Erstfeld - Goldau - Bellinzona

Es war der Wecker, der in seiner unerbittlichen Art dafür sorgte, dass meine Nachtruhe beendet wird. Wie so oft im Frühdienst möchte ich ihm am liebsten den Saft abdrehen. Doch die Arbeit ruft und heute habe ich eine ganz besondere Aufgabe zu erledigen. Es ist zudem ein langer Tag, der mich erwartet. Mühsam erhebe ich mich aus dem Bett. Ja, ich bin nicht mehr 30, denn seit ein paar Tagen hat auch mein Zähler eine 4 an der Spitze.

So einen Tag gibt es nur einmal im Leben und so hatte ich gestern mein Fest gegeben. Die Besucher gingen zwar zeitig nach Hause, aber die Geschenke mussten noch verstaut und zum Teil auch noch hergerichtet werden. Eigentlich hätte ich keine grossen Geschenke gewollt, aber wer hält sich schon daran. Sinnvolle und sinnlose Sachen stehen nun auf meinem Küchentisch.

Diese mussten weggeräumt werden, dann jetzt benötige ich den Platz für einen Kaffee. Die entsprechende Maschine, die im Frühdienst den Lebensspender zubereitet, muss auch aus dem Schlaf geholt werden. Bis die Maschine bereit ist, gehe ich ins Bad und versuche mit einem kalten Lampen den letzten Rest des Schlafes aus dem Kopf zu bringen.

Der Kaffee schmeckt wunderbar und ich kann mich immer mehr als lebender Mensch fühlen. Wie gut das Leben ist, weiss ich auch seit dieser Woche, denn der Bahnarzt bot mich zum Check auf. Eine medizinische Untersuchung, die einem den Job endgültig kosten kann, ist immer mit etwas Nervosität verbunden. Ich war daher nicht sonderlich überrascht, dass meine Werte nicht immer optimal waren.

Nur, wenn das bei dem Arzt ist, der unterschreiben muss, dass alles in Ordnung ist, beginnen die Probleme. Gut, ich darf weiterhin meinen Beruf ausüben, muss aber beim Hausarzt vorstellig werden. Dieser wird dann wieder normale Werte feststellen und sich über seinen Kollegen wundern. Als Patient ist man dann zwischen den beiden Meinungen gefangen und letztlich sitzt die Angst im Nacken.

Ein Blick auf die Uhr lässt mich erkennen, dass ich zur Arbeit gehen muss. Normalerweise hätte ich noch etwas warten können, aber Heute finde ich, dass ich genug Zeit einplane, denn die Lok könnte noch Probleme bereiten. Dann ist es sinnvoll, dass man sich genug Zeit gönnt. Bevor ich die Wohnung verlasse, kontrolliere ich, ob ich alles habe. Handy, Agenda, Ausweise, und ach ja, die Anordnung sollte ich auch noch mitnehmen, denn dort sind Informationen enthalten, die ich heute benötige.

Nach der Haustüre bemerke ich, dass es sehr kalt ist. Ein Blick gegen den Himmel lässt mich erkennen, es ist nahezu wolkenlos. Anfangs Februar kann die Luft schon recht kühl sein, der Winter ist jetzt am härtesten und es liegt auch Schnee. Rund 30 cm mögen es vermutlich schon sein. Die Gehwege sind noch nicht gepflügt worden und so gibt es eine Wanderung durch den tiefen Schnee.

Heute beginne ich im Depot Erstfeld. Es beginnt die letzte Woche von meinen 6 Wochen Erstfeld. Die langen Touren folgen dann ab nächster Woche und das erst noch für knapp 3 Monate.

Eigentliche eine lange Zeit, aber die Zukunft sagt klar, dass dies eine dauernde Lösung sein wird. Grund genug, sich an Historischem zu erfreuen.

Daher habe ich eigentlich vor gehabt, an der Sitzung vom Team Erstfeld teilzunehmen. Zuerst muss ich aber noch auf grosse Fahrt und der Plan sieht das nicht sehr realistisch.

Vorsichtshalber meldete ich es dem Sitzungsleiter, dass es etwas später werden könnte. Die Strassen von Erstfeld sind am Montagmorgen kurz nach 6 Uhr noch recht ruhig.

Es will wohl noch niemand so richtig aus dem warmen Bett, die kalte Nacht reizt auch nicht gerade um früh aus dem Bett zu steigen. Ich hatte aber keine Wahl, mein Arbeitgeber erwartet das von mir. Gehört halt zum Beruf dazu. 

Eine kleine Zusatzrunde beim Bahnhof führt mich am Briefkasten vorbei. Dort habe ich noch einen Brief im den Kasten zu werfen. Eine Bestellung, die nicht mehr länger auf sich warten kann. Noch kann man nicht alles über Internet bestellen und so hat die Post immer wieder Arbeit. Der Kasten beim Bahnhof liegt an meinem Weg und die Zusatzschlaufe ist nicht gross.

Die letzten Meter zum Depot sind die schlimmsten. Die Zufahrt ist vereist und daher etwas rutschig. Früher nannte ich das glatt, heute nach all den Jahren im Kanton Uri, weis auch ich, dass es heel ist. Ein anderes Wort für etwas, das nicht nur Freude macht. Aber wir tragen ja Sicherheitsschuhe und die sind auf Schnee nicht besonders standfest. Geschafft und das erst noch ohne Sturz.

Da mein Kasten noch hier im alten Depot ist, kann ich meine Mappe auch dort deponieren. Diese hatte auch schon bessere Zeiten erlebt, hat aber viele Jahre gute Dienste erwiesen. Schon lange bin ich auf der Suche nach einem geeigneten Ersatz. Passende Koffer findet man schnell, nur haben alle Rollen. Nur, habe ich noch keine Offroader unter den Taschen gesehen und das Gelände, in dem wir uns bewegen ist nicht für Rollen gedacht.

Letzthin wurde mir ein Katalog überreicht, dort scheint es passende Koffer zu geben. Genau die Grösse und das ohne Rollen. Langsam muss ich zukunftsorientiert denken, denn könnte ich den Koffer 10 Jahre einsetzten, würden zwei reichen. Dann hätte ich es mit dem Koffer geschafft und könnte meine eigene Einteilung fahren. Gut, mittlerweile habe ich meine eigenen Touren, zumindest ab und zu.

 

Start wie immer

Die Warnweste über die Jacke geworfen und dann ins Zimmer, wo früher die Reserve sass. Heute meist leer und das besonders am frühen Montagmorgen. Keine Menschenseele sitzt hier und auch sonst scheint niemand hier zu sein. Die Tage des Depots sind anscheinend gezählt, denn die Renovation der Personalräume scheinen abgeschlossen zu sein. Wirkt doch jetzt schon alles verlassen und einsam.

Meiner mittlerweile auch in die Jahre gekommenen Mappe entnehme ich meine LEA. Es ist sinnvoll, wenn ich nach zwei Wochen im Büro wieder neue Daten lade. In zwei Wochen kann sich viel ändern und viele Züge gab es damals noch gar nicht, so auch meine beiden heute zu führenden Züge. Die benötigten Zugnummern habe ich zwar per Email bekommen, aber die Details der Fahrt fehlen dort.

Es dauert heute länger, denn schliesslich müssen nicht die Änderungen der letzten drei Tage auf das Gerät geladen werden. Es sind genau 15 Tage, die überspielt werden. Dank einer grösseren Speicherkarte klappt das nun auch mit einem normalen Update. Grosse Lust, dem Balken zuzusehen habe ich nicht. Ein Kaffee könnte auch noch das bisschen Schlaf aus dem Kopf kriegen, das die Kälte der Nacht nicht geschafft hat.

Mit dem warmen Becher in der Hand komme ich wieder in die Nähe meiner LEA. Dort, wo wir nun die Updates machen, sass früher die Leitstelle. Die Tür, die mittlerweile, wie die Glasscheibe, verschwunden ist, trennte, was getrennt werden musste. Ein Lokführer hatte dort nichts verloren. Es sei denn, der Mitarbeiter wollte in die Pause, denn als Lückenbüsser waren Lokführer schon immer beliebt. Erinnerung an längst vergangene Tage, wo die Welt angeblich noch in Ordnung war.

Damals wäre ich als junger Lokführer, der gerade erst die Prüfungen hinter sich gebracht hatte, vor den Schalter gestanden und hätte mit den Worten „Guten Morgen, Tour 8307“ begonnen. Heute, viele Jahre später stehe ich in diesem Raum und kein Mensch weiss, dass ich wirklich dort bin. Die LEA hat die Daten gespeichert und ich kann nachsehen, ob meine Fahrten wirklich gespeichert worden sind.

Ich tippe die Nummer ein. Die fünf Ziffern habe ich richtig getroffen, und ich erkenne auf dem Programm die Fahrordnung für den Zug 83012. Ein Lokzug scheint das zu sein. Gut, die Fahrordnung ist vorhanden, die Anordnung steckt in meiner Mappe, dann sollte ich eigentlich alles bei mir haben. Zurück im Reservezimmer stecke ich die LEA in die Mappe, schultere den Tragriemen meiner Mappe und mache mich auf den Weg.

Routiniert wie immer und die Abläufe in einem Depot kennend, begebe ich mich auf den Weg zur Remise. Der liegende Schnee wurde hier auch zur Seite geschoben und so kommt man ohne eine Tiefschneewanderung machen zu müssen zu den Loks. Zumindest dann, wenn sie in der Remise stehen. Draussen liegen halt 30 cm Schnee und für die Schiebedienste gibt es in der speziellen Tasche Wintergamaschen. Damit behält man in Göschenen, wo mehrere Zentimeter Schnee üblich sind, trockene Hosen.

Der Weg ist nur kurz, doch Erinnerungen an jene Tage, wo man den Weg machte, weil man mit ein paar Kollegen an den Automat ging, sind ebenso vorbei, wie die frühmorgendlichen Jassrunden im Reservezimmer.

Heute ist die Welt voller Hektik. Die Zeit scheint heute nur in meinem Kopf etwas stehen geblieben zu sein. Gut, in einem Depot wie Erstfeld kann das passieren, denn hier ist noch vieles aus vergangen Tagen. Tempi passati, wie unsere südlichen Nachbarn sagen würden.

Bei der Remise angekommen, öffne ich die Türe. Hier hat sich am meisten verändert, denn die öffnet sich neu nach aussen und nicht mehr nach innen. Die Sicherheit soll so verbessert werden.

Gelbe Linien am Boden sollen verhindern, dass man über die Schienen stolpert und sollen auch kennzeichnen, wo die Loks durchfahren. Alles gut und recht, aber erfahrene Leute achten nicht auf Linien, sondern bauen auf ihrem Wissen auf. Zudem, wer sicher sein will hat genug Abstand zu einer fahrenden Lok.

Ich blicke auf die Uhr. Die Zeiger zeigen viertel vor sieben an. Eigentlich müsste ich erst in knapp 15 Minuten beginnen, aber mit Sekunden rechnet nur das Programm, ich nehme etwas grössere Toleranzen in Anspruch. Eigentlich könnte ich jetzt noch am Automat etwas kaufen. Nur, ich bereite zuerst meine Lok zu. Danach kann ich immer noch meine Einkäufe machen. Der Schaltwärter ist daher mein Ziel.

Die Begrüssung ist wie am frühen Morgen üblich kurz. Ich wollte eigentlich gerade mit der Zugnummer beginnen, als der Schaltwärter meint, dass ich wohl 38012 mache und ich wisse ja, wo die Lok steht. Ja genau, das weiss ich. Nur, es wäre schön, wenn er mir noch etwas Strom zukommen lassen könnte. Die Worte, wie „Du bekommst heute ja den Schrott“, liessen mich kalt, was will man da sagen. Ich empfinde es etwas anders.

Die Wege zu meiner Lok kenne ich. Klar, das kennen Sie vermutlich auch, Sie nehmen Ihren Bus, besteigen Ihren Zug und in Ihrem Büro ist es ruhig. Das sind Redewendungen, die üblich sind, und mit denen man lebt. Bei mir ist es etwas anders, denn die Lok, die ich heute benutze liegt in meiner Verantwortung. Es ist meine Lok. Gehören tut sie aber der Stiftung SBB Historic.

 

Historisch ist normal

Bei einer historischen Lokomotive gibt es etwas mehr zu erledigen. Nicht, dass meine Ae 6/6 viel Arbeit bedingte, aber es sind ein paar Aufgaben mehr zu erledigen. Hinten im Depot stehen die Oldies, die wirklich viel Arbeit vor der Fahrt machen, aber auch meine Lok benötigt etwas mehr Aufmerksamkeit. Bevor ich beginne, stelle ich die Mappe in den Führerstand.

Ich erinnere mich an meine Ausbildung. Morgen früh ging es vom Dienstgebäude in Begleitung eines älteren Lokführers zur Remise. Die obligate Frage, ob ich schon fahre, musste ich damals noch verneinen. Der Schaltwärter gab uns eine Ae 6/6 und der Lokführer fluchte und wetterte, bis sich die Lokomotive in eine Re 6/6 wandelte. Meine Befürchtungen nach einem harten Morgen, verflogen aber wenige Minuten später. Er habe eine Re 6/6 verlangt, weil wir auf der ganzen Tour die gleiche Lok hätten und auf der Re sässe ich etwas besser, als auf der Ae.

Diesmal freue ich mich auf die Ae, denn sie ist selten geworden. So selten, dass man im Team Historic sein muss, will man einen Tag Ae 6/6 geniessen.  Klar, meine 11411 ist noch nicht aufgearbeitet, aber nur schon der Typ reizt mich. Die Zeit wird kommen und dann sollte man noch das „gestreifte“ überziehen. Jetzt liegt es aber bei mir zu Hause im Kasten.

Keine Sonderfahrt für die Besucher und Fans, sondern einfach eine etwas spezielle Arbeit. Sicher nicht der richtige Zeitpunkt für die Sonntagsuniform. Heute spottet man über die gestreiften Überkleider von damals. Aber ich bin lange genug dabei, dass auch ich noch das „gestreifte“ anziehen durfte. Gerade die oben erwähnte Fahrt machte ich im gestreiften Überkleid.

Es wird Zeit, sich der Lokomotive anzunehmen. Zuerst erfolgt der Rundgang, dabei schliesse ich die Batterie auch wieder an. Die trennen wir von der Lok, denn eine entladene Batterie verhindert jede Fahrt. Zudem stehen die Lokomotiven lange herum, was eine automatische Entladung ergeben würde. Die Kontakte sind schnell zu lösen und schliesslich stand die Lok schon seit ein paar Monaten hier. Sorgen bereitet mir eigentlich nur noch der Luftvorrat.

Wieder auf der Lok beginne ich mit den Arbeiten im Maschinenraum. Schon fast ängstlich öffne ich die Abschlusshähne und höre ein zischen. Luft scheint im System noch vorhanden zu sein. Die Frage ist nur noch, wie viel es denn noch hat. Die Lok ist gut, aber ist sie so dicht? Ich werde es dann im Führerstand sehen. Die Kontrollen verlaufen im gewohnten Rahmen weiter.

Die Lok kenne ich, ich weiss, wo die Schwachstellen zu suchen sind, und eine Öllache macht nicht viele Sorgen. Gut, wenn es auch einer historischen Lok ist, schaut man hin. Die 11411 macht sich aber auch hier gut, kaum Öl im Bereich des Kompressors. Ich habe meinen Rundgang abgeschlossen und kann mich den beiden Führerständen widmen.

Der erste Blick gilt den Manometer. Luftvorrat, liegt bei 5 bar. Nicht viel, aber es reicht. Ich kann die Lokomotive normal einschalten. Die Luft reicht auch noch, falls der Hauptschalter im Notfall ausgeschaltet werden muss. Hier liegt immer eine Gefahr, denn der Druck beim ausschalten muss höher sein, als beim einschalten. Man behilft sich deshalb in Fällen ohne Luftvorrat aus Sicherheit oft einer anderen Maschine.

Ich schalte die Lok ein. Die Ventilation läuft an und ich höre, wie der Kompressor damit beginnt, die Luft auf die üblichen 10 bar zu ergänzen. Die Zeit, die er dazu benötigt, nutze ich um die Unterlagen in der Lok zu kontrollieren. Noch liegen viele Bücher und Dokumente vom normalen Einsatz auf der Lok. Hier sollte einmal richtig gemistet werden.

Das alte Kontrollheft für die Zugsicherung stecke ich in meine Mappe. Es ist noch vom letzten Jahr, also vom Jahr, wo die Lok aus den regulären Dienstplänen entfernt wurde. Ein bisschen darin schmökern. Die Unterschrift des Kollegen, der vor einem Jahr die Lok bediente, kenne ich nicht. War er sich bewusst, dass er die letzte reguläre Fahrt mit der Lokomotive hatte? Ach ja, da ich ja noch eine, die ich kenne, es war die Fahrt vom letzten Jahr.

Die Luft ist bald vollständig ergänzt, ich kann die Bremsen in Betrieb nehmen. Die Apparate der Bremsen sind natürlich leer und müssen nun zuerst gefüllt werden, das dauert seine Zeit. Auch die Uhr am Tachograph hat schon lange aufgehört zu ticken und steht still. Die stehende Uhr ist ein Symbol für das endgültige Ende. Ich ziehe das Uhrwerk wieder auf, damit die Uhr wieder läuft und die Registrierung richtig funktioniert. Natürlich muss ich die Uhr danach noch richten.

Die Vorbereitung habe nach den erforderlichen Prüfungen abgeschlossen. Auch die Zugsicherung und das ZUB 121 funktionieren immer noch richtig und der Batterie geht es gut. Die Ladung klappt auch. Die Beleuchtung der Lok stelle ich noch richtig ein. Die vorderen Lampen weiss und hinten ein rotes Licht. Nur ein rotes Licht, denn es ist ja eine historische Lok.

Ich verlasse die Lok und kontrolliere, ob auch wirklich alle Lampen korrekt funktionieren. Vorne gut, hinten auch gut. Ich begebe mich an den Automaten. Die Lok ist bereit und die Fahrt könnte beginnen. Noch, weiss das ausser mir niemand. Da ich erst in 20 Minuten losfahren soll, kann ich gut noch einen Besuch am Automaten vornehmen. Das Angebot reicht von Snacks, über Kaffee in allen Varianten, bis zu Süssgetränken.

Bevor ich losfahren kann, müssen die Tore der Remise geöffnet werden, das macht hier der Schaltwärter, der meldet auch meine Fahrbereitschaft beim Fahrdienstleiter. Deshalb gehe ich auf dem Rückweg bei ihm vorbei. Er könne mich aus dem Stall lassen, ich sei startklar. Gemeinsam gehen wir zurück zur Lok. Er öffnet die Tore und ich besteige den Führerstand. Die letzte Handlung bevor ich losfahre ist das lösen der Handbremse, die die Lok bis jetzt sicherte.

Die Tore sind offen, ich kann aus der Remise fahren. Dazu schalte ich eine Fahrstufe kurz ein. Die Lok beginnt zu rollen und rollt auch weiter, als ich die Fahrstufe wieder abgeschaltet habe. Alle Bremsen der Lok sind lose. Es ist einfach zusätzliche eine Kontrolle, die ich vor Jahren eingeführt habe. Rollt die Lok bei kleinen Geschwindigkeiten sind alle Bremsen los, denn der Schwung reicht nicht aus, um eine vergessene Handbremse zu überwältigen.

Kurz an der Rangierbremse gezogen, die Lok hält an. Alles funktioniert soweit, dass ich die Remise verlassen kann. Langsam fahre ich in den frühen Morgen, die Dämmerung setzt gerade ein und man kann erkennen, es erwartet uns ein traumhafter Tag im Winter. Vor dem geschlossenen Zwergsignal halte ich an. Jetzt heisst es warten, denn die Fahrt kann jede Sekunde beginnen.

 

Lokzug nach Arth-Goldau

Lange musste ich nicht warten, weit entfernt erkenne ich, dass das Ausfahrsignal fahrt zeigt, mein Zwergsignal zeigt auch fahrt, ich kann starten. Nur muss mir der Bahnhof noch mitteilen, dass ich abfahren darf. Ich rufe ihn am Funk, da fast alle Loks mit dem GSM-R-Funk ausgerüstet sind, vermute ich, dass er nicht auf dem VZFK-90 ruft. Warum auch, er weiss ja nicht, dass gerade meine Lok noch einen alten Funk hat.

Nachdem ich das Gespräch beendet habe, schalte ich die ersten Stufen auf, löse die Bremsen und fahre in Erstfeld ab. Meine erste Fahrt mit einem historischen Triebfahrzeugebeginnt. Niemand, der neben den Geleisen steht, merkt das, denn noch sind die Ae 6/6 täglich zu sehen. Das ändert sich und dann sind die „Uri“ und die „Zug“ fast alleine und fallen am Gotthard auf. 

Nachdem ich das Ausfahrsignal passiert habe, hebe ich die Füsse. Es dauert nicht lange, und der Summer ertönt. Wenige Augenblicke später wird die Lok ausgeschaltet und die Schnellbremse setzt ein. Ich drücke das Pedal wieder. Die Bremsung wird aufgehoben und ich kann die Lok wieder einschalten. Auch die Sicherheitssteuerung funktioniert mit dem Schnellgang korrekt.

Ich kann die Fahrt fortsetzen, ohne dass ich Einschränkungen beachten müsste. Alle Sicherheitseinrichtungen funktionieren soweit ich das bis jetzt kontrollieren konnte korrekt. Ausstehend sind noch die Warnung, der Langsamgang und das ETM. Die Prüfungen kann ich aber nur auf der Fahrt machen. Das sollte aber bis Arth-Goldau auch erledigt sein.

Ich beschleunige die Lok nur auf 80 km/h. Zwar könnte ich schneller fahren, aber der Bahnhof Altdorf beginnt jetzt viel früher und dort sind mit meiner Lok nur 80 km/h erlaubt. Auch diese Beschränkung wird einmal fallen, denn die Bauarbeiten für die neue Brücke haben bereits begonnen. Zeit habe ich genug, denn ich verkehre knapp 15 Minuten vor der vorgesehenen Fahrzeit.

Da ich die Lok rollen lasse, mache ich auch nichts, deshalb verwundert es mich nicht, dass sich der Langsamgang meldet. Ich schalte eine Fahrstufe hoch. Der Summer verstummt und auch diese Prüfung ist erfolgreich abgeschlossen worden. Ich werde dann noch die Rückstellung mit der Luftbremse prüfen. Das ist zwar nicht vorgeschrieben, aber eine umfassende Prüfung kann nicht schaden. Die Signale sind grün, da kann ich die Zugsicherung nicht fertig prüfen.

Ich nähere mich Flüelen und überhole dort einen Lokzug von SBB Cargo. Genau, eine Lok meines Arbeitgebers und ich denke mir, dass es heute ja eine andere Firma in der Firma ist. Lange darf ich nicht darüber nachdenken, denn in wenigen Metern muss ich 75 km/h fahren und aktuell liegt die Geschwindigkeit noch bei 80 km/h. Die elektrische Bremse der Lok verzögert die Lok so, dass ich mit 75 km/h die vorgesehen Stelle passiere.

Die nächste Zeit wird die Geschwindigkeit bei 75 km/h bleiben. Die kurze Erhöhung, die erlaubt wäre, lasse ich sein. Ich bin ja kein Reisezug, der um jede Sekunde kämpfen muss. So kann ich gemütlich gegen Sisikon fahren. Ein Bahnhof, der zur Haltestelle wurde. Das ehemalige Bahnhofsgebäude ist längst ein Gemeindehaus geworden. Meine ZUB 121 Anzeige verändert sich. Schön, auch ETM funktioniert korrekt.

Jetzt kann ich auch 85 km/h fahren. Das ist so üblich und deshalb mache ich es auch. Bei meinen Prüfungen fehlt nur noch die Warnung. Die Fahrt bis Brunnen ist aber ohne Behinderung möglich und die Signale bleiben grün. Da prüft man nicht viel. Das Einfahrsignal von Brunnen nähert sich. Die Ausfahrt ist geschlossen, jetzt kann ich die letzte Prüfung erledigen.

Bevor ich das aber mache, schalte ich die elektrische Bremse der Lok auf. So verzögert diese und ich kann die ansprechende Warnung beruhigt quittieren. Gut, auch das klappt bestens. Die Lok ist nun komplett geprüft und verzögert schön. Der Halt vor dem roten Signal ist daher auch kein Problem mehr. Ich erkenne, dass die S3 gerade den Bahnhof verlässt. Beeilen muss ich mich nun nicht mehr.

Nach dem Halt schreibe ich die erledigten Prüfungen in das jungfräuliche Buch für die Prüfungen. Der Halt dauert nicht lange, denn der Flirt hat bald Schwyz erreicht und mein Signal kann auf Fahrt wechseln. So kann ich meine Fahrt fortsetzen. Schneller wie 60 km/h fahren darf ich aktuell nicht und auch sonst ist es nicht sinnvoll, denn ich hole sonst die S-Bahn schnell wieder ein.

Schwyz ist vorbei und ich nähere mich der Fahrleitungsschutzstrecke. Hauptschalter aus, mit Schwung durch und wieder einschalten. Auch das sind längst routinierte Handlungen und die Stromabnehmer muss ich nicht senken, da ich ja nur einen gehoben habe. Die Geschwindigkeit liegt bei 65 km/h und ich sehe, gerade noch, wie sich die Signale öffnen. Die Steigung wird die Lok ein wenig verzögern und dann stimmt die Geschwindigkeit auch wieder.

Steinen passiere ich wieder etwas schneller, denn bis Arth-Goldau fährt die S-Bahn 80 km/h. Ich darf aber nur 75 km/h fahren. Keine Chance den Zug vor mir einzuholen. In Arth-Goldau fahre ich so oder so in ein anderes Gleis ein. Dachte ich zumindest, denn das Einfahrsignal bleibt geschlossen und ich komme davor zum stehen. Noch darf ich nicht einfahren.

Die Wartezeit dauert nicht sehr lange und ich darf mit 40 km/h einfahren. Bei der Einfahrt erkenne ich, wie meine Kollegen damit beschäftigt sind, die Weichen vor der Remise vom Schnee zu befreien. Natürlich grüsse ich sie. Man kennt sich ja und freudig wird mir zurück gegrüsst. Schön, wenn man erwartet wird und sich die Leute freuen. Meistens ernten wir ja nur böse Blicke.

Nachdem ich angehalten habe, funke ich dem Bahnhof. Ich erkundige mich nach den bevorstehenden Manöver. Die erwünschten Infos erhalte ich und ich kann den Führerstand wechseln. Die Fahrt mit dem Lokzug ist beendet. Ich habe die erste Fahrt mit einem historischen Zug geschafft. Ich schalte die Lok aus, ziehe die Bremsen an und verlasse den Führerstand durch den Maschinenraum.

 

Abholen des Wagens

Nachdem ich den Führerstand gewechselt habe und die Lok wieder korrekt funktioniert. Warte ich einen Moment, denn noch kann ich keine Fahrstrasse erkennen. Es dauert schon ein paar Momente. Weit entfernt sehe ich ein Zwergsignal, das am Masten montiert wurde. Ich kenne den Bahnhof aber so gut, dass ich weiss, davor befindet sich noch ein weiteres Signal.

Dieses kann ich im Schnee nicht erkennen. Deshalb konzentriere ich mich auf das Signal am Masten. Dieses zeigt mittlerweile fahrt. Langsam ziehe ich vor und kann nun das Zwergsignal direkt vor mir erkennen. Auch es zeigt fahrt, meine Fahrstrasse steht und ich kann mit der Lok in Richtung Depot fahren. Die Fahrt führt über mehrere Weichen und wer das nicht genau kennt, könnte meinen, dass der Fahrweg nicht stimmt.

Er passte aber und ich nähere mich mit meiner Lok der Gruppe, die damit beschäftigt war, die Weichen zu reinigen. Bei der Vorbeifahrt werde ich informiert, dass ich in die Remise fahren müsse, denn sonst reiche der Platz nicht aus. Sind schon ein paar Jahre her, als ich das letzte Mal in diese Remise gefahren bin. Damals war es eine Lok, die im Depot übernachtet hatte.

Jetzt stehen Wagen in dieser Remise. Der Wagen vor mit gehörte einst der SOB und wartet nun auf seine Aufarbeitung. Dahinter steht ein Triebwagen, der auch schon bessere Zeiten gesehen hat. Das sehe ich zwar nicht, aber dieser Sachverhalt ist mir bekannt. Meine Lok hat deshalb nicht mehr in der Remise Platz. Sie steht zur Hälfte noch draussen.

Da ich jetzt nur warten kann, begebe ich mich auf die Suche nach dem Triebwagen. Ja, er hat auf den Strecken der SOB schon bessere Zeiten erlebt. Eingeschlagene Scheiben und Rost kennzeichnen das alte Fahrzeug. Hier müssen viele Stunden investiert werden, denn eine Aufarbeitung wird schwer sein. Möchte man böse sein, ist das Fahrzeug gerade noch dem Schneidbrenner entwischt.

Die beiden Geleise daneben sind mit den Wagen des Schulzuges gefüllt worden. Früher hatten sie einen auffälligen Anstrich und der BDe 4/4 im Depot Erstfeld zog sie an alle Ecken der Schweiz. Jetzt tragen die Wagen den einheitlichen Anstrich von Reisezugwagen und sehen eher bieder aus. Im zweiten Gleis daneben macht sich gerade der elektrische Traktor daran, eine Wagengruppe in Bewegung zu setzen.

Es sind zwei Wagen, die er ziehen muss. Der hintere Wagen wird dann meiner Lok angehängt. Es ist ein ehemaliger Speisewagen, der jetzt den Zug mit der notwendigen Energie versorgt. Auch er hat den einheitlichen Anstrich erhalten. Diese Farbe passt wirklich nicht so recht zum älteren Modell, aber ich entscheide hier ja nicht über die Farben.

Die kurze Komposition entfernt sich vom Depot und es wird Zeit, sich wieder zu meiner Lok zu begeben. Da ich, um möglichst viel Platz zu bieten, bis an den Wagen bewegt habe, muss ich halt um die ganze Wagengruppe herum gehen. Die Zeit reicht gerade noch, um rechtzeitig auf der Lok zu sein. Durch den schmalen Spalt erkenne ich, wie sich der Wagen nähert.

Als sich die Puffer berührten geht ein leichter Ruck durch meine Lokomotive. Da es sich um einen Reisezugwagen handelt, schalte ich die Lok aus. Das ist so vorgeschrieben, denn die Zugsammelschiene darf nur bei ausgeschalteter Lok verbunden werden. Die Arbeiten hinter meiner Lok ziehen sich etwas in die Länge. Es ist nicht leicht, Wagen im tiefen Schnee zu kuppeln.

Endlich darf ich die Lok wieder einschalten. Der Wagen ist gekuppelt und zugleich erhalte ich den Auftrag, die Zugsammelschiene einzuschalten. Das mache ich auch gleich. Die Lok bleibt eingeschaltet, das ist gut, denn so hat es auf der Zugsammelschiene keinen Kurzschluss. Ich erkenne an der Anzeige jedoch nicht, ob der Wagen Energie bezieht. Klar, auch diese Anzeige ist für Züge mit mehreren Wagen ausgelegt worden, und in der Summe sind die Ströme viel höher.

Ein Kollege hat sich zu mir durchgeschlagen und gibt mir ein paar Auskünfte zum Wagen. Viele Angaben habe ich schon aus der Anordnung entnehmen können. Der Wagen hat zudem eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h und bessere Bremsen als meine Lok. Die Bremsrechnung erspare ich mir. Ich fahre einfach nach den Verhältnis der Lok das ist sicher übertroffen. Eine Vereinfachung und die Einschränkungen in der Geschwindigkeit sind nicht so gross, als dass man viel Zeit verlieren würde.

Weiter erhalte ich die Info, dass mein Zugschlusssignal bei der Einfahrt nicht geleuchtet hat. Eine Glühbirne hält halt nicht ewig und so muss diese noch gewechselt werden. Mitunter ein Grund, warum ich bei den Lokomotiven zwei Lampen rot beleuchte. Bei einem Defekt an einer Birne, brennt immer noch die andere und so habe ich immer ein Signal am Schluss. Sind vermutlich auch schon ältere Glühbirnen in der Lok.

Die erforderliche Bremsprobe machen wir auch gleich, denn hier stehen wir nicht im Weg und können in aller Ruhe die Bremsen am Wagen kontrollieren. Danach können wir dann in ein Gleis fahren, aus dem ich den Bahnhof verlassen kann. Die Bremsen sind in Ordnung. Wir können das Depot mit dem kurzen Zug verlassen. Da wir keinen Funk haben, wählen wir die Notlösung.

Rangieren mit dem Handy ist erlaubt, wird aber selten gemacht, weil es teuer und recht mühsam ist. Ein Funk ist halt schon eine sehr gute Sache. Wenn er fehlt, muss improvisiert werden. Etwas, was man mit älteren Fahrzeugen immer wieder muss. Gerade dann, wenn sie ins Museum wandern. Viele aktuelle Änderungen können deshalb nicht zurück gebaut werden, weil sie betrieblich notwendig sind.

Mein Handy klingelt. Das Manöver beginnt und ich kann rückwärts fahren. Die Lok hat mit dem Wagen keine grosse Mühe und so führt die Fahrt wieder über die Weichen ins Gleis 3. Dort werde ich dann losfahren. Bis es so weit ist. Fahre ich dirigiert am Handy. Es ist ja nur ein einfacheres Manöver und dann geht das schon. Auf jeden Fall steht mein kleiner Zug im Gleis 3 und ist fahrbereit.

Noch bleibt etwas Zeit um zu träumen. Diese Lok vor einem Zug mit Einheitswagen II, der bereit steht, für eine Museumsfahrt über den Gotthard. Das im Winter bei strahlendem Wetter und viel Schnee. Ja, das wäre die ultimative Fahrt. Da dürfte man als Lokführer stolz sein, denn solche Tage gibt es nicht zu oft. Heute stimmt das Wetter nur die Lok ist noch nicht Top und es ist nur ein Wagen angehängt.

 

Arth-Goldau – Bellinzona

Schon oft hatte ich diese Fahrt vor mir. Seit ich hier in Arth-Goldau stationiert bin, gibt es solche Fahrten oft. Dann sind es aber oft schwere Güterzüge, die in den Süden befördert werden müssen. Heute steht auch ein solcher Zug im Bahnhof. Es wird Zeit, dass ich meine Fahrbereitschaft melde, denn hinter dem Güterzug könnte ich noch ein paar Tests, die ich machen will, nicht durchführen.

Der Fahrdienstleiter meint, dass es eventuell etwas eher los gehen könnte. Kein Problem, ich bin nicht an eine bestimmte Zeit gebunden. Nur, wäre es schön, pünktlich zu sein, denn am Mittag habe ich noch eine Sitzung. Klar, das habe ich nicht gesagt, aber gedacht. Denn unser Team hat eine Sitzung und dort möchte ich teilnehmen.

Der Fahrdienstleiter meldet sich erneut. Ich könne erst pünktlich starten, im Süden gäbe es noch Einspurabschnitte und das ginge nicht anders. Ich bedanke mich für die Info.

Eine Lok und ein Wagen hätte man ja in jedem Bahnhof stehen lassen können, aber wenn der Mut fehlt, wartet man halt bis die Reisezüge gestartet sind. Der Interregio wird mich etwas einbremsen.

Auf die Sekunde genau wird das Signal vor mir Grün. Ich schalte die ersten Stufen auf und beginne die Fahrt gegen Süden. Die Sonne, die im Winter sehr tief steht blendet mich.

Das Sonnenrollo verschafft Linderung. Die Lok hat nicht sehr viel Mühe mit dem leichten Wagen und so erreiche ich die erlaubten Geschwindigkeiten schnell. Ich verlasse den Bahnhof Arth-Goldau für heute endgültig.

Wie oft schon hatte ich die vielen Fotografen bemerkt, die auf die historische Lokomotive gewartet haben. Da viele meine Lok noch nicht als historisch sehen, glaube ich kaum, dass eine grosse Anfrage bestehen wird.

Im Winter sind die Fotografen selten. Eigentlich Schade, denn ein Zug mitten in tief verschneiten Landschaften ist doch schön. Nur, es ist dann auch kalt und das hält viele ab.

Vor Schwyz liegt etwas Nebel, der wegen dem nahen See entstanden ist. Dummerweise muss ich gerade jetzt auf ein geschlossenes Signal hin bremsen. Ich habe den Interregio bereits eingeholt. Dieser Bodennebel behindert die Sicht und die Sonne sorgt dafür, dass es nur eine weisse Wand ist. Nur kurz ist die Nebelbank und ich sehe die Signale wieder gut.

Gemütlich geht es nach Brunnen. Es gibt ein paar Leute hier, die mich bemerken, aber niemand scheint sich bewusst zu sein, dass dieser Zug sehr speziell ist. Die Ae 6/6 ist halt noch zu bekannt, als dass man ihr der historischen Bedeutung bewusst wäre. Bei einer Ce 6/8 II hätten die Leute wohl geschaut, aber so bin ich halt nur ein Zug, der durch den Bahnhof Brunnen fährt, mehr auch nicht.

Die Tunnel am Axen verschlingen die Lok mit dem Wagen und erstmals kann ich richtig kontrollieren, ob die Beleuchtung der Instrumente einwandfrei funktioniert. Das tut sie, ich kann alle Anzeigen gut erkennen und das ist wichtig, besonders dann, wenn man vom hellen Tageslicht in den dunklen Tunnel fährt. Ist ja schon schlimm, wenn es einfach nur dunkel ist und man nichts erkennen kann.

Nachdem die letzten Kurven vorbei sind, beschleunige ich auf 105 km/h. Schneller darf und muss ich für meinen Test nicht fahren. Jetzt wird noch die elektrische Bremse geprüft, denn auch diese hatte ich noch nie so gebraucht. Dazu muss ich erwähnen, dass die Ae 6/6 speziell ist, denn eine Feldschwächung bewirkt, dass auch bei schneller Fahrt eine gute Bremswirkung erreicht wird.

Verringert sich die Geschwindigkeit, wird die Feldschwächung wieder ausgeschaltet, das gibt einen Ruck durch den Zug. Damit dieser nicht zu stark ist, reduzieren die Lokführer kurz den Bremsstrom. Diese Funktion will ich testen. Damit das geht, beginne ich mit der elektrischen Bremse zu bremsen. Die Geschwindigkeit sinkt, ich habe den Strom so gewählt, dass der Ruck zu spüren ist, aber nicht zu sehr belastend für die Fahrmotoren ist.

80 km/h und sinkend, jetzt hat die Lok umgeschaltet, die Feldschwächung funktioniert auch gut. Bis jetzt konnte ich bei der Lok keinen Schaden feststellen, kein schwerer Mangel, den man beachten müsste. Die defekten Birnen sind kein Fehler, denn eine Glühbirne geht immer wieder kaputt, das kennen Sie sicherlich auch.

Erneut fahre ich durch Sisikon. Die Geschwindigkeit erhöhe ich nach der Haltestelle nicht mehr, denn vor mir ist ja der Interregio und der hält in Flüelen wieder. Dort wird meine kurze schnelle Fahrt auch bestraft, denn ich habe das Abschnittsignal noch geschlossen und komme fast zum stehen. Jetzt ist dann bald Schluss mit der Sonne, denn im Kanton Uri, gibt es im Winter nicht viele Sonnenstunden.

Bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof Altdorf wartet die Rangierlok von Altdorf im Anschlussgleis. Die hupt, als ich komme, kurz. Die Antwort erfolgt natürlich auf die gleiche weise. Wohl jemand, der die historische Lokomotive erkennt hat. Fotografen gab es bis jetzt keine und vor mir kommen die ersten Signale von Erstfeld.

Mit dem Güterzügen von Arth-Goldau ist das sehr selten, aber jetzt ist es möglich, ich kann durch den Bahnhof fahren, ohne dass ich anhalten muss. Mit einem Wagen ist die Ae 6/6 am Gotthard nicht sonderlich stark ausgelastet und so benötige ich nur kleine Ströme. Ich erinnere mich noch an jene Tage, wo wir genau mit solchen Loks und Entlastungszügen in den Süden fuhren.

Diese Züge wurden immer an Feiertagen angeordnet. Vorläufer vor dem planmässigen IC, das mit Ae 6/6, wenn hinten die Re 6/6 mit dem Planzug die Verfolgung aufnimmt. Da musste man schon mächtig am Handrad drehen, wollte man nicht als Bremsklotz gelten. Die Züge waren zudem noch schwer und so war man als junger Lokführer gefordert. Heute vermisse ich diese Züge jedoch.

Die ersten Meter der Steigung habe ich passiert und komme nun an die Stelle mit dem Gefällsbruch, den man als Kupplungsfriedhof bezeichnet. Mein Zug ist nicht gefährdet, denn die Kupplungen vertragen weitaus höhere Kräfte. Im flachen Abschnitt gewinnen die Güterzüge an fahrt. Ich bin bereits mit 75 km/h unterwegs und darf nicht schneller werden.

Da steht der erste Fotograf. Es ist Carl Waldis, der mit www.gotthardbahn.ch eine Webseite betreibt, die sich auch um die alte Strecke kümmert. Eine Zeit also, in der noch niemand von einer Ae 6/6 geträumt hat. Das oben eingefügte Bild ist ihm bei der Durchfahrt gelungen. Ein kurzer Pfiff entlocke ich meiner Maschine und es wird zurück gewunken. Nicht viele Fotografen grüssen uns, was Schade ist.

Ungehindert kann ich die Steigung hinauf fahren. Zumindest bis zur Blockstelle vor Gurtnellen. Ich habe den Interregio doch tatsächlich eingeholt. Die Lok fährt sehr gut. Nur kleine Differenzen bei den Tachographen lassen solche Situationen entstehen. Die Ae 6/6 sind zudem noch bekannt dafür, dass sie sehr zügig fahren. Gefahren wird halt nach dem Geschwindigkeitsmesser und nicht nach einem GPS-Gerät.

Die Bremsung verschafft mir etwas Abstand. So kann ich weiter nach Gurtnellen fahren. Gurtnellen, der Bahnhof, der ebenso zu einem Betriebsmuseum wurde, wie meine Lokomotive. Während das alte Stellwerk täglich beweisen muss, was in ihm steckt, kann es meine Lok etwas ruhiger angehen lassen. So scheint für einen kleinen Moment die Zeit still zu stehen.

Was hier schön ist, der Bahnhof ist für uns noch sichtbar besetzt, es gibt eine Person, die uns grüsst, das auch mitten in der Nacht. Der Gruss ist wichtig, denn so wissen beide Parteien, dass es dem anderen gut geht. Bei den modernen Anlagen ist das nicht mehr der Fall, da sitzt der Fahrdienstleiter in einem weit entfernten Stellwerk und weiss nicht, wie es dem Lokführer geht.

Nach dem Bahnhof kommt der erste Kehrtunnel, es ist der Pfaffensprung. Die Lok fährt ruhiger durch die engen Kurven, als die modernen aus Deutschland stammenden Lokomotiven. Trotz den langen Drehgestellen ist die Lok leiser in der Kurve, das spricht nicht gerade für den Tatzlagerantrieb. Der Tunnel dreht sich um die volle Achse. Das heisst, ich überquere das tiefer liegende Geleise wieder.

Ich nähere mich nun den Schleifen von Wassen. Im Sommer stehen hier sehr viele Fotografen. Die fehlen heute, denn noch liegt das Tal hier im Schatten und es ist zudem kalt, nicht gerade Wetter für Fotografen. Ich schaue mit einem Blick aus dem Seitenfenster nach meinem Wagen. Alte Gewohnheiten, die gepflegt werden, auch wenn man heute Rückspiegel oder Kameras hat.

In Wassen habe ich schon den grössten Teil der Steigung hinter mir. Die Fahrt führt nun in Richtung Leggistein und dort drehe ich wieder in Richtung Süden. Jetzt komme ich an die Sonne, denn hier scheint sie bereits seit kurzer Zeit. Die Fahrt durch den Schnee macht Spass, vergessen sind jene Tage, an denen man trotz gefährlicher Lawinen die Strecke in Betrieb gehalten hatte.

Ein Zeugnis für die gefährlichen Lawinen ist sicher die Rohrbachbrücke. Eine in der Luft hängende Betonröhre, die nicht schön aussieht, aber die Züge wirksam vor der gefürchteten Lawine schützt. Die alte Brücke wurde oft beschädigt und musste wieder gerichtet werden. Ein Ersatz der sicher der Sicherheit gedient hat, aber auch etwas vom Reiz der Strecke genommen hat.

Der letzte Tunnel der Nordrampe schliesst sich an die Brücke an und so kann ich mich Göschenen und der letzten Station in der Deutschschweiz nähern. Nach dem Tunnel kommen dann die Vorsignale von Göschenen. Die lassen für mich nur eine Fahrt mit 60 km/h zu. Ich quittiere die Zugsicherung und schalte eine Stufe zurück. So verzögert der Zug leicht.

Am Einfahrsignal erkenne ich, dass das Abschnittsignal noch halt zeigt. Ein seltenes Bild, denn seit die Züge geschoben werden, ist das Abschnittsignal immer geöffnet. Früher bei den Zwischenlokomotiven gab es diese Situation bei kurzen Zügen oft. Und obwohl es nicht richtig ist, wurde immer von einer kurzen Einfahrt gesprochen. Sprichwörter, die einfach bleiben und nicht immer genau der Wahrheit entsprechen.

Erneut spricht die Zugsicherung an. Ich quittiere erneut und lasse die Geschwindigkeit weiter sinken, denn schnell fahren muss ich jetzt nicht mehr. Links erkenne ich den Teufelsstein und dessen Fahnen flattern in Richtung Norden. Eigentlich ein Zeichen, dass der Föhn geht, aber davon ist nicht viel zu spüren. Noch habe ich knapp 40 km/h. aber ich bin immer noch in der Steigung und so sinkt die Geschwindigkeit laufend.

Erneut steht Carl bereit um ein Bild vom einem Zug zu schiessen. Er hat den Wettlauf den Gotthard hoch dank der Autobahn gewonnen. Gut, ich musste noch auf ein Signal bremsen, aber auch so ist die Autobahn halt schon etwas gerader gebaut.

Erneut grüsse ich Carl und kümmere mich danach gleich wieder um die Signale, die jetzt schon in Sichtweite sind. Ich erkenne, wie eines davon die Farbe wechselt, es ist das Signal in meinem Fahrweg.

Meiner Fahrt in den Süden der Schweiz steht nichts mehr im Weg. Der Letzte meiner Tests kommt jetzt dann gleich. Es ist die Funktion der Scheibenheizung. Nach Einfahrt in den Gotthardtunnel müssen meine Scheiben klar bleiben, dann funktioniert sie richtig. Sicherheitshalber kontrolliere ich, ob ich sie auch wirklich eingeschaltet habe.

Die Nacht verschlingt mich mit samt meinem kurzen Zug. Die Scheiben an der Lok bleiben klar und ich kann im Tunnel etwas sehen. Viel sieht man bei den Lampen der Ae 6/6 nicht, denn diese besitzen kein Fernlicht.

Kurz nach Einfahrt ist man bei schönen Tagen so oder so fast blind, weil sich die Augen zuerst an die Dunkelheit gewöhnen mussten. Heute kein Problem, denn Göschenen lag noch im Schatten.

Eigentlich bin ich durch eine Seitentür in den Gotthardtunnel gelangt. Es ist der kurze zweite Tunnel, der in Göschenen gebaut wurde um den Autotunnelzügen etwas mehr Platz im engen Tal zu bieten. Damals war die Ae 6/6 noch vor den Schnellzügen. Heute sind selbst diese Züge verschwunden. So vergeht die Zeit.

Im Haupttunnel kann ich mit meinem kurzen Zug auf 120 km/h beschleunigen. Diese Geschwindigkeit erreiche ich auch, denn ich will wissen, wie ruhig die Lok bei diesen Geschwindigkeiten fährt. Dabei beschleunige ich nur auf die Geschwindigkeit, danach kann ich den Zug dann rollen lassen und so etwas Energie sparen. Bei dem Dampfloks musste man mit dem in Göschenen erzeugten Dampf haushalten, da sparte man von beginn weg Energie.

15 Kilometer können schon recht lange sein. Wie werden sich dereinst die 57 km/h anfühlen. Vermutlich etwas so, wie an jenem Tag, an dem ich diesen Tunnel mit maximal 40 km/h befahren musste, weil eine Lok defekt war und in die Hauptwerkstätte musste. Eine lange dunkle Fahrt durch ein schwarzes Loch, das viele als Gotthardtunnel kennen.

Irgendwo hier mitten in diesem Tunnel befindet sich die Grenze. Keine Grenze zu einem anderen Land, aber eine Grenze der Sprachen. Nun gilt italienisch als Amtssprache. Meine Lok, die ich seit Arth-Goldau auf dem Führerstand 2 bediene hat schon die ganze Zeit italienische Anschriften. Auch das gibt es bei modernen Lokomotiven so nicht mehr. Aber bei der Ae 6/6 musste man noch zu dieser Lösung greifen.

Mein Zug rollt mit 80 km/h, als ich die Radaranlage vor dem Portal befahre. Erlaubt wären 90 km/h. Eilig habe ich es ja nicht, denn der Interregio hat hier in Airolo angehalten und so hole ich wieder auf. Das Ausfahrsignal ist auch bereits offen, das überrascht mich, denn ich hätte vermutet, dass ich näher hinter dem Interregio bin. Aber anscheinend war das nicht der Fall.

Ich verlasse den Tunnel und bin im Tessin. Das Wetter hier ist nicht so schön, wie auf der anderen Seite. Auch hier liegt Schnee, der Winter hat beide Seiten fest im Griff. Das Vorsignal zum Blocksignal, das kurz nach dem Bahnhof kommt, zeigt noch Warnung. Ich beginne zu verzögern. Die Zugsicherung bestätigt, was ich schon gesehen habe, das Signal bleibt zu.

Mit einer Lok und einem leichten Wagen ist die Bremsung auf so ein Signal einfach. Letztlich ist aber jede Bremsung im ersten Augenblick noch unsicher, denn niemand weiss genau, wie der Zug jetzt bremst und ob wirklich alle Bremsen optimal funktionieren. Aber eben, mit meinem Zug kann ich schön und ohne Sorgen vor dem roten Signal anhalten. Ein Signalhalt passt schon nicht in meinen Plan, denn ich wollte zügig vorankommen.

Es wird grün und ich kann losfahren. Nun arbeitet die elektrische Bremse der Lokomotive und beim erblicken der Druckleitungen fällt mir die Geschichte von Karl Mumenthaler, der genau mit so einer Lok nicht die volle Leistung der elektrischen Bremse nutzte, weil sonst der Stausee überlaufen könnte. Wir wissen heute, wie damals, dass das ja nicht passieren wird. Aber bei Karl war die Welt halt immer etwas sonderbar.

Noch etwas fällt mir bei der Einfahrt von Ambri-Piotta auf. Hier schien die Sonne in diesem Jahr noch nie. Nein, es gab im Tessin auch schöne Tage, aber hier liegt das Dorf so, dass die Sonne im Winter hinter den Bergen bleibt und so ihre Strahlen nicht ins Dorf gelangen. Da haben wir es in Erstfeld mit knapp 3 Stunden ja noch ganz gut erwischt.

Die Hochebene kann ich normalerweise nutzen um die Fahrt bis hierher zu analysieren. Das ist nötig, denn ich weiss jetzt, wie die Bremsen am Zug wirken, wie ich meine Sägezahnmethode durchführen muss und wie der Zug auch wieder löst. Ich weiss so von Rodi-Fiesso an, wie ich bremsen muss. Heute natürlich kein Problem, die benötigte elektrische Bremskraft kann ich mit der Lok nicht einstellen. Mein Steuerkontroller lässt nur die Stufen 4 oder 6 zu. Passen würde aber 5.

Auch diese Information kann ich für die weitere Talfahrt nutzen. Hier auf dem ebenen Abschnitt können sich die Bremsen erholen und ich habe danach für das lange Gefälle optimale Voraussetzungen. Mit 75 km/h nähere ich mich auch schon der Einfahrt von Rodi-Fiesso. An der grünen Farbe hat sich nichts geändert. Die Talfahrt geht ungehindert weiter. Ein Blick in den Fahrplan verrät mir, dass ich ein paar Minuten zu spät bin.

Das grosse Tal, oder wie es hier heisst, das Dazio Grande ist mit der elektrischen Bremse kein grosses Hindernis mehr. Die Kehrtunnel sorgen dafür, dass der Zug dem steilen Gelände folgen kann und so verliere ich an Höhe, ohne dass ich eigentlich Richtung Süden komme. Ich trete an Ort und Stelle. Die Autobahn ist gerade und so auch schneller.

Faido ist der nächste Halt vom Interregio. Mein Abstand ist aber gross genug, denn durch den Signalhalt habe ich etwas Zeit verloren. Zeit, die ich aufholen möchte. Nur schneller fahren darf ich nicht. Ich muss mich an die Geschwindigkeiten halten. Etwas, was die Fernfahrer auf der Autobahn nicht so eng sehen. Sie kassieren auch nur eine Busse, ich verliere meinen Job. Solche Vorgaben sorgen automatisch dafür, dass die Geschwindigkeiten eingehalten werden.

Auch die letzten steilen Abschnitte schaffe ich ohne grosse Schwierigkeiten. Die alte Station Giornico ist heute einfach ein flacher Abschnitt. Selbst die Haltestelle, die etwas näher beim Dorf war, gibt es nicht mehr. Im Gegensatz zu Intschi sind hier die Bahnsteige aber noch vorhanden. Da sich die Strecke hier mit 27‰ neigt, war das bei den Regionalzügen mit  den Re 4/4 I eine gefürchtete Haltestelle.

Auch Bodio ist ein Bahnhof, der schon bessere Zeiten gesehen hat. Die Werke der Monteforno benötigten Schrott aus der Schweiz und lieferten Eisenprodukte in die Deutschschweiz. Die schweren Zügen waren oft mit Ae 6/6 bespannt worden. Heute stehen sie hier abgestellt. Die Ae 6/6, die vom Unternehmen nicht mehr benötigt werden. Ein trauriger Anblick.

Ein weiterer Teil steht in Biasca. Er wartet dort auf bessere Zeiten. Ob die je wieder kommen werden, ist fraglich. Ich habe so oder so keine Zeit, denn ich nähere mich der Kurve, die nur 75 km/h zulässt um bin mit 90 km/h unterwegs. Ich muss bremsen. Das Ausfahrsignal geht im letzten Augenblick auf Fahrt. Ich muss nicht abbremsen nur die Geschwindigkeit regulieren.

Carl Waldis steht ja schon wieder bereit. Er hat sich scheinbar beeilt. Irgendwie hat er mich jetzt doch überrascht, denn damit hätte ich nicht gerechnet. Wie lange er schon hier stehen mag? Wie sein Bild, das er mir später zugesandt hat, zeigt, war ich diesmal scheinbar etwas schneller als er. Ich habe das Wettrennen mit dem Auto bestanden.

Ein Blick in den Fahrplan verrät, ich bin knapp 10 Minuten vorzeitig. Mein Natel klingelt. Ich nehme den Anruf an. Es ist meine Verbindungsperson in Bellinzona, die sich nach meiner Fahrplanlage erkundigt. Pünktlich!

Noch ein paar Worte wechseln wir wegen dem Ablauf in Bellinzona. Ein kurzes Gespräch und ich weiss, wie es nach meiner Ankunft weiter gehen soll.

Nun folgen aber noch zwei Tunnel und eine Fahrleitungsschutzstrecke. Die Geschwindigkeit liegt bei 110 km/h und bleibt so. Ich lasse den Zug vor sich hin rollen.

Die Lok hat nun für ein paar Minuten nichts zu tun und kann sich etwas erholen. Die Neigung der Strecke lässt solche Situationen zu. Erfahrene Lokführer können hier das Gelände für sich arbeiten lassen.

Die Stationen Osogna-Crestiano und Claro werden mit dem rollenden Zug passiert. Die Geschwindigkeiten liegen im Bereich um 100 km/h. Das obwohl ich seit der Schutzstrecke keine Zugkraft ausübe.

Schon schön, wie ein Zug ohne irgendwelche Energie zu benötigen lange Zeit in einem engen Band fährt und sich so gratis vorwärts bewegt.

Klar, etwas Energie benötigt die Lok schon, denn schliesslich laufen die Ventilatoren, die Zugsammelschiene ist eingeschaltet und die Batterien werden geladen. Das sind aber nur kleine Verbraucher, denn diese Aufgaben belasten die Lok nicht sonderlich. Die grossen Verbraucher sind klar die Fahrmotoren und die drehen jetzt leer mit.

Noch schöner ist, dass sich die Geschwindigkeit so automatisch auf die tieferen Werte bei Castione-Arbedo einstellt. Die Signale vor mir, die in den letzten Minuten grün zeigten, haben da vorne doch plötzlich eine andere Farbe. Orange ist dort angesagt und darunter leuchtet eine Zahl. Erkennen welchen Wert sie zeigt kann ich noch nicht. Ich bin zu weit entfernt.

Jetzt erkenne ich den Wert, es ist eine sieben. Die Einfahrt ist mit 70 km/h zugelassen. Scheinbar kommt jetzt der erste der angekündigten vielen Einspurabschnitte im Süden. Bisher bemerkte ich davon nichts. Nur, was will ich mich ärgern, denn ich bin ja pünktlich und das reicht mir schon. Zudem, dank dem Signal weiss ich, dass ich den Abschnitt passieren kann.

Die Ausfahrt lässt nur 50 km/h zu. Scheinbar fahre ich heute Slalom, denn in Bellinzona muss ich dann nach rechts abbiegen um in den Bahnhof San Paolo zu gelangen.  Was soll's, ich fahre so halt etwas langsamer und benötige mehr Zeit. Da die Einfahrt in Bellinzona ebenfalls schon offen ist, verhindere ich so relativ lange eine Fahrt in der Gegenrichtung. Nur, ich darf nicht schneller fahren.

Die letzten Meter meiner Fahrt stehen vor mir. ZUB 121 ist etwas kritisch, wenn man schnell an ein Signal fahren will. Ich will nicht noch eine Zwangsbremsung provozieren und halte mich etwas zurück. Die letzten Meter und ich stehe. Zug 35013 hat sein Ziel Bellinzona San Paolo mit zwei Minuten Vorspruch erreicht. Die Fahrt von Arth-Goldau bis hier hin dauerte somit exakt zwei Stunden.

 

Lok und Wagen per IW

Jetzt kommt wirklich eine Premiere auf mich zu. Die Lok muss mit samt dem Wagen in das Industriewerk gestellt werden. Eine Fahrt in die heiligen Hallen von Bellinzona. Dort hin, wo die Lokomotiven der Gotthardbahn wieder hergerichtet wurden und werden. Schon viele Lokomotiven wurden hier auch zu letzten Ruhe gebettet. Auch jetzt warten einige Loks hier auf diesen letzten Schritt.

Noch stehe ich aber in meinem Einfahrgleis. Von hier komme ich gar nicht in das Gleis zum Industriewerk. Ich benötige jemanden vom Rangier, der mir hilft. Mit der Lok alleine könne ich es auch ohne Hilfe, aber ich habe ja noch einen Wagen am Haken, und das geht nicht so gut alleine. Es dauert und dauert. Eigentlich wolle ich ja noch an eine Sitzung.

Endlich, die vermisste Person ist eingetroffen, das Manöver kann beginnen. Es wird mit den alten akustischen und optischen Signalen ausgeführt. Diese sind selten geworden, denn der Rangierfunk vereinfachte die Abläufe schon. Wichtig ist aber, dass man deren Bedeutung nicht vergisst. Zuerst geht die Fahrt vorwärts. Dabei muss ich immer wieder zurück blicken, weil die Befehl ja hinten gegeben werden.

Der Halt wird gegeben. Ich halte an und sofort ertönt das Signal zur Rückwärtsfahrt. Auch die Handzeichen werden entsprechend gegeben. Ich schalte die ersten Stufen hoch und blicke aus dem Fenster. Die Verbindungskontrolle muss ich sehen. Die Kurven verhindern das aber schon nach kurzer Fahrt. Ich verlangsame die Fahrt, bis ich den Signalgeber wieder sehe. Dann kann ich wieder beschleunigen. Weit geht die Fahrt ja auch nicht mehr und die nächste Kurve nimmt mir wieder die Sicht.

Hinter einem Zwergsignal kann ich anhalten. Ab jetzt bin ich unbegleitet und der Weg in das Binario Ufficina kann erreicht werden. Ein mulmiges Gefühl beschleicht mich. Lokführer haben es nicht so gerne, wenn sie mit Unbekanntem zu tun haben. Eine Strecke ohne Kenntnis befahren ist nicht sehr leicht, das kenne ich aus eigener Erfahrung.

Gut, so unbekannt ist nichts, denn das Gleis habe ich schon oft gesehen und ich weiss, es geht recht steil hinunter. Ich halte das Tempo tief, denn so kann ich sehr genau anhalten. Vor mit befindet sich ein Tor. Genauer sind es zwei Tore, denn sie sind eine Art Schranke, denn wenn die Durchfahrt für die Züge frei gegeben ist, versperren die Tore die schmale Strasse. Jetzt ist es aber umgekehrt.

Innerhalb des Industriewerkes winkt mit ein Mitarbeiter, ich kann also das Tor öffnen und in die Ufficina einfahren. Gemütlich geht es weiter. Ich sehe, wie mir der Befehl erteilt wird, an den bereit stehenden Traktor anzufahren. Jetzt ist meine Fahrt fertig. Ich muss die Lok ausschalten und so einrichten, dass sie geschleppt werden kann.

Im Schlepp des Traktors wird meine Lok, die mittlerweile vom Wagen getrennt wurde in ein Gleis geschoben, das keine Fahrleitung hat. Hier bleibt sie stehen. Genau genommen steht sie hier, bis ich sie wieder abhole. Hoffentlich steht sie dann auch noch hier. Schön wäre, wenn ein paar Farbtupfer an die Lok kämen. Aber hier stehen die Chancen sehr klein.

Ich mache die letzten Arbeiten an meiner Lok. Das heisst, ich kontrolliere sie und schliesse die Türen ab. Glück für mich, dass die Schlösser noch funktionieren. Zu letzt trenne ich die Batterien, denn man kann nie sicher genug sein. Ich kann die Lok nun verlassen. Im Areal des Industriewerkes steht ein einsamer Lokführer und sucht nach dem Weg.

Ich will das Gelände verlassen, doch wo muss ich lang gehen? Ich kenne die Wege nicht. Ein paar Meter neben den Drehgestellen der verschienen Lokomotiven durch. Trotz der knappen Zeit, schaue ich diese mal an. Jetzt kann ich sie ohne Kasten sehen, das ist auch etwas neues. Sogar noch ein Drehgestell für Ae 6/6 kann ich erkennen.

Nur nach wenigen Metern sehe ich am Boden Markierungen für Fussgänger. Schön, ich kann nun einfach diesen Linien folgen. Irgendwo ist dann schon ein Tor, das mich aus dem Gelände lässt. Klar, hätte ich ein Blick in die Hallen riskiert, aber da es schon 11.30 Uhr ist und ich um 14.00 Uhr in Erstfeld an der Sitzung sein will, kann ich das nicht machen.

Den Ausgang habe ich gefunden und bin nun in Bellinzona. Den Weg zum Bahnhof sollte ich jetzt noch finden. Das war auch kein Problem, denn etwas Geografie im Kopf und der Weg wird gefunden. Ja ich war so schnell, dass es sogar noch für einen Kaffee reicht. Die vorgesehene Mittagspause lasse ich sausen, die Sitzung finde ich wichtiger.

Eine Arbeitsunterbrechung sorgt auch dafür, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. An meiner heutigen Arbeit gibt es so nichts zu beanstanden. Für einen Kaffee reicht die Zeit problemlos. Ich treffe in der Milchküche auf zwei Kollegen aus dem Depot Erstfeld. Einer macht den Interregio und der andere sucht die Lokomotiven für seinen Zug. Gemeinsam verlassen wir die Milchküche.

Normalerweise würde ich mich nun bei der Leitstelle melden. Da ich aber einen speziellen Auftrag habe, weiss der gar nicht, dass ich in Bellinzona bin. Zudem, ich habe ja noch etwas vor und auch der Interregio benötigt bis Erstfeld 90 Minuten.  So reicht es gerade noch zur Sitzung des Teams. Die Zeit im Reisezug kann ich zur Erholung nutzen.

 

Rückfahrt im Polstersessel

Ich setze mich in den Einheitswagen IV. Jetzt habe ich Zeit, die Fahrt in Gedanken zu bearbeiten. Die Zeitung vom Morgen kann ich auch noch lesen, so bin ich auf dem laufenden und weiss, was in der Welt so passiert ist. Doch zuerst die Fahrt von Heute, dann die Kontrolle des Ausweises und dann die Zeitung oder in ähnlicher Reihenfolge.

Schon oft hatte ich in den letzten Jahren eine Lokomotive im Depot übernommen und die befahrenen Strecken waren auch nicht neu. Neu war nur die Fahrt in das Gelände der Ufficina, wie hier das Industriewerk genannt wird. Ebenso speziell war die Fahrt mit einem historischen Fahrzeug. Klar, die Ae 6/6 ist noch nicht so alt, dass daraus eine weltbewegende Geschichte entstehen würde.

Trotzdem könnte ich diese Fahrt doch auf meiner Seite als Tour präsentieren. Klar, die wenigsten wird es interessieren, dass ich mit einer historischen Ae 6/6 gefahren bin und es ein schöner Tag gewesen ist. Die Strecke ist nicht neu und auch sonst gibt es eigentlich nicht viel zu berichten. Ein üblicher Tag, einfach gesagt, normaler Berufsalltag. Mal sehen, was ich mache, denn Touren sind nie einfach zu schreiben.

Die Kontrolle des Ausweises wird mit einem einfach Ciao erledigt. Nach all den Jahren kennt man sich und auch der Zugführer weiss, dass ein Lokführer auf Dienstfahrt den passenden Ausweis auf sich trägt. Nur hat nicht jeder einen Ausweis für die erste Wagenklasse, aber das ist letztlich das Problem des Zugchefs. Mein Ausweis passt aber und ich mache mir diesbezüglich keine Gedanken.

Bei meiner Fahrt war zudem alles normal. Ich kann keine Störungen einbauen. Will ich noch einen entgleisten Wagen erfinden? Nein, das passt nicht zu diesem wunderbaren Tag im Winter. Ich muss mich an anderen Elementen orientieren. Klar, jetzt habe ich es, die Ae 6/6 und der Gotthard, das ist etwas was funktioniert, denn schliesslich ist sie die Gotthardlok.

Um die Ae 6/6 ranken sich viele Legenden. Eine Lok, wie die 11411 hatte sicherlich im Lauf ihres aktiven Lebens einiges erlebt und nicht jeder Lokführer ging so sanft mit ihr um, wie ich heute. Die Lok hatte sicher auch schon mehr Erfahrung auf dem Gleis der Ufficina als ich. Sie hat nun den aktiven Ruhestand verdient. Nur eine Tour ist keine Lokomotivgeschichte.

Meine Aktivitäten mit den Ae 6/6 werden immer seltener werden und so finde ich es schön, dass ich mich um diese Lokomotive kümmern darf. Wer kann schon behaupten, dass er eine der bekanntesten Lokomotiven der Schweiz betreut. Die Entscheidung, wie die Aufarbeitung ablaufen soll, fällt in ein paar Tagen. Ob dann die Lok auch wieder das Gleis der Ufficina befährt?

In den Grundzügen habe ich die Fahrt im Kopf geschrieben. Ich nenne sie einfach die Pilgerfahrt, denn es ging über den heiligen Berg in die heiligen Hallen, das ist doch eine Pilgerfahrt? Noch muss sie in den PC und ins Web. Ein paar Stunden Arbeit wird das schon geben, aber die schönste Fahrt seit langem will ich nicht für mich behalten. Zudem warten alle ja auf eine neue Tour.

Ich erinnere mich an die angekündigte Pilgerfahrt. Alle vermuten dahinter eine Fahrt auf der SOB. Kann man als eingefleischter Eisenbahner nicht anders sehen? Ich bin gepilgert und zwar in die heiligen Hallen von Bellinzona. Eine Pilgerfahrt für alle Liebhaber der Lokomotiven, die am Gotthard eingesetzt werden. Einsiedeln und das Kloster kann etwas warten, denn dort komme ich immer wieder hin. Eine Winterfahrt mit historischer Ae 6/6 wird es so schnell nicht mehr geben. Vor allem, wenn das Wetter noch stimmt.

Jetzt ist die Zeitung an der Reihe und ein Blick aus dem Fenster lässt mich erkennen, ich habe noch ein paar Minuten Zeit. Die Zeitung bringt die Infos der Welt und der Region und so bin ich wieder auf dem aktuellsten Stand. Ein paar Minuten kann ich mich ausruhen und mich etwas vorbereiten, denn die Nacht wird kurz werden. Morgen starte ich nach 2 Uhr nach Basel.

Der Interregio bremst kräftig, das ist nicht normal. Wo sind wir? Aha, der Kehrtunnel beim Pfaffensprung. Vermutlich wurde die Notbeleuchtung eingeschaltet und der Zug muss den Tunnel nun mit Fahrt auf Sicht befahren. Eingeschaltet worden ist die Anlage hoffentlich durch eine Störung am System. Es war so, der Zug beschleunigt nach dem Tunnel wieder.

 

Die Sitzung

Die Sitzung bringt Informationen und das Programm für das aktuelle Jahr. Zudem werden einige Meldungen der Maschinenmeister erwartet. Neue junge Lokführer stossen zum Team, eine Verjüngung findet auch hier statt und das ist gut so. Doch, dazu muss ich noch ins Depot gehen, denn noch bin ich beim Bahnhof. Die schneebedeckten Pfade im Gleisfeld lasse ich sein, ich nehme die Strasse.

Der Weg führt mich daher den Strassen entlang unter der Bahnlinie durch ins Depot Erstfeld. Einige Kollegen begegnen mir und grüssen oder wechseln ein paar Worte. Mehr gibt es eigentlich nicht zu sagen. Vor dem Denkmal einer anderen Legende treffe ich ein Mitglied des Teams. Gemeinsam betrachten wir die Überreste einer anderen Legende. Der Legende schlechthin, wie viele meinen.

Ja, die Lok sieht schlimm aus. Was passiert mit Ihr? Kommt sie nach Winterthur oder verrostet sie noch weiter. Es war ruhig in den letzten Monaten. Das sind selten gute Zeichen. Ist schon schade, denn man hat sich an das Krokodil von Erstfeld gewöhnt. Die Lok, die uns täglich vor Beginn der Arbeit begrüsst und danach verabschiedet darf nicht so einfach verschwinden. Nur entscheiden das leider nicht wir.

Viel Zeit haben wir nicht, denn in wenigen Minuten beginnt die Sitzung. Die Mappe verstaue ich im Kasten. Zudem muss ich noch ein privates Telefonat führen, da sich ein Termin mit den neuen Dienstplänen überschneidet. Genau dort wo ich die Mappe morgen dann wieder entnehmen werde und einen normalen Tag als Lokführer bei SBB Cargo verleben werde. Jetzt aber zählt nur noch die Nostalgie.

Wie erwartet kommt das Programm für das Jahr 2010. Sogar meine Fahrt von Heute ist aufgeführt und somit schon wieder Vergangenheit. So schnell kann es gehen. Wir besprechen ein paar Projekte und müssen noch ein paar personelle Angelegenheiten klären, denn noch sind nicht bei allen die Adressen bekannt. Ein paar Feste stehen dieses Jahr an und unser Team wird da wohl beschäftigt werden.

Die Maschinenmeister kommen zum Wort. Ich und mein Kollege von der 11402, also von den beiden Ae 6/6 haben nur von der Fahrt vom Morgen zu berichten. Die 11411 ist wirklich in einem guten Zustand, ich stellte keine Mängel fest, die Besorgnis erregen könnten. Nur, wenn man den Zustand erhalten will, wäre eine optimale Aufarbeitung gut. Was entschieden wird, hängt aber nicht nur von uns ab.

Andere Lokomotiven suchen neue Maschinenmeister. Es geht um die Ce 6/8 II und die Ae 8/14. Lokomotiven, die schon älter sind. Schön, dass auch hier Leute gefunden werden, die sagen, ich bin bereit, mich der Lok anzunehmen. Ein paar Arbeiten an den Lokomotiven machen wir nun selber in den Monaten im Winter. Historische Lokomotiven benötigten engagierte Leute.

Doch, was passiert mit der Lokomotive auf dem Sockel? Aha, es gibt neue Informationen. Die Leute in Winterthur haben anscheinend das notwendige Geld für den Abtransport nicht gefunden. Die Lok soll durch externe Firmen aufgearbeitet werden. Scheinbar hat man sich der Lok auch in Bern wieder erinnert und nun soll der Rost behandelt werden. Nur, behandeln heisst neues Blech einsetzen.

Ich persönlich bin bereit, die Aufarbeitung der 11411 etwas zu drosseln um der Lok eine bessere Zukunft zu gönnen. Die Ae 6/6 11411 ist nun in dem Zustand, wie sie im Betrieb war und nicht eine schmuck hergerichtete Lokomotive. Die Wappen und Schilder müssen noch ran und dann kann die Lok vielen bereits gefallen. Nur, wenn es schneller geht, sage ich auch nicht nein, denn auf die Fahrt mit der aufgearbeiteten 11411 freue ich mich. Dann auch im „gestreiften“.

Nur, was hier entschieden wird, erfahre ich erst in ein paar Tagen. Die Sitzung wird beendet und das Team hat noch eine Verabredung mit einem Käsekuchen und einem Getränk. Der angenehme Teil der Sitzung beginnt. Da will sich niemand lange mit Zahlen befassen. Am nächsten Samstag sind dann noch ein paar Arbeiten an den anderen Lokomotiven nötig. Viel kann dann noch besprochen werden.

 

Der Heimweg

Die Uhr zeigt beinahe 18.00 Uhr, als ich mich auf den Heimweg mache. Das mache ich zu Fuss entlang der Hauptstrasse, die durch das Dorf Erstfeld führt. Viele Jahre war das immer so und viele Lokführer hatten kein Auto. Dies sogar dann noch, als die erste Ae 6/6 nach Erstfeld kam und die Lokführer diese neue Lok bewunderten.

Daran hat sich nicht viel geändert, ein neues Fahrzeug fasziniert die Lokführer immer wieder. Nur, darf man nie vergessen, dass diese Fahrzeuge auf den Erfahrungen entstanden, die man mit dem Bau jener Lokomotiven gemacht hat, die viele als Alteisen beschimpfen. Doch es braucht Leute, wie uns vom Team Historic Erstfeld. Wir haben uns ein Ziel vorgenommen. Die Geschichte zu bewahren.

Der Weg durchs schon wieder dunkle Dorf ist auch nicht neu und so geht ein Tag zu Ende, der eigentlich ganz normal war. Gut, Sitzungen sind bei einem Lokführer selten, denn Lokführer sind zum arbeiten da. Lokführer verrichten ihre Arbeit auf den aktuellen Lokomotiven, ob diese nun älter oder neuer sind. Eine Handvoll greift auch schon mal zu den ganz alten Modellen.

Das gilt auch für mich, denn morgen bin ich ein ganz normaler Lokführer, der von Erstfeld aus nach Basel fährt, dort einen Zug übernimmt und wieder zurück in eine Gemeinde fährt, die mit der Gotthardbahn, den Krokodilen und den Ae 6/6 berühmt wurde. Welche Gemeinde kann schon von sich behaupten, die Ersatzwappen einer Ae 6/6 am Gemeindehaus zu haben?

Zu Hause angekommen mache ich noch ein paar wichtige Arbeiten, dann ist aber schnell Schluss und ich muss ins Bett in knapp 7 Stunden klingelt mein Wecker. Dieser Tag wird ebenso zur Geschichte der Gotthardbahn gehören, wie der morgige und alle anderen Tage. Wichtig dabei ist nur, dass man nicht vergisst, wie es einmal war.

Müde falle ich ins Bett und ein paar Gedanken begleiten mich dabei. Die letzten Gedanken will ich Ihnen aber nicht vorenthalten. Ich habe einen der schönsten Berufe der Welt, auch wenn das heisst, zu Zeiten aus dem Bett zu kriechen, wo die grosse Welt noch tief und fest schläft. Ich bin gerne Lokführer und dazu stehe ich auch.

 

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