Erstfeld – Rothenburg – Erstfeld

Noch im Halbschlaf stelle ich den Wecker ab. Ach wäre ich gestern Abend doch nur eher ins Bett gegangen. Gut, hingelegt habe ich mich rechtzeitig, aber mit dem Einschlafen wollte es einfach nicht klappen. Gedanken schossen mir durch den Kopf. Probleme bei einer Steuerung sollten gelöst werden und ich verbrachte den gestrigen Nachmittag damit, dieses Problem zu lösen. Richtig davon abschalten konnte ich jedoch nicht, so dass ich lange wach im Bett lag.

Der zweite, zur Sicherheit gerichtete Wecker meldet sich. Irgendwann, schaffe ich mir ein Modell an, das etwas angenehmer weckt, als dieses lästige Geräusch, das wie ein Sucher einer Rakete tönt. Doch nun sollte ich aufstehen, denn sonst drehe ich mich wieder und dann weckt mich das Telefon, was nicht gut wäre, denn dann steht ein Zug im Bahnhof Erstfeld und der Lokführer fehlt. Der Besuch beim Chef steht dann an und ich erfahre wieder, dass das nicht gewünscht wird und ich es doch gefälligst unterlassen soll.

Noch leicht benommen begebe ich mich in die Küche. Ein Druck auf einen Knopf erweckt auch die Maschine für den Kaffee zum Leben. Danach begebe ich mich in die Küche und wasche mir den Schlaf mit etwas kaltem Wasser aus dem Gesicht. Wer das im Spiegel ist, weiss ich noch nicht so genau, aber das Gesicht kommt mir bekannt vor. Noch etwas kaltes Wasser und es ist klar, ich gewinne langsam gegen den Schlaf.

Wieder in der Küche blicke ich auf die Uhr. Die Zahl, die dort steht, zeigt deutlich, dass es noch früh ist, denn dort steht gerade 02:10 auf der Anzeige. Draussen regiert noch die Nacht und in den meisten Fenstern brennt kein Licht mehr. Die Leute schlafen auch in Erstfeld um diese Zeit. Zudem verkehrten diese Nacht nur wenige Züge, so dass man sogar in Ruhe schlafen konnte. Etwas, was hier selten ist, aber man hat gelernt, wie man mit der Bahn lebt und vor allem, wie man mit ihr schläft.

Fein duftet der Kaffee in der Tasse. Genüsslich lasse ich das Getränk meine Kehle hinunter rinnen und werde immer wacher. Eigentlich ist heute Dienstag?! Oder vielleicht doch Montag? Welchen Tag haben wir heute? Der Kalender sagt klar, es ist Dienstag, aber gestern war ein Feiertag und dann ist das bei der Eisenbahn nicht ganz so sicher. Aber die Tour, die ich heute habe, gibt es an einem Montag normalerweise nicht, also muss Dienstag sein.

Die Feiertage dieses Frühjahrs sind durch und das letzte verlängerte Wochenende haben wir auch geschafft. Viel davon hatte ich nicht, denn ich hatte wieder einmal das Glück, dass meine Touren über diese Tage liefen und so hatte ich gerade zwei Tage reguläres Wochenende. Es ist schon ein paar Jahre her, wo ich wirklich die Feiertage geniessen konnte. Es ist spannend, wenn man an solchen Tagen feststellt, dass man eigentlich immer wieder die gleichen Gesichter zu sehen bekommt.

Hinzu kam, dass ich diese Woche Frühdienst habe und so der letzte freie Tag früh endete um eigentlich genug Schlaf zu kriegen. So war zumindest der Plan. Meine Gedanken machten aber einen Strich durch die Rechnung. Jetzt am frühen Morgen büsse ich dafür. Nicht immer klappt das mit dem Schlaf, so wie es soll, aber auch das gehört zum Beruf. Es wird wieder Tage geben, wo ich ausschlafen kann und dann auch nicht jammere.

Langsam wird es Zeit, sich in die Kleider zu stürzen. Ein Hemd und die Arbeitshosen muss ich noch anziehen und dann habe ich alle Kleider an. In der Hose finde ich zudem das Handy. Ein Blick darauf lässt mich erkennen, dass keine Anrufe getätigt wurden und kein SMS eintraf. Scheinbar verkehrt mein Zug, auch wenn ich das noch nicht so richtig glauben kann, denn die Last von Süden wird wohl nicht verkehren. Nur, eigentlich ist das mein einziger Zug.

Auch wenn es früh ist, ich muss aus dem Haus. Die Nacht ist kühl, noch haben wir nicht Hochsommer und so auch angenehme Nächte. Gestern war ich sogar darüber froh, denn bei 30 °C im Schatten schläft man auch nicht viel früher, als jetzt. Wenn es dann in der Nacht noch so warm ist, ist es mehr ein dösen, als erholsamer Schlaf. So modern, dass mein Schlafzimmer mit einer Klimaanlage gekühlt ist, bin ich nicht eingerichtet.

Die Strassen sind menschenleer. Niemand steigt freiwillig nach einen Feiertag so früh aus dem Bett. Es sei denn, er arbeitet bei SBB Cargo und hat Frühdienst. Ein, zwei Autos verkehren auf der Strasse. Aber wer damit unterwegs ist, weiss ich nicht, es werden wohl Kollegen sein, aber im Moment bin ich froh, dass nicht zu viel los ist auf der Strasse, denn so kann ich den Weg nutzen um ganz zu erwachen. Heute dauert es wieder einmal lange.

Die Werbetafeln an den Geschäften leuchten und machen drauf aufmerksam, dass hier ein Geschäft einer grossen Lebensmittelkette ist. Das ist schön, nur was bringt mir der Hinweis, denn einkaufen kann ich jetzt doch gar nicht mehr. Warum leuchtet dann die Anschrift? Schlechte Werbung, wenn man für die Vorzüge wirbt, das Geschäft aber geschlossen ist. Gut, bei meiner Firma ist das anders, die arbeitet immer, aber auch hier könnte man in der Nacht einige Lampen löschen.

Die Beleuchtung der Strassen wird auch reduziert, warum dann die Werbungen nicht auch? Wenn man vom Energiesparen spricht, meint man nur die einfachen Leute, denn viele Geschäfte könnten so Geld sparen, Geld, das dann in den Kassen ist. Gut, das kassiert dann der Chef, aber die gesparte Energie könnte besser genutzt werden. Auch andere Anschriften leuchten und die bei der Bank macht Sinn, denn hier ist ein Geldautomat, bei dem ich auch jetzt Geld beziehen könnte.

Langsam erreiche ich den Bahnhof von Erstfeld. Das Gemeindehaus ist dunkel, die Verwaltung schläft noch und so sind die Ämter nicht besetzt. Hier ist alles dunkel, der Bürger weiss dann gleich, dass niemand hier ist. Beim Geschäft auf der anderen Seite mag ich das bezweifeln, denn die Werbung erhellt das halbe Geschäft. Gut, die Gemeinde muss nicht für seine Vorzüge werben, aber auch beim Geschäft bringt das nun nichts.

Die Personen, die ich sah, lassen sich mit einer Hand abzählen und dabei habe ich auch jene in den beiden Auto einberechnet. Der grosse Parkplatz ist fast leer und die Wagen, die hier stehen, sind vermutlich von Mietern. Nach dem Parkplatz ist der schöne neue Brunnen. Gut, lange Zeit bezweifelte ich das, denn ein Brunnen ohne Wasser ist doch keiner. Das änderte sich jetzt aber und nun plätschert Wasser, etwas Leben. Nur, warum muss er in der Nacht beleuchtet sein?

Auch die Milchküche ist dunkel. Um diese Zeit verpflegt sich niemand im Personalrestaurant und in der Nacht, wo es keine Züge gibt, bleibt das Restaurant geschlossen. Vorbei sind auch hier die Zeiten, wo man sich vor der Arbeit noch an einem netten Kaffee mit Gesellschaft erfreuen konnte.

Heute wird gerechnet und wenn die Zahlen nicht stimmen, leidet die Kundschaft. Da hilft dann auch keine hell leuchtende Werbung mehr.

Durch die Unterführung komme ich auf die andere Seite. Der Bahnhof ist beleuchtet. Auch wenn jetzt weniger Lampen leuchten, als das normal der Fall ist. Ein oder zwei Züge stehen im Bahnhof und warten scheinbar auf die Lokführer.

Scheinbar könnte mein Zug doch verkehren. Dass der Zug in dieser Nacht, wo keine anderen Züge verkehren, vorzeitig sein könnte, verwundert mich nicht. Im Gegenteil, das wäre zu erwarten. Ich werde es noch rechtzeitig erfahren.

Die Auffahrt zum Depotgelände ist nur kurz und dann öffnet sich das Areal. Eine Lokomotive gehört der BLS, die interessiert mich nur insofern, dass sie soeben den Bahnhof verlässt. Wagen führt sie keine mit. Ich denke aber, dass die wohl einen Zug abholt und daher jetzt losgefahren ist. Das Depot ist dunkel und auch in der Remise brennt kein Licht. Die Nacht ist ruhig hier in Erstfeld. Etwas, was es früher nicht gab.

Auch das Dienstgebäude ist dunkel und verschlossen. Damit ich zu meinem Werkzeug komme, muss ich zuerst die Türe aufschliessen. Den entsprechenden Schlüssel habe ich und so öffnet sich die Türe. So gesehen, komme ich mir nun wie bei einer Nebenbahn vor, wo der erste Arbeiter erscheint. Von internationaler Transitstrecke ist in dem Moment nichts zu erkennen. Die Lampe leuchtet auf, so dass ich den Weg durch die Schränke finde. Ich habe das Depot erreicht.

 

Arbeitsvorbereitung

Die Mappe ist wie immer im Schrank. Neue Dokumente wurden über die Nacht auch nicht verteilt. Das ist nicht verwunderlich, denn der Bürobereich hatte die Feiertag frei. So kann ich es bei der Entnahme der Mappe belassen. Dank dem Traggurt, kann ich sie einfach aufheben und muss nicht lange nach dem Griff suchen. Bei einem Blick in den Kasten erkenne ich, dass ich ihn wieder einmal etwas aufräumen sollte.

Danach schliesse ich die Türe und entferne mich vom Kasten und verlasse den Raum. Dabei trete ich in den dunklen Gang. Ganz dunkel ist er nicht, denn die Lampe mit dem Hinweis für den Fluchtweg, erhellt ihn schwach. Das ist genug Licht um den Weg zu finden. Mehr brauche ich nicht für die paar Schritte zur nächsten Tür. Es ist der Eingang zum Aufenthaltsraum. Auch hier ist alles dunkel und kein Mensch scheint anwesend zu sein.

Damit ich etwas erkennen kann, drücke ich den Schalter und das Licht geht an. Auf dem Tisch sind einige Unterlagen für den Kollegen, der eingeteilt ist, um zu sichern, dass die Reisezüge fahren. Er hat noch nicht begonnen und wird vermutlich in etwas mehr als einer Stunde erscheinen. Für mich gibt es keinen Ersatzmann, der Zug hätte einfach gewartet, bis ich gekommen wäre. Die Monitore der Computer sind ebenfalls dunkel, da diese abgestellt wurden.

Mit der Warnweste in der Hand begebe ich mich in den Raum mit den Informationen und den Computern. Schwach schimmert ein bläuliches Licht im Raum. Ein Gerät muss wohl eingeschaltet sein. Daher gehe ich zu diesem Computer und setze mich hin. Mit der Eingabe des Passwortes, werden die geöffneten Dateien angezeigt. Jetzt komme ich zu den Informationen, die ich benötige. Zuerst einmal, die Tabelle mit den Touren.

Dort ist alles noch so, wie gestern. Die Züge und die Zeiten habe ich mir zu Hause schon notiert, so dass es nur ein Blick zur Kontrolle war. In dem Programm mit den Zügen suche ich den mir zugeteilten Zug. Aha, der steht schon im Bahnhof Erstfeld. Das bedeutet, er verkehrt und er ist, wie ich es vermutet habe, vorzeitig angekommen. Daher auch der eingeschaltete Computer. Nur die Angaben verblüffen etwas, denn das Gewicht und die Länge entsprechen nur den beiden Lokomotiven, die ich gesehen habe.

Zur Sicherheit schaue ich in den Lokomotivdiensten nach. Diese sind heutzutage elektronisch erstellt worden und können von uns eingesehen werden. Ich tippe die Zugnummer ein und erhalte die Information über die Lokomotiven. Das ist so, es sollte eine Re 10 sein. Die beiden Lokomotiven sind mit den Nummern zu erkennen. Da ist es hilfreich, wenn man die Nummern etwas zuordnen kann. Ich schalte den Dienst daher endgültig auf, um die Details zu erkennen.

Jetzt ist mir alles klar. Die Information Lokzug bis AaGB bestätigt meine Vermutung, der Zug hat keine Last, die mitgeführt wird. Zudem erkenne ich, wo ich mit den Lokomotiven hin fahre und wo ich letztlich sein werde.

Das stimmt mit meinem Dienstplan überein. Wäre nicht gut, wenn es nicht so wäre, denn die Dienstpläne des Lokomotivpersonals werden anhand dieser Lokomotivdienste erstellt. Dadurch ist gesichert, dass jeder Zug eine Lokomotive und einen Lokführer hat.

Es wird Zeit, das Depot zu verlassen und mich zu den Lokomotiven zu begeben. Den Computer lasse ich eingeschaltet, es wird ja nicht sehr lange dauern, bis der Kollege der Reserve kommt und dann ebenfalls nachsehen will.

Ich begebe mich daher wieder zu meiner Mappe, wo ich meine LEA starte. Die notwendigen Handlungen führen letztlich dazu, dass mein Zug auf dem Gerät angezeigt wird. Ich ändere die Angaben zum Zug, denn ich fahre jetzt nicht mit der vorgesehenen Regelreihe.

Schliesslich verschwindet die LEA wieder in meiner Mappe. Ich kann sie in den Schlafmodus versetzen und danach schliessen. Ein Blick auf die Uhr bestätigt, ich muss mich auf den Weg machen. Dieser führt heute nicht durch die Remise und vorbei am Schaltwärter. Die Schaltwärter sind abgebaut worden und die Remise in der Nacht verschlossen. Natürlich habe auch ich die Schlüssel dazu, aber warum sollte ich die Türen öffnen, durchgehen und wieder schliessen?

Ich lösche daher das Licht im Aufenthaltsraum und verlasse das Dienstgebäude. Die Türe, die ich vor wenigen Minuten geöffnet habe, verschliesse ich wieder. Danach mache ich mich auf den Weg zu den Lokomotiven, die im Bahnhof stehen. Ich kam ins Depot, holte meine Informationen ab und ging wieder. Bemerkt hat das niemand, denn es war ausser mir niemand da. Langsam verschwindet das Leben aus dem Depot.

Der Weg entlang den Geleisen ist jetzt auch nicht gefährlich, denn es verkehrt ja kein Zug. Die Triebzüge für die ersten Züge am Morgen, stehen im Gleis eins und meine Lokomotiven im Gleis 5. Sonst ist der Bahnhof leer. Die Lokomotive der BLS hat ihn ja schon verlassen. Jetzt wird es dann an mir liegen, die andere Lokomotive zu übernehmen. Doch bis dahin sind es noch ein paar Meter und die führen letztlich über die Geleise.

Im Vereinslokal ist auch alles dunkel. Ob gestern jemand hier war? Ich weiss es nicht, denn eigentlich fällt der Abend an Feiertagen aus. Nur daran hält sich eigentlich niemand im Klub. Ich ging nur nicht, weil ich heute so früh los musste. Zeit, mich mit dem verpassten Vereinsleben zu beschäftigen habe ich so oder so nicht, denn die Lokomotiven warten im Bahnhof. Ich kann erkennen, dass die Re 6/6 vorne eingereiht ist, dann folgt ihr die Re 4/4 II.

Wenn ich genau bin, dann führt eine Re 620 und eine Re 420 folgt ihr, denn beide Lokomotiven haben den neuen Anstrich erhalten und werden daher mit der neuen Nummer bezeichnet. Doch bis ich dort bin, muss ich nun die Geleise überqueren. Auch mir ist das natürlich verboten, aber ich habe einen Auftrag und darf deshalb auf die Geleise treten. Alles bei der Eisenbahn ist klar geregelt und muss befolgt werden. Auch wenn niemand da ist, der einen beobachten kann.

 

Erstfeld - Aarau

Ich habe die Lokomotiven erreicht und öffne die Türe. Zuerst wird die schwere Arbeitsmappe in den Führerstand gewuchtet und dann erklimme ich die Stufen zur Arbeit. Ja, die Karriereleiter ist schon steil. Aber nur wenige Stufen sind zu erklimmen. Der Abstieg erfolgt dann jeweils am Schluss der Leistung. Nun aber bin ich im Führerstand und schalte die Beleuchtung ein. Ich kenne die Lokomotiven mittlerweile so gut, dass ich weiss, wo sich der betreffende Schalter befindet.

Als die Glühbirne den Führerstand erleuchtet, erkenne ich den Zettel am Halter für die LEA. Was hat der Kollege mir mitzuteilen? Aha, er hat nur notiert, dass er eine Handbremse angezogen hat und dass am Zug alles in Ordnung sei. Für einmal ein Kollege, der das macht, was er muss. Seit einiger Zeit müssen wir dem Nachfolger detailliert bekannt geben, wie der Zug gesichert wurde. Natürlich kann das entfallen, wenn eine direkte Übergabe durchgeführt wird.

Ich richte mich ein. Dazu gehört das Einstellen des Stuhles. Auch ich möchte bei der Arbeit bequem sitzen. Wobei das natürlich bei einem Stuhl mit bald 50 Jahren Erfahrung nicht leicht möglich ist. So kann ich das Gewicht einstellen, die Höhe anpassen und das Sitzpolster neigen oder nicht. Schliesslich wird die Rückenlehne noch eingestellt. An den Rücken anpassen kann ich sie nicht und eine Kopfstütze gibt es auch nicht.

Jetzt, wo ich einigermassen bequem sitze, kann ich die LEA an ihren Platz stellen und die Daten an der Lokomotive kontrollieren. Die stimmen und anpassen musste ich nur meine Personalnummer. Bei den Lokomotiven mit ETCS müssen wir uns mit der Personalnummer identifizieren. Ich weiss nicht, ob ich mit einer nicht berechtigten Nummer auch fahren könnte, daher benutze ich meine Nummer. Die Elektronik weiss nun, dass ich die Lokomotive bediene.

Auch bei der LEA stelle ich die Fahrordnung an die richtige Position. Es fehlen nur noch meine privaten Notizen. Diese führe ich nach und bin damit mit dem Lokzug fahrbereit. Daher nehme ich den Hörer in die Hand und drücke am Funkgerät auf die Taste zwei. Auf dem Display erscheint, dass eine Verbindung mit dem Fahrdienstleiter aufgebaut wird. Die Verbindung steht, aber Antwort erhalte ich keine. Scheint nicht bereit zu sein.

Endlich, der Fahrdienstleiter meldet sich. ich kenne die Stimme, daher bin ich nicht sonderlich überrascht, dass ich warten musste. Ich melde meine Fahrbereitschaft. Diese wird bestätigt und dann die Verbindung unterbrochen. Klar, wenn man noch etwas wartet, müsste man sich noch verabschieden. Es gibt spezielle Leute, auch bei der Eisenbahn und nicht jedem ist es beschieden, den notwendigen Anstand zu haben. Ich denke, es ist ein insgeheim gehegt Hass gegen die Lokführer.

Egal, das Signal vor mir ändert die Farbe und ich kann losfahren. Zumindest könnte ich das, wenn die notwendige Abfahrerlaubnis auch aufleuchten würde. Es ist spannend, dass es Fahrdienstleiter gibt, die unmittelbar nach der Fahrstellung die Abfahrerlaubnis erteilen und andere. Mal sehen, wie lange es geht, bis ich losfahren darf. Ohne bewege ich mich nicht! Die Geduldsprobe beginnt. Ein guter Start in den heutigen Tag. Es dauerte fast eine Minute, bis ich endlich losfahren darf. 

So beschleunige ich den Zug. Da es sich nur um Lokomotiven handelt, geht das natürlich mit kleinen Zugkräften schon sehr schnell. Hohe Zugkräfte kann ich so oder so nicht aufbauen, denn wird die Beschleunigung zu hoch, reagiert der Schleuderschutz. Auch die Weichen lassen aktuell nicht mehr als 40 km/h zu. Daher muss ich mich im Zaum behalten, denn schnell ist man zu schnell unterwegs und die Lokomotive entgleist.

Nachdem ich die einschränkenden Weichen freigelegt habe, kann ich beschleunigen und so die erlaubte Streckengeschwindigkeit erreichen. Wobei nach dem Bahnhof 140 km/h erlaubt sind. Nur erreichen werde ich das nicht, denn vor mir erscheinen die Vorsignale des Spurwechsels Ried und den darf ich wegen der Baustelle nur mit 90 km/h befahren. Daher erwarte ich, dass nun die Zugsicherung ansprechen wird.

Das ist der Fall, auch die funktioniert korrekt. Das erwartete ich, denn einen Fehler hätte der Kollege mir melden müssen. Die Fahrt kann daher ohne Einschränkungen weiter gehen. Ich beginne mit der elektrischen Bremse abzubremsen um die 90 km/h und die anschliessend erlaubten 80 km/h zu erreichen. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich 10 Minuten vor dem Fahrplan verkehre. Der nächste Halt ist Arth-Goldau.

Die Baustelle in Altdorf, beschert uns mit dem einspurigen Abschnitt, immer wieder Überzeit. Heute, wo ich der einzige Zug auf der Strecke bin, macht mir dieser Abschnitt keine Probleme.

Ich kann ungehindert durchfahren und verliere keine Zeit. In Gedanken überlege ich mir, dass ich diese Strecke schon oft mit dem Auto zurückgelegt habe. Bin ich mit den Lokomotiven gleich schnell? Ich werde es sehen, denn nun habe ich einen direkten Vergleich.

Obwohl ich mich schon seit dem einspurigen Abschnitt im Bahnhof Altdorf befinde, passiere ich kurz vor dem Aufnahmegebäude die ablenkenden Weichen, die mich wieder auf das richtige Gleis bringen.

Mit der Beschleunigung muss ich noch zuwarten, denn eine Kilometertafel beschränkt die Geschwindigkeit noch ein paar Meter. Erst danach darf ich beschleunigen und so auf 140 km/h kommen. Wobei ich denke, dass der Weg dazu zu kurz sein wird.

Es reichte nicht und in Flüelen darf ich so oder so nur mit 125 km/h einfahren. Die Geschwindigkeiten auf der Seite der Ausfahrt liegen zudem tiefer, aber ich kann mit Hilfe der elektrischen Bremse verzögern und so die erlaubte Geschwindigkeit exakt einhalten. Ein Vorteil dabei ist sicher, dass ich diese Strecke sehr gut kenne. Da weiss man, wo die Bremspunkte liegen und wie man bremsen muss um richtig zu verzögern.

Ich habe seit Erstfeld schon ein paar Minuten Vorsprung eingefahren. Ich konnte schneller beschleunigen, als das mit der Last möglich gewesen wäre. Zudem kann ich schneller fahren, denn die Lokomotiven verkehren nach der Zugreihe R. Güterzüge schaffen es im besten Fall auf die Zugreihe A. Aber immer öfters wird die Zugreihe D vorgeschrieben. Auch das Bremsverhältnis der Lokomotive ist höher als bei einem Güterzug.

Die Strecke dem Urnersee entlang ist in der Nacht nicht besonders, die Tunnel sind nahezu gleich dunkel, wie die freie Strecke. Auch auf dem Wanderweg ist es still und das Restaurant Tellsplatte hat ebenfalls geschlossen. Noch fehlen die Touristen, die sich mit der Geschichte von Wilhelm Tell befassen wollen. Ein Lichtblick auf dieser Strecke ist die Haltestelle Sisikon, denn hier ist alles hell erleuchtet, das obwohl um diese Zeit keine Reisezüge verkehren.

Schon erreiche ich Brunnen und somit das Ende der Strecke mit den Tunnel. Ich kann nun beschleunigen und so schneller fahren. Die Geschwindigkeiten liegen hier bei 120 – 125 km/h. Der Bahnhof von Schwyz darf wegen den engen Kurven nicht mit voller Geschwindigkeit befahren werden. Somit erübrigt es sich mit der Beschleunigung, denn zu pressant habe ich es nicht und so kann ich die Lokomotiven auch einmal rollen lassen.

Langsam nähere ich mich Arth-Goldau. Hier sollte ich anhalten. Nur weiss ich nicht warum das so vorgesehen ist. Befindet sich ein Lokführer Dienstfahrt auf dem Zug. Oder was passiert hier? Ich habe keine Ahnung was auf dem nächsten Bahnhof passieren soll. Ich auf jeden Fall habe den Zug bis zum Endbahnhof eingeteilt und daher erwarte ich keinen Ablöser. Schon meldet sich der Fahrdienstleiter von Arth-Goldau am Funk.

Ich gebe Antwort. Die Frage ist klar, ob ich denn Personalwechsel habe. Nein, ich fahre mit dem Zug durch, das sei so geplant. Der Fahrdienstleiter meint, dass bei ihm ein Personalwechsel hinterlegt ist. Da wurde wohl bei der Planung kurzfristig die Arbeit anders verteilt und danach nicht mehr alle Stellen über die Änderung informiert. Das Personal muss sich dann selber helfen, denn die Leitstelle, die das melden sollte, ist natürlich noch nicht besetzt.

Auf jeden Fall kann ich nun durchfahren. Das bedeutet, dass ich die Zeit, die ich durch den Halt verloren hätte, dazu gewinne. Die Signale zeigen grün und einen Zug habe ich bisher noch nicht gesehen. In Arth-Goldau ändert sich das, denn dort steht ein Güterzug, der gerade für die Fahrt bereit gemacht wird. Er wird nach mir in Richtung Aarau fahren und dann einen anderen Weg einschlagen. Für mich heisst es aber immer noch freie Fahrt.

Stressig ist es mit einem Lokzug nicht. Die Bremsen der Lokomotiven wirken gut, auch wenn sie nicht mehr die Bremsreihe erreichen, wie früher. Die Fahrt ist zügig, da die Geschwindigkeitsschwellen schnell freigelegt sind. Ein Blick in der LEA lässt mich erkennen, dass ich knapp 30 Minuten vor dem Fahrplan verkehre. Dabei habe ich nicht einmal überall die maximal erlaubte Geschwindigkeit ausgenutzt. Scheinbar hat der Zug ein paar Zeitreserven im Fahrplan eingebaut.

In Immensee verlasse ich die Gotthardbahn. Als hier noch nicht die SBB am Werk war, war das ein entscheidender Bahnhof. Besonders die Güterzüge von und nach dem Gotthard wechselten hier die Bahngesellschaft. Natürlich fuhren auch damals die Lokomotiven hier durch. Heute ändert sich wenig, wenn man davon absieht, dass nun etwas schneller gefahren werden kann. Die Bahngesellschaft bleibt die gleiche und ich habe mein Ziel noch nicht erreicht.

Jedoch lohnt sich dieser Ausflug in die Zeit der Privatbahnen. Denn ab nun verkehre ich auf der Aargauer Südbahn und die endete in Aarau. Genau dort, wo ich hin will. So gesehen, verlasse ich nun diese Strecke nicht mehr. Neue Linien, die später gebaut wurden, lassen diesen Punkt nicht mehr so gut erkennen, denn alles gehört zu den Staatsbahnen und die bauten immer wieder neue Strecken und änderten auch sonst einige Punkte an der Strecke.

Gegenverkehr hatte ich bisher keinen. In dieser Nacht verkehren nicht viele Züge und die Kollegen vom Personenverkehr schlafen immer noch in ihren Betten. Daher ist auch klar, dass ich ausser grünen Signalen nichts zu sehen bekomme. Die Landschaft hingegen beginnt, etwas besser erkannt zu werden, die Dämmerung wird gleich einsetzen und den Morgen begrüssen. Ich werde dann aber schon bald von der Pause träumen.

In Oberrüti überquerte ich die Grenze in den Kanton Aargau. Speziell ist das natürlich nicht, aber da ich in diesem Kanton wohnberechtigt bin, ist es für mich etwas speziell. Noch bin ich aber weit von der Hauptstadt des Kantons entfernt. Dort ist mein Ziel dieser Fahrt, dann werde ich vermutlich ein paar Wagen für meine Lokomotiven bekommen. Ansonsten macht es wenig Sinn, wenn ich an meinen Endbahnhof fahre.

Die Geschwindigkeiten sind nun etwas höher, da man hier nicht mehr um jeden Felsen eine Kurve bauen musste. Lange gerade Abschnitte gehören nicht mehr zur Seltenheit und so steigt natürlich die gefahrene Geschwindigkeit und ich komme schnell vorwärts. Die Stationen fliegen dabei förmlich an mir vorbei. Die nächste Station, die ich erreichen werde, ist Muri. Muri ist bekannt wegen dem Kloster und wegen der Tatsache, dass das Schild des Bahnhofes mit AG ergänzt wurde.

Damit habe ich mich nun endgültig aus dem Reusstal verabschiedet. Ich befinde mich nun im Tal der Bünz. Die Gebirge dazwischen sind hier noch Hügel und so war es nicht schwer, den Wechsel in ein anderes Tal zu absolvieren. Tunnel benötigte man keine und nur die anhaltende Steigung seit Sins, lässt erahnen, dass man einen Hügel überquert. Kurz vor Muri erreichte ich dann den höchsten Punkt und nahm damit die Talfahrt ins Bünztal auf mich.

Wobei man hier zwar von einem Tal spricht, die Ebenen aber etwas anderes vermuten lassen. Nun kann ich bis Hendschiken mit gleicher Geschwindigkeit fahren. Mit so einem Zug ist die Strecke recht einfach zu fahren. Jedoch stellt die Strecke grosse Anforderungen, wenn man langsam fährt und nach Möglichkeit die Geschwindigkeit halten will, denn nun folgen sich Steigungen und Gefälle, was Handlungen bei der Zugkraft verlangt.

Immer noch fehlt der Zug, der mit entgegen kommt. Auch bis vor Wohlen änderte sich daran nichts, dort kamen dann die Schutzstrecke und der erste Gegenzug. Es war eine Leerfahrt des Personenverkehrs. Der Zug muss zum Ausgangsbahnhof fahren um dort die Leute aufzunehmen, die zur Arbeit fahren wollen. Gerade in dieser Gegend gibt es viele Leute, die in die grösseren Städte pendeln. Den Pendlerverkehr möchte ich aber nach Möglichkeit elegant umfahren.

Wohlen verzichtet auf den Zusatz AG. Dies obwohl es noch eine Gemeinde gibt, die so heisst. Konsequent war man mit den Namen daher nicht. Auch der Bahnhof von Dottikon-Dintikon steht, ohne die zu ihm gehörende Umspannanlage, nicht auf dem Gelände einer der beiden Gemeinden. Für mich bedeutet das jedoch nur, dass ich mich in wenigen Minuten in den Ost-West-Verkehr einfädeln muss. Wie gut das geht, erkenne ich in wenigen Minuten, denn in Hendschiken verlasse ich die normale Route der meisten Güterzüge.

Elegant ging das mit der Einfädelung, denn ich musste nur wegen den Weichen abbremsen und kann nun wieder mit höherem Tempo in Richtung Lenzburg fahren. Auch hier ist noch nicht viel Verkehr, so dass ich den Bahnhof, den wir auch als Bremsburg bezeichnen, ohne Behinderung passieren kann. Die Signale zeigen die gleiche Farbe, denn sie sind grün. So ist es mit einem Zug schön zum Fahren, denn man muss nicht unnötig Energie verschwenden.

Die LEA lässt mich erkennen, dass ich mich langsam dem Etappenziel nähere, denn nur noch ein Bahnhof steht zwischen Lenzburg und meinem Ziel. Das ist Rupperswil und dort habe ich wieder tiefere Geschwindigkeiten signalisiert. Der Grund ist simpel, denn ich muss mich auf die rechte Seite begeben. Warum das so ist? Ganz einfach, ich würde den Güterbahnhof von Aarau sonst nicht mehr erreichen können. Es fehlen die notwendigen Weichen.

Noch einmal könnte ich so richtig schnell fahren, aber ich belasse es bei 125 km/h. Dies auch deshalb, weil ich in der Ferne ein oranges Signal erkenne. Es handelt sich dabei um das Abschnittsignal von Aarau, das mir langsame Fahrt erwarten zeigen wird. Die Zahl ist vorhanden, aber noch kann ich sie nicht deutlich erkennen. Da sie aber vorhanden ist, weiss ich, dass ich nicht mit einem halt zeigenden Signal rechnen muss.

So ist es, ich erkenne die Zahl nun deutlich. Die Ziffer vier bedeutet, dass ich ab dem nächsten Signal mit 40 km/h fahren darf. Trotz der recht hohen Geschwindigkeit kann ich den elektrischen Bremsstrom in einem gemässigten Bereich halten. Ich kenne das Signal und weiss, dass es weit entfernt steht und ich so einen genug langen Bremsweg zur Verfügung habe. In solchen Fällen hilft es, wenn man sich auskennt.

Die Geschwindigkeit reduziert sich und kurz vor dem Signal zeigt meine Geschwindigkeitsanzeige 40 km/h an. Das Signal vor mir zeigt Warnung. Das habe ich erwartet, denn ich fahre im Güterbahnhof von Aarau ein. Neben mir befinden sich die Anlagen für den Umschlag von Wechselbehältern und Aufliegern. Ein paar beladene Wagen stehen hier, die Beladung könnte zu meinem Zielbahnhof passen, ob ich die mitnehmen muss?

Doch zuerst muss ich anhalten und mich erkundigen. Obwohl ich bis zum Gruppensignal fahren dürfte, halte ich vor dem Zwergsignal in meinem Gleis an. Das mache ich nicht nur, weil es den Betrieb im Bahnhof nicht behindert, sondern auch, weil sich ein Rangierarbeiter dort aufgestellt hat und mir Zeichen gibt, dass ich bei ihm anhalten soll. Mit der leeren Lokomotive ist das auch nicht schwer und so komme ich genau am richtigen Ort zum Stehen. Aarau ist erreicht!

Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich für die Fahrt knapp eine Stunde benötigte. Im Vergleich mit dem Auto war ich schneller, denn dort hätte ich für den gleichen Weg 15 Minuten mehr Zeit benötigt. Schneller geht es daher nur noch über den Luftweg. Viel mehr Zeit hätte ich auch mit schnellen Wagen nicht benötigt und so ist die Eisenbahn schneller als die Strasse. Staus gibt es schliesslich überall, auch wenn sie bei der Eisenbahn selten sind.

 

Aarau und die Wagen

Der Rangierarbeiter erklärt mir, dass ich den Führerstand wechseln müsse und dann mit der Lokomotive zurück zu den Wagen fahren soll. Er komme später vorbei um die Lokomotive anzuhängen und um die Bremsprobe zu machen. Damit hat sich unser Gespräch beendet. Viel spricht man am frühen Morgen auch bei der Eisenbahn nicht. Wobei nun auch die Kollegen vom Personenverkehr mit ihren Zügen losfahren und die Leute zur Arbeit bringen.

Ich schalte die Lokomotiven aus und verlasse den Führerstand. Dazu muss ich aussteigen, denn ich habe zwei Lokomotiven und da gibt es keinen Durchgang. Da es aber trocken ist, ist es auch kein grosses Problem um an die andere Seite zu kommen. Ich hatte schon das Vergnügen diese Aktion in einem Platzregen zu machen. Dummerweise war ich auf dem Weg zum Schirm, so dass ich ziemlich nass wurde.

Da ich nach dem Aussteigen den Weg nach hinten unternahm, muss ich jetzt vor meiner Lokomotive durchgehen. Dazu muss ich das Gleis überschreiten. Erst dann bin ich bei der Türe, die mir den Einstieg in die Re 420 ermöglicht. Die Türe öffnet sich und ich erklimme die Leiter um in den Führerstand zu gelangen. Erst beim Führertisch mache ich Licht. Früher ging nicht, weil es keinen Lichtschalter gab, daher musste ich aufpassen, dass ich nicht über den Stuhl stolpere.

Im Halter für die LEA liegt das Heft mit den Eintragungen der Prüfungen. Ein Blick hinein verrät mir, dass hier einige Prüfungen noch nicht gemacht wurden. Es sind alles Prüfungen, die nur während der Fahrt erfolgen können. Selbst der Schnellgang ist noch nicht geprüft worden. Vermutlich hatte mein Kollege in Bellinzona auf dieser Seite zu wenig oder gar keinen Weg zurückgelegt um diese Prüfung zu erledigen.

Ich schalte die Lokomotiven ein und nehme die Bremsen in Betrieb. Ein paar Handgriffe später sind diese auch geprüft und meiner Fahrt steht nichts im Weg. Den Auftrag für die Fahrt habe ich vom Rangierarbeiter bekommen.

Somit kann ich nun losfahren. Die Lokomotiven beschleunigen mit der ersten Stufe langsam. Nachdem ich diese wieder ausgeschaltet habe, rollen sie weiter. Es haben wirklich alle Bremsen gelöst. Ich kann die Fahrt fortsetzen.

Ich beschleunige die Lokomotiven auf 30 km/h. Als ich diese Geschwindigkeit erreicht habe, lasse ich das Pedal der Sicherheitssteuerung los und warte ab. Es dauert nicht lange, ertönt das Horn, das mich warnt, dass ich das Pedal drücken soll.

Diesmal ignoriere ich diese Warnung und warte ab, was passiert. Normalerweise würde ich das natürlich nicht machen, aber jetzt will ich eine Prüfung durchführen und dann muss ich so handeln.

Es dauert nicht lange und die Lokomotiven werden ausgeschaltet. Gleichzeitig wird eine Zwangsbremsung eingeleitet. Die Lokomotiven verzögern. Ich kann nun die Sicherheitssteuerung wieder zurückstellen, die Bremsen lösen und dann die Fahrt fortsetzen, die Prüfung des Schnellganges ist erfolgreich verlaufen. Ich kann nach dem Halt mit meiner Unterschrift bestätigen, dass ich die Prüfung durchgeführt habe und dass sie korrekt funktionierte.

Die Zwergsignale weisen mir den Weg zu den Wagen. So wie ich es erkennen kann, war mein Verdacht richtig und ich fahre zu den Wagen, die ich bei der Einfahrt gesehen habe. Kurz vor den Wagen halte ich an. Anfahren darf ich nicht, denn den Auftrag dazu wurde mir nicht erteilt. Da ich nicht selber anhängen muss, kann ich mir den Auftrag auch nicht selber erteilen. Nun kann ich wieder auf den anderen Führerstand wechseln.

Nachdem ich die Lokomotive verlassen habe, blicke ich zum ersten Wagen und entdecke dort die Papiere. Das werden meine Schriften sein. Wenn ich diese mitnehme, kann ich mich auf der Lokomotive einrichten, bis der Rangierarbeiter kommt. Man kann sich, wenn man sich richtig organisiert, viel Stress ersparen. Mache ich das erst bei der Bremsprobe, habe ich zwei Aufgaben, die ich gleichzeitig ausführen muss.

Bevor ich wieder zur Lokomotive gehe, kontrolliere ich diese Papiere. Neben der Belastung für mich, ist auch ein Bund mit Frachtbriefen vorhanden. Diese sind für den Terminal bestimmt und werden auf der Lokomotive mitgeführt. Auch die Wagenliste ist vorhanden, dort kann ich nachsehen, ob in meinem Zug gefährliche Güter vorhanden sind. Das ist nicht der Fall, der Zug verkehrt ohne Gefahrgut. Das ist sogar auf der Belastung richtig notiert worden.

Auf dem Weg zurück kontrolliere ich kurz die Lokomotiven. Die Scheinwerfer der Anlage, erleuchten die Lokomotiven so, dass ich einige Teile sehen kann. Es ist keine Kontrolle, wie sie gemacht wird, wenn die Lokomotive abgestellt wird, aber man kann auch dazwischen nachsehen, ob alles gut ist. Stellt man einen Fehler fest, kann man reagieren, bevor etwas passiert und die Lokomotive im Schotter liegt. Die Technik ist zwar gut, aber Kontrollen können nie Schaden.

Auf der Re 620 gebe ich die Daten ein. Dazu beginne ich mit den Daten für ETCS. Diese muss ich eingeben, denn sonst kann ich mit der Lokomotive nicht zu den Wagen fahren. Natürlich könnte ich den Rangiermodus wählen, aber dann müsste ich nach wenigen Metern wieder die Daten frisch eingeben. Daher mache ich das jetzt, wo ich Zeit habe. Es gibt nach dem Kuppeln noch genug zu machen. Der Zug hat gute Bremsen, kann 120 km/h fahren und die Wagen haben Bremssohlen aus Kunststoff.

Das sind Angaben, die direkt auf die Zugführung einen Einfluss haben. Die Bremsreihe bestimmt die erlaubte Geschwindigkeit. Daher stelle ich diese nun auch auf der LEA ein. Die Werte für die vorhandene Bremsreihe erscheinen. Aus 140 für die Zugreihe R werden so plötzlich 120 km/h für die Zugreihe A. Daher müssen diese Werte stimmen. Die weiteren Daten, wie Länge und Gewicht sind nicht so direkt mit der Fahrt verbunden, müssen aber auch eingegeben werden.

Es ist soweit, der Rangierarbeiter erscheint. Ich kann mit den Lokomotiven an den Zug anfahren. Das mache ich rückwärts, der Raum hinter der Lokomotive wird vom Rangierarbeiter überwacht und es ist ein kurzes sehr einfaches Manöver. 10 Meter Rückwärts sind machbar, das ist nicht einmal ein Drittel der Länge meiner Lokomotiven. Schnell fahren muss ich auch nicht, so dass ich kaum bemerkte, dass sich die Puffer berührten.

Die Hauptleitung wird entleert, Die Wagen wurden an der Lokomotive angehängt. Da sich die Leitung nun langsam wieder füllt, ist sie vermutlich dicht. Um den Vorgang zu beschleunigen verbringe ich das Führerbremsventil in die Füllstellung. Der Druck in der Leitung steigt nun gemäss meinem Manometer auf 7 bar an. Jedoch senkt sich der Wert plötzlich auf 5,4 bar. Der Hochdruckfüllstoss ist soeben abgeschlossen worden und ich habe eine Niederdrucküberladung erhalten. Genau das wollte ich.

So lange die Niederdrucküberladung nicht abgebaut ist, kann die Bremsprobe nicht ausgeführt werden. Der Rangierarbeiter weiss das, deshalb erklärt er mir, dass ich die Bremsen anlegen soll, wenn ich bereit dazu sei. Dann kontrolliere er den Zug und gebe mir dann das Signal zum Lösen optisch. Soweit ist alles klar, aber etwas Geduld müsse er schon haben, denn noch müsse der Druck ausgeglichen werden. Das dauert ein paar Minuten. Zeit in der nichts passieren darf, denn sonst beginne ich von vorne.

Mittlerweile hat sich der Druck in der Hauptleitung auf 5 bar eingestellt. Ich verbringe das Bremsventil nun in die Abschlussstellung. Damit wird verhindert, dass das Ventil die Druckluft ergänzen kann. So kontrolliere ich, ob die Hauptleitung komplett gefüllt ist und ob eventuell ein Druckverlust vorhanden ist. Beides würde die Bremsprobe weiter verzögern und könnte auf der Fahrt zu Problemen führen. Daher ist die Kontrolle sicherlich sinnvoll.

Alles ist dicht, ich kann die Bremsung einleiten. Die Hauptleitung senkt sich auf 4 bar ab. Die Zeit dazu entspricht in etwa der Länge des Zuges. Es ist anzunehmen, dass die Hauptleitung bis zum Schluss verbunden ist. Im Rückspiegel erkenne ich, dass der Rangierarbeiter damit begonnen hat, die angezogenen Bremsen zu kontrollieren. Dazu benötigt er natürlich ein paar Minuten. Die Zeit nutze ich um noch fehlende Zugdaten der Lokomotive einzugeben. Damit ist zumindest der Führerstand fahrbereit.

In der Ferne sehe ich eine weisse Lampe, die das Signal lösen zeigt. Aha, der Rangierarbeiter ist am Schluss angekommen und ich kann die Bremsen wieder lösen. Auch jetzt verbringe ich den Griff wieder in die Füllstellung. Der erwartete Hochdruckfüllstoss wird wieder eingeleitet. Damit lösen die Bremsen der Wagen und der Zug ist nun nur noch mit der Rangierbremse der Lokomotiven gesichert. Das reicht aber, da das Gleis hier eben ist und so der Zug kaum ins Rollen kommt.

Nach wenigen Minuten steht der Rangierarbeiter neben mir. Die Bremsen sind in Ordnung. Er erkundigt sich noch, ob ich alle benötigten Daten hätte. Das ist so, ich bin fahrbereit. Der Rangierarbeiter quittiert das und greift zum Funkgerät. Ich höre, wie er dem Fahrdienstleiter mitteilt, dass der Zug nach Rothenburg fahrbereit ist. Die Bestätigung höre ich auch. Danach verabschiedet sich der Rangierarbeiter mit den Worten „Wenn der Zwerg offen ist, könne ich vorziehen und gute Fahrt“, bei mir.

Es dauert nicht lange, zeigt das Zwergsignal vor mir fahrt. Ich kann zum Signal vorziehen. Noch fahre ich als Rangierfahrt. Da ich das Signal nicht erkennen kann, bleibt mir nur diese Möglichkeit. Vermutlich kann das Signal auch noch nicht auf Fahrt gestellt werden. Die Geschwindigkeit liegt jetzt nicht mehr so hoch, wie bei der leeren Lokomotive, denn der Bremsweg ist wegen dem grösseren Gewicht länger und ich muss auf Sichtdistanz anhalten können.

Zudem kontrolliere ich auch jetzt, ob der Zug rollt. Was bei einer Lokomotive funktioniert, geht auch mit Zügen. Fällt die Zugkraft aus und der Zug rollt weiter, sind alle Bremsen gelöst. Natürlich, je länger der Zug ist, desto ungenauer ist diese Angabe, aber bei acht Wagen an den Lokomotiven könnte schon etwas erkannt werden. Es ist aber nichts zu erkennen, denn der Zug rollt normal weiter und ich kann wieder etwas Zugkraft aufbauen.

 

Aarau - Rothenburg

Endlich erkenne ich das Hauptsignal. Es lässt Fahrt mit 40 km/h zu. Noch schnell kontrolliere ich, ob der Fahrweg auch wirklich für mich steht. Das ist so, ich kann auf 40 km/h beschleunigen, denn ab sofort verkehre ich als Zug. Ohne Halt von Rangierfahrt auf Zugfahrt wechseln dürfen wir, aber nicht umgekehrt. Es stellt sich nun die Frage, ab wenn ich als was verkehre. Das ist nicht immer leicht zu erkennen, denn so viele Möglichkeiten gibt es in einigen Bahnhöfen.

Die Weichen habe ich freigelegt. Da ich aber keine ausreichenden Informationen über das nächste Signal habe, darf ich noch nicht beschleunigen. Zwar weiss ich, dass es nicht Halt zeigt, aber ich kann nicht sagen, welche Geschwindigkeit zugelassen ist. Ich kenne die Strecke und weiss, dass das Signal kaum 40 km/h zulassen kann. Nur, ganz sicher kann man nie sein und so fahre ich mit 40 km/h bis ich das Signal erkenne und meinem Gleis zuordnen kann.

Auf dem Bahnhof stehen die ersten Reisenden und warten auf den Zug. Einige wundern sich scheinbar über den langsamen Güterzug, aber ich muss Vorschriften einhalten. Nun weiss ich sicher, dass ich schneller fahren kann. Daher erhöhe ich die Zugkraft und der Zug beschleunigt. Die zwei Lokomotiven haben mit den wenigen Wagen leichtes Spiel und so werde ich schnell beschleunigen können. Ich habe wiederum freie Fahrt, was die Angelegenheit vereinfacht.

Kurz nach den letzten Weichen des Bahnhofes verlasse ich den Kanton meiner Jugend wieder. Vor mir erkenne ich im halbdunklen die Dampfwolke des Atomkraftwerkes in Gösgen. In der Gewerbeschule haben wir es besichtigt und dabei viel über die Technik erfahren. Ist schon eindrücklich, wie die Technik funktioniert. Noch eindrücklicher sind aber die Auswirkungen, wenn sie nicht mehr funktioniert. Dann bringt die Wolke den Tod und die Gegend ist nicht mehr bewohnbar.

Lange kann ich mich nicht mit den Problemen der Atomkraft beschäftigen. Ich habe selber genug mit meinem Zug zu tun. Ich muss kontrollieren, ob die Wagen friedlich folgen, eine Kurve anpeilen und neben den Signalen auch die Fahrleitung beobachten. Dabei habe ich nicht einmal eine besondere Situation. Der Punkt, wo der Lokführer in Stress kommt, liegt vermutlich etwas höher, als nur bei einem Signal, das knapp grün wurde.

Die Haltestelle Schönenwerd passiere ich etwas langsamer, da ich schon mit der Bremsung begonnen hatte. Ich musste früher beginnen, weil ich in Aarau vergessen habe, die Bremsen auf die Wirkung zu prüfen. Fehler passieren, aber es ist wichtig, dass man danach richtig reagiert. Ich wusste nicht, wie die Bremsen wirken, daher habe ich weit vor dem Signal mit der Bremsung begonnen. Das hat mich den Schwung gekostet, aber ich habe nun auch diese Prüfung gemacht.

Mit der Dämmerung merkt man einfach, dass man früh aufgestanden ist. Jetzt kommt eine Müdigkeit hoch, die in die Glieder fährt. Ich muss mich auf die Fahrt konzentrieren und das wird in wenigen Minuten etwas einfacher, weil ich dann die Strecke nicht mehr so gut kenne. Nur, die Krise habe ich jetzt und nicht in ein paar Minuten. Etwas frische Luft im Führerstand kann nicht schaden und so öffne ich beim Bahnhof Däniken das Fenster.

Die kühle und frische Luft strömt durch das Fenster in den Führerstand. So passiere ich auch die Haltestelle von Dulliken. Ich nähere mich somit dem Bahnhof Olten. Bis hier war die Fahrt kein grosses Problem, denn die meisten Signale waren mir gnädig. Ich erwarte jedoch, dass ich das jetzt schnell ändern könnte, denn ich habe soeben das Vorsignal vom Einfahrsignal Olten passiert. Noch gibt es keine Einschränkung zu beachten.

Mit dem ersten Abschnitt änderte sich das aber, denn ich musste die Geschwindigkeit reduzieren. Das ist aber normal und stellt keine Besonderheit dar. Je näher ich den Bahnsteigen komme, desto tiefer ist die Geschwindigkeit. Letztlich habe ich noch eine Warnung, die ich quittieren muss. Ich fahre nun langsam dem Bahnsteig entlang. Die langweiligen Blicke auf dem Perron verraten mir, dass der Herr und die beiden Damen den Regionalzug nach Burgdorf erwartet haben.

Auch das Ausfahrsignal zeigt Fahrt, ich kann den Bahnhof von Olten wieder verlassen. Jetzt kommt die Strecke, die ich in den letzten Jahren nur sehr selten befahren bin. Das war sogar so lange her, dass ich noch eine Auffrischung genossen habe.

Diese ist auch ein paar Tage her und ich mache diese Tour nicht zum ersten Mal, aber das heisst noch lange nicht, dass ich mich wirklich gut auskenne. Vermehrte Blicke in die LEA werden nun wohl angesagt sein. Zumindest lasse ich mir die Blöcke und Spurwechsel wieder anzeigen.

Ein Blick in die LEA verrät mir, dass ich nun maximal 120 km/h schnell fahren darf. Da ich aber wegen den ablenkenden Weichen und einer Kurve damit noch warten muss, lasse ich es sein, denn bis nach Aarburg-Oftringen ist es nicht sehr weit und dort habe ich vor der Einfahrt eine Kurve, die ich nur mit 75 km/h befahren darf. Soweit ist der erste Abschnitt klar und das Blocksignal nehme ich zur Orientierung. Ich richte mich auf 80 km/h ein.

Die Kurve vor Aarburg kenne ich aus den vergangenen Tagen noch. Sie führt in einen Tunnel, der unter der Burg über der Ortschaft durchführt. Die Burg gab einst der Gemeinde den Namen. Wichtiger ist der Tunnel, denn schliesslich ist es einer der ältesten von der Eisenbahn befahrenen Tunnel der Schweiz. Lange ist er nicht und es wird auch der letzte seiner Art, bis zum Endbahnhof sein. Die Strecke im flachen Gelände benötigt sonst keine Tunnel.

Als ich mich Aarburg-Oftringen nähere, betrachte ich den weiteren Weg. Als Knackpunkt kann die abgestufte Ausfahrt von Aarburg-Oftringen angesehen werden. Wo ist die Geschwindigkeitsschwelle schon wieder genau? Hm, eigentlich könnte ich in einer Liste nachsehen, aber ich bin am Fahren und muss mich irgendwie durch den Bahnhof schummeln und sollte dabei nicht zu schnell werden. Daher fahre ich sicher lange genug mit der geringen Geschwindigkeit.

Die erlaubte Geschwindigkeit liegt danach bei 120 km/h wobei ich einige Kurven beachten muss. Nur bringt das nicht sehr viel, denn in Zofingen ist die Einfahrt in den Bahnhof nur mit 90 km/h gestattet. Daher lohnt es sich schlicht nicht, wenn ich den Zug beschleunige und dann wieder abbremse. Jetzt fällt mir auch die Geschwindigkeitsschwelle wieder ein, es war der Bahnübergang. Grundsätzlich ist die Beschränkung eigentlich nur, damit die Züge, die nach Rothrist fahren nicht zu schnell um die Kurve fahren.

Nun, die Signale nahmen mir die Entscheidung mit der Geschwindigkeitsschwelle ab. Da sie nur knapp vor mir auf grün umschalteten, kann ich es bei der Geschwindigkeit belassen, ich bin scheinbar schnell genug. Vermutlich habe ich einen Zug vor mir, der nicht so schnell beschleunigen kann. Eventuell schalten die Signale hier aber kurzfristig nach. Das gibt es immer wieder, wenn Bahnübergänge im Spiel sind.

Vor Zofingen war ich sogar zu schnell, ich habe Warnung und muss mit dem Zug nun abbremsen. Dank der guten Sicht, sehe ich die Signale früh genug, so dass ich nicht zu nervös werde, weil ich das Signal suchen muss. Es hilft, wenn man solche Strecken nicht bei dichtem Nebel befahren muss. Das wird sich im Herbst zeigen, aber bis dahin habe ich die Tour ein paar Mal gehabt und kenne mich wieder besser aus. Strecken lernt man mit den unterschiedlichen Zügen am besten kennen.

Das Signal hat nachgeschaltet. Ich kann mit 40 km/h zufahren. Den Bahnhof von Zofingen kenne ich noch aus meiner Jugend, als ich hier umstieg, um an die Kurse in Luzern zu fahren. Die Kurse, die ich in der Ausbildung besuchte und in denen ich lernte, dass die Signalfolge als „Offen vorbereitet“ bezeichnet wurde. Längst habe ich nur noch eine vage Ahnung, was damals in diesen Fall alles erwartet werden musste. Besetzte Geleise gehörten auch dazu. Heute gilt das jedoch nicht mehr und ich habe nur noch die Geschwindigkeitsvorgabe von 40 km/h.

Die Ausfahrt öffnete sich in der Zwischenzeit auch wieder und ich kann wieder beschleunigen. Das geht schnell, da ich eine grosse Leistung zur Verfügung habe und nur wenige Wagen ziehen muss. Nur, der Abbruch meiner Euphorie erfolgte bereits nach der leichten Kurve im Bahnhof Zofingen. Einfahrt „Brittnau-Wikon zu“ schiesst mir durch den Kopf. Das mit der schnellen Fahrt kann ich wohl beerdigen, ein langsamer Zug muss vor mir verkehren.

Wenn ich nur den Fahrplan auf dieser Strecke besser kennen würde. Dann wüsste ich, ob ich eine S-Bahn vor mir habe oder nicht. Jetzt muss ich nur Raten und hoffen, dass mein Verdacht korrekt ist. Nachdem die Signale nachgeschaltet haben und ich endlich auch wieder ein grünes Signal erkennen kann, richte ich mich auf 70 km/h ein. Das ist bei einem Flirt gerade richtig, wenn es kein Flirt ist, merke ich das schnell.

Mal sehen, wie ich so vorankomme. Ein Blick in den Fahrplan verrät mir, dass ich noch 10 Minuten vor der fahrplanmässigen Zeit unterwegs bin. Auch das ist natürlich keine Hilfe, aber ich vermute immer mehr, dass ich eine S-Bahn verfolge. Eine Info vom Fahrdienstleiter wäre sinnvoll, ich könnte so die Fahrt besser regulieren. Was bisher auf persönlicher Ebene nicht durchgeführt wurde, soll in Zukunft ein elektronisches System übernehmen. Dann können wir optimal fahren und Energie sparen.

Die Haltestelle von Reiden erscheint in meinem Blickfeld. Auch hier war früher noch ein Bahnhof vorhanden, aber diese Zeiten sind längst vorbei und so nähere ich mich Dagmersellen. Bis hier war die Strecke gerade und keine Kurve behinderte die Sicht auf die Signale, die ich so von weit her erkennen konnte. War da bei der Einfahrt von Dagmersellen nicht noch eine Kurve vorhanden? Wie schnell ist die denn? Ich blicke in die LEA.

Die Kurve von früher ist auch nicht mehr vorhanden und so könnte ich mit 120 km/h durch den Bahnhof fahren. Meine alten Kenntnisse haben mir einen Streich gespielt. Nur, das würde nicht viel bringen, denn noch schalten die Signale knapp vor mir auf grün. Daher habe ich die richtige Geschwindigkeit gewählt, schneller werden bringt gar nicht viel. Vor mir wird wohl ein Flirt verkehren. Bis wo fährt der Zug? Wäre schön, wenn ich das wüsste.

Die Kurve nach dem Bahnhof von Nebikon ist immer noch vorhanden. Mit 95 km/h dürfte ich diese befahren. Nur, ich bin langsamer unterwegs und so interessiert mich die Kurve nicht. Vielmehr sind es die Signale, die hier kommen und die, wie könnte es anders sein, sind orange. Nein, ich korrigiere, sie sind grün. Schnell genug denke ich, denn wenn ich nur etwas schneller gewesen wäre, hätte ich die Warnung noch erwischt.

Gross auf die Landschaft und die Lagerhallen eines grossen Transportunternehmens achten kann ich nicht, denn ich muss die Strecke konzentriert befahren. Ich weiss, wo die Signale sind, aber ich habe auf diese Signale noch nie mit einem Güterzug gebremst. Die Kundigkeit frischte ich mit Interregio auf und die fahren überall durch. Erst wenn man selber auf ein Signal hin bremst, weiss man, ob es lange oder kurz ist. Die Kollegen halfen zwar, aber haben die mit einem Güterzug gerechnet?

Wauwil und St. Erhard-Knutwil sind die nächsten beiden Haltestellen, die ich passieren werde. Auch Wauwil wurde vom Bahnhof zur Haltestelle und die Weichen, die hier waren, sind verschwunden. Daher gibt es auch keine Stationsgeschwindigkeit mehr, die beachtet werden muss. Dank meinen guten Bremsen, änderte auch die Geschwindigkeit nicht. Es bleibt alles beim Alten und dank grünen Signalen, kann ich zufahren.

Irgendwo dazwischen ist doch noch die Fahrleitungsschutzstrecke? Ein Blick in die LEA verrät mir zudem, dass es eine lange ist und ich die Stromabnehmer senken muss. Dank der guten Sicht ist auch diese Schutzstrecke kein ernstes Problem. Natürlich auch nicht, wenn eines der Signale unbeleuchtet ist. Wie war das, unbeleuchtete Signale zur Schutzstrecke gelten nicht. Dann müsste ich nicht ausschalten, aber danach wieder einschalten und warum soll das nur in meinem Gleis so sein?

Ich schalte die Lokomotiven aus und betätige den Steuerschalter, der den Stromabnehmer senkt. Auch wenn ich die Vorschriften kenne, gehe ich hier davon aus, dass die Glühbirne defekt ist. Nur, gerade jetzt zeigt sich, dass diese Vorschrift nicht besonders gut durchdacht ist und sich vermutlich ein dreieckiger Aufsatz lohnen würde. Auf jeden Fall habe ich so keinen Kurzschluss erzeugt und ich kann die Stromabnehmer wieder heben.

Jetzt folgen nur noch die Kurven durch den Wald. Hier kann im Herbst das Laub zu grossen Problemen führen. Die Räder der Züge kommen auf dem nassen Laub ins Rutschen. Dank dem Gefälle reicht es dann nicht mehr um im nächsten Bahnhof anzuhalten.

Danach bin ich aber in Sursee und habe somit die Strecke beinahe geschafft. Auch das Laub macht jetzt kein Problem, denn es ist noch grün und erst vor knapp einem Monat mit dem Frühling gesprossen. Daher auch keine Probleme mit der Adhäsion.

Sursee ist ein wichtiger Punkt auf meiner Fahrt. Denn ab hier kenne ich die Strecke wieder besser, da ich die schon öfters mit der S-Bahn von Luzern her, befahren habe. Bisher war die Fahrt gut, auch wenn ich die Gefälle und Steigungen nicht sonderlich erkannt habe, denn wer gemütlich fährt, weil er hinter einem Zug ist, lässt die genaue Fahrgeschwindigkeit kalt. Ein Nachteil, den ich durch die Distanz auf einen langsamen Zug, in Kauf nehmen musste. Ob der hier endete und ich nun freie Bahn habe?

Bei der Durchfahrt durch den Bahnhof Sursee blicke ich in den Fahrplan. Ich bin pünktlich unterwegs, aber schneller fahren kann ich nicht, denn den erhofften Zug sehe ich hier nicht. Ich muss daher immer noch nicht schneller fahren. Aber nun kann ich den Morgen geniessen und mich auf die aufgehende Sonne freuen. Das wird dann wieder Probleme mit gewissen Signalen geben, denn steht die Sonne dahinter, können wir sie nur sehr schwer erkennen. Das sind die Schattenseiten eines schönen Morgens im Frühling.

Als ich diese Tour das erste Mal fuhr, war es ähnlich, ich hatte auch nur die paar Wagen am Haken und wurde in diesem Bereich am Funk aufgerufen. Damals erkundigte sich der Fahrdienstleiter, ob ich einen Ölzug habe. Etwas verwundert war ich, weil ich meinte, meine Zugnummer würde das klären. Ich antwortete, dass ich Container mitführe. Ich habe einen „Chistlifrachter“. Die Antwort erfreute mich nicht, denn ich erfuhr, dass ich in Sempach auf die Annahme von Rothenburg warten muss.

Nur war damals die Sonne noch kein Problem, denn es war noch Dunkel. In wenigen Wochen hat sich der Tagesanbruch nach vorne verschoben und die Nächte werden kürzer. Der Sommer steht vor der Türe und auch der Frühling hat bald ein Ende. Im Sommer wird der Zug vermutlich seltener verkehren. Die neue Leistung wird von SBB Cargo national gefahren, obwohl es ein Zug des kombinierten Verkehrs ist. So klar die Grenzen wohl sein mögen, sie sind es nicht.

Oberkirch und Nottwil sind die nächsten Haltestellen auf dem Weg zu meinem Ziel. Die Signale sind grün und ich versuche eine etwas schnellere Fahrweise. Vielleicht habe ich nun genug Abstand erhalten und kann zufahren, denn es ist nicht mehr weit bis zum Endbahnhof. Doch bis es soweit ist, habe ich noch Sempach-Neuenkirch zu befahren. Erst danach kommt dann das Ziel. Pünktlich bin ich nicht mehr, denn ich habe ein paar Minuten Abstand auf den Fahrplan.

Die Kurve, die nach Nottwil kommt, interessiert mich nicht, denn 125 km/h darf ich mit dem Güterzug gar nicht fahren und daher muss ich auch nicht auf diese Geschwindigkeit abbremsen. Mit der S-Bahn ist das anders, denn dann kommt man mit 160 km/h auf das Signal zu und muss abbremsen und rechtzeitig die zugelassene Geschwindigkeit zu fahren. Mit einem Güterzug kann es gemütlich sein, da muss nicht jede Geschwindigkeitsschwelle möglichst genau getroffen werden. Auch wenn ich jetzt mit 90 km/h fahre, vom Bremsklotz fehlt jede Spur.

Schneller als 95 km/h muss ich nicht werden, denn die Strecke nach der Station Sempach-Neuenkirch lässt nicht mehr zu. Die Kurven sind einfach zu eng. Wichtig ist aber, dass ich nun durchfahren kann und so ohne weiteren Halt zu meinem Ziel gelange. Viel kann nicht mehr passieren, denn ich nähere mich Rothenburg und somit meinem Ziel. Die Einfahrt wird dann mit 40 km/h und kurzer Fahrstrasse erfolgen, da mein Signal früher steht, als das hier üblich ist.

So ist es auch, ich kann einfahren und vor dem Signal anhalten. Das Ziel ist erreicht, ein Blick auf die Uhr verrät mir, ich habe 5 Minuten Verspätung. Nicht pünktlich, aber für einen Güterzug pünktlich genug. Die Fahrt verlief ohne nennenswerte Probleme und so habe ich diesen Auftrag abgeschlossen. Jetzt folgt das Manöver hier, das ist nicht immer gleich, so muss ich warten, bis ich weiss, wie es heute abläuft.

 

Rothenburg

Nun heisst es warten. Natürlich könnte ich jetzt die Lokomotive abhängen und den Zug sichern. Das machen wir oft genug. Nur, hier wäre das eventuell nicht richtig. Wird die Lokomotive abgehängt, würde ich Zeit gewinnen, aber wenn ich beim Manöver mithelfen muss, ist es sinnvoll, wenn der Zug an der Lokomotive bleibt, denn dann muss nicht wieder gekuppelt werden. Daher ist warten angesagt, was nicht heisst, dass man diese Zeit nicht sinnvoll nutzen kann.

Ich werde später mit der Lokomotive als Lokzug nach Däniken fahren. Dazu muss ich den Führerstand wechseln. Bis der Rangierarbeiter eintrifft, verräume ich daher meine Unterlagen. Die Mappe kann ich jetzt schon auf die andere Lokomotive stellen. Das ist sogar sinnvoll, denn wenn ich später die Fahrrichtung wechseln muss, stehe ich nicht gerade dort, wo ich die Mappe mitnehmen will. Ich habe dann genug Probleme nicht zu stürzen.

Ein Blick nach hinten zeigt klar auf, noch ist der Rangiertraktor nicht in der Nähe. Vermutlich sind die Arbeiter mit anderer Arbeit beschäftigt. Ein Ölzug, der weggestellt wird und schon ist das Personal langfristig damit beschäftigt. Auch der beste Rangierarbeiter kann nicht gleichzeitig an zwei Orten sein, auch wenn das die Direktion gerne so sehen würde. Ich bin nun der Zug, der warten muss, bis er an der Reihe ist.

Ich verlasse die Lokomotive und begebe mich zum Führerstand auf der anderen Seite. Dort öffne ich die Türe und stelle die Mappe in den Führerstand. Ich habe den ersten Teil erledigt und mich so eingerichtet, dass es später etwas schneller gehen wird, aber noch tickt die Uhr und die Tatsache, dass ich mit dem Lokzug schon bald fahren sollte, lässt erkennen, die Zeit reicht wieder einmal nicht und so sind die Züge verspätet. Je weniger Leute bei der Arbeit sind, desto schlimmer wirken sich Verzögerungen aus.

Beim Blick auf das Schild mit dem Namen des Bahnhofes fällt mir wieder der Abend in Luzern ein. Ich wollte gerade meinen Zug nach Erstfeld besteigen, als eine junge Frau verzweifelt mit dem Halbtaxabonnement und dem Fahrschein vor meinen Augen fuchtelte und fragte, wo denn der IC nach Rothenburg fahre. Etwas verwirrt war ich schon. Die Sache klärte sich, die Frau hatte zwar einen Fahrschein nach Rothenburg, wollte aber nach Rothenburg ob der Tauber reisen. Was nach meinen Kenntnissen der Geografie nicht am gleichen Ort ist.

Doch, wie war das nun mit dem Manöver. Bisher wurde bei mir die Lokomotive immer abgehängt, aber Kollegen berichteten mir, dass sie schon Schiebehilfe stellen mussten, weil der Rangiertraktor mit den Wagen überfordert war. Jeder Rangierarbeiter richtet sich anders ein und ich weiss ja nicht, welche Version heute angesagt ist. Aber das werde ich bald erfahren, denn der Rangiertraktor ist soeben an den Wagen angefahren.

Es kann nur noch wenige Minuten dauern, bis ich erfahre, wie das Manöver abläuft. Die Hauptleitung wird nun von zwei Seiten mit Druckluft versorgt. Das führt dazu, dass mein Bremsventil versucht den von mir vorgegebenen Druck zu halten.

Der Rangiertraktor versucht dasselbe. Die Folgen sind verblüffend, denn die Hauptleitung wird nun entleert, weil die Druckkombination nicht vorgesehen ist. Der Lärm ist dabei im Führerstand nicht zu überhören.

Plötzlich wird es ruhig. Aha, die Hauptleitung wurde getrennt. Nur, der Rangierarbeiter kann unmöglich schon bei meiner Lokomotive sein. Ich gehe zur Türe und blicke nach hinten. Dort erkenne ich, dass die Komposition getrennt wurde.

Scheinbar fährt er in zwei Schritten hoch und benötigt meine Schubhilfe nicht. Daher hätte ich die Lokomotive abhängen können. Nur, hellsehen kann ich noch nicht, auch wenn das öfters erwartet wird.

Es dauerte nicht lange, bis auch die letzten Wagen von meiner Lokomotive getrennt wurden. Der Rangierarbeiter begibt sich gerade auf den Weg zu mir. Er will die Frachtpapiere, die noch auf meiner Lokomotive sind. Diese liegen noch auf dem Führerpult, es macht sich besser, wenn ich diese in der Hand halte, wenn der Rangierarbeiter bei mir ist. Als er beim Führerstand ist, reiche ich ihm die Papiere und habe somit mit dem Zug abgeschlossen, nichts davon ist jetzt in meiner Verantwortung. 

Der Rangierarbeiter entschuldigt sich für die Verspätung, aber er habe schon früher begonnen und hätte noch einen Ölzug wegstellen müssen. Da reiche die Zeit einfach nicht. Zudem hätte mein Kollege mit dem Ölzug den Bahnhof nicht gut gekannt. Ich denke mir, dass das bei mir auch nicht besser ist, denn in diesem Anschlussgleis war ich noch nie. Auch ich würde es dann gemütlicher nehmen. Aber jetzt bin ich nur noch eine Lokomotive und habe wieder gute Bremsen.

Er erkundigt sich, was mit meiner Lokomotive geschieht. Die fährt als Lokzug nach Däniken. Soweit ist alles gut. Ich erfahre, dass ich mit meiner Lokomotive vorziehen und auswechseln könne, danach könne ich dann gleich mit dem Lokzug starten. Ich bedanke mich für die Information und verabschiede mich. Die Leute in den Bahnhöfen haben es auch nicht immer leicht, immer weniger Personal muss immer mehr Arbeit verrichten. Das kann nicht gut enden.

Ist doch einfach, die Leistung der Arbeiter reicht einfach nicht mehr aus. Produktiver werden geht irgendwann einfach nicht mehr, weil die Anlagen dies nicht mehr zulassen. Die Ware kommt zu spät zum Kunden, der Kunde ist verärgert, das Personal hat Stress und letztlich gibt es den lachenden Dritten. Diese Erfahrung mussten wir vor nicht allzu langer Zeit ganz in der Nähe machen. Nur, ob das für den Kunden besser ist? Gewinnen wird letztlich der LKW.

Auch jetzt wird meine Weiterfahrt verzögert. Ich muss mit meinen Lokomotiven über eine Weichenverbindung auf das Ausfahrgleis wechseln. Nur besteht der Bahnhof in diesem Bereich noch aus zwei Geleisen. Diese werden jedoch von den durchfahrenden Zügen benutzt, so dass eine rangierende Lokomotive kaum Platz findet. Die Anlagen passen längst nicht mehr zum Verkehr und so verzögert sich alles immer etwas. Das Personal ist genervt und die Kassen bleiben leer.

Endlich, das Zwergsignal vor mir geht auf Fahrt. Ich kann meine letzten Meter in diesem Führerstand fahren. Dann werde ich in einem Gefälle stehen, mich fast auf der Strecke befinden. Beim Aussteigen werde ich irgendwie abspringen müssen, denn dort ist die Anlage nicht für diese Arbeit ausgelegt. Aber solche Situationen, die gefährlich sein können, treffen wir immer an. Vorsicht ist dann angesagt. Schnell ist es aber nicht.

Ich kann wieder anhalten. Ein Blick in die Tiefe lässt mir erkennen, dass es sehr weit nach unten geht. Der letzte Tritt liegt knapp einen Meter über dem Boden. Diese Höhe muss ich irgendwie ohne Fussverletzung schaffen. Daher ist es sinnvoll, wenn man vorher schaut, wo man landen wird. Ragen dort Eisen aus dem Boden oder gibt es eine ebene Fläche? Hier finde ich eher den zweiten Teil meiner Überlegung vor. Die Sträucher wirken nicht besonders einladend.

Wenn ich durch die Lokomotive gehe, würde ich etwas bessere Höhenverhältnisse antreffen. Nur befinde ich mich dann im Gleis, wo die Züge durchfahren und dort reicht der Platz nicht aus. Wenn ich dann unter einem Zug liege, habe ich auch nichts gewonnen. Es bleibt nur der ungewisse Sprung in die Tiefe. Die Hoffnung auf eine glückliche Landung besteht immer. Sicher ist auch das nicht, aber es ist nicht so gefährlich, wie ein Wechsel in der Todeszone.

Der Sprung in die Tiefe endete gut. Nur, damit habe ich erst einen Teil hinter mir, denn ich muss wieder in die Lokomotive kommen. Dabei habe ich die gleichen Probleme. Nur, die Todeszone ist etwas besser, denn ich muss nicht lange der Lokomotive entlang gehen. Zudem kann ich den Verkehr vom Bahnhof beobachten und die Signale der Gegenrichtung sehe ich. Dann kann ich hier diese Lösung wählen. Alternativ wäre eine Kletterpartie ohne Seil oder Netz.

Bevor ich in den Führerstand steige, beobachte ich den Verkehr. Es kommt kein Zug vom Bahnhof her. In der Gegenrichtung ist das Zwergsignal geschlossen, also kommt hier sicher keiner schnell gefahren. Nur, sicher sein kann man nie, ich blicke deshalb zuerst um die Ecke. Verflucht kurze Sichtdistanz. Aber es kommt nichts und daher beeile ich mich in den Führerstand zu kommen. Der Lokführer ist wieder an seinem Arbeitsplatz, wo er sicher ist.

Mit der Mappe wäre diese Übung nicht so einfach und schnell möglich gewesen. Gerade in solchen Momenten, frage ich mich, ob sich die Erbauer der neuen Anlagen dieser Probleme bewusst sind? Klar, als man die Infrastruktur vereinfachte, war es nie vorgesehen, in diesem Bahnhof zu rangieren. Die Ölzüge werden mit der Streckenlok weggestellt. Nun gibt es aber zusätzliche Züge und die Problematik von kurzfristigen Aktionen kann in Frage gestellt werden.

Ich kann die Lokomotiven wieder einschalten. Danach ziehe ich vor und schliesslich starte ich als Lokzug. Ich müsste jetzt, um den Vorschriften gerecht zu werden, die Beleuchtung kontrollieren. Besonders hinten ist das Zugschlusssignal wichtig. Aber noch einmal durch die Todeszone will ich nicht und auch ein beherzter Sprung in die Tiefe sollte man nicht unnötig oft machen. Den Schalter habe ich richtig gestellt, dann wird das schon stimmen. Ich belasse es dabei, Sicherheit und Vorschriften lassen sich nicht immer vereinen.

 

Rothenburg - Däniken

Nachdem ich alle Prüfungen abgeschlossen habe und die Eingaben in ZUB 121 erledigt sind, kann ich losfahren. Diese Lokomotive hat kein ETCS und so muss ich diese Daten nicht eingeben. Eine Erleichterung, die aber längers je mehr verschwinden wird. Gerade auf dieser Strecke gab es vor Jahren schon einmal eine Führerstandssignalisation. Es war der Versuch von ETCS Level 2. Damals verloren wir aus Erstfeld die Streckenkenntnis auf diesem Abschnitt. Auch heute noch, fahren wir nicht nach ETCS Level 2.

Ich kann mit der Lokomotive losfahren. Die obligatorische Bremsprobe konnte ich wegen dem Gefälle nicht korrekt ausführen, aber bei Lokomotiven ist das mit der Bremse nicht so schlimm. Ich habe hier vier unabhängige Bremssysteme, mit denen ich im Notfall anhalten kann. Neben den zwei unabhängigen Druckluftbremsen, sind ja noch die Handbremse und die elektrische Bremse vorhanden. Eine dieser Bremsen wird funktionieren. Nur sicher bin ich nicht und daher werde ich schnell eine Bremsprobe auf Wirkung machen.

Noch rangiere ich, denn hier habe ich keine Hauptsignale. Sobald ich auf eines treffe, kann ich dann mit dem Lokzug starten. Der Wechsel erfolgt, sofern die Signale das zulassen, ohne halt. Je näher ich zum Hauptsignal komme desto wahrscheinlicher ist, dass ich diesmal anhalten muss, denn es ist rot. Ich betätige die automatische Bremse und die Lokomotive hält an. Die Bremse funktioniert korrekt, die Fahrt könnte weiter gehen.

Hier habe ich nun Platz und daher kann ich die Signalisation doch noch kontrollieren. Gerade als ich den Führerstand verlasse, wird das Signal orange. Diesen Fehler machte ich nur einmal, denn es dauert eine Ewigkeit, bis ich das nächste Signal erkennen kann. Zudem, ich muss die Beleuchtung kontrollieren. Daher mache ich das nun, auch wenn ich losfahren könnte. Vorschriften sind Vorschriften und hier geht es sogar noch sicher, denn ich habe einen Bahnsteig.

Alle Lampen leuchten so, wie sie sollten. Mittlerweile ist das Signal grün geworden. Jetzt kann ich losfahren und gleich auf die zugelassenen Geschwindigkeiten beschleunigen. Dabei muss ich aber bedenken, dass die Station nur mit 90 km/h verlassen werden darf, dann kommt eine Kurve 100 und erst dann kann ich auf die auf der Strecke zugelassenen 120 km/h beschleunigen. Starten werde ich wegen den Verzögerungen mit einer Verspätung von gut 20 Minuten. Könnte mit der Pause knapp werden.

Wieder in der Lokomotive fahre ich los. Die Lokomotiven beschleunigen schnell und so muss ich darauf achten, dass ich nicht zu schnell werde. Als ich das erste Mal hier durch fuhr, wunderte ich mich. Die Strecke mit 120 km/h war schneller, als ich es in Erinnerung hatte. Auch jetzt, werde ich Geschwindigkeiten fahren können, die für meine Lokomotive zu schnell sind. Doch noch fahre ich mit 120 km/h und nähere mich so schnell Sempach-Neuenkirch. Noch sind die Signale grün.

Jetzt wird die Kurve von Sempach-Neuenkirch zur Beschränkung, denn ich darf den Abschnitt nur mit 125 km/h befahren. Noch bin ich nicht an der Höchstgeschwindigkeit der Lokomotiven angelangt. Die Fahrt geht so aber schnell und ich bin sogar schneller, als das mit dem Flirt der Fall war, denn ich muss nicht abbremsen oder beschleunigen. So kommt man schnell vorwärts. Nach der Kurve beschleunige ich dann noch einmal, doch noch muss ich warten.

Da, die Kurve ist fertig, ich kann auf 140 km/h beschleunigen. Die Regel, dass man dazu auch Wagen mitführen muss, ist aufgehoben worden und so können wir mit den Lokomotiven auch 140 km/h fahren. Hier wären sogar 150 km/h zugelassen, aber meine Lokomotiven dürfen nicht so schnell fahren. Die von der Lokomotive kontrollierte Geschwindigkeit liegt bei 154 km/h, ich könnte also so schnell fahren, aber erlaubt ist es nicht.

Nachdem die beiden Haltestellen an meiner Lokomotive vorbei geflogen sind, beginne ich mit Hilfe der elektrischen Bremse die Geschwindigkeit zu reduzieren. Das muss ich, weil ich in Sursee nur mit 125 km/h einfahren darf. Schneller wäre nicht gut, denn diese Geschwindigkeit wird von ZUB 121 überwacht. Die Ausfahrt ist mit 115 km/h möglich und anschliessend folgt eine Kurve. Mehr Informationen suche ich in der LEA noch nicht, denn noch bin ich zu spät und sehr schnell unterwegs.

Auf dem Bahnhof stehen viele Leute, die muss ich im Auge behalten. Oft befindet sich einer im gefährlichen Bereich, dann muss der gewarnt werden. Heute sind aber alle Leute friedlich und stehen dort, wo sie sollten. Wobei ich denke, wenn so eine Lokomotive angedonnert kommt, steht man freiwillig einen Schritt zurück. Nur, es sind die gleichen Lokomotiven, die hier auch Reisezüge führen. Zumindest bei der ersten Lokomotive trifft das zu, die Re 620 am Schluss ist schon lange eine reine Güterlokomotive.

Danach geht es mit 125 km/h weiter. Das bedeutet, dass ich mich auch wieder etwas genauer dem Fahrplan zuwenden kann. Die nächste Beschränkung der Geschwindigkeit ist die Kurve vor Nebikon. Das dauert noch einen Moment, dann gelten 125 km/h bis nach dem Bahnhof von Dagmersellen. Wie steht es um die Zeit? Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich ein paar Minuten eingeholt habe, ich habe noch einen Rückstand von etwas mehr als 15 Minuten.

Die Geschwindigkeiten kann ich mit der elektrischen Bremse verringern und so muss ich nicht mit der Luftbremse arbeiten. Die Fahrt verläuft dank grünen Signalen ohne Behinderung. So ist es schön eine Strecke zu befahren. Man kann sich auf die Geschwindigkeitsschwellen und die Neigungen konzentrieren. Entspannt fahren, wie das am Gotthard der Fall ist, kann ich aber noch nicht, ich kenne die Strecke nicht so gut und muss noch nachsehen, wo welche Geschwindigkeit gilt.

Dagmersellen ist erreicht. Stimmt, hier gibt es ja noch ein Glaswerk und die berühmte Ae 6/6 Luzern, die hier in rot steht. Die richtige Kantonslok Luzern ist grün und verkehrt immer noch mit Güterzügen.

Es ist die älteste planmässig eingesetzte Streckenlokomotive der SBB. Nur, die Ae 6/6 werden in wenigen Jahren endgültig verschwunden sein. Eine gute Lokomotive verschwindet und ich fuhr immer gern damit, auch wenn ich mit der Ae 6/6 hier nicht auf 140 km/h beschleunigen konnte.

Diese Geschwindigkeit halte ich nun bis zum Bahnhof Brittnau-Wikon. Die Haltestelle Reiden interessiert mich nicht. Ab dem nächsten Bahnhof sind 130 km/h zugelassen.

Die Geschwindigkeit sinkt in Zofingen noch etwas und dann kommt ja schon Aarburg-Oftringen. Nur, bis ich dort bin, muss ich langsamer werden. Ich lasse die Lokomotiven daher rollen und sehe einmal, was mit der Geschwindigkeit passiert. Pünktlich bin ich zwar noch nicht, aber entscheidend ist so oder so die Durchfahrt in Olten.

Es passte recht gut und nur in Zofingen musste ich mit der elektrischen Bremse etwas nachhelfen, denn ich darf den Bahnhof nur mit 95 km/h verlassen. Danach darf ich wieder auf 125 km/h beschleunigen um dann ab dem Bahnhof Aarburg-Oftringen noch mit 80 km/h zu fahren. Die abgestufte Geschwindigkeit von der Gegenrichtung habe ich jetzt nicht mehr. Man muss die Geschwindigkeit wegen der Kurve nach Rothrist nicht tief halten, ich komme nicht in Richtung dieser Kurve.

Eine spezielle Situation, die aber deutlich zeigt, wofür man solche Lösungen auch verwenden kann. In Altdorf haben das die Leute nicht kapiert und daher eine unglückliche Lösung gewählt. Erneut fahre ich durch den Tunnel um die Kurve und dann nähere ich mich dem Bahnhof Olten. Die Einfahrt in Olten ist jedoch noch nicht zugelassen, denn das das Vorsignal zur Einfahrt zeigt Warnung, ich muss noch mehr abbremsen, aber das kann ich mit der elektrischen Bremse einfach machen.

Auf dem Gegengleis nähert sich mir eine Re 485 der BLS. Sie ist mit einem der rollenden Landstrasse und den hohen Lastwagen unterwegs nach Italien. Dabei wird sie die Alpen durch den Basistunnel am Lötschberg durchqueren. Spannender als die Lokomotive, die unseren Re 482 entspricht, ist der Wagen hinter der Lokomotive. Dem Zug ist ein neuer Begleitwagen eingereiht worden. Auch die Fernfahrer haben nun den Komfort von Klimaanlagen. Wenn ich an die Anweisung der Werkstatt auf meiner Lok denke, beneide ich sie schon fast.

In Olten habe ich noch eine Durchfahrt mit unterschiedlicher Minutenzahl. Danach beschränkt sich meine Verspätung auf fünf Minuten. Zumindest dann, wenn ich vor Olten nicht zu lange warten muss. Ich muss mich dem Einfahrsignal langsam nähern, es ist wegen der erhöhten Strasse etwas verdeckt und kann daher nur sehr spät erkannt werden. Das heisst automatisch, dass es langsam wird. Es lohnte sich, denn noch ist das Signal rot und ich ersetze die elektrische Bremse durch die Rangierbremse. Ich komme zum Stillstand.

Lange stehen muss ich nicht, denn das Signal änderte mit meinem Halt seine Meinung und wird grün. Die Ausfahrt ist auch gleich auf fahrt gegangen. Scheinbar gab es für mich kein freies Gleis. Ich kann nun wieder zufahren, einen ausserordentlichen Halt an einem der Bahnsteige muss ich nicht erwarten. So elegant durch den Bahnhof Olten zu fahren ist eine Seltenheit, aber nicht unmöglich.

Ich kann wieder beschleunigen und da mehrere Signale Fahrt zeigen, auch etwas schneller fahren. Ich komme so schneller durch Olten, als ich dachte. Ein Blick in die LEA verrät mir, dass ich nun mit 5 Minuten Verspätung verkehre. Wenn es läuft, holt man im Güterverkehr schnell viel Zeit auf. Man kann aber auch viel Zeit verlieren, wenn die Signale nicht mitspielen. Das ist das Leben als Lokführer beim Güterverkehr.

Nachdem ich die engeren Weichen passiert habe, kann ich auf die signalisierte Geschwindigkeit von 90 km/h beschleunigen. Lange wird die Fahrt nicht mehr dauern, denn der nächste Bahnhof ist mein Zielbahnhof. Der Fahrweg ist so eingestellt, dass ich auf den letzten Kilometern das rechte Gleis benütze. Wie am Morgen in Aarau, komme ich nur so zu meinem Ziel in Däniken. Auf die hohen Geschwindigkeiten verzichte ich nun, denn die Signale öffneten sich nur zögerlich, aber noch gingen sie rechtzeitig auf Fahrt.

In Dulliken war der Spurwechsel nicht so gnädig, denn hier hatte ich noch eine Warnung eingefangen. Ich musste die Vorbeifahrt eines Gegenzuges abwarten, erst dann gab es für mich Platz. Das nachgeschaltete Signal reduziert jedoch meine Geschwindigkeit auf 40 km/h. Die Vorschriften verlangen das unabhängig vom verwendeten Signalsystem und ich finde das gut. Wollen die Fahrdienstleiter, dass wir schnell fahren, dann sollen sie die Signale rechtzeitig auf grün stellen. Noch ändert sich an meiner Fahrweise daher nichts.

Die Einfahrt in Däniken RB ist mit 40 km/h zugelassen. Ich kann einfahren und dann meinen Parkplatz suchen, der ist normalerweise in meiner Fahrrichtung. Ein letzter Blick auf die Uhr verrät, ich habe das Ziel mit gut 5 Minuten Verspätung erreicht, meiner Pause steht nichts mehr im Weg, doch noch ist es nicht soweit, ich habe erst den Endbahnhof meiner Fahrt erreicht. Zugleich ist es der letzte Halt für den heutigen Tag, denn die Rückfahrt erfolgt als Dienstfahrt.

 

Däniken und der Parkplatz

Nachdem ich angehalten habe, kann ich nun den Zwergsignalen folgen und die Lokomotive auf den vorgesehenen Parkplatz stellen. Wo der ist, weiss ich nicht genau, jedoch gehe ich davon aus, dass er immer an der gleichen Stelle sein wird. Änderungen hätte ich vermutlich am Funk bereits erfahren. Nur, sicher sein, kann man nie so genau. War es bis jetzt immer eine Ausnahme oder ist der Parkplatz normal?

Weit wird im letzten Fall die Fahrt nicht sein und es gibt auch keinen Wechsel der Fahrrichtung mehr, denn ich stelle meine Lokomotive in einem ehemaligen Ausziehgleis ab. Seit ich hier mit Lokomotiven ankomme, stehen welche dort, so dass es wohl auch für diesen Zweck vorgesehen war. Nur, ist es heute so? Zuerst kann ich losfahren, das ist schon mal ein gutes Zeichen, denn müssten die Lokomotiven auf die andere Seite des Bahnhofes, wäre das Zwergsignal kaum auf Fahrt.

Schliesslich ist das Gleis ja nur von meinen Lokomotiven belegt und so könnte ich direkt auf der anderen Seite aus diesem fahren. Je weiter ich fahre, desto sicherer bin ich mir, dass es das Gleis sein wird, das ich vermutet habe. Es ist so, der Fahrweg führt in das entsprechende Gleis und es ist bis zum Prellbock frei. Kurz vor dem Prellbock halte ich an. Damit werden zwar ein oder zwei Meter Geleise nicht benutzt, aber an den Prellböcken darf man ja nicht anfahren.

Früher war das Gleis etwas länger, aber es wurde gekürzt. Warum es gekürzt wurde, weiss ich nicht. Zwar ist alles noch vorhanden und es wurde nur ein neuer Prellbock, der einige Meter früher steht, montiert.

Einen Zweck wird diese Massnahme haben. Ich vermute, dass es wegen dem Dach des Bahnsteigs ist, aber sicher bin ich nicht. Es ist auch nicht an der Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, denn weiter als bis zum Prellbock geht der Weg nun mal nicht.

Bevor ich die Lokomotive abrüste, blicke ich nach hinten. Dort kann ich das Zwergsignal sehen, das die Weiche nach diesem Gleis schützt. Es ist geschlossen.

Daher werden die Lokomotiven hier abgestellt. Wenn nicht, hätte sich der Fahrdienstleiter bemerkbar machen können. Dazu wurde ja auf der Lokomotive der Funk eingebaut. So kann ich direkt informiert werden, wenn etwas nicht so abläuft, wie es geplant ist.

Die Lokomotiven stehen hier gut und das werden sie auch in ein paar Stunden noch machen. Dann kommt ein Kollege, steigt auf und fährt dann seine Leistung damit.

Welche Züge er macht, das weiss ich nicht. Ich habe damit meine Arbeit erfolgreich beenden können. Jetzt ergänze ich noch den Luftvorrat der Lokomotiven. Einen Moment muss ich noch warten, denn die die beiden Kompressoren haben auch ein grosses Volumen zu füllen und das dauert einen Moment.

Nachdem der Luftdruck ergänzt wurde, kann ich die Beleuchtung löschen und die Lokomotiven ausschalten. Das war es, denn einschalten werde ich sie nicht mehr. Ich verriegle nun die Steuerschalter mit dem Schlüssel und habe so die Kontrolle, ob alle Schalter in der Grundstellung sind. Elektrisch sind die Lokomotiven nun abgestellt und es fehlen noch wenige Handgriffe, bis sie auch remisiert sind. Nicht alle Funktionen befinden sich im Führerstand.

Jetzt sind noch die Kontrollen und Notizen fällig. Dazu gehören die erfolgreich verlaufenen Prüfungen der Zugsicherung und der Sicherheitssteuerung. Alle ausstehenden Prüfungen konnte ich auf der Fahrt hier her prüfen. Sie haben richtig funktioniert, aber eintragen kann ich das erst jetzt, denn wir dürfen während der Fahrt keine Notizen machen. Auch Befehle werden nur im Stillstand übermittelt, zu gross ist die Gefahr der Ablenkung.

Die Handbremse in diesem Führerstand ziehe ich an und kennzeichne sie mit einem Lappen. Danach kontrolliere ich die Schränke in den beiden Führerräumen und die Apparate im Maschinenraum. Kein Relais, das angesprochen hat und kein unnötiger Luftverlust ist zu hören. Auch die Wärme beim Transformator ist im Rahmen des üblichen und daher nicht besonders hoch. Diese Lokomotive ist technisch so weit in Ordnung und ich kann sie nun endgültig remisieren.

Ich schliesse in beiden Führerständen die Fenster bis auf einen schmalen Spalt und ziehe die Storen herunter. Der Tag könnte warm werden und die Sonne heizt dann das Metall auf. Der Kollege wird sicher nicht erfreut sein, wenn er in einen Hochofen kommt. Die Klimaanlage kühlt nur die Luft, nicht jedoch die Bauteile, die dann trotz der Kühlung eine grosse Wärme abstrahlen. Das kann ich verhindern, indem ich die Sonnenstrahlen von den Bauteilen fern halte. Trotzdem wird es heiss werden, denn die Klimaanlage streikt wieder einmal.

Danach kann ich die Lokomotive verlassen. Noch bleibt meine Mappe im Führerstand, denn die nehme ich für die weiteren Kontrollen nicht mit. Eine optische Kontrolle auf beiden Seiten der Lokomotiven muss nun durchgeführt werden. Sind Teile lose, Federn gebrochen oder stimmt sonst irgendwas mit dem Laufwerk nicht? Auch hier stelle ich keine Schäden fest und die Verschmutzung stört zwar, ist aber technisch nicht gefährlich.

Schliesslich erfolgt noch die Kontrolle auf der Re 620. Auch hier kontrolliere ich die Relais, blicke zur Sicherheit noch ins Buch mit den Kontrollen. Sind wirklich alle korrekt ausgeführt worden und stimmen die Unterschriften? Alles gut. Die weitere Kontrolle auf der Lokomotive birgt keine Störungen, ich kann auch diese Lokomotive remisieren und im Endführerstand noch die Handbremse festziehen. Auch hier kommt der Lampen auf die Kurbel.

Ich bin fertig, kann meine Mappe holen und… Stopp!! Die Türen müssen ja noch abgeschlossen werden. Also gehe ich noch einmal den Lokomotiven entlang und verschliesse die Türen mit dem eingebauten Schloss und meinem Schlüssel. Jetzt kann niemand mehr in die Lokomotive. Zumindest so lange nicht, bis jemand kommt, der den passenden Schlüssel hat. Von denen dürfen aber nicht alle in die Lokomotive. Etwas hilflos wirkt diese Massnahme unter diesem Gesichtspunkt, aber wir müssen die Weisung befolgen.

Nun habe ich auch das erledigt und kann endlich von der Lokomotive weg gehen. Die Wegzeit, die ich eingeteilt habe, endet auch fast. Ein Teil davon ging mit der Verspätung verloren und ein weiterer Teil durch meinen Fehler mit den Türen. Eigentlich sollte ich nun im Personenbahnhof ankommen. Das trifft sich gut, denn dort bin ich schon und kann nun mit der Pause beginnen. Nur, wo mache ich hier am Morgen um 7 Uhr Pause?

 

Pause zum Ausruhen

In der Nähe gibt es ein Restaurant. Hat dieses geöffnet oder nicht? Eigentlich habe ich keinen Hunger, aber etwas Durst. Dazu muss ich nicht in ein Wirtshaus gehen, denn etwas zu trinken habe ich immer in meiner Mappe. Nun, ich könnte jetzt schauen, ob eher ein Zug nach Olten fährt. Einteilen darf man das nicht, weil sonst die Zeit zu lange würde, aber ich könnte so in einem Personalrestaurant frühstücken.

Als ich die Abfahrtstabelle gefunden habe, stelle ich resigniert fest, es gibt keinen früheren Zug. Der frühere Zug, den ich mir gewünscht hatte, hat den Bahnhof vor 4 Minuten verlassen. So muss ich warten, bis meine planmässige Dienstfahrt kommt. Da es ein angenehmer und schöner Morgen ist, setze ich mich auf eine Bank, lese eine mitgenommene Zeitschrift und trinke meine Flasche leer. So vergeht die Zeit auch.

In Blickrichtung vor mir befindet sich der Kühlturm, der nun deutlicher zu erkennen ist, als das bei meiner Fahrt heute Morgen, der Fall war. Die Dampfwolke aus dem Kühlturm bildet immer wieder andere Figuren und Bilder. Den Rest des Atomkraftwerks kann ich nur sehr knapp erkennen. Auch wenn man in den Zeitungen von den Katastrophen in Tschernobyl oder Fukushima gelesen hat, das AKW steht hier. Ändern könnte ich das innert kurzer Zeit auch nicht mehr.

Im Grunde sind sich ein Atomkraftwerk und eine Dampflokomotive, wie die, die in meiner Zeitschrift beschrieben wurde, ziemlich ähnlich. In beiden Fällen wird mit dem Feuer gespielt. Bei der Dampflokomotive benutzt man Kohle, im AKW spaltet man kontrolliert Atome. In beiden Fällen muss man darauf bedacht sein, dass die Kühlung ausreichend ist und hoffen, dass die Leute, die zur Bedienung eingeteilt sind, ihr Handwerk verstehen.

Dazu nimmt man sogar das gleiche Kühlmittel. Wasser ist ausreichend vorhanden und es kühlt gut. Man nutzt in beiden Fällen das erhitzte Wasser sogar für den gleichen Zweck. Man erzeugt Energie in der Form von Wasserdampf. Die Dampflokomotive erzeugt damit Zugkraft, das AKW elektrischen Strom. In beiden Fällen wird anschliessend der Dampf in die Umwelt abgegeben. Das ist letztlich das, was ich vor meinen Augen sehe, der Abdampf des Atomkraftwerkes.

Nur, fällt bei beiden diese Kühlung und die Nutzung der Energie aus, wird es gefährlich. Dampflokomotiven, wie Atomkraftwerke explodieren. Wobei die Auswirkungen letztlich unterschiedlich sind. Wenn ich das so bedenke, wäre vermutlich der Knall das letzte was ich noch sehen würde, die Strahlung wäre hier so schnell so hoch, dass ich mich unmöglich schützen könnte. Grundsätzlich ist das gefährlich und ich denke, dass Atomkraftwerke ebenso abgelöst werden, wie seinerzeit die Dampflokomotiven.

Die halbe Stunde, die ich hier als Pause eingeteilt habe, verging so schnell. Der Artikel über die Dampflokomotive war spannend. Auch wenn man gelesen hat, dass drei Maschinen dieses Typs explodiert sind, weil der Heizer versagt hatte. Die letzten verblieben Maschinen sind heute historisch wertvolle Lokomotiven, was man von den Re 460, die immer wieder hier durchfahren nicht behaupten kann. Aber von denen stand kein Wort in meiner Zeitschrift.

In wenigen Minuten kommt die S-Bahn angerauscht und ich kann einsteigen. Mehr von der Pause bleibt mir nicht mehr. Die Zeitschrift ist bald gelesen und die Flasche leer. Die Zeitschrift verstaue ich in meiner Mappe und die leere Flasche schmeisse ich in den vorhandenen Abfalleimer. Nicht alle Leute machen das so, wie ich an der Flasche im Schotterbett erkennen kann. Der Werfer, stand wohl neben dem Abfalleimer.

 

Dienstfahrt nach Hause

Die S-Bahn nähert sich und ich kann einsteigen. Meine Zeit in Däniken ist beendet. Der Zug ist nicht sonderlich stark besetzt. Das überrascht nicht, denn die morgendlichen Spitzen sind vorbei. Jetzt um acht Uhr sitzen alle an ihrem Arbeitsplatz. Die Verstärkungen des Morgens stehen in den Unterhaltsanlagen und die einfachen Kompositionen reichen für die Fahrgäste aus. Im Abteil der ersten Klasse sitzen nicht viele Leute.

Lange wird die Fahrt mit der S-Bahn nicht dauern, denn es folgt die Haltestelle Dulliken und dann kommt bereits Olten. Dort muss ich dann den Zug wechseln. Der fährt weiter nach Langenthal und dort will ich eigentlich nicht hinreisen. Mein Ziel liegt in den Bergen und für die Leute hier weit entfernt. Aber das Land hat so unterschiedliche Regionen und das macht es schön und spannend. Hier haben die Leute den Jura, der auch ein wenig an das Gebirge der Alpen erinnert.

Es ist ruhig im Zug, die Leute sind mit sich beschäftigt und reden daher kaum. Jetzt unter der Woche sind nicht mehrere Gruppen im Zug. Die Zeit für Schulklassen ist auch nicht gegeben. Daher verkehrt der Zug auch auf die Sekunde genau und erreicht Olten genau um 8 Uhr 15. Ich habe jetzt 15 Minuten Zeit um zum nächsten Zug zu kommen. Den Bahnhof Olten kenne ich nicht so gut, ich weiss aber, auf welchem Gleis die Züge in Richtung Gotthard fahren.

Dazu benutze ich die Unterführung. Dazu wurde sie gebaut und viel Zeit verliere ich nicht. Zudem ich habe ja genug Zeit um umzusteigen. Ich frage mich deshalb, warum der junge Herr vorhin den Weg über die Geleise wählte. Dummerweise lief er auf der anderen Seite gerade in die Hände der Bahnpolizei. Mit den Diskussionen und dem ausstellen der Busse, wäre er durch die Unterführung auf seinen Zug gekommen.

Ich kann es nicht verkneifen, aber etwas Freude kommt dabei in mir hoch. Ich mag es dem jungen Herrn gönnen, dass er nun Red und Antwort stehen muss. Die Schilder sind klar angeschrieben und das in vier Sprachen. Natürlich setzt das voraus, dass man lesen kann und da habe ich in der Schweiz längers je mehr meine Zweifel. Wäre schön, wenn auch hier die Schule obligatorisch wäre, wie in einem zivilisierten Land.

Auf dem Bahnsteig mit dem Gleis, wo der Zug in Richtung Gotthard fahren wird, warte ich auf die Ankunft des Zuges. Es scheint hier üblich zu sein, denn die Bahnpolizei hat eine junge Frau angehalten. Sie ahnen es schon, die Unterführung ist so weit weg. Auch der Zug, der durch die Bahnhofshalle fuhr und die ganze Zeit die Lokpfeife betätigte, machte das nicht zur Freude. Warum nur, riskieren die Leute so leichtsinnig ihr Leben.

Es dauert nicht mehr lange, bis der Zug nach Luzern – Arth-Goldau – Schwyz – Göschenen – Locarno einfährt. Das ist mein Zug, die halben Stationen sind nicht erwähnt worden, aber ich weiss auch so, es ist ein Zug, der in Erstfeld hält, denn wichtige Punkte sind erwähnt worden, der Zug Hält in Schwyz und in Göschenen. Der nächste Halt ist Luzern. Damit sind wichtige Knoten im Fahrplan erwähnt worden. Schwyz dient nur der Identifikation.

Er fährt ein und ich habe mich richtig hingestellt und kann direkt in den Wagen mit der ersten Wagenklasse einsteigen. Im Wagen suche ich mir ein freies Abteil. Nun, es gilt, wer die Wahl hat, hat die Qual. Ich wähle ein Abteil in der Mitte des Wagens. Das passt vermutlich dem älteren Paar auf der anderen Seite nicht besonders, denn sie mustern mich, als sei ich ein Schwerverbrecher. Ich weiss, dass es eine Zumutung ist, wenn man den Wagen mit anderen Leuten teilen muss.

Die Mappe findet auf der Gepäckablage ihren Platz. Doch bevor ich das mache, entnehme ich ihr die Zeitschrift. Ich kann sie nun in aller Ruhe noch zu Ende lesen. Die Landschaft entlang der Strecke muss ich ja nicht bewundern, denn ich fuhr ja vor wenigen Stunden selber hier durch. Viel langsamer, als der Interregio war ich mit dem Lokzug nicht, denn auch vor den Interregio wurde eine Re 4/4 II gespannt. Er fährt gleich schnell, wie ich.

Der Zug fährt los und verlässt Olten. Ich richte mich gemütlich ein und beginne in der Zeitschrift zu lesen. Nebenan scheint man sich mit dem neuen Nachbarn arrangiert zu haben, denn man spricht wieder über jene und andere Dinge, die mich nicht interessieren. Mein Interesse dient dem Schluss des Artikels über die Dampflokomotive. Der Zugführer kommt in den Wagen und verlangt nach den Fahrscheinen.

Gut, viel lesen konnte ich nicht, aber ich habe ja Zeit und so lege ich die Zeitschrift ab. In der Weste greife ich nach meiner Agenda und dann klappe ich sie so auf, dass mein GA zu erkennen ist. Damit hat sich meine Arbeit getan und ich kann auf den Zugführer warten. Der nähert sich, schaut mich an, grüsst mich und wünscht mir eine gute Fahrt. Das GA schaute er dabei nicht an, sondern er wendet sich dem älteren Paar zu. Genau kontrolliert er den Fahrschein und macht dann ein Loch, es ist alles gut.

Die weitere Reise ist schnell erklärt, die Nachbarn wechselten in den Bahnhöfen immer wieder und nach Luzern kam ein anderer Zugführer, der mich kannte und mit mir ein paar Worte wechselte. In meiner Zeitschrift habe ich den Artikel über die Dampflokomotiven gelesen und auch die anderen Artikel sind jetzt gelesen. Es wird Zeit, wenn ich mal nachsehe, wo der Zug denn zurzeit unterwegs ist. Ich blicke schnell auf und schaue aus dem Fenster.

Es ist Schwyz, das angefahren wird, denn ich erkenne den Lauerzersee. Die Dienstfahrt wird in wenigen Minuten enden. Ich kann die Mappe ab der Ablage nehmen und die Zeitschrift wieder darin verstauen. Nun warte ich, bis der Bahnhof Erstfeld kommt. Dann verlasse ich den Zug und habe Feierabend. Mein Arbeitstag endet. Die Uhr zeigt dabei 10:27 an. Eine Zeit, in der die meisten Leute am Arbeiten sind und sich wohl langsam auf den Mittag freuen. Ich habe Feierabend und nun auch ein bisschen Hunger.

Jetzt geht es nach Hause, dann wird die Zeitung gelesen und das Mittagessen zubereitet. Ein paar Arbeiten für den Verein stehen noch an und dann wird die Müdigkeit gewinnen. Die Nachtruhe findet heute etwas früher statt, so dass ich am späteren Nachmittag zu Bett sollte. Schlafen, wenn es draussen 26°C hat und die Sonne scheint. Ein ganz normaler Tag in einer Woche Frühdienst im Sommer.

 

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