die betriebsfähige Maschine fernsteuern.

Ich steige ab und gehe zu Fuss zurück zur Leitstelle. Die Verspätung muss ich noch angeben. Die Mitarbeiter in der Leitstelle machen gerade die Übergabe. Aber sie unterbrechen, damit sie meine Anliegen behandeln können. Die Verspätung wird vermerkt und ich kann Feierabend machen. Die Mappe stelle ich in meinen Kleiderschrank und mit dem Schirm in der Hand geht es nach Hause. Nein, es regnet nicht mehr, aber den Schirm nehme ich mit, falls es am Abend wieder regnet. Eigentlich müsste ich jetzt noch die Führermeldung erstellen, aber ich bin dazu zu müde, das mache ich nach ein paar Stunden Schlaf. Der erste Nachtdienst ist immer Hart und Heute klappte nicht alles so, wie es sollte, aber eben, das gehört zum Beruf. Morgen, nein, eigentlich Heute, geht es hoffentlich wieder besser auf der Fahrt nach Chiasso und zurück.

 

           
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