Erstfeld - Zug – Erstfeld

Es ist gerade einmal knapp nach 10 Uhr, als ich in der Pause nach meiner Tour am nächsten Tag sehe. Noch habe ich kein genaues Programm und nur ein Zeitfenster, in dem ich arbeiten muss. Das ist selten, aber solche Tage gibt es und immer wieder findet sich eine überraschende Arbeit darunter. So wartet man immer sehr gespannt, was da auf einem zukommt. Auch wenn es mitunter recht kurzfristig sein kann.

Nach dem ich die notwendigen Eingaben in den Computer getippt habe, erscheint mein Arbeitsplan auf dem Bildschirm. Neben dem nicht gerade freudigen Datum für die periodische Prüfung erkenne ich auch das Programm am nächsten Tag. Es ist eine Tour eingeteilt worden und ich kann in den Details nachsehen, was für ein Programm auf mich wartet. Auf jeden Fall geht es um 02:10 Uhr los und um 08:20 Uhr ist bereits wieder Schluss.

Ein kurzer Einsatz, aber es muss nicht immer eine lange Tour sein. Gerade im Frühdienst ist es oft besser, wenn man sich etwas erholen kann. Gerade mit den kurzen Informationen ist das ein Problem. So habe ich es mir angewöhnt, nach einem Frühdienst etwas Ruhe zu geniessen. Das werde ich auch heute nach der Arbeit machen. Nur, dann erfolgen die Informationen für den nächsten Tag. Ich muss mein Schlafrhytmus neu gestalten.

Wenn sich nun alle wunderten, dass ich mitten in einer Tour beginne, sei gesagt, dass hier kein Wort darüber steht, wie ich von der Tour nach Hause gekommen bin.

Es geht letztlich um die Tour am folgenden Tag und da erwartet mich kein Programm, das den normalen Touren entspricht. Es steht wieder einmal eine etwas spezielle Tour an.

Auf jeden Fall erwartet mich ein riesiger Zirkus, doch nun steht die wohlverdiente Nachtruhe an.

Tage, wie diese gibt es im Frühdienst immer wieder und dass es nicht so kam, wie es geplant war, erfährt man erst, wenn der Wecker in der Früh schrill klingelt.

Mist, es war kein Traum, das Ding klingelt wirklich und ich muss den Wecker abstellen. Auf der Uhr steht 01:10 Uhr.

Eigentlich hätte ich ja gerne etwas mehr geschlafen, aber die heute anstehende Arbeit muss erledigt werden. Da zwingt man sich aus dem Bett.

Gestern hatte ich nach dem Feierabend noch schnell etwas erledigt, meine Mail behandelt und legte mich dann hin.

So, wie ich es mir vorgestellt habe, lief es mit dem Einschlafen nicht. Ich hatte Mühe den Schlaf zu finden. Lange Zeit lag ich wach im Bett und war in Gedanken. Die bald anstehende Prüfung raubt einem gerne den Schlaf. Wer dann meint, dass die periodische Prüfung kein Stressfaktor ist, liegt nicht nebenan im Bett.

Die periodische Prüfung, also die Wiederholung der einst abgeschlossenen Prüfung, entscheidet über alles. Ein Lokführer, der seit Jahren seinen Beruf ausübt, muss mitten in seiner beruflichen Karriere eine Prüfung ablegen, die darüber entscheidet, ob er noch seinem Beruf nachgehen kann oder nicht. Das ist eine grosse Belastung, die auf den Leuten, die diese Prüfung haben, lastet. Davon kann ich mich nicht ausnehmen. Ich bin auch nur ein Mensch.

Man lernte in den vergangenen Monaten, bereitete sich gut auf die Prüfung vor, aber trotzdem findet man zwei bis drei Wochen vor der Prüfung keinen ruhigen Schlaf mehr. So ging es mir gestern. Lange dachte ich darüber nach, was ich denn noch lernen könnte. Welche Teile habe ich übersehen und was ist, wenn genau die kommen? Da schläft wirklich niemand mehr, auch der, der relativ beruhigt an diese Prüfung kann.

Man will bestehen und dabei ein gutes Ergebnis erreichen. Das ist die Visitenkarte eines Lokführers. Mit guten Ergebnissen fällt es dem Vorgesetzten schwer, einem Mitarbeiter schlechte Arbeit vorzuwerfen. Nur, auch nach der besten Vorbereitung bleiben immer ein paar Zweifel. Die bringt man nicht weg und vor allem nicht aus dem Kopf, wenn es mit dem Einschlafen nicht gleich klappt. Alles in allem ist man aber froh, wenn die Prüfung vorbei ist.

Kommt hinzu, dass ein bei mir unbeliebter Frühdienst ansteht. Das sind dann die Momente, wo ich mir einen Bürojob mit der täglichen 5% Fehlerregel wünsche. Ich arbeite in einem Beruf, der keine Fehler zulässt und muss, damit man wirklich sicher ist, alle fünf Jahre eine Prüfung ablegen. Kommt es dann doch noch zum Fehler, ist dann der Richter da, der einem hämisch grinsend eine Strafe wegen Fahrlässigkeit aufbrummt.

Der zweite, zur Sicherheit gerichtete Wecker klingelt! Schön zu wissen, dass beide funktionieren und ich zumindest diese Sorge nicht haben muss. Auch hier herrscht bei uns eine 0 Fehler Toleranz. Geht der Wecker kaputt, erklärt einem der Chef, dass man ganz gut auf die Mitarbeit des Angestellten verzichten könne. Erlebt habe ich das auch schon, das war, als auch ich einen zweiten Wecker anschaffte. Der schweigt jetzt auch.

Ich stehe auf und begebe mich ins Bad, wo mit einem Lappen der letzte Schlaf aus den Augen gewaschen wird. Danach in der Küche, die Kaffeemaschine zum Leben erwecken und schliesslich in die Kleider des Tages steigen. Im Frühdienst ist der Besuch im Bad wirklich nur sehr kurz, denn man versucht so knapp wie nur möglich aufzustehen. Aber, auch das klappt nicht immer so, so dass ich eine gewisse Sicherheit eingebaut habe.

Mittlerweile ist die Maschine bereit und ich kann mir einen frischen Kaffee machen. Die Maschine lässt diese Flüssigkeit nach ein paar Handlungen in die Tasse laufen. Die Zeit nutze ich um aus dem Fenster zu blicken. Der Boden ist feucht, aber nicht mehr nass. Die Störungen im Herbst rollen über das Land. Jede wird mit Föhn angekündigt. Diesmal ist es wirklich ruhig und es scheint nicht mehr zu regnen. Eine gute Nachricht.

Mit der Tasse in der Hand begebe ich mich in mein Büro. Am Computer schaue ich nach, was in den vergangenen Stunden passiert ist. Der Spionageskandal, der die Welt erschüttert, ist das Thema. Ob die Amerikaner nun wissen, wie gut der Kaffee schmeckt? Es läuft einem schon kalt den Rücken runter, wenn man bedenkt, dass man grundsätzlich als böswillige Kreatur angeschaut wird. Vertrauen ist heutzutage ein Fremdwort geworden.

Mist, wie die Zeit vergeht, ich sollte mich auf den Weg machen. Wo ist hier der Hinweis vom Geheimdienst. So nach dem Motto, he steht auf, gehe zur Arbeit, damit Du meine Steuern verdienen kannst. Auf jeden Fall muss ich nun zur Arbeit und eigentlich ist es mir egal, wer um diese Zeit kontrolliert, was ich mache, denn ich lebe bescheiden und bin politisch nicht aktiv. Wäre schön hätte ich noch etwas schlafen können.

 

Der gewohnte Weg

Ich steige in die schweren Arbeitsschuhe und schnüre diese zu, so dass sie fest sitzen. Sicherheitsschuhe sind seit einigen Jahren Pflicht, denn der Lokführer bewegt sich immer öfters im Gleisfeld. Danach noch die Winterjacke, die ich noch ohne das warme Futter trage. Es ist Herbst und im November werden die Nächte einfach schon recht kühl. Da braucht man passende Kleidung. Am Tag und im Tessin ist das wiederum anders.

So verpackt verlasse ich die Wohnung und schliesse die Türe ab. Danach im erleuchteten Treppenhaus zur Türe. Draussen merke ich, dass es schon unangenehm kühl geworden ist. Es verträgt fast eine etwas wärmere Jacke, aber nun gehe ich und kümmere mich nicht darum. Beim Gehen wird mir dann schon warm genug. Zudem, wer friert, schläft nicht ein. Eine gute Idee, wenn ich das nutzen könnte.

Ein Blick an den Himmel verrät mir, es könnte ein schöner Tag werden. Ich kann ein paar Sterne erkennen. Das bedeutet, dass es keine dichten Wolken hat. In der Nacht ist es nicht schön, da ist es bedeckt, oder eben, wie jetzt klar. Davon werde ich vermutlich nicht mehr viel haben, denn der Schlaf wird vermutlich irgendwann überhand nehmen ich mich in die Träume reissen. Wenn ich Pech habe, bevor die Sonne an Himmel erscheint.

Nach wenigen Metern kann ich auf dem Trottoir der Hauptstrasse folgend, den Weg in Richtung Bahnhof unter die Füsse nehmen. Die Beleuchtung der Strasse sorgt dafür, dass der Weg nicht zu dunkel ist. Angesichts der Tatsache, dass meine Kleider dunkel sind, stellt sich schon die Frage, ob man nicht auch auf dem Arbeitsweg die Warnweste tragen sollte. So kann der gestresste Autofahrer nicht behaupten, er habe den Fussgänger nicht gesehen.

Andererseits wird man am Tag wieder wie ein Ausserirdischer angesehen. Wer läuft schon freiwillig mit oranger Warnausrüstung durch die Strassen. Niemand macht das, aber wie lange noch? Irgendein Sicherheitsfuzzi erkennt hier die Chance Geld zu machen und schon wird es mit einem Gesetz vorgeschrieben. Dann läuft die ganze Welt in oranger Warnausrüstung herum. Kaum vorstellbar, aber man weiss nie.

Die Strassen um diese Zeit mitten in der Woche sind leer. Kaum ein Mensch, der sich bewegt und die vorbei fahrenden Auto kann man auch an einer Hand abzählen. In den Häusern brennt kaum mehr Licht und man schläft im Kanton. Morgen müssen alle wieder raus und zur Arbeit. Bis dann sollte ich meinen wichtigsten Teil erledigt haben. Wenn das nicht der Fall ist, bricht das grosse Chaos aus. Aber man weiss ja nie.

Kein Geschäft versucht jetzt seine Waren los zu werden. Man wirbt zwar dafür, aber im Geschäft selber ist es dunkel. Noch ist die Gesellschaft nicht im 24 Stunden Modus. Mir würde das gefallen, denn dann wäre der Schichtarbeiter kein Exot unter den Arbeitern mehr. Jeder würde so leben und dann wären alle wieder normal. Nun, ich denke kaum, dass ich das noch erleben werde, denn nur schon eine Stunde, wird mit aller Macht bekämpft.

Um diese Zeit gehe ich durch die Strasse und versuche mit Hilfe der kühlen Luft und der Bewegung, die müden Glieder und Augen ins Leben zu rufen. Bei der Arbeit habe ich keine grosse Chance mehr, denn in meinem Beruf bewegt man sich nicht viel und genau das macht müde. Wer dann noch früh raus muss, kämpft schnell mit dem Schlaf. Gedanken, die immer auf dem Weg sind, wenn man niemanden trifft. In der Ferne bewegt sich ein Fahrrad.

Als der Bediener mit dem Fahrrad näher kommt, erkenne ich einen Kollegen, der nun Feierabend gemacht hat und mit dem Fahrrad nach Hause fährt. Er hat scheinbar Nachtdienst und kann nun ins Bett liegen. Ich bewege mich indes weiter in Richtung Bahnhof und als ich die letzte Kurve hinter mir habe, kann ich ihn in der Ferne erkennen. Ich muss jedoch ins Depot und das ist in Erstfeld auf der anderen Seite der Geleise.

Dazu benutze ich die Unterführung nach dem grossen Parkplatz. Auch hier stehen kaum Autos herum. Die Einkäufe erfolgen am Tag, wobei hier immer ein oder zwei Autos stehen, denn nach dem Parkplatz steht die Milchküche und die hat rund um die Uhr geöffnet. Zwar kommt man um diese Zeit nur mit einem speziellen Schlüssel rein, aber man bekommt einen Kaffee und wer will, etwas zu essen. Wie lange das noch sein wird, weiss niemand.

In der Unterführung kommt mir ein Berufskollege entgegen. Auch er hat Feierabend gemacht und geht nach Hause. Eine kurze Begrüssung muss reichen, denn ich muss zur Arbeit und er will so schnell wie möglich nach Hause. So hat jeder seine Bedürfnisse, die er zu decken hat. Ich auf jeden Fall fühle mich schon fitter, als noch vor ein paar Minuten. Der Fussmarsch und die frische Luft haben Wunder bewirkt. Ich bin froh darüber.

Seit die Bauarbeiten für das neue EIZ begonnen haben, ist der direkte Weg zum Depot versperrt. Die Zufahrt zum Parkplatz ist, wie der Parkplatz selber nur eine riesige Baustelle geworden. Man baut Parkplätze für eine grosse Zahl Arbeiter. Ob niemand mehr hier wohnen wird? Scheinbar geht man nicht davon aus. Auch die Bahn hat längers je mehr Automobile im Fuhrpark. Will man die hier abstellen? Für mich auf jeden Fall gibt es einen kleinen Umweg.

So überquere ich die Lindenstrasse. Das ist auch die offizielle Adresse des Depots, daher wird es dort einen Zugang geben. Der Weg ist gut ausgebaut und so gelange ich vor das Dienstgebäude. Von dieser Seite aus wirkt es mit seinen vermeintlich drei Stockwerken recht beeindruckend. Nur, die Türe ist um diese Zeit verschlossen und so nehme ich die Treppe neben dem Gebäude um zu den Gleisanlagen zu kommen.

Ich habe den Weg zum Depot geschafft. Durch die Türe gelange ich in den Raum mit dem Verpflegungsautomaten und den Garderoben des Lokomotivpersonals. Auch hier erkennt man den Untergang immer mehr, denn immer weniger Namensschilder sind in den Fächern zu sehen. Leere Kleiderkasten und Automaten, wo früher Kasten standen. Ja, es geht langsam dem Ende entgegen und immer mehr gehe ich davon aus, dass hier wirklich keine Hoffnung mehr besteht.

 

Vorbereitung ist wichtig

Nachdem ich die Schranktüre geöffnet habe, entnehme ich die Mappe mit meinem Arbeitsmaterial. Seit die Daten elektronisch aufbereitet werden, sind die Papiere im Schlitz des Schranks merklich zurückgegangen. Daher kann ich die Türe wieder schliessen und mich in den Aufenthaltsraum begeben. Die vorbereitenden Arbeiten können dort und im Raum mit den Computern erfolgen. Dazu muss ich nicht in der Garderobe bleiben.

Der Weg in den Aufenthaltsraum, der hier in Erstfeld seit Jahren Führerzimmer heisst, ist nur sehr kurz. Die Türe kann ich einfach aufstossen, denn sie liegt schon lange nicht mehr im Schloss.

Der Raum ist leer, kein Lokführer, der auf seine Arbeit wartet. Das heisst, dass scheinbar alle beschäftigt sind. Ich stellte daher meine Mappe auf den Tisch, öffne sie und entnehme ihr die LEA und die Warnweste. Mehr benötige ich aktuell noch nicht.

Die Warnweste wird über die Jacke gestreift und diese danach an den Stuhl gehängt. Das Depot ist geheizt und so kann man sich auch ohne Jacke wohl fühlen. Nun muss ich aber zu den Computern.

Bei meiner heutigen Tour ist eine Anordnung vorhanden, die ich noch nicht habe. Dort können jedoch wichtige Punkte für die Arbeit stehen und daher muss ich das Dokument haben. Das geht nun mal nur am PC mit einem Zugang zum Intranet.

Die Zeit, die ich benötige um die Dokumente im Intranet zu suchen, nutze ich, um die Daten der LEA zu aktualisieren. Somit habe ich auch dort die für die Fahrt wichtigen Punkte.

Lange dauert die Suche nach dem Dokument nicht. Früher hatten wir mehr Mühe, aber mit der Erfahrung findet man die Daten schnell. Das Dokument, das ich benötige kann geöffnet werden. Daher klicke ich auf den Namen der Datei. Die LEA ist mittlerweile auch bereit.

Bei der LEA kann ich nun die Daten aktualisieren. Das erfolgt schnell und ist keine zu grosse Angelegenheit. Dank diesem Update sollten die Fahrordnungen für Heute vorhanden sein. Doch in der Anordnung finde ich noch andere Angaben für den Zug und die zu beachtenden Bedingungen. Speziell ist eigentlich nur, das P hinter der Zugnummer. Das bedeutet, dass die Zuge, Güterzüge mit Personenbeförderung sind.

Auf der zweiten Seite stehen die Dienste der Lokomotiven und des Personals. Der Lokführer aus Erstfeld und die Lokomotive eine Re 420 von SBB Cargo. Dann folgen die Daten zu den Zügen. Einer soll doch tatsächlich 4721 Meter lang sein. Ob sich da eine Ziffer zu viel hineingeschummelt hat? Auch zwei Telefonnummern sind notiert. Es macht vermutlich Sinn, wenn ich die Anordnung ausdrucke. Dann habe ich die Nummern und alle benötigten Angaben bei mir.

Die letzte Seite der Anordnung enthält die Fahrordnungen. Die sollte ich auch elektronisch haben. Mit den ausgedruckten Papieren und der LEA in der Hand gehe ich wieder in den Aufenthaltsraum, wo ich beides in die Mappe stecke. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass die Zeit noch für einen Kaffee reicht. Am frühen Morgen trinkt man viel Kaffee, zu viel, aber man hofft dass er hilft. Lange dauert es nicht mehr, bis ich los muss.

Ein Kollege kommt in den Aufenthaltsraum, begrüsst mich und meint, dass ich heute wohl die Schoggi-Tour vom Depot gefasst hätte. Klar, ein kurzer Einsatz im Frühdienst, das ist selten, dann noch spezielle Züge und kaum zu erwartende Probleme. Das ist eine schöne Arbeit. Aber ich habe ich eine grosse Verantwortung, denn es liegt in meinen Händen, ob der Zirkus Knie in Brunnen seine Vorstellung halten kann.

Es ist Zeit um zu gehen. Die Lokomotive, deren Nummer ich auch im PC gesucht habe, steht irgendwo im Depot Erstfeld. Wo das ist, weiss ich nicht. Ich muss sie suchen. Daher greife ich zur Jacke, ziehe sie an und schnappe meine Mappe mit den Unterlagen. Ich verabschiede mich, gehe aus dem Gebäude und blicke zur Remise. Der direkte Weg ist wegen einer Baugrube unterbrochen. Scheinbar steht ein Umweg an.

Da die Lampen, die den Bereich erhellten, abgebaut wurden und sich niemand um einen Ersatz gekümmert hat, liegt dieser Bereich des Depots in völliger Dunkelheit. Hier muss ich nun meinen Weg zwischen all den Geräten der Baustelle finden. Stolperfallen, die zu Unfällen führen können. Damit ich wenigstens erkenne, auf was ich stehe, nehme ich meine Taschenlampe und erhelle den Boden vor meinen Füssen.

Dank diesem kargen Licht finde ich den Weg zur Remise. Eine Lokomotive steht im Gleis 13. Es ist zu dunkel, dass ich die Nummer erkennen kann. Daher leuchte ich die Nummer mit meiner Taschenlampe an. Die Nummer, die im Lichtschein erscheint, kenne ich, denn es ist die Nummer meiner zugeteilten Lokomotive. Zumindest die Lokomotive habe ich gefunden. Doch das Gleis ist nicht besonders beliebt, denn es gibt Handweichen.

Zuerst stelle ich die Mappe in den Führerstand und dann mache ich mich auf den Weg zu den Handweichen. Genau kontrolliere ich deren Stellung. Eine davon steht falsch, so dass ich die Weiche umstellen muss.

Damit ist mein Fahrweg eingestellt und ich kann wieder zur Lokomotive gehen. Nebenan fährt gerade eine schwarze BR 189 vor die Remise. Scheinbar geht diese für ein anderes EVU verkehrende Lokomotive hier in den Unterhalt.

Es wird Zeit, dass ich meine Lokomotive in Betrieb nehme und die notwendigen Kontrollen gemacht werden. Da sie heute noch keine Arbeit geleistet hat, sind auch die obligatorischen Prüfungen der Sicherheitseinrichtungen notwendig.

Die Zeit dazu reicht knapp aus. Dank geübten Augen und Handlungen, ist die äussere Kontrolle schnell erledigt und es sind keine Schäden zu erkennen. Ich kann mit den Arbeiten innerhalb der Lokomotive beginnen.

Da die Lokomotive für meine Fahrt richtig steht, kann ich im südlichen Führerstand mit den Kontrollen beginnen. Dazu gehört ein Blick in den Schrank mit den Sicherungen und den Schaltautomaten.

Auch die Handbremse wird kontrolliert. Zuletzt stelle ich die Beleuchtung noch richtig. Statt einmal weiss, sollte nun einmal rot leuchten. Die Kontrolle, ob das auch so ist, erfolgt erst am Schluss der Vorbereitung.

Auch im Maschinenraum sind die notwendigen Kontrollen zu machen. Am Luftapparategerüst erkenne ich einen Hahn der abgesperrt wurde. Ein Blick auf das Schild dabei verrät mir, dass es sich um die Spurkranzschmierung handelt. Im Reparaturbuch schaue ich nachher noch, ob diese Schaltung gemeldet wurde. Die restlichen Kontrollen im Maschinenraum bringen keine weiteren Probleme an den Tag.

Im Reparaturheft erkenne ich den Eintrag, dass die Spurkranzschmierung falsch eingestellt sei und so nicht korrekt arbeite. Die Meldung erfolgte am Vortag und Hedlok soll informiert worden sein. Zumindest kein Schaden, der einen Einsatz verhindert hätte. Lang sollte es aber bis zur Reparatur nicht dauern, denn sonst verschleissen die Bandagen sehr schnell. Daher ist es wichtig, dass solche Störungen gemeldet werden.

Nun beginnen die Inbetriebnahme der Lokomotive und die restlichen Kontrollen. Das gehört sich so und letztlich werde ich die Beleuchtung noch kontrollieren. Vorne leuchten drei Weisse und hinten eine rote Lampe. Die Beleuchtung ist korrekt und ich kann wieder in die Lokomotive gehen. Schnell die Jacke an den Haken hängen und zum Schluss noch die Handbremse lösen. Die gelbe Fahne kann danach abgenommen werden. Ich bin mit dem Lokzug soweit fahrbereit.

Auf ihrem Platz schalte ich die LEA ein und gebe die Zugnummer des ersten Zuges ein. Auf dem Bildschirm erscheint der Hinweis, dass ich kontrollieren soll, dass die Handbremsen gelöst sind. Das habe ich und die Meldung kann weggeklickt werden. Ich sehe nun die Fahrordnung vor mir. Dank dem Filter kann ich den Endbahnhof dieses Zuges fast schon erkennen. Es ist bis nach Zug keine lange Fahrt. Nun bin ich aber fahrbereit und kann mich beim Fahrdienstleiter melden.

 

Lokzug nach Zug

So lange ich dem Fahrdienstleiter nicht sage, dass ich fahrbereit bin, so lange bleibt das Signal vor mir geschlossen. Daher greife ich zum Funk, stelle die Verbindung mit dem Fahrdienstleiter her und warte. Nach einer kurzen Wartezeit meldet sich dieser. Ich teile ihm mit, dass der Lokzug fahrbereit sei. Eine kurze Nachfrage, ob das der nach Zug sei, beantworte ich mit Ja. Die nächste Antwort verblüfft, denn ich soll dran bleiben?!

Im Hintergrund höre ich das Geklapper einer Tastatur, die malträtiert wird. Kurze Zeit später öffnet sich das Zwergsignal vor mir und der Fahrdienstleiter meldet sich am Funk. Die Fahrstrasse bis zum Ausfahrsignal sei eingestellt, das Ausfahrsignal offen, ich könne direkt im Depot abfahren. Letztlich verabschieden wir uns und ich lege den Hörer des Funkgerätes wieder in seine Halterung. Der Lokzug kann losfahren.

Im Bereich der Handweichen fahre ich langsam, denn ich will mich noch einmal davon überzeugen, dass die Weichen richtig stehen. Gerade die beiden Handweichen sind sehr gefährlich, da es sich um verschränkte Weichen handelt, deren Stellung schwer erkannt werden kann. Zudem ist eine Weichenlaterne hinter einem Fahrleitungsmast versteckt worden. Alles in allem eine heikle Situation, die gemeistert werden muss.

Nachdem ich sicher bin, dass die Weichen richtig stehen, beschleunige ich die Lokomotive. Ich bin in einem Nebengleis losgefahren und suche mir nun den Weg zum Signal. Da ich keine Informationen zur Fahrt habe, dürfte ich maximal mit 40 km/h fahren. Wobei ich mich auch mit 30 km/h anfreunden kann und daher etwas gemütlicher fahre. Die Anlagen sind hier dank den Lärmschutzwänden etwas unübersichtlich geworden.

Als ich das Ausfahrsignal erreicht habe, erkenne ich, dass es die freie Fahrt zulässt, ich kann die Lokomotive beschleunigen. Wobei ich zuerst das Pedal der Sicherheitssteuerung loslasse und so den Schnellgang prüfe. Die Prüfung ist vorgeschrieben und sie sollte nicht unbedingt im Bereich von Weichen erfolgen. Daher prüfe ich die Einrichtung jetzt. Es verzögert die Fahrt etwas, aber ich bin über 10 Minuten vorzeitig und habe daher Zeit zur Verfügung.

Die Prüfung verlief erfolgreich und ich konnte die Lokomotive auch wieder normalisieren. Die Fahrt geht daher weiter und ich kann auf die zugelassene Geschwindigkeit beschleunigen. Wobei hier die Strecke für einen kurzen Abschnitt 140 km/h zulassen würde. Nur danach folgt eine Kurve mit 80 km/h. Übertrieben wird nicht, daher beschleunige ich nicht auf die maximale Geschwindigkeit und fahre ungefähr mit 100 km/h gegen die Kurve.

Da die Kurve vor Altdorf überwacht wird, kann ich diese gleich zur Kontrolle einer weiteren Einrichtung auf der Lokomotive nutzen. Als ich beim Vorsignal vorbei fahre, erkenne ich an der Anzeige des ZUB 121, dass die Überwachung angestossen wurde. Auch ETM scheint auf der Lokomotive korrekt zu funktionieren. Es fehlt nur noch die Warnung der Zugsicherung und der Langsamgang. Wobei letzterer vermutlich einfacher zu prüfen ist.

Dank den Vorbereitungen für den Betrieb des Basistunnels, fahren wir hier um Kurven und nicht mehr auf dem direkten Weg. Auch die klassischen Bauteile der Zugsicherung fehlen. Die Strecken von Basel bis Chiasso werden in absehbarer Zeit auf ETCS Level 1 umgestellt werden. Wobei eine überarbeitete Version verwendet werden soll. Daher werden überall die neuen Balisen montiert. Das kann sich bei der Prüfung der Zugsicherung als Problem herausstellen.

Um die Zugsicherung korrekt zu prüfen, muss die Warnung an einem Streckengerät übertragen werden. Befahre ich nun eine Balise, wird das Signal für die Zugsicherung über ETM und ZUB 121 der Zugsicherung vermittelt. Ob der Empfänger der Zugsicherung funktioniert, wurde dabei nicht geprüft. Daher versuche ich noch nicht umgerüstete Signale zur Prüfung zu benutzen. Ich unterschreibe und da will ich sicher sein, dass es korrekt ist.

Der Bahnhof von Altdorf ruht noch. Die Arbeiter der Rangiergruppe haben noch nicht begonnen. Die zugeteilte Am 843 steht ruhend auf dem Abstellgeleise. In ein paar Stunden wird auch hier die Arbeit beginnen. Niemand fängt wirklich gerne so früh an, wie ich es heute musste. Auch ich gehöre nicht dazu. Eine Wahl hatte ich nicht, denn das gehört zu meinem Job dazu.

Auch Flüelen kündigt sich mit grünen Signalen an. Die Fahrt scheint ohne nennenswerte Probleme zu verlaufen. In der Nacht ist das nicht einmal so selten der Fall. So komme ich zügig voran, was sicherlich nicht falsch ist, denn ich weiss, anhand meines Dienstplanes, dass ich ab Zug zwei Züge abführen muss. Die werden vermutlich aufgestellt worden sein und stehen daher in den einzigen beiden möglichen Geleisen.

Linkerhand taucht der Urnersee auf. Auch hier ist alles friedlich. In der Nacht sind keine Schiffe auf dem See. Die Wellen sind gering, denn ich kann das im schwachen Lichtschein erkennen.

Gerade die Strecke dem Axen entlang ist sehr dunkel, da es kaum Häuser und nahe liegende Strassen gibt. So erkennt man schnell viele Dinge, die sonst in der Dunkelheit verborgen bleiben würden. Dazu gehören auch die Wellen auf dem See.

Hoppla, die freie Fahrt endet, denn das Vorsignal zum Spurwechsel zeigt Warnung. Ich muss abbremsen, denn das zugehörige Hauptsignal zeigt Halt.

Mit einer leeren Lokomotive ist das nicht so schwer, denn man hat sehr gute Bremsen und wenn eine nicht will, eine vergleichbar gute Alternative.

Daher komme ich ohne grössere Probleme vor dem roten Signal in der Haltestelle Sisikon zum Stehen. Die flotte Fahrt hat ein Ende gefunden.

Es dauert nicht lange, meldet sich der Fahrdienstleiter am Funk. Ich müsse zwei Kreuzungen abwarten.

An der Strecke werde gebaut und es kommen Gegenzüge. In ungefähr sechs Minuten sollte es weiter gehen. Ich bestätige die Meldung und weiss nun, dass ich nicht die ganze Zeit auf das Signal blicken muss. Ich kann die Eintragungen der Prüfungen vornehmen. Wobei die Zugsicherung natürlich immer noch fehlt, denn auch das Signal hatte Balisen.

Nachdem auch der zweite Zug vorbei gefahren ist, kann ich meine Fahrt fortsetzen. Noch weiss ich nicht genau, welches Gleis gesperrt ist, denn anhand des Signals kann ich das in Sisikon nicht erkennen. Ich muss warten, bis ich die Weichen befahren habe. Das wird in wenigen Augenblicken der Fall sein und im schwachen Licht der Scheinwerfer erkenne ich die Stellung der Weiche. Ich bleibe mit dem Zug auf dem Seegleis.

Somit muss ich an der LEA keine Umstellungen vornehmen und kann normal zufahren. Mein Ziel erkenne ich im Fahrplan bereits, denn eine weite Reise habe ich nicht. Auch jetzt kann der See schwach erkannt werden, wobei hier längere Tunnel den Blick versperren. Kurz vor Brunnen passiere ich zudem die Baustelle, die hell erleuchtet ist. Jetzt kann ich nichts mehr in der Dunkelheit erkennen. Gut, das grün leuchtende Signal entgeht mir nicht.

Bei der Durchfahrt in Brunnen erkenne ich auf der linken Seite die Fahrzeuge vom Zirkus Knie, die bereits hier abgestellt wurden. Längst wird nicht mehr alles mit der Bahn transportiert, aber noch immer transportiert der Knie einen Teil seiner Truppe mit dem Zug. Daher auch die Güterzüge mit Personenbeförderung. Früher waren sogar die Tiere dabei, doch die werden nun auf der Strasse befördert. Lange kann ich nicht daran denken, denn die Fahrt geht ja weiter.

Schwyz ist kein Problem, denn die Signale sind grün und so kann ich ungehindert zur Schutzstrecke fahren. Bisher war es eine ruhige Fahrt. Das erkennt man im Heft mit den Prüfungen, denn noch immer fehlt die Eintragung für die Warnung. Bei grünen Signalen mit Balisen geht das nun mal nicht. Doch nun kommt die Fahrleitungsschutzstrecke ich muss die Lokomotive ausschalten und rollen lassen.

Nachdem ich die Schutzstrecke passiert habe, kann ich die Lokomotive wieder einschalten und die Fahrt ungehindert in Richtung Steinen fortsetzen. In der Haltestelle wird es dann wieder langsamer, weil die Strecke kurviger wird und so nur geringere Geschwindigkeiten zulässt. Mit 80 km/h kann ich daher gegen den Bahnhof Arth-Goldau fahren. Dort wird es dann nicht mehr normal weiter gehen, doch noch bin ich nicht einmal in Steinen.

Das Einfahrsignal von Arth-Goldau wird mit freier Fahrt angekündigt. Bis vor wenigen Wochen hätte ich hier eine Bremsung eingeleitet, denn es hätte sich um eine Fehlleitung gehandelt. Neu ist das jedoch normal. Schön, wenn darüber das Lokomotivpersonal nicht informiert wird und man nur durch die klassischen Diskussionen am Stammtisch davon erfährt. Das wäre für das Lokpersonal eine wichtige Information gewesen. Ich weiss es jetzt auch.

Beim Einfahrsignal befindet sich neu das Vorsignal für den Abschnitt auf Seite der Einfahrt. Dies wird mir mit dem Fahrbegriff 3 angekündigt. Die Warnung spricht an und ich quittiere die Warnung. Wie könnte es auch anders sein, die Information wurde mit ETM übermittelt und so weiss ich immer noch nicht, ob der Empfänger der Zugsicherung funktioniert. Doch jetzt kommt dann eine Chance. Zwar nicht in Arth-Goldau, aber später.

Mit 60 km/h fahre ich in den Bahnhof Arth-Goldau und befahre die ablenkenden Weichen so, dass ich die Durchfahrt über das Gleis drei erreiche. Das ist die einzig mögliche Fahrstrasse, denn sowohl im Gleis zwei, als auch im Gleis vier sind Nahverkehrszüge abgestellt, die auf den frühmorgendlichen Einsatz warten. Ich habe nun die Richtung der Züge nach Zürich eingeschlagen und verlasse den Bahnhof Arth-Goldau um eine Kurve.

Auf der Strecke in Richtung Zug bin ich der einzige, der hier fährt. Hier verkehren kaum Güterzüge und daher beginnt hier der Verkehr erst mit den Reisezügen. Heute will sich jedoch ein Zirkus verschieben und das geht nun mal über diese Strecke am einfachsten. Daher bin ich mit der Lokomotive alleine auf der Strecke und fahre nun gegen Walchwil. Die Geschwindigkeit liegt jetzt bei 75 km/h und die Strecke fällt leicht.

Freie Fahrt durch Walchwil, das ist eine Seltenheit. Nur, wenn es keine anderen Züge gibt, ist auch das möglich. Wobei ich denke, dass sich das im Laufe meiner Tour noch ändern wird.

Doch nun kann ich meine Fahrt in Richtung Zug fortsetzen. An der Strecke ändert sich indes nichts. Erst im Raum Zug kommen dann die Haltestellen, die ich von den S-Bahnen her gut kenne. Heute ignoriere ich diese schlicht und einfach.

Durchfahrt in Oberwil ist auch möglich gewesen und nun nähere ich mit der Haltestelle Zug Casino. Nicht dass ich diese besonders erwähnenswert finden würde.

Vielmehr ist unmittelbar danach das Vorsignal zum Einfahrsignal des Bahnhofes Zug aufgestellt und das Signal hat keine Balisen. Zudem es muss zwingend mit Warnung ansprechen, denn freie Fahrt gibt es nur bei durchfahrenden Zügen und das bin ich sicher nicht.

Fahrbegriff zwei wird angekündigt. Das ist nicht normal, aber eigentlich auch nicht besonders überraschend. Am Hauptsignal erkenne ich dann die besetzte Einfahrt.

Ich fahre mit meiner Lokomotive in ein besetztes Gleis ein. Vermutlich geradewegs vor den Zug, den ich mitnehmen muss. Daher ist jetzt auch Fahrt auf Sicht vorgeschrieben. Die Geschwindigkeit sinkt dadurch automatisch, denn ich will meinen Kopf nicht an der Frontscheibe anschlagen.

Es geht in das vermeintlich freie Gleis drei. Im Gleis zwei steht der zweite Zug. Irgendwo muss der Zug aber sein. Den ersten Zug des Zirkus Knie werde ich schon noch finden. Das ist so und ich darf sogar direkt an den Wagen anfahren. Ich habe mit meinen Zug den Bahnhof Zug und dabei sogar meinen nächsten Zug erreicht. Hier sind solche Sätze eben auch möglich. Fehlt eigentlich nur noch die Lokomotive Zug.

 

Zug – Brunnen

Nachdem ich den Führerstand gewechselt habe, beginne ich mit dem Füllen der Hauptleitung. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass etwas nicht stimmen kann. Zwar wird die Leitung gefüllt, aber der Druck im Hauptluftbehälter steigt nicht und so stellt der Kompressor nie ab. Ob was am Zug nicht stimmt? Mit der Zeit kommt mir ein böser Verdacht und daher suche ich den hinteren Führerstand auf. Habe ich wirklich etwas vergessen?

Ja, der Hahn zum Bremsventil war noch geöffnet. Vermutlich wurde ich durch das Gespräch und die Abgabe der bei dem Zug benötigten Mobiltelefone so abgelenkt, dass mir ein Fehler unterlaufen ist. Ein Fehler der nicht passieren sollte und den ich noch rechtzeitig erkannt habe. Das sollte nicht passieren und ist natürlich, wenn ich nach den Vorgaben gearbeitet hätte, unmöglich. Ich gestehe daher, dass mir ein Fehler unterlaufen ist. Dabei hoffe ich natürlich, dass das mein Chef nicht liest.

Nun, vielleicht werde ich deswegen bei der nächsten Qualifikation schlechter beurteilt. Gut, dazu müsste es natürlich jemand melden, aber man weiss ja nie. Passiert ist der Fehler vermutlich, weil ich mich ablenken liess. Das sollte nicht passieren, aber wie schnell das passiert ist, weiss ich jetzt selber. Gut, konnte ich den Fehler selber noch ausbügeln. Andere Kollegen machen Fehler und haben dieses Glück nicht, weil jemand zu Schaden kam. Böse Menschen sind das deswegen auch nicht.

Jetzt beruhigt sich der Kompressor. Am Funk höre ich, dass auch der Kollege am Schluss des Zuges mit Sorgen zu kämpfen hat. Er sollte die Diesellokomotive auf Schleppfahrt vorbereiten und kann nun an der Lokomotive die losen Bremsen nicht feststellen. Diese liegen zu eng an. Probleme gibt es immer wieder, auch wenn die Chefetage diese gerne ausblendet. Eine Lösung für das Problem muss daher her. Nur welche?

Ich bewege den Zug. Mit geringer Zugkraft sollte der Zug rollen, wobei bei 911 Tonnen das nicht so leicht zu erkennen ist. Es klappt, der Zug rollt wirklich leicht. Die Bremsprobe kann nun durchgeführt werden. Somit kann die Vorbereitung des Zuges abgeschlossen werden, wenn auch nicht alles ganz korrekt nach den Büchern der Leute im Büro abgelaufen ist. Der Zug kann fahren und das soll doch das Ziel sein.

Klar, auch ich weiss, dass Fehler nicht passieren dürfen. Der Herr, der diese Anordnung geschrieben hat, wird vermutlich deutlich auf den unfähigen Lokführer schimpfen. Gut, das war vermutlich derselbe, der mir einen 4721 Meter langen Zug mitgeben wollte. In Wirklichkeit ist der Zug nur 472 Meter lang. Auch er machte einen Fehler und bemerkte ihn nicht. Am Morgen kurz nach drei Uhr erfreut sich das Personal daran.

Passiert ist deswegen nichts. Der Zug kann den Bahnhof Zug kurz vor halb vier Uhr morgens verlassen. Menschen machen Fehler, das ist nun mal so und ich bin kein Gott, also mache ich auch Fehler. Wichtig ist, dass man seinen Fehler erkennt und so kein noch grösseres Ereignis erfolgt. Eigentlich müsste man solche Fehler melden, aber dann kommt der Chef und erklärt wieder… Seit dem defekten Wecker kenne ich diese Methode zu gut. Ich kann darauf verzichten.

Schnell beschleunigen kann ich nicht, denn mit 827 Tonnen am Haken kommt man mit einer Lokomotive Re 4/4 II nicht schnell weg. Die Steigung ist zwar gering, aber eben es ist eine Steigung. Wo um alles in der Welt mache ich die Bremsprobe auf Wirkung? Die Strecke bis Arth-Goldau gibt mir eigentlich keine vernünftige Chance. Irgendwie muss ich aber wissen, wie der Zug bremst, denn mit A 95% kann ich nicht so viel anfangen.

Ich werde die Fahrt daher mit gemischten Gefühlen absolvieren. Die Steigung und das um diese Zeit doch recht kräftige Tauverhalten der Luft, lässt meine Lokomotive mit Problemen bei der Adhäsion kämpfen. Ein alltäglicher Vorfall, der ein einigermassen guter Lokführer gewachsen sein muss. Im Moment fühle ich mich jedoch eher durchschnittlich. Das heisst, ich kann auch mit Hilfe von Sand nicht viel mehr herausholen.

Endlich erreiche ich die erlaubte Geschwindigkeit. Ausgerechnet jetzt bin ich im einzigen einigermassen flachen Abschnitt. Ich muss die Bremsen prüfen, denn ich will wissen, wie der Zug bremst. Die Bremsung wird mit einem leichten Ruck quittiert. Der Zug bremst wirklich gut. Die Fahrt kann weiter gehen. Dumm dabei ist, dass ich wieder in der Steigung beschleunigen muss. So richtig schnell werde ich daher nicht.

Mit zunehmender Steigung bekomme ich immer mehr Probleme mit der Adhäsion. Der Zug ist für die vier Triebachsen auf einer feuchten Strecke einfach zu schwer. Irgendwie träume ich von den erlaubten 70 km/h. Die Strecke beginnt jedoch vor Walchwil noch mehr zu steigen. Das wird wohl nicht länger mit seltenem Sandeinsatz laufen. Ziel ist Arth-Goldau, denn dann geht es nur noch den Berg runter und das ist bekanntlich etwas leichter.

Die Station Walchwil wird relativ mühsam erreicht. Immer wieder musste ich die durchdrehenden Räder in den Griff bekommen. Meistens reichte der Sand aus, aber manchmal wurde die Zugkraft durch den Schleuderschutz reduziert. Trotz klarem Wetter, ist es keine leichte Fahrt, die Feuchtigkeit der Luft ist im November recht hoch. Da kann jeder Autofahrer ein Lied davon singen und auch die Lokführer stimmen ein.

Im flachen Bahnhof Walchwil kann ich wieder etwas Schwung holen. Der grosse Anstieg kommt jetzt, denn gegen Arth-Goldau steigt es stetig mit bis zu 10‰ an. Auf jeden Fall wird es keine allzu leichte Fahrt werden. Darum versuche ich den Bahnhof Walchwil mit der maximal erlaubten Geschwindigkeit zu verlassen. Nur so komme ich in etwa der vorgegebenen Fahrzeit nach Arth-Goldau. Wobei ich auch hoffe, dass die Adhäsion etwas besser wird.

Es kam so wie es kommen musste, ich konnte die Geschwindigkeit mit Müh und Not halten und erreiche so das Vorsignal zum Einfahrsignal von Arth-Goldau. Seit ich als Lokführer arbeite sah ich dieses Signal nie geschlossen. Der Quarzsand, den ich auf die Schienen rieseln lasse, fängt die durchdrehenden Achsen wieder auf und so erreiche ich auch das Einfahrsignal mit 65 km/h. Aus Erfahrung weiss ich, dass ich so oder so nicht so schnell ausfahren kann.

So ist es, das Abschnittsignal zeigt Fahrbegriff drei und so sind nur noch 60 km/h erlaubt. Da meine Triebachsen wieder einmal die Haftung verloren haben sinkt die Geschwindigkeit im Bereich der Bahnsteige sogar auf 50 km/h. Nicht so schnell wie ich durfte, aber ich bin oben, denn jetzt geht es im Grunde eigentlich nur noch bergab. Die Schwerkraft wird mir jetzt helfen und daher kann ich den Sander etwas ruhen lassen.

Es dauert, bis der Zug die letzte ablenkende Weiche des Bahnhofes Arth-Goldau befahren hat. Erst wenn das erfolgt ist, kann ich die Geschwindigkeit erhöhen. Da die Strecke nun jedoch absinkt, belasse ich es und lasse die Schwerkraft die Beschleunigung besorgen. Dadurch kann ich auch gleich erkennen wie gut der Zug wirklich rollt. Feste Bremsen kann ich ausschliessen, denn bei den bisher durchgeführten Kontrollen erkannte ich nichts.

Langsam erreicht der Zug die erlaubte Geschwindigkeit. Er scheint gut zu rollen. Die vielen zweiachsigen Wagen verhalten sich in diesem Fall anders, als ein Zug mit Drehgestellen. Das ist so und so kann ich die Geschwindigkeit mit der elektrischen Bremse problemlos halten. So komme ich ohne zu grosse Probleme nach Steinen und der dort montierten Profilortung. Eigentlich sollte ich keine Probleme haben, denn die Wagen des Zirkus sind nicht so hoch.

Bei der Haltestelle Steinen ändert sich die Geschwindigkeit. Nun könnte ich dank den guten Bremsen schneller fahren. Jedoch ist eine Erhöhung nicht sinnvoll, da die Wagen nur mit 80 km/h verkehren dürfen. Zwar würden die Wagen mehr erlauben, aber zum Schutz des Personals und der Ladung, ist die Geschwindigkeit auf 80 km/h beschränkt. Daher fahre ich auch nicht schneller. Auch so komme ich nach Brunnen.

Die Fahrleitungsschutzstrecke vor Schwyz lässt die Lokomotive ausfallen. Ich muss die Bremsen der Wagen zur Hilfe nehmen, denn sonst werde ich zu schnell. Das Problem ist nur, dass es gegen den Bahnhof wieder leicht ansteigt und ich so zu viel Schwung verliere. Letztlich sinkt die Geschwindigkeit etwas zu tief. Nach dem Bahnhof sinkt es ja wieder und dann werde ich so oder so schneller. Noch würde ich ja in Zug stehen. Zumindest meint das die Fahrordnung.

Kurz nach dem Bahnhof Schwyz kündigt sich das Ziel an. Brunnen ist beinahe erreicht und ich darf mit 60 km/h einfahren. Der Halteort ist klar, denn ich muss vor dem roten Signal anhalten. Der erste Zug des Zirkus Knie hat Brunnen erreicht. Noch ist es hier aber ruhig und es ist kein Personal vorhanden. In meiner Agenda notiere ich 3:55. Eigentlich müsste ich um 04:00 Uhr in Zug losfahren. So aber war ich mit dem Zug zu früh. Kein Wunder ist es hier noch ruhig.

 

Bahnhof Brunnen

Muss ich den Zug selber abhängen? Vor 20 Jahren hätte sich diese Frage nicht gestellt, aber jetzt weiss man nie so genau. Bevor ich etwas mache, was nicht gut ist, greife ich zum Funk, denn irgendwie habe ich den Verdacht, dass der Zug nicht hier stehen bleiben kann, denn das Gleis wird benötigt. In knapp einer halben Stunde sollte hier der erste Personenzug losfahren. Daher steht der Zug eigentlich im Weg.

Vielleicht kann mir der Fahrdienstleiter eine Auskunft erteilen. Daher rufe ich ihn am Funk auf. Es dauert nicht lange, bis sich mein Gesprächspartner meldet. Ich erkundige mich, wann das Rangierteam kommt, oder ob ich selber abhängen müsse? Nach einer kurzen Suche meint der Fahrdienstleiter, dass das Rangierteam in wenigen Minuten eintreffen sollte. Ich solle warten. Ich bedanke mich und beende die Funkverbindung.

Eigentlich könnte ich mir die Haare ausreisen. Ich habe einen Zug mit Personenbeförderung, da kann ich nicht einfach weiterfahren, denn der Zug darf nicht unbewacht stehen gelassen werden. Heute ist nicht mein Tag. Das kommt noch gut heraus und an der periodischen Prüfung sollte das nicht passieren, denn das sind wertvolle Punkte die verloren gehen. Die Wartezeit nutze ich mit etwas Ruhe.

Lange musste ich nicht warten und der Rangierarbeiter meldet sich bei mir. Nach einer kurzen Begrüssung überreicht er mit ein Funkgerät und ich ihm das Handy, das ich als Notfallgerät bekommen habe. Hätte dieses geklingelt, hätte es ein Problem mit den Fahrgästen gegeben. Damit sind die Geräte ausgetauscht und ich werde über das anstehende Manöver informiert. Wie ich vermutet habe, muss der Zug hier weg.

Nach einer kurzen Funktionskontrolle höre ich, wie die Fahrstrasse verlangt wird. Wenige Sekunden später öffnet sich vor mir das Zwergsignal und am Funk erklingt der Befehl vorwärts zu fahren. Ich quittiere den Fahrbefehl und setze meine Lokomotive mit samt dem Zug in Bewegung. Die Rangierfahrt ist losgefahren und mein Ziel ist die Rangiergrenze, die hier im Tunnel liegt. Eigentlich sollte es reichen, aber man weiss nie.

Mit Hilfe von Längenangaben werde ich abgebremst und komme so beim Haltbefehl kurze Zeit später zum Stehen. Am Funk höre ich den Befehl rückwärts zu fahren. Mit einem über 800 Tonnen schweren Zug ist das nicht einfach. Ich quittiere erneut und warte, bis der Kontrollton ertönt. Danach setze ich den Zug in die andere Richtung in Bewegung. Dabei achte ich auf vernünftige Pufferkräfte, denn einen Unfall will ich nicht.

Mir der Lokomotive die Wagen über die engen Weichen stossen, ist nicht unbedingt gut, aber eine andere Wahl haben wir eigentlich gar nicht. Zwar habe ich am Schluss eine geschleppte Bm 4/4, aber ob dafür schon ein Lokführer vorhanden ist, weiss ich nicht. Ich könnte damit auf jeden Fall nicht mehr fahren, denn meine Kundigkeit auf der Lokomotive habe ich schon lange verloren. Ich fahre nur noch mit elektrischen Lokomotiven.

Langsam komme ich mit der Lokomotive wieder an die Stelle, wo ich vor der Rangierfahrt gestanden bin. Doch ich muss noch weiter zurück fahren, denn hinter mir gibt es eine Weichenverbindung über die der Zug zur Seite gestellt wird. Am Funk erklingen die ersten Massangaben. Nur die erste davon bestätige ich. Die Fahrgeschwindigkeit werde ich immer etwas verlangsamen, denn es kann nun gegen ein Hindernis gehen.

Am Funk erklingt die Aufforderung hinter dem Zwergsignal anzuhalten. Ich öffne das Fenster und blicke nach draussen. Noch eine knappe Lokomotive muss ich fahren, dann kann ich anhalten. Der Zug ist dann beiseite gestellt und die Hauptgeleise im Bahnhof Brunnen stehen für die weiteren Züge zur Verfügung. Ob das so geplant war, weiss ich nicht, aber die geplanten 10 Minuten bis zum nächsten Zug hätten dazu kaum gereicht.

Nachdem ich angehalten habe wird meine Lokomotive abgehängt. Der Zug ist abgeliefert und ich kann mich mit meiner Lokomotive wieder neuen Aufgaben zuwenden. Das wären zuerst die Fahrt von meinem jetzigen Standort ins Gleis zwei und dann der Wechsel des Führerstandes. In Zug wartet ein weiterer Zug, den ich nun abholen sollte, aber noch stehe ich im Gleis 51 und warte, bis sich das Zwergsignal anders entscheidet und mit die Fahrt erlaubt.

Es dauert nicht lange, bis ich losfahren konnte. Der Wechsel des Führerstandes, die Eingaben der Zugsicherung und die Kontrolle der Beleuchtung sind erledigt. Eigentlich wäre ich mit der Lokomotive fahrbereit. Nur, die Signale sind immer noch rot. Vermutlich kann ich noch nicht losfahren, weil noch ein Zug kommt. Der Rangierleiter hat mich, so wie er gesagt hat, schon lange fahrbereit gemeldet. Aber ich muss ja erst in rund 20 Minuten losfahren.

 

Lokzug zum zweiten

Nachdem ein Güterzug in Richtung Basel den Bahnhof Brunnen verlassen hat, kann ich mit meiner Lokomotive ebenfalls losfahren. Lange musste ich nicht warten, aber nun kann ich es gemütlich nehmen, denn der Güterzug ist nicht so schnell, wie ich mit der Lokomotive. Aber ich bin ja vor der Fahrordnung unterwegs und da spielt es keine Rolle. Der Lokzug kommt schon noch nach Zug, denn nach Arth-Goldau habe ich wieder freie Fahrt.

In Schwyz ist das Manöver bereits an der Arbeit und auch die Anzeigen am Bahnsteig kündigen die ersten Züge an. Langsam beginnt der Morgen und damit der Ansturm auf die Züge. Es wird Zeit, dass in Zug auch das zweite Gleis von dem wartenden Güterzug befreit wird. Genau aus diesem Zweck bin ich ja mit dem Lokzug unterwegs, auch wenn es schlecht rückt und ich immer wieder die Warnung zurückstellen muss.

Bei der Schutzstrecke kommt mir ein Flirt entgegen, damit ist die Nacht der Güterzüge vorbei, die ersten S-Bahnen verkehren wieder. Das war zu erwarten und nach vier Uhr in der Früh beginnen die Reisezüge wieder zu verkehren. Die Nachtruhe, wie es so schön heisst, dauert nur gerade drei bis vier Stunden. Der Güterverkehr ruht indes nie und so fahren die Güterzüge oft in der Zeit, wo es keine Reisezüge gibt.

Steinen ist auch passiert und ich nähere mich wieder Arth-Goldau. Die Einfahrt ist wie beim ersten Lokzug ohne Probleme möglich. Der einzige Unterschied ist, dass ich nun durch das Gleis vier fahren kann, weil der dort abgestellte RABe 523 mittlerweile vermutlich Brunnen erreicht hat. Die anderen abgestellten Züge haben ebenfalls bereits Licht und werden für den Ansturm der Reisenden bereit gemacht.

Jedoch hat sich an einer Tatsache noch nichts geändert, denn auf der Strecke, die ich nun befahre bin ich der einzige Zug. Es wird mir zwar eine frühe S-Bahn folgen, aber die hat einen gehörigen Abstand. Die Kurven der Ausfahrt Arth-Goldau sind speziell, denn bis zur letzten Weiche muss ich mit 60 km/h fahren. Dann könnte ich bis zum Ende des Bahnhofes noch mit 80 km/h fahren um dann auf der Strecke 75 km/h zu erreichen.

Die 80 km/h lasse ich sein, denn mehr als 75 km/h fahre ich hier nicht. Alles andere wäre nur unnötiger Stress. Links stehen ein paar Wohnblöcke und im Gegensatz zum ersten Mal hat es nun in einer Wohnung Licht gegeben. Es stehen die ersten Leute auf. Beim Hersteller von Seilbahnen ruht aber noch alles, auch dort wird nicht Schicht gearbeitet und so beginnen die Leute erst in drei Stunden mit der Arbeit.

Nach der letzten Weiche befinde ich mich auf der einspurigen Strecke. Hier folgt sich eine Kurve der anderen und daher sind die Geschwindigkeiten tief. In der Dunkelheit kann ich nicht viel erkennen, das Dorf Arth am See erwacht langsam und in den Häusern brennt teilweise Licht. Aber auch diese Szene dauert nur kurz und ich befinde mich im Niemandsland. Zumindest bis ich Walchwil erreiche, aber das dauert noch etwas.

Mit der leeren Lokomotive habe ich hier keine Mühe mit den rutschigen Schienen, die sich um diese Jahreszeit in der Nacht automatisch bilden. Die nächste Kurve führt mich an einem einsamen Bauernhof vorbei und die andere lenkt mich zu einem kurzen Tunnel. Das ist alles, was es hier zu beschreiben gibt, denn es ist keine spannende Strecke. So erscheint auch in der Ferne das Vorsignal zur Einfahrt Walchwil. Es ist grün.

Walchwil ist ein einfacher Bahnhof, bei dem sich die Züge kreuzen werden. Auch ich sollte auf meiner Rückfahrt hier auf Gegenzüge warten. Daher ist der zweite Zug auch kürzer, denn jetzt muss ich in diesem Bahnhof Platz haben, was vorher nicht nötig war. Doch auch jetzt kann ich ungehindert durchfahren und so den Bahnhof durch die nun zum Teil erleuchteten Häuser verlassen. 

Auch bei der Haltestelle Hörndli hat sich etwas verändert, denn dort steht der erste Zug angeschrieben. In wenigen Minuten wird hier die erste S-Bahn nach Zug fahren. Damit können die Anwohner früh nach Zürich zur Arbeit fahren. Viele Leute arbeiten nicht in der Gegend, denn in Walchwil gibt es kaum Industrie. Zu sehr ist das Dorf an den Hang gebaut worden. Auf die andere Seite geht nichts, denn da ist der See.

Die Fahrt geht weiter und in der Dunkelheit erscheint das Merkzeichen Barriere. Die Zugsicherung spricht hier an, wenn die Schranken nicht geschlossen sind. Daher muss man damit rechnen, dass eine Zwangsbremsung eingeleitet wird. Auch jetzt ist alles in Ordnung und ich kann zufahren. Der Bahnübergang ist eingeschaltet, die Anwohner des an der Strecke liegenden Hauses können sich nicht in Gefahr begeben.

Meine Fahrt führt nun in Richtung Oberwil. Auch dort ist etwas mehr Leben zu erkennen. Beim Signal gibt es keine Änderung, denn auch jetzt zeigt es grün. Ich kann in Zug Oberwil, dem wohl kleinsten Bahnhof der Schweiz einfahren. Züge die länger als 200 Meter sind können sich hier nicht kreuzen. Jetzt mit 25 Meter ist das kein Problem. Wobei es effektiv ja nur 15 Meter sind, aber die Länge für ZUB 121 ist 25 Meter.

Auch das Ausfahrsignal ist offen. Das erkenne ich am Vorsignal, das am Einfahrsignal montiert wurde. Ich kann also ungehindert in Richtung Zug fahren. Die Strecke ändert sich hier nun, denn nun befahre ich dichter bewohntes Gebiet. Hier wurden in der Vergangenheit neue Wohnhäuser erstellt. Daher befindet sich die Haltestelle Zug Friedbach mitten in den Häusern. Das ist natürlich für die Anwohner ideal.

Erneut erreiche ich die Haltestelle Zug Casino und damit das Vorsignal zur Einfahrt in Zug. Auch jetzt wird mit der Fahrbegriff zwei angekündigt. Ich kann somit vermutlich auch jetzt wieder direkt an den Zug anfahren. Genau erfahren kann ich das erst beim Einfahrsignal. Doch bis dahin muss ich noch den Stadttunnel von Zug befahren und an der Haltestelle Zug Postplatz vorbei kommen. Dann weiss ich, wie ich in Zug einfahre.

Ich habe es richtig vermutet, am Signal wird mir eine Einfahrt in ein besetztes Gleis signalisiert. Rund 200 Meter nach dem Signal muss ich mit Fahrt auf Sicht fahren. Die Zugsicherung spricht am Signal an und warnt mich so vor der besonderen Situation. Ich verzögere die Lokomotive zwischen den Häusern der Stadt Zug auf eine Geschwindigkeit, bei der ich auf Sichtdistanz anhalten kann. Schnell ist das in der Dunkelheit auf jeden Fall nicht.

Jetzt geht es mit der Lokomotive in das Gleis zwei, wo der Zug immer noch steht und auf mich wartet. Warten tut auch der Rangierarbeiter, denn er signalisiert mir, dass ich direkt anfahren darf. Daher verzögere ich so, dass ich an den Wagen und an der Lokomotive keine Schäden anrichte. Ich habe somit zum letzten Mal an diesem Tag Zug erreicht und befreie nun den Bahnhof vom zweiten Knie-Zug.

 

Der zweite Zug

Erneut erhalte ich ein Handy für Notfälle. Danach kann ich den Führerstand wieder wechseln. Mit der Tasche, die bisher immer in diesem Führerstand blieb, der LEA und dem Handy in der Hand, wechsle ich auf die andere Seite der Lokomotive. Das muss ich, weil ich ja nun wieder nach Brunnen fahren will. Die Mappe stelle ich neben dem Führerpult auf den Boden und lege das Handy des Zirkus beim Geschwindigkeitsmesser hin.

Ich kann nun die Lokomotive einschalten, die Luft in der Hauptleitung ergänzen und an der LEA die Zugnummer für den zweiten Zug eintippen. Kurz nachdem ich auf die Enter-Taste gedrückt habe, erscheinen die Fahrordnung, der Hinweis, dass ich angezogene Handbremsen lösen soll und die Belastung des Zuges. Das funktioniert seit einiger Zeit gut und so muss nicht mehr in jedem Fall mit Papier gearbeitet werden.

Die Zeit, die benötigt wird, bis die Hauptleitung gefüllt und ausgeglichen ist, nutze ich um die Beleuchtung der Lokomotive zu kontrollieren. Als ich das Rücklicht kontrolliere werfe ich auch noch einen Blick auf die Kupplung.

Der Zug wurde korrekt angehängt und die Leitungen korrekt verbunden. Das war zu erwarten, aber kontrollieren muss ich das so oder so. Es ist meine Lebensversicherung, auch wenn es den Rangierarbeitern nicht gefällt.

Wieder in der Lokomotive entledige ich mich erneut der Jacke und begebe mich zur Türe, der Zug ist gefüllt und die Hauptleitung ausgeglichen, die Bremsprobe kann durchgeführt werden.

Da der Zug scheinbar schon vorgebremst wurde, genügt eine Zusatzbremsprobe. Daher muss ich dem Personal vertrauen, denn eine direkte Kontrolle, ob alles korrekt erfolgt, habe ich nicht. Auf jeden Fall kann ich eine Bremsung einleiten.

Die Absenkung erfolgt in etwa in der erwarteten Zeit und ich kann die Bremse sogleich wieder lösen. Nun muss ich nur noch auf die Meldung „Bremse gut“ waren.

Es dauert auch nicht lange, bis die erfolgt. Der Zug ist fahrbereit und der Rangierarbeiter meint, dass ich mich fahrbereit melden soll. Ich danke ihm für die Arbeit und wir verabschieden uns. Sein Nachtdienst ist nun zu Ende und er kann das Bett aufsuchen.

In der LEA erkenne ich die Rufnummer für den Fahrdienstleiter von Zug. Ich gebe diese Nummer ein und am Funk meldet sich der Fahrdienst Zug. Ich melde, dass ich mit dem zweiten Kniezug fahrbereit sei. Die Antwort ist klar, der Fahrdienstleiter hat das verstanden. Somit warte ich nun nur noch darauf, dass sich das Ausfahrsignal öffnet. Wann das sein wird, weiss ich natürlich nicht, denn das wurde mir nicht gesagt. Planmässig fahren sollte ich in rund 50 Minuten.

Auf dem Bahnsteig gegenüber winkt plötzlich eine Person in Zivil. Ob etwas mit dem Zug nicht in Ordnung ist? Ich begebe mich zur Türe und öffne diese. Der Herr auf dem Bahnsteig erklärt mir, dass Zug ortsbedient sei und er sei der Fahrdienstleiter. Aha, ob ich fahrbereit bin? Ja, ich kann losfahren. Als Antwort erhalte ich, dass das gut sei, ich könne gleich losfahren und hätte in Zug Oberwil eine Kreuzung.

Während der Fahrdienstleiter losrennt, überlege ich mir, wer denn der Fahrdienstleiter Zug am Funk war? Das war vermutlich das Fernsteuerzentrum und nicht der besetzte Bahnhof. Scheinbar wurde der Funk nicht umgeschaltet. Das ist schön, wenn ich vor einem Signal stehen würde und dann den falschen Ansprechpartner erreiche. Ob das wirklich gut überlegt war? Die Fahrdienstleiter können vermutlich nichts dafür.

Vor mir öffnet sich das Ausfahrsignal. Ich kann mit dem Zug losfahren. Die Beschleunigung ist etwas leichter, da der Zug nur 600 Tonnen schwer ist. An den anderen Angaben, wie Bremsreihe und Höchstgeschwindigkeit änderte sich indes nichts. Somit gilt auch jetzt wieder maximal 80 km/h. Da die Weiche nur 60 km/h zulässt erreiche ich vorerst nicht einmal das. Wobei ich auch an die Länge des Zuges denken muss.

Gerade die Länge des Zuges macht die Kreuzung in Zug Oberwil spannend, denn mit meinem Zug habe ich in diesem Bahnhof keinen Platz. Mit 385 Meter bin ich rund 180 Meter zu lang. Das kann nur gehen, weil der Gegenzug nur 75 Meter lang ist. Es wird somit die erste S-Bahn sein. Genau jene S-Bahn, die mir auf dieser Strecke folgte. Der Abstand war wirklich ausreichend und ich bin aktuell mit 50 Minuten Vorsprung auf der Rückfahrt.

Wie es angekündigt war, komme ich vor dem Ausfahrsignal in Zug Oberwil zum Stehen. Die wenigen Pendler, die auf die S-Bahn warten, schauen den Zug etwas komisch an. Ich denke, dass ein Zirkus auf reisen so selten ist, dass man sich wundert. Gerade der Knie, der noch die Eisenbahn für die Verschiebung nutzt, ist sicher sehr speziell. Gerade wenn er auf solchen Strecken, wie jetzt, verkehrt. Den ersten Zug hatten sie verpasst.

Die S-Bahn fährt ein. Ich kann nun meine Fahrt fortsetzen und so in Richtung Walchwil fahren. Die Beschleunigung des in den Kurven stehenden Zuges ist nicht sehr leicht, aber klappt dank der geringen Steigung recht gut. Jetzt habe ich nicht so grosse Probleme mit der Adhäsion, das geringere Gewicht hilft mir. Die Strecke wurde durch den vorher verkehrenden Zug auch etwas getrocknet. Auf jeden Fall erreiche ich die erlaubten 70 km/h relativ schnell.

So fahre ich zum letzten Mal am Bahnübergang für ein Haus vorbei. Das Vorsignal zur Einfahrt von Walchwil ist grün und so fahre ich erneut an der Haltestelle Hörndli vorbei. Und nähere mich so dem Einfahrsignal. Mal sehen, was das Ausfahrsignal zeigt? Eigentlich sollte ich durchfahren können, aber man weiss ja nie, wenn der Personenverkehr losfährt, sind Güterzüge immer wieder im Nachteil.

Auch die Ausfahrt ist offen und ich kann durch Walchwil fahren. Hier haben sich auch ein paar Leute eingefunden, die meinen Zug etwas überrascht begutachten. Ich kontrolliere ihn indes im Rückspiegel. Hier habe ich etwas Licht, was eine bessere Kontrolle ermöglicht. Es scheint alles in Ordnung zu sein, auf jeden Fall kann ich nichts feststellen. Der Weiterfahrt steht nichts im Weg und ich kann nach Arth-Goldau fahren.

Ein Blick in den Fahrplan verrät mir, dass ich jetzt eine Stunde vor der geplanten Zeit verkehre. Die etwas steilere Strecke verleitete die Triebachsen meiner Lokomotiven zum Durchdrehen. Genau in dem Moment, wo ich den Fahrplan konsultierte, daher reagierte ich etwas zu spät und der Schleuderschutz musste die Arbeit übernehmen. Meistens bemerke ich es vorher, aber eben nicht immer. Nur das kann passieren.

Die Steigung sorgte dafür, dass ich immer wieder mit der Adhäsion zu kämpfen hatte. Die Feuchtigkeit ist in der Luft und legt sich gerne auf den kühlen Schienen ab. Dann wird noch etwas Laub auf die Schienen geweht und der Schmierfilm ist perfekt. Da helfen dann nur der Sand und die Schleuderbremse. Das ist im Herbst so und da kann auch das schöne Wetter, das sich abzeichnet, nichts dagegen machen. Laub ist der Feind der Lokführer.

Die Dämmerung setzt langsam ein und man kann schon etwas mehr erkennen. Auf jeden Fall erkennt man bereits den heller werdenden Himmel und so die Konturen der Berge. Der Tag beginnt nun und so auch die Rushhour auf den Schienen und der Strasse. Es wird Zeit, dass ich diesen Flaschenhals verlasse und auf die Gotthardstrecke einschwenke. Nur, noch bin ich nicht in Arth-Goldau und erkenne in der Ferne nur das Vorsignal zur Einfahrt.

Wie immer kündigt es freie Fahrt an. Die Fahrt kann vorerst weiter gehen. Mal sehen, wie lange das noch dauern wird, denn es könnte sein, dass ich in Schwyz noch warten muss, denn der Zug wird lange stehen bleiben. Der Entlad hat noch nicht begonnen und so steht der erste Zug immer noch im Gleis, wo ich ihn hingestellt habe. Von der Zeit her gehe ich davon aus, dass ich nach Entladebeginn ankommen werde.

Auch jetzt hindert mich nichts an der Durchfahrt durch Arth-Goldau. Der einzige Unterschied ist, dass ich jetzt etwas schneller unterwegs bin. Die Leute bewundern den sonderbaren Zug auch in Arth-Goldau. Die ersten Züge haben den Bahnhof verlassen und nun beginnt der morgendliche Verkehr. Ich auf jeden Fall habe soeben die einspurige Strecke entlang des Zugersees geräumt und schwenke nun auf die Gotthardstrecke ein.

Ich denke jetzt, dass nun einigen Fahrdienstleitern ein Stein vom Herzen fällt, denn hätte ich mit meinem Zug auf dieser Strecke ein Problem gehabt, wäre der Fahrplan arg durcheinander gekommen. Das am Morgen, wenn die Pendler zur Arbeit wollen. Man könnte das schon als die grösste anzunehmende Unregelmässigkeit bezeichnen. Doch jetzt kann man im Notfall um mich herum fahren, was nicht so grosse Probleme ergäbe.

Wobei es geht nun bergab. Mit Schwung würde ich Brunnen auch noch erreichen, wobei das nicht gewünscht ist. Noch arbeitet alles gut und der Zug ist bei der Kontrolle schon recht gut zu erkennen. Besonders in den beleuchteten Bahnhöfen ist das kein Problem. Die natürliche Helligkeit reicht dazu leider noch nicht aus. Aber das wird sich ändern, nur habe ich bis dann eventuell Brunnen schon erreicht.

Erneut und nun zum letzten Mal passiere ich die Schutzstrecke von Schwyz. Anders als bei den letzten Fahrten muss ich nun mit dem Zug abbremsen, denn das Einfahrsignal von Schwyz ist geschlossen. Da die elektrische Bremse ausfällt, muss ich viel mit dem Zug machen. Nur, wenn ich mit dem Zug zu stark bremse, komme ich unter der Schutzstrecke zum Stehen. Alles in allem keine leichte Bremsung. Sie gelingt aber.

Anhalten musste ich nicht, denn das Einfahrsignal ging auf Fahrt und so kann ich in den Bahnhof einfahren. Ich fahre in das Gleis zwei ein. Die Ausfahrt ist zwar geschlossen, aber im Gleis zwei werde ich kaum eine Stunde stehen bleiben. Dazu wäre das Gleis eins gut gewesen, doch das ist, wie ich jetzt erkennen kann, mit Güterwagen besetzt. Der Stückgutzug hat vor kurzer Zeit Schwyz erreicht und muss nun noch weggeräumt werden.

Aha, auch die Ausfahrt ist offen, ich kann meine Fahrt in Richtung Brunnen fortsetzen. Die wenigen Signale, die noch kommen werden, sollten mir nur noch gnädig sein. Ein Blick auf die Uhr lässt mich erkennen, dass nun wohl der Glarner-Sprinter im Gleis zwei stehen wird. Das könnte eine Einfahrt ins Gleis drei bedeuten. Doch noch erkenne ich das Vorsignal zur Einfahrt von Brunnen nicht und daher ist alles möglich.

Bei der Annäherung auf das Blocksignal, das gleichzeitig auch das Vorsignal zur Einfahrt Brunnen ist, wechselt dieses auf den Fahrbegriff drei. Ich kann in Brunnen einfahren. Nun zeigt sich, in welches Gleis ich einfahren werde. Die Brücke über die Muota lässt mich jedenfalls noch nicht in den Bahnhof blicken. Doch als ich diese Brücke passiert habe, erkenne ich, dass das Gleis zwei frei ist. Scheinbar wurde der Reisezug anders aufgestellt.

Kurz bevor ich angehalten habe, ist es mir eingefallen. Die Strecke in Richtung Sisikon war ja nur auf einem Gleis befahrbar, so konnten gar keine Züge durch das Gleis fünf fahren. Daher wurde der Glarner-Sprinter dort aufgestellt. Ich auf jeden Fall stehe im Gleis zwei und der Rangierarbeiter kommt zu meiner Lokomotive auch jetzt übergebe ich ihm das Handy für den Notfall. Ich habe auch den zweiten Zug des Zirkus nach Brunnen gebracht.

 

Lokzug statt Pause?

Eigentlich hätte ich jetzt eine kurze Pause eingeteilt. Um es genau zu nehmen in etwas mehr als einer Stunde. Doch so wie es aussieht, kann ich diese Pause vergessen, denn der Rangierarbeiter meint, dass er mir den Zugschluss beleuchten werde ich mich dann fahrbereit melde. Nun, das geht in Ordnung, denn ich mag in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit nach Erstfeld. Das ist wichtig. Zumal ich dort eine Milchküche für die Pause habe, habe ich nichts dagegen.

Die Zeit, die benötigt wird, um den Zug abzuhängen und den Funk zu bedienen, nutze ich um die Daten für ZUB 121 zu ändern. Auch die neue Zugnummer wird am Funk registriert. Der Rangierarbeiter kommt zu mir, meldet, dass das Schlusssignal leuchte und ich auf Kreuzung mit der S-Bahn losfahren könne. Er wünscht mir einen schönen Tag und entfernt sich von der Lokomotive. Auch ich wünsche ihm beim Ablad viel Vergnügen.

Es dauert nicht lange, bis die erste in Erstfeld losgefahrene S-Bahn in Brunnen einfährt. Das bedeutet für mich, dass es in wenigen Augenblicken losgehen wird. Das ist auch so, ich erkenne die Fahrstrasse wird eingestellt, das Zwergsignal und auch das Ausfahrsignal wechseln auf Fahrt. Ich kann mit dem Lokzug losfahren. Damit ich das aber kann, muss ich mich manuell aus der Überwachung von ZUB 121 befreien.

Diese Überwachung war noch vom Güterzug, den ich hier abgeliefert habe. Daher diesen Schritt. Die Ausfahrt ist nur mit 40 km/h erlaubt. Das bedeutet, dass die Weichen mit dieser Geschwindigkeit befahren werden müssen. Entscheidend ist nun die letzte befahrene Weiche, denn die Lokomotive ist so kurz, dass ich bis dann die ablenkenden Weichen längst freigelegt habe. Erst danach kann ich auf die zugelassene Streckengeschwindigkeit beschleunigen.

Die Bauarbeiten an der Strecke sind eingestellt, aber noch stehen die Fahrzeuge des Baudienstes auf der Strecke. Für mich bedeutet das, dass ich auf dem Seegleis in Richtung Süden fahren kann. Die Umschaltung an der LEA zeigt mir die Signale dieses Geleises an. Die Geschwindigkeit bleibt daher bis kurz vor Sisikon bei 90 km/h. Dank der immer heller werdenden Landschaft, kann man Tunnel und offene Strecken gut unterscheiden.

Vor Sisikon muss ich auf 80 km/h reduzieren. Ich kann beim Spurwechsel wieder auf das reguläre Gleis wechseln. Erneut muss ich nun die LEA umstellen, da ich jetzt wieder auf dem regulären Gleis in Richtung Flüelen fahren werde. Auf dem Berggleis sind höhere Geschwindigkeiten zulassen, nur mit der alleine fahrenden Lokomotive kann ich nicht auf die Streckengeschwindigkeit beschleunigen. 115 km/h müssen ausreichen.

Der Zeitvergleich verrät mir, dass ich mit dem Lokzug zwei Stunden vor der planmässigen Zeit verkehre. Das ging schnell über die Bühne und nun stellt sich die Frage, wo denn die Lokomotive in Erstfeld abgestellt wird. Natürlich weiss ich das bereits, denn die Wartezeit in Brunnen habe ich genutzt um die Informationen einzuholen. Ich telefoniere während der Fahrt nicht so gerne, da man schnell abgelenkt werden könnte.

Der gerade Tunnel, der zugleich der längste Tunnel des heutigen Tages ist, kann mit 115 km/h befahren werden. So ist auch er schnell passiert und ich muss die Lokomotive wieder verzögern, denn ich nähere mich der Einfahrt von Flüelen und die ist nur mit 80 km/h zugelassen. Da diese Reduktion mit ZUB 121 überwacht wird, ist es ratsam, etwas eher zu verzögern und so etwas entspannter auf die Weiche, die die Geschwindigkeitsschwelle darstellt, abzubremsen.

Als ich den Tunnel verlasse, habe ich bereits 80 km/h erreicht. Die Signale sind mir gnädig. Mehr habe ich jedoch nicht erwartet, denn der einspurige Abschnitt nach Brunnen hat dafür gesorgt, dass ich keinen Zug vor mir habe. Die S-Bahn hatte dazu die Strecke zu lange blockiert. Daher gibt es auch in Flüelen eine ungehinderte Durchfahrt. Nun steigt die Geschwindigkeit wieder etwas an, aber allzu stark beschleunige ich nicht.

Der Grund für die Zurückhaltung ist der Bahnhof Altdorf. Altdorf hat eine abgestufte Geschwindigkeit und diese Reduktion ist mit ZUB 121 überwacht, obwohl es eigentlich dazu gar kein Vorsignal gibt. Daher kann das Merkzeichen für die Überwachung als Anhaltspunkt genommen werden. Mit einem Lokzug, der zwei Stunden zu früh unterwegs ist, kitzelt man diese Geschwindigkeitsschwelle nicht freiwillig.

Durch den Bahnhof Altdorf fahre ich daher mit den erlaubten 80 km/h. Diese Geschwindigkeit lasse ich so stehen, denn die gilt auf den nächsten Kilometern. Dereinst werden hier die Züge auf 200 km/h beschleunigen, aber aktuell sind sie nur mit 80 km/h unterwegs. Noch wird gebaut und die Geleise liegen zum Teil nur provisorisch, so dass man die Geschwindigkeit grundsätzlich reduzierte.

So nähere ich mich der Schächenbrücke. Es wird Zeit, dass ich mich mit dem Bahnhof Erstfeld in Verbindung setze. Daher tippe ich die für Erstfeld gültige Nummer am Funk ein. Die Verbindung wird aufgebaut und ich melde dem Fahrdienstleiter, dass die Lokomotive des Lokzuges ins Depot Gleis C9 müsse. Der Fahrdienstleiter bestätigt die Meldung und die Verbindung wird beendet. Mittlerweile nähere ich mich auch dem Ausfahrsignal von Altdorf.

Obwohl ich nun hätte beschleunigen dürfen, fuhr ich nur mit 80 km/h gegen Erstfeld. Zudem war das Einfahrsignal nur mit 40 km/h offen. Somit bestand kein Grund zur Hektik und etwas riskieren wollte ich auch nicht. Die S-Bahn, die behindert hätte werden können, kreuzte ich auf Höhe des Sportplatzes. Daher rolle ich mit meiner Lokomotive langsam gegen das Gleisabschnittsignal. Der Funk meldet sich. Es ist der Fahrdienstleiter, der mich ruft.

Als ich angehalten habe, nehme ich den Ruf an und erfahre, dass ich ab dem Gleisabschnittsignal als unbegleitete Rangierfahrt direkt ins Gleis C9 fahren könne. Ich bestätige diese Meldung und betätige die Manövertaste der Lokomotive. Der Lokzug hat Erstfeld erreicht und die Lokomotive wird parkiert. Lange Manöver stehen dabei nicht an. Das ist eine Erleichterung in den Vorschriften und beschleunigt manches Manöver.

Jetzt fällt es mir wieder ein, das Gleis C9 ist das Gleis, wo heute Morgen eine BR 189 abgestellt wurde. Steht die Lokomotive genug nahe bei der Remise, dass ich in dem Gleis noch Platz habe? Gedanken, die mich auf der Rangierfahrt begleiten und in kurzer Zeit geklärt werden. Ich habe soeben die Weiche zum Depot passiert. Ich verzögere, denn es ist noch zu dunkel, dass man eine schwarze unbeleuchtete Lokomotive gut sieht.

Als ich angehalten habe, blicke ich schnell nach hinten. Das Zwergsignal ist hinter meiner Lokomotive. Die Lokomotive hat in diesem Gleis Platz gehabt, ich kann nun mit den Nacharbeiten beginnen. Dazu gehört als erstes die Ankunftszeit des Lokzuges aus Brunnen. Notiert habe ich in meiner Agende 6:05 und im Fahrplan stand 08:04 nicht ganz zwei Stunden zu früh, auch wenn es um eine Minute nicht stimmt.

 

Nacharbeiten im Depot

Mit der Ankunft ist es längst nicht gemacht. Die Lokomotive, die jetzt noch eingeschaltet ist, muss remisiert werden. Dazu sind ein paar Arbeiten notwendig. Bevor ich jedoch damit beginne, räume ich meine LEA zusammen. Dazu schalte ich das Gerät aus, denn eigentlich habe ich meine Arbeit für heute getan. Zusammen mit dem Ladegerät verstaue ich die LEA in meiner Mappe. Danach kann ich diese verschliessen.

Ein Blick auf die Manometer verrät mir, dass ich noch etwas Druckluft ergänzen muss. Daher stelle ich den Steuerschalter für den Kompressor auf direkt. Dadurch beginnt dieser damit den Luftvorrat in den Hauptluftbehältern zu ergänzen. Die Zeit nutze ich um den Führerstand etwas aufzuräumen. Auch Lokführer arbeiten lieber an einem geordneten Arbeitsplatz. Viel muss ja nicht aufgeräumt werden und warten muss ich so oder so.

Der Luftvorrat ist ergänzt, ich kann die Lokomotive ausschalten. Da bisher die Ventilation lief, wurden die Kühler und die Fahrmotoren noch etwas abgekühlt. Jetzt nach einem Lokzug ist das zwar nicht nötig, aber wenn man mit einem schweren Zug über den Gotthard fuhr, macht diese Abkühlung durchaus Sinn, denn alles ist heiss. Wenn ich ausschalte, wird nicht mehr gekühlt und die Pumpen stehen still.

Auch die Beleuchtung wird gelöscht. Ein Blick auf die Ventile der Bremsen lässt mich erkennen, es ist alles so wie es sein muss. Auch der Blick in den Schrank an der Rückwand lässt keine weiteren Probleme erkennen. Alles ist so eingestellt, wie es sein muss. Noch schnell einen Blick zum Verbrauchmaterial. Auch hier ist alles vorhanden und ich muss nichts ergänzen. Somit kann ich den Führerstand verlassen.

Im Maschinenraum stelle ich wieder die abgesperrte Spurkranzschmierung fest. Aber sonst höre ich keine ungewünschten Geräusche. Es scheint alles dicht zu sein. Daher kann ich den Luftvorrat mit den Hauptluftbehälterhahnen einsperren und so erhalten. Lufttechnisch ist die Lokomotive nun abgeschlossen und ein Verlust hat keine schwerwiegenden Auswirkungen. Meine Kontrollen gehen jedoch weiter und so kommt der Transformator an die Reihe.

Die Temperatur ist natürlich nicht sehr hoch. Der Lokzug forderte die Lokomotive nicht besonders, so dass wegen dem geringen Strom der Transformator nicht stark erwärmt wurde. Die Kontrolle ist jedoch nötig, denn ein Fehler würde jetzt erkannt werden. Da aber alles so ist, wie es sein soll, kann ich den Weg durch den Maschinenraum fortsetzen und so in den zweiten Führerstand gelangen. Bisher fand ich bei meiner Kontrolle keine Schäden.

Durch die Türe gelange ich in den zweiten Führerstand. Hier wiederholen sich die Arbeiten vom ersten Führerstand. Zusätzlich muss ich die Lokomotive mit der Handbremse sichern. Eine Weisung im Depot Erstfeld besagt, dass die Handbremse immer auf der Seite, wo man losfahren kann, angezogen werden muss. An anderen Orten ist das ähnlich geregelt. So sollte jeder wissen, wo die Handbremse angezogen ist.

Nachdem ich die Handbremse fest angezogen habe, sichere ich die Kurbel mit der montierten Falle. Die Handbremse kann sich nun nicht mehr lösen. Mit einem Lappen auf der Kurbel kennzeichne ich die angezogene Handbremse. Zusätzlich hänge ich in der Ecke des Führerstandes die neue Fahne auf. Diese soll verhindern, dass die Lokomotive mit angezogener Handbremse bewegt wird. Ob es funktioniert, mag ich persönlich bezweifeln.

Bevor ich an die äusseren Kontrollen der Lokomotive gehe, stelle ich den Schalter für die Beleuchtung richtig. Bisher war dieser so gestellt, dass die Lampe rot leuchtete. Mit meiner Änderung ist auch dieser wieder in der normalen Position. Ich kann den Führerstand verlassen. In der Hand habe ich dazu jedoch einen Lappen, der schon recht schmutzig ist. Ich nutze ihn für meine Kontrollen und entsorge ihn anschliessend.

Aussen an der der Lokomotive kontrolliere ich das Laufwerk auf Schäden und ob alles fest montiert ist. Zumindest das, das fest montiert sein muss. Zudem reinige ich die Griffstangen und verschliesse die Tür zum Führerstand. Neuerdings müssen wir die Lokomotiven verschliessen, damit sie nicht von unbefugten Leuten bewegt werden. Die heutige Menschheit hat wirklich nur noch Blödsinn im Kopf. So muss alles massiv gesichert werden.

Auch der Rundgang um die Lokomotive hat keine Schäden an den Tag gebracht. Die Kontrolle der Lokomotive ist abgeschlossen. Ich kann nun meine Mappe im Führerstand holen, die Lokomotive endgültig verlassen und auch die zweite Türe verschliessen. Die Arbeit ist getan und ich kann mich auf den Weg zu den Aufenthaltsräumen machen. Dank der Baustelle ist das jedoch nicht mehr direkt möglich.

Bauarbeiten bringen immer Probleme mit sich. Doch so, wie hier gearbeitet wird, bin ich jedes Mal überrascht, dass das Dienstgebäude noch steht, wenn ich von der Arbeit zurückkomme. Nun, heute war das nicht so, denn noch wird auf der Baustelle nicht gearbeitet, denn ein Blick auf die Uhr lässt mich erkennen, es ist gerade 6:20 Uhr. Es wird eigentlich Zeit, eine Pause einzulegen, denn Feierabend habe ich erst in zwei Stunden.

 

Pause?

Bevor ich jedoch in die Pause gehe, melde ich mich bei der Leitstelle. Ich finde, dass es nicht fair ist, wenn man einfach etwas macht, ohne dass die Leitstelle etwas davon merkt. Auch ich gehe davon aus, dass er nicht mitbekommen hat, dass der Zug zu früh unterwegs war. Nur, der Lokleiter weiss es und so könnte es durchaus auch die Leitstelle wissen. Ein Anruf hat noch nie geschadet, denn es arbeiten dort nicht nur Unmenschen.

Nach kurzem klingeln wird mein Anruf angenommen. Ich melde mich mit meinem Namen, dem Depot und meiner Tour. Ich höre, wie meine Tour gesucht wird. Dass er diese nicht bereit hat, ist klar, denn er verwaltet nicht nur ein Depot. Daher benötigt er etwas Zeit. Andererseits frage ich mich, wie er bei all den unterschiedlichen Standorten noch die Übersicht haben kann. Weiss der Disponent wirklich jederzeit, wo seine Leute sind?

Aha, er hat mich gefunden, denn er meint, dass ich ja das Zirkuskind sei. Was man mit einer so speziellen Tour alles für Wortkreationen anstellen kann, ist schon fast ein Wunder. Vom Clown über den Zirkusdirektor habe ich heute schon fast alles gehört. Dabei waren es normale Güterzüge, auch wenn die Ladung etwas speziell war. Diese Züge sind jedoch so selten, dass man solche Sprüche ertragen muss, ob es nun gefällt oder nicht.

Der Disponent mein, dass ich ja noch keine Pause gehabt hätte. Daher empfiehlt er mir diese nachzuholen. Wenn ich von ihm nichts mehr höre, solle ich um 8:00 Uhr Feierabend machen. Wir verabschieden uns. Daher kann ich nun zur Pause gehen. Hier in Erstfeld ist das dank der Milchküche sogar sehr gut. Den Weg dorthin kenne ich und so gehe ich in die Milchküche zu meinem Frühstück. Zumindest besser, als im schlafenden Bahnhof Brunnen.

Dank frischem Kaffee, Brötchen, etwas Butter und Honig, kommen die Lebensgeister wieder zurück. Die Müdigkeit, die noch vor ein paar Minuten versucht hat überhand zu nehmen, ist verschwunden. Natürlich halfen da auch die Gespräche in der Milchküche. So wurde die Pause etwas länger, als geplant, aber wer soll sich daran stören, denn ich warte eigentlich nur noch auf den Feierabend, der in gut 50 Minuten sein soll.

Die Zeit bis zum vereinbarten Feierabend nutze ich noch mit kleineren Arbeiten. So werden die Anschläge in Ruhe gelesen und auch der Schrank wieder einmal auf Vordermann gebracht. Zudem liegen die ersten Gratiszeitungen auf dem Tisch, so dass ich auch diese schnell durchlesen kann. Diese Informationen sind zum Teil wichtig zu einem weiteren Teil bekommen wir sie per Mail und können diese auch unterwegs konsultieren.

Auch wenn ich bisher sowohl in meinem elektronischen Postfach, als auch an den Anschlägen im Depot, keinen Hinweis auf die neuen Signale in Arth-Goldau bekommen habe. Zwar sind Informationen über den Wechsel der Belegtmelder vorhanden, aber die Information, dass neue Signale in Betrieb genommen werden, fehlen schlicht. Der dumme ist dann der Lokführer. Er konnte vor dem unbekannten Signal nicht halten und hat einen Signalfall produziert. Einer der Bösen, besonders dann, wenn es einen Unfall gibt.

So vergeht die Zeit schnell und ein Blick auf die Uhr lässt mich erkennen, dass es so weit ist, ich kann die Warnweste in die Mappe stecken, diese verschwindet im Kasten und ich verlasse das Depot. Ich habe Feierabend und kann nun den Tag geniessen. Wobei viel ist nicht zu erwarten, denn Morgen geht es wieder früh los und der letzte Frühdienst steht an. Dann gibt es aber das wohlverdiente Wochenende.

 

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