Ein Vorteil, wenn man auf einer Spätgruppe
eingeteilt ist, stellt die Tatsache dar, dass man selten einen Wecker
benötigt. In dieser Woche ist das auch kein Problem, da ich im
Nachtdienst
eingeplant bin. Mit dieser
Tour
wird die Arbeitswoche zu Ende gehen und ein freies Wochenende steht an.
Dieses ist jedoch auch schon wieder mit privaten Terminen vollgestopft. Da
freut man sich, wenn man zumindest ein paar schöne Tage, erleben darf.
Es ist schön, wenn es nicht täglich durch
die nationale
U-Bahn,
beziehungsweise durch den
Basistunnel
am Gotthard, geht. Zudem endet die
Tour
fast dann, wenn die Sonne im Frühling aufgeht. Da man es kaum je pünktlich
nach Hause schafft, ist es noch mühsamer. Solche Touren hängen die restliche Woche an einem. Der Schlaf ist am Tag nicht so erholsam, wie in der Nacht. Zwei solche «kurzen Nächte» zehren an den Kräften. Eine Erholung innerhalb der Woche ist nicht möglich. Es gab nach solchen Wochen schon
Wochenende, bei denen nahezu durchgehend geschlafen wurde. Eigent-lich
hatte ich mir das mit dem Job schon etwas and-ers vorgestellt. Es ist nun
aber so, denn jene, die das beschliessen, arbeiten bekanntlich solche
Programme nie. Der Morgen ist durch, als ich aus den
Träumen erwache. Damit etwas Licht in den Raum kommt und damit der mief
der Nacht aus dem Zimmer ent-weichen kann, öffne ich das Fenster und hebe
die Rollladen. Die hell am Himmel stehende Sonne blendet mich. Es scheint
ein schöner Tag zu sein. Die ersten warmen Tage in diesem Jahr brachten
schon viele Pflanzen dazu, ihre ersten Vorbereitungen abzuschliessen. Die
ersten frühen Pflanzen blühen bereits. Den Nachmittag nutzte ich mit meinem Hobby.
Nun habe ich etwas Platz für meine kleine Eisenbahn gefunden. Nicht viel,
aber eine kleine hübsche Anlage könnte gebaut werden. Die Planung läuft
aktuell recht gut und so ergänzte ich den halben Nachmittag den
Gleisplan
mit Bäumen, Häusern und Autos. Namen für die Firmen, die natürlich nicht
ernst genommen werden dürfen, habe ich mir schon auf einem Blatt notiert. Im Dorf wird es «Flora’s Bluemeeggä» für
die Anhänger grüner Pflanzen geben. Das «Granitwerk Steiner» verkauft die
Blöcke
aus dem harten Gestein in die ganze Welt. Bleibt noch die Firma «Schweri»
die sich auf Schwertransporte spezialisiert hat und die eine neue
Lokomotive
anliefern wird. Die Liste könnte ich mit Ideen verlängern, aber die
gehören auf meine Anlage, denn diese sollte nachdenklich stimmen und
gleichzeitig humorvoll sein. Wie war das bei der
Lukmanierbahn
schon wieder? Genau, die notwendigen Gelder suchen und eine
Konzession
beantragen. Das wird kein grosses Problem sein, denn schliesslich stelle
ich den Finanzier und auch als Behörde für die Konzession amtiere ich.
Wobei so stark sind die finanziellen Mittel auch wieder nicht, aber jeder
fängt klein an. Eine Spielerei, die nicht sein müsste, aber die auch etwas
Humor in den Alltag bringt.
Ich bereite mich auf meine Arbeit vor und
während dem Essen mache ich mir ein paar Gedanken zur anstehenden
Tour.
Langsam beginne ich die neuen Strecken wirklich zu kennen und so wird es
immer einfacher die Züge zu führen, aber es gibt noch Lücken. So viele neue Strecken bietet die heutige Tour eigentlich nicht, aber sie ist auf ihre Art besonders. Es sind Orte dabei, die für mich persönlich besonders sind, es ist eine Reise durch zwei Kantone und so lange Strecken, wie in Erstfeld, werden auch nicht befahren. Im Gegensatz zu den bisherigen
Touren
der
Depots
Erstfeld und Goldau, stellt sie eine wunderbare Alternative dar. Viele
angebliche nutzlose Zeit scheint eingeteilt zu sein. Zeit, in der jedoch
anderweitig gearbeitet wird. Bei mir soll diese
Tour
mit der Nummer 2 versehen werden. Diese fortlaufenden Nummern vergebe ich
und diese entsprechen nicht den üblichen Bezeichnungen. Damit kann ich
leicht nachvollziehen, welche Tour nun wann auf der Seite zu sehen sein
wird. Für sie als Leser gibt es keine Unterschiede zu den Touren der
anderen aufgeführten
Depots
Erstfeld und Arth-Goldau. Nur eben, jetzt heisst das Depot RBL. Die Kollegen vom Depot, können sich nun den Kopf zerbrechen, welche Tour es genau ist. Ich denke jedoch, es wird für die Profis nicht schwer werden. So viele identische Touren hat der RBL gar nicht. Ein Sport, den sich die Kollegen der anderen Orte auch schon gemacht haben. Dabei ging es oft um die effektive Tour und immer öfters um das Datum. Beide Punkte wurden von mir zusammengestellt und so gibt es keinen Zusammenhang. |
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Der Weg zur Arbeit |
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Kurz nach 17.00 Uhr verlasse ich mit meinem
Auto die Tiefgarage. Ich kenne den Weg mittlerweile sehr gut, denn ich
muss ihn ja fast täglich absolvieren. Den ÖV nutzen, wie das mit meinem
versteuerten Ausweis vorgesehen ist, kann ich schlicht vergessen. Der
Arbeitsweg würde total über zwei Stunden dauern. Mit dem Auto schaffe ich
die gleiche Zeit in gut 50 Minuten. Das sind nach meiner Rechnung 70
Minuten weniger. Zudem habe ich heute
Feierabend,
wenn der
Personenverkehr
nur noch mit Zuschlag fährt. Kosten die ich auch selber berappen müsste
und eine Möglichkeit, die nur besteht, weil es heute Freitag ist. Jetzt
ist die Jugend im Ausgang und kommt mit den Zügen der Nacht nach Hause.
Bezeichnungen wie «Tussiexpress» bezeugen vermutlich, welche Klientel sich
in diesen Zügen befinden. Aufgetakelt und kräftig abgefüllt, das kenne ich
aus den Tagen in Erstfeld. Diesmal bewege ich mich jedoch in Richtung
Zürich, als die meisten diese Stadt in einer Art Massenflucht verlassen.
Durch die ländliche Gemeinde ist der Verkehr nicht so stark und lediglich
eine Baustelle im Dorf behindert den Verkehrsfluss etwas. Wobei auch hier
gibt es, wie ich, viele die zur Arbeit pendeln. Nur machen sie es eben zu
den bekannten
Bürozeiten.
Diese Leute kommen mir nun entgegen und sie haben es eilig, denn zu Hause
wartet die Familie. Nur kurz ist der Weg auf die Autobahn und
dann geht es mehr oder weniger nur noch geradeaus. Auch wenn man über die
Autobahn schnell vorankommt, an die Zeiten, die ein fahrender Zug hat,
kommt man eigentlich nicht. Bei meinem Arbeitsweg machen die langen
Umsteigezeiten und der Benützung der
S-Bahn
den Weg länger, als er sein müsste. Wobei längere Zeiten kann es auch auf
der Strasse geben, denn bei viel Verkehr wird es eng.
Viele enge Kurven um Mauern behindern die Sicht, Touristen bremsen plötzlich ab, weil sie so einen schönen Felsen gesehen haben. Dann kommen noch jene, die testen, was es
in den
Kurven
verträgt. Ich muss das nicht haben. Ein Grund mehr, warum ich gewechselt
habe. Nach all den Jahren im Kanton Uri, musste ich mich zuerst daran gewöhnen, dass es etwas enger werden kann. Die vorgegebenen Abstände werden kaum eingehalten und wenn man sich bemüht, stellt einer der Blinker. Da geht es schlicht nicht immer gut. Auf
der Gegenspur scheint genau das passiert zu sein. Auf der Überholspur
stehen zwei Autos. Die Fahrer daneben und man sieht sich die Schäden an.
Ein spontanes Treffen mitten auf der Autobahn im Feier-abendverkehr. Schnell bildet sich ein immer länger
werdender Stau. Ich bewege mich etwa gleich schnell, wie das Ende des
Staus. Wobei so ein Unfall schnell dafür sorgt, dass nichts mehr geht. Der
Unfall passierte natürlich genau dort, wo die A3 von der A1 abzweigt und
so die Strasse auf zwei Spuren reduziert wird. Wer Richtung Westen will,
kommt nicht durch und jene in Richtung Basel kommen nicht voran, weil sie
im Rückstau stehen. Eigentlich sollte ich mich nicht mit dem
Unfall beschäftigen, auch in meiner Richtung ist der Verkehr stark. Die
Konzentration ist daher gross. Im Radio, der im Auto vor sich hin dudelt,
kommt die Verkehrsmeldung. Stau von Spreitenbach bis ins Birrfeld wegen
Unfall. Stau auch von Mägenwil bis ins Birrfeld. Dieser entstand wegen den
Experten, die der Moderator politisch äusserst korrekt als «Gaffer»
bezeichnet. Recht hat er und er ist kein Politiker. Zum Schluss kommt noch die übliche Meldung.
Stau auch in meiner Fahrrichtung zwischen dem Limmattalerkreuz und
Affoltern. Hier wegen Verkehrsüberlastung. Der interessiert mich wenig,
denn vor dessen Ende, verlasse ich die Autobahn und kämpfe mich noch durch
den Feierabendverkehr auf den Landstrassen. Wegen dem langen Stau auf der
Autobahn, wird auch hier mehr Verkehr zu erwarten sein. Das freut jene,
die nach Hause wollen, natürlich nicht. Auf meine Marschtabelle, oder wie wir
Eisenbahner natürlich meinen, auf den festgelegten
Fahrplan,
hatte ich nur wenige Minuten verloren. Ich rechne mit entspannten
Fahrzeiten.
Läuft es besser als erwartet, kann ich immer noch eine Tasse Kaffee
trinken. Immer noch besser, als etwas riskieren und dann schnell nach
einem neuen Auto Ausschau halten. Ankommen ist das Ziel und nicht eine
möglichst kurze Fahrzeit.
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RBL – Suhr |
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Der Abend beginnt mit einem üblich
gewordenen
Ablauf.
Zuerst ins Gebäude gelangen, das ist dank verschärften
Sicherheitsbestimmungen nicht mehr so leicht wie vor ein paar Monaten. Wer
den passenden Badge nicht besitzt, bleibt draussen. Wer ihn hat, wird es
bei einem Stromausfall dafür nicht mehr raus schaffen. So richtig
glücklich scheint mir die Lösung nicht zu sein, aber ich kann die Idee
hinter der Massnahme verstehen.
Gut, was in anderen Mappen noch vorhanden
ist, weiss ich nicht, aber in meiner gibt es nicht viele persönliche
Sachen. Somit gilt, wer dem Lokführer eine Tasche klaut hat verloren, den
ziehen wir gleich ein. Es ist so und nach ein paar Worten mit den anwesenden Lokführern und dem Kaffee bereite ich mich für die Fahrt vor. Noch vor wenigen Monaten hätte ich mich bei einem Kollegen nach dem Ablauf erkundigt. Mittlerweile kenne auch ich die
Touren
und werde entsprechend angefragt. Man hilft sich gegenseitig. Nur mit den
Namen ist es so eine Sache, die mussten sich einen merken. Ich hingegen
fast 100x mehr Namen. Das klappt nicht so schnell. Am Computer erkenne ich, dass der Zug in der Ausfahrgruppe steht und anhand der Markierung erkenne ich zudem, dass die Lokomotive nicht dabei ist. Daher starte ich den Suchlauf. Die Maschine wird gefunden, sie steht im
Depot
und somit vor der Haustüre. Jedoch habe ich dort keine näheren Angaben und
muss kurz mit dem Telefon nachfragen. Erst dann kann es mit dem heuten Tag
losgehen, auch wenn es draussen in ein paar Stunden anfängt zu dämmern. Da am Wochenende die Uhren umgestellt
werden, wird sich das in der nächsten Woche ändern. Mir bringt das nicht
viel, ob es nun eine Stunde eher dunkel wird oder nicht, die Nächte werden
kürzer und damit die Abende länger. Auf der Arbeit ist der Stand der Sonne
hingegen wichtiger, denn wenn man gegen Westen fährt, kann sie ganz schön
ecklig blenden. Signale werden dann nur noch zu unscheinbaren Schatten.
Nur eine Stunde später leuchtet das Abendrot und die Welt ist wieder in
Ordnung. Weit geht es nicht und ich habe die
Lokomotive
gefunden. Die neuen Zeiten für die Übername sind meiner Meinung nach schon
etwas gar kurz. Vier Minuten um die Maschine zu finden, das
Fahrwerk
zu kontrollieren und die Sache einzuschalten. Da die Nächte noch kühl
sind, gelten immer noch die Wintermassnahmen. Daher ist die Lokomotive
eingeschaltet. Die vier Minuten sind dann knapp zu halten und die
Bereitmeldung erfolgt pünktlich. Es ist nicht angenehm, wenn man mit einer
Lokomotive
losfahren muss, die man nicht so genau kontrollieren konnte. Hat wirklich
kein
Relais
angesprochen, sind alle Funktionen aktiv? Eine Kontrolle vor der Fahrt ist
wichtig und sollte nicht leichtsinnig vernachlässigt werden. Da ich aber
nur ein einfacher Lokführer bin, setze ich das um, was im Büro beschlossen
wurde. Zusätzlich werfe ich noch einen Blick in die Schaltschränke. Es ist
nur zu Beruhigung.
Wie so oft, fehlt der Hinweis dazu im Buch
der Reparaturen. Auf jeden Fall, kann ich beruhigt fahren, denn bei einer
Rangierfahrt
löscht die Lampe selten und dann auch nur, wenn Wagen gezogen werden. Beim Thema Wagen gilt, dass ich diese letztlich gefunden habe und dabei bereits erwartet wurde. So kann ich direkt anfahren. Als sich die Puffer berühren, rollen die Wagen jedoch davon. Dabei wollte ich die Zerstör-ungsglieder nicht testen. Der Arbeiter zwischen den
Puffern
muss die
Bremsleitung
etwas ent-leeren. Eigentlich hätte das vorher erfolgen sollen, aber hier
bremst man nur knapp, damit nachher alles schneller geht. Bei einem
leichten Zug mit wenig Wagen klappt das nicht immer. Nach Abschluss der Bremsprobe bekomme ich die erforderlichen Meldungen. Früher reichte dazu ein Einfaches «Bremse gut». Das ist nun vorbei, die Meldungen sind deutlich umfangreicher geworden. So muss mir der Abschluss der
Zugvorbereitung gemeldet werden. Nicht überall klappt das so gut, wie hier
im RBL und daher müssen wir jedes Mal nachfragen. Das kostet Zeit und
Nerven, denn nicht alle verstehen, dass wir diese Meldung benötigen. Die Fahrt geht pünktlich los und die Wagen
folgen der
Re 430 willig über die verschlungenen Wege der
Ausfahrt.
Schnell ist der leichte Zug auf 40 km/h beschleunigt worden. Bis
Killwangen-Spreitenbach wird sich daran nicht viel ändern, denn die
Signale schalten hier immer sehr spät. Daran haben wir uns gewöhnt und
daher nehmen es die Züge gemütlich bei der Ausfahrt aus dem RBL. Hektik
kommt erst im Heitersbergtunnel auf. Wie so oft folgt der
Güterzug
der gemütlichen
S-Bahn.
Da fragt man sich wirklich, warum wir
Güterwagen
einsetzen, die beladen mit 120 km/h verkehren können. Modelle für 50 bis
60 km/h würden durchaus ausreichen. Auf jeden Fall kommt keine
ADL-Lenkung,
wenn diese wirklich sinnvoll wäre und man mit dem Güterzug hinter dem
Nahverkehr
ist. Wobei ein guter Lokführer genau weiss, wie schnell er fahren muss,
damit es stimmt. Bei der
Ausfahrt
aus dem Heitersbergtunnel habe ich die Sonne direkt vor der Nase. Aus der
Dunkelheit in die grelle Sonne, da ist das Auge zuerst geblendet. Genau
jetzt kommt die
Haltestelle
mit den Signalen zu einem
Bahnhof,
den ich eigentlich nie befahren werde. Auf jeden Fall muss ich aufpassen,
damit keine Person auf dem
Bahnsteig
gefährdet ist, und wichtiger, dass ich die Signale rechtzeitig erkennen
kann. Die
Durchfahrt
in Mägenwil ist dank schmutzigen
Frontfenstern
nicht viel besser. Hier wird zudem noch gebaut, das bedeutet weitere
Gefahren und noch mehr Aufmerksamkeit. Die schnellen Züge der
Gegenrichtung tauchen auch aus dem Nichts auf und die Fahrt ist dank guter
Wahl der Geschwindigkeit bisher einfach verlaufen. Nur jetzt hat es mich
erwischt, ganz knapp kann ich die beiden orangen Lichter am
Vorsignal
erkennen. «Einfahrt Othmarsingen zu!!» Zum Glück wirken die
Bremsen
sehr gut und ich kam gemütlich. Bei schneller Fahrt wäre es eine
unangenehme Angelegenheit geworden. In der Ferne erkenne ich das
Hauptsignal,
das wunderbar grün leuchtet. Auch die
Ausfahrt
geht bereits auf Fahrt. Dank der
Zugsicherung
ZUB
bleibt die Geschwindigkeit bis zum Signal auf 40 km/h beschränkt.
Irgendwann werde ich dann den Weg geschafft haben und die langen Schatten
helfen auch etwas. In Lenzburg muss der Blinker angeblich nach
links gestellt werden. Die
Ausfahrt
lässt nur 60 km/h zu und geht um jede Ecke herum. Danach ist es schön
gerade bis zum nächsten
Bahnhof.
Rechts liegt die Autobahn, die lediglich mit einer Leitplanke von der
Bahnlinie
getrennt ist. Vor mir sollte nun die
Fahrleitungsschutzstrecke
auftauchen. Jetzt mit der Sonne im Gesicht, sind die neuen reflektierenden
Tafeln so schlecht zu erkennen, wie die alten Signale.
Vielmehr kommen sie in die Lagerhäuser auf
der anderen Seite. Aus der Wagenliste weiss ich, dass es sich bei der
Ladung um Getränke einer weltweit bekannten Marke aus Amerika handelt. So unscheinbar der Bahnhof von Hunzenschwil auch ist, er hat es durchaus faustdick hinter den Ohren. Besonders dann, wenn das rote Signal so genau wie nur möglich angepeilt werden muss. Der Zug hat eine erstaunliche Länge und
auch der letzte Wagen sollte im
Gleis
Platz finden, denn sonst kann der
Domino,
der von der anderen Seite her einfährt, seine Fahrt nicht fortsetzen. Was
wäre das wohl - vermutlich eine Betriebsstörung. Schön, ich bekomme die Meldung, dass die Wagen abgehängt wurden und kann nun die Fahrt bis zum nächsten Bahnhof fortsetzen. Die Strecke dorthin hat sich seit meiner
Jugend deutlich verändert. Dort, wo früher noch ein
Bahnübergang
vorhanden war, befindet sich heute das
Vorsignal
zur
Einfahrt
des
Bahnhofes
Suhr. Geblieben ist eigentlich nur die enge
Kurve,
um die sich die Züge zwängen müssen. Für mich nicht so schlimm, ich muss
wegen dem Signal auf 40 km/h bremsen. Die
Einfahrt
in Suhr erfolgt in den Bahnhofsteil eines anderen Detailhändlers mit dem
grossen M bei seinen Produkten. Dank dem leichten Gefälle ist die Bremsung
etwas kniffliger, aber es ist für einen erfahrenden Lokführer vom Gotthard
schlicht kein Problem. Dort hatte man selten flache Einfahrten in
Bahnhöfe
und so ist die Erfahrung vorhanden. Blöd ist eigentlich nur, dass es ganz
schön um die Ecken geht und so die
Kupplungen
gestreckt werden. Es ist abgehängt und ich kann in
Rangierfahrt
in den eigentlichen
Bahnhof
fahren. Dazu muss ich den Weg über den
Bahnübergang
beim grossen Möbelhändler nehmen. Dieser ist bei den Autofahrern der
Region sehr beliebt, weil er sehr oft und dabei lange geschlossen ist.
Wegen dem dichten Verkehr, bilden sich lange Schlangen auf beiden Seiten.
Dann kommt die
Lokomotive
gemütlich daher und verleitet den einen oder anderen Lenker zu
unanständigen Gesten. Ich kann es ja nicht ändern, der Weg führte
über einen Abschnitt, der ab und zu auch von Radfahrern benutzt wird. Dort
darf ich nur mit 10 km/h fahren und der Abschnitt endet wunderbarerweise
unmittelbar vor dem
Bahnübergang.
Erst jetzt kann ich beschleunigen und der Meute den Weg freigeben. Dabei
notiere ich in meinen Kopf, dass sich hier in den 25 Jahren meiner
Abwesenheit nichts geändert hat. Nur etwas moderner ist die Anlage.
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Suhr – Lupfig - RBL |
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Suhr ist erreicht und die Wagen für den
nächsten Zug stehen bereit. Ich kann direkt anfahren und den
Führerstand
wechseln. Anschliessend erfolgt die obligatorische
Bremsprobe
und der neue Zug ist bereits fahrbereit. Da bis zur Abfahrt noch ein paar
Minuten Zeit vorhanden ist, blicke ich mich etwas um. Nicht nur der
Bahnhof
hat sich verändert, auch das Dorf darum herum verändert sich. Viele
Baukrane zeugen von dieser Tatsache. Ich mag mich an den Tag im Jahre 1976 erinnern. Damals ein grosses Fest auf dem Bahnhof. Vertreter der Behörden, Musik der Gemeindemusiker, viele fröhliche Kinder unter denen ich mich einreihte und wichtig aussehende Männer auf einem Podium. Die Ansprachen verstand ich als Kind noch nicht und auch sonst wurden wir von der Schule zu diesem Anlass verdonnert. Jede Klasse musste zum Bahnhof und dort die Jugend der Gemeinde vertreten. Nach all den Reden war es soweit. Die neue
Lokomotive
mit dem Wappen der Gemeinde stand da und konnte besichtigt werden. Während
viele das schöne rote Wappen auf der grünen Lokomotive bewunderten,
besuchte ich den Bereich, der heute mein Arbeitsplatz ist. Viele Hebel und
Schalter gab es da und ein freundlicher Mann erklärte den Leuten
bereitwillig, was sie wissen wollten. Heute weiss ich aus Erfahrung, dass
das kein leichter Job ist.
Damals lautete die Nummer noch 11 622. Geblieben ist jedoch das Wappen der Ge-meinde Suhr. Geblieben sind auch die Hebel und Schalter. Neu gibt es aber zwei
Bild-schirme
auf der Maschine. Für mich längstens kein Problem mehr, denn diese
Baureihe kenne ich, seit ich sechs war. Jetzt einfach etwas besser, als
damals. Endlich die Fahrt kann los-gehen. Mit dem Zug dürfte ich sogar 120 km/h fahren, aber mit Vernunft werde ich diese nie erreichen. Es geht wieder über den
Bahn-übergang
und so auf den Weg in Richtung Lenzburg. Dort ist, wie so oft, das
Ausfahr-signal
auf Halt. Es ist so oft der Fall, dass wir hier oft auch von «Bremsburg»
sprechen. So kennen wir jede Macke eines
Bahnhofes.
Lenzburg ist dafür bekannt, dass oft in die Eisen gestiegen werden muss. Als es weitergeht, signalisiert mir das
Signal eine Geschwindigkeit von 90 km/h. Ist diese abgefahren, kann ich
mit dem Zug beschleunigen. Nur lange wird das nicht möglich sein, den
Lenzburg ist nur mit der «Gexi» von Othmarsingen getrennt worden und in
der Ferne kann ich die Ankündigung der
Einfahrt
erkennen. Dort muss ich wieder runter auf 90 km/h. Irgendwie erkenne ich
den Sinn nicht und beschleunige daher schlicht gar nicht mehr. Ausfahren darf ich nur mit 60 km/h. Dann
kommt die
Kurve,
die 105 km/h zulässt und der gerade Abschnitt nach Lupfig würde erstmals
die volle Geschwindigkeit erlauben. Jedoch ist auch hier nicht alles so,
wie es sollte, denn das übernächste Signal kündigt mir eine Fahrt mit 40
km/h an. Ich bleibe daher vorerst bei 100 km/h und versuche nicht
krampfhaft einen Rekord bei der Geschwindigkeit dieses Zuges aufzustellen,
Wobei mit 100 km/h dieser eigentlich bereits erreicht wurde. Die
Einfahrt
in Lupfig endet, wie bei
Güterzügen
üblich vor einem roten Signal. Dieses steht noch vor dem eigentlichen
Aufnahmegebäude.
Ab dort geht es für mich als
Lokomotivzug
weiter, denn ich muss diese Maschine wieder zurück in den RBL bringen.
Daher muss ich hinten die Lampe für das
Zugschlusssignal umstellen, wieder in den vorderen
Führerstand
wechseln, die neue
Zugnummer
eingeben und die neuen Daten für
ZUB
einstellen. Dann ist die Zeit für die Weiterfahrt ebenfalls gekommen. Der
Bahnhof
von Lupfig, hiess früher Birrfeld. Das passte eigentlich besser, denn der
Bahnhof befindet sich weit vom Dorfkern entfernt und nur die grossen
Betriebe der Gemeinde sind hier angeordnet. Wer mit dem ÖV das Dorf
verlassen will, benutzt eigentlich den Bus, der nach Brugg fährt. Dieser
hat im Bahnhof von Lupfig schlicht keinen sinnvollen Anschluss an den
Regionalzug,
der hier jede Stunde einen kurzen Halt einlegt. Genau dieser Zug, den ich
vor Brugg kreuze. Mittlerweile hat die Nacht das Zepter
übernommen und in Brugg ist es nahezu dunkel geworden. Die Fahrt geht ab
hier hinter dem
Interregio
von Basel nach Turgi, dort muss ich dann warten, denn zuerst fährt die
S-Bahn
von Koblenz, dann ein paar Minuten nichts und dann kommt der Interregio
von Bern. Wenn dieser durch ist, kann ich diesem folgen und muss dabei
aufpassen, dass ich nicht zu schnell werde, denn in Baden legt dieser
einen Halt ein. Auch nach Baden kann ich es noch gemütlich
nehmen, denn aus Erfahrung weiss ich, dass nach dem
Interregio
in Wettingen der
Regioexpress
in Richtung Baden und Aarau ausfährt. Da dieser meinen Fahrweg kreuzt, ist
klar, die
Lokomotive
muss wieder abbremsen. So auch heute, denn so gemütlich, wie ich hätte
müssen, bin ich auch wieder nicht gefahren. Erst jetzt, wenn
ZUB
die Beschränkung aufhebt, kann ich auf mehr als 100 km/h beschleunigen. Die Leute auf dem
Bahnsteig
geben mir schon mit Gesten zu verstehen, dass ich Tempo machen soll. In
zwei Minuten fährt ab Wettingen die S 12. Das ist noch viel Zeit. Nur der
Fahrgast in der hektischen Schweiz wird, wenn er vorher eine
Lokomotive
durchfahren sieht, schon extrem nervös. Vermutlich wird der Gast, der mich
mit bösen Blicken strafte, einen ebenso bösen Brief nach Bern schicken,
weil die gute S 12 Wettingen mit 15 Sekunden
Verspätung
verlassen hat. Klingt in meinen Ohren etwas pingelig, aber
die Schweizer sind nun mal so und die Bahn ist in diesem Land auf die
Sekunde genau unterwegs, ansonsten wird gemeckert. Dass aber gerade der
Fahrgast selber, oft der Grund für die
Verspätung
ist, will man nicht erkennen. Schliesslich blockiert der gute Fahrgast die
Türe, damit die Nachzügler auch noch den Zug erreichen. Dann stellt er
resigniert fest, dass die verfluchte SBB schon wieder eine Minute zu spät
unterwegs ist.
Eine sinnvolle
Verbindung,
die aber nahezu in die Limmat gestellt werden musste. Sie lässt jedoch nur
90 km/h zu und daher musste ich vorher mit der
elektrischen
Bremse die
Lokomotive
wieder von 120 km/h verzögern. Die Signale sind mir nun gnädig und ich kann von 90 auf 60 und letztlich auf 40 km/h verzögern. So überquere ich die Strecke, als die S12 pünktlich Killwangen verlässt und in Richtung Dietikon und somit in den Kanton Zürich fährt. Gemerkt hat mich dieser Zug kaum, denn dazu
war ich mit der
Lokomotive
zu flink unterwegs. Es gibt nicht viel schnellere Züge, als eine leere
Loko-motive des
Güterverkehrs,
darum reiht man diese hinter jedem anderen Zug ein. Der Halteort ist in der U-Gruppe. Diese ist oft leer, denn eigentlich sollten hier die Züge umgespannt werden, die nur einen Wechsel der Fahrrichtung haben. Diese
Güterzüge
sind selten geworden, denn mit dem neuen
Fahrplan
wurde der Verkehr auf die
Rangierbahnhöfe
ausgerichtet. Dort kommen alle Züge an und ab dort fahren die neu
formierten Züge in alle erdenklichen Richtungen wieder los. Für mich ist
hier jedoch Schluss. Die restlichen Meter sind
Rangierfahrt
und diese endet, wie ich mittlerweile auch weiss, vor dem nächsten Zug,
der dann in Richtung Westen fahren wird. Auf jeden Fall spricht der
Kollege, der die
Lokomotive
übernehmen will die deutsche Sprache mit einem französischen Akzent. Es
gab schon Kollegen von ihm, die erwartet hatten, dass im RBL französisch
gesprochen wird. Mal sehen, was passiert, wenn hier ein mécanicien auf
einen macchinista trifft. |
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Pause und Dienstfahrt |
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Es wird Zeit für eine Pause. Diese ist
nicht besonders lang, denn in knapp 30 Minuten muss ich auf die
Dienstfahrt.
Diese wartet nicht auf mich, daher muss ich zusehen, dass ich pünktlich
bin. Das passt eigentlich nicht zu meinem Magen, der knurrt, weil er ein
Nachtessen erwartet. Das wird wegen der knappen Zeit keine leichte Sache
werden. Jedoch haben wir hier im RBL eine
Milchküche,
die jetzt noch offen hat, immer noch besser als Automaten. Der Weg von hier zur Mahlzeit ist nicht
sehr weit und der Rucksack finden seinen Platz in einem der speziellen
Fächer. Dann ein paar Meter zur verriegelten Türe und raus. Irgendwann
kapier ich es auch. Zuerst die grüne Taste drücken und dann an der Türe
und sie öffnet sich. Wer es umgekehrt macht, stellt schnell fest, dass
nichts zu machen ist und dass er sich den Kopf stösst. Die Übung beginnt
mit einem verärgerten Grummeln wieder von neuem. Da die Essen in der Regel schnell kommen,
entschloss ich mich, den Magen zu befriedigen. Mit dem leere Tablett setze
ich mich an den Tisch mit den Lokführern. Wie überall, haben die Lokführer
ihre eigenen Tische, die sie immer benutzen. In Erstfeld waren diese dazu
noch feinsäuberlich auf Erstfeld, Basel und Tessin aufgeteilt worden. Hier
im RBL jedoch nur nach Deutsch und andere Sprachen. Man will in der Pause
so sprechen, wie man es gewöhnt ist. Wie erwartet kam das Essen schnell und ich
kann die Mahlzeit zu mir nehmen. Viel Zeit habe ich nicht und den Kaffee
kann ich vergessen. Die Diskussionen gehen um die anstehende Wahl der APK
oder DEK. Eine kleine
Gruppe
Lokführer, die die
Dienstpläne
erstellen. Das habe ich viele Jahre in Erstfeld gemacht und wer es einmal
gemacht hat, macht die Sache nie wieder. Dazu sind die lieben Kollegen
einfach zu undankbar. Unterschiede zwischen den einzelnen
Depots
gibt hier jedoch nicht. An jedem Standort wir von den Leuten ein Wunder
erwartet. Das ist unmöglich und auch idiotische
Touren
werden nur durch sehr viel Druck geändert. Das ist keine neue Erkenntnis
und ich befürchte, wenn die Leerläufe eliminiert würden, hätten wir
vermutlich die Probleme mit dem Personal im Griff. Solange jedoch ein
Depot nicht weiss, dass es auch andere gibt, ändert sich nichts. Es wird Zeit zum Aufbruch. Ich schnappe mit
Jacke und Rucksack und gehe los. Der Bus, der hier passend «RBL Shuttle»
genannt wird, wartet nicht und fährt in der Regel pünktlich. Mit diesem
erreiche ich den
Bahnhof
von Dietikon. Danach muss ich mit der S12 nach Zürich Altstätten fahren.
Nun der Bus war pünktlich, die blöde
S-Bahn
hatte, wie eine Person auf dem
Bahnsteig
lautstark vermerkte, schon wieder eine halbe Minute
Verspätung. Wirklich schlimm mit diesen
Verspätungen,
denn 30 Sekunden sind wirklich nicht zu verzeihen. Zumal der Zug den
nächsten Halt wieder pünktlich erreichen wird. Ich meine, die Ankunft und
nicht die Abfahrt sind wichtig. Ich will pünktlich ankommen, dazu muss ich
nicht unbedingt pünktlich losfahren. Dazu wurden im
Fahrplan
Reserven eingebaut, die den Leuten jedoch nicht bekannt sind und die nur
die Lokführer kennen. Kaum als der Zug den
Bahnhof
verlassen hat, kommt die Kontrolle. Die Fahrgäste werden kontrolliert. Hat
sich jeder korrekt eine
Fahrkarte
gelöst. Der nette Herr von vorhin, sitzt, wie ich hören kann, in der
ersten
Wagenklasse
am falschen Ort, denn er habe nur ein Fahrschein für die zweite Klasse
gekauft. Die Begründung für sein Fehlverhalten ist jedoch nicht für die
Öffentlichkeit bestimmt. Nur so viel, Schuld war natürlich die SBB.
Mein Ziel ist schnell erreicht und ab dort
steht mir ein Fussmarsch bevor. Dieser führt mich in den
Bahnhof
von Zürich Mülligen. Der Weg dorthin führt neu über die Strassen, denn die
sind bekanntlich gefährlicher, als die Bahnanlagen, wo ich weiss, auf was
ich schauen muss. So beginnt der Tanz mit den Autos, die wirklich nicht
immer dort unterwegs sind, wo sie eigentlich sollten. Ich bin froh, wenn
ich wieder in einem
Gleisfeld
bin. Dort fühle ich mich zu Hause. Auch wenn der
Bahnhof
hier längst für den
Personenverkehr
genutzt wird. Die Güter sind in den nahen
Rangierbahnhof
verschoben worden. Das gab Platz. Dieser wird nun dazu genutzt, um die
neuen Erzeugnisse eines kanadischen Konzerns mit Produktion in
Deutschland, abzustellen. So richtig Gefallen finden an den neuen Zügen
kann ich nicht. Die haben eine komische
Front
erhalten. Lange sollte ich nicht mehr warten müssen,
denn der Zug sollte jeden Augenblick einfahren. Es handelt sich um einen
Postzug
und diese sind in der Regel ebenfalls pünktlich unterwegs, denn Sie
erwarten schliesslich auch, dass ihr Paket mit den im Internet bestellten
Beruhigungspillen pünktlich ankommt. Schliesslich benötigen Sie diese,
weil, die SBB bekanntlich an allen Problemen im Land die alleinige Schuld
trägt. So auch bei den neuen Zügen. Was kann der Kunde dafür, wenn es dem Hersteller auch nach mehreren Jahren nicht gelingt, ein funktionierendes Fahrzeug zu bauen. Wenn ich an die Informationen meines Kollegen im Personenverkehr denke, wird auch mir mulmig zu mute. Federspeicherbremsen, die einfach von sich aus Lösen, sind im Grunde schon vom Begriff her, eine unmögliche Sache. Scheinbar ist es dem Hersteller gelungen, diese Probleme entsprechend zu lösen. Man nennt diese Lösung Hemmschuhe, die bei einem Rad untergelgt werden. Von diesen gibt es hier noch genug, auch wenn die Zeit von Abläufen und Stössen in dieser Anlage längstens vergangen ist. Auf jeden Fall bietet der Hemmschuh dem neuen Zug genug Widerstand, dass dieser nicht unkontrolliert losrollen kann.
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Mülligen – RBL |
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Das
Funkgerät
für das anstehende
Manöver
habe ich noch bevor der Zug eingetroffen ist. Der
Rangierarbeiter
gab es mir, bevor er sich auf den Weg in Richtung des Zugschlusses begab.
Es kann somit nicht mehr lange dauern, bis der Zug hier eintrifft und ich
meine Arbeit übernehmen kann. Die drei weissen Lichter, die beim
Ablaufberg
erscheinen, könnten ein gutes Indiz sein, dass der Zug nur noch wenige
Sekunden bis zum Halt benötigt.
Kaum bin ich im
Führerstand,
meldet sich auch schon der
Rangierleiter
am
Funk. Ich gebe
die erwartete Antwort, während ich dem Kollegen mit der Hand zu verstehen
gebe, dass ich alles verstanden hätte. Vom Dialekt her ist ein Berner, wie
man in sich in all den Geschichten vorstellt. Der Befehl um rückwärts zu fahren, kommt schneller, als die Utensilien des Kollegen verstaut sind. Ich nehme von meinem Material nichts hervor, denn der Rangierdienst schaffe ich auch in Mülligen ohne Fahrpläne. Daher bestätige ich die Meldung am Funk und der obligate Kontrollton ist zu hören. Auf dem Sitzplatz des Lokführers beginne ich damit die Rangierfahrt zu beschleunigen. Neben mir wird immer noch in aller Ruhe das
Buch, die
LEA
und andere Sachen, die ich nicht mitführe, verstaut. Die Fahrt dauert nicht lange, denn die Wagen müssen nur an die Rampe der Post gestellt werden. Wegen einem anderen an der Rampe stehenden Zug, konnte nicht direkt eingefahren werden. Daher musste ich dieses Manöver durchführen, das wohl bald beendet ein wird. Die Tore auf der anderen Seite der Wagen waren schon offen, bevor ich angehalten hatte. Bei der Post geht alles sehr schnell und daher muss schon abgeladen werden, wenn der Zug zum Stehen kommt. Das ist der Fall und mein Kollege, der aus
dem
Depot
in Biel kam, meldet sich. Er komme mit mir
Dienstfahrt
in den RBL. Durch den Kopf schiesst mir der Gedanke von vorher. Wie war
das nun mal mit den Leerläufen? Ein Lokführer Dienstfahrt hierher, damit
der andere Dienstfahrt in den RBL fahren kann. Zwei Lokführer auf einem
Zug, sind einer zu viel, das wurde mir seinerzeit in Erstfeld erklärt und
so wurden solche Sachen im Keim erstickt. Es ist so, auch wenn es viele Lokführer
nicht wahrhaben wollen, in Erstfeld wehte ein anderer Wind. Da wurde keine
Reserve bewilligt, die Lokführer mussten auf die Züge warten, bis sie vor
Erschöpfung fast nicht mehr konnten und bei all diesem Einsatz wurden sie
dann noch als Durchschnitt beurteilt. Wer da nicht auf die Idee kommt,
dass es sich um Verbrauchsmaterial handelt, hat die Menschheit nicht
verstanden. Oft kam in dieser Zeit der böse Gedanke
auf, dass man die Lokführer von Erstfeld so eliminieren wollte. Entweder
fällt er tot um, oder aber er sucht sich eine andere Stelle. Die habe ich
mir letztlich auch gesucht und nun muss ich gestehen, dass es im
Rangierbahnhof
ruhiger zu und hergeht, als das auf der hektischen Nord-Süd-Achse
der Fall gewesen war. Fast täglich wurden in Erstfeld die
Touren
geändert, hier erfolgt das relativ selten. Auf jeden Fall ist der
Rangierdienst
beendet und ich kann mit der alleine fahrenden
Lokomotive
in ein
Gleis
wechseln, aus dem ich in Richtung RBL losfahren kann. Das ist nicht sehr
weit und nun steht der Wechsel des
Führerstandes
an. Natürlich folgt mir der Kollege, denn wir sind ja keine Unmenschen.
Auch hier klar eine andere Regel, denn in Erstfeld wurde vom
Depotchef
darauf bestanden, dass wir uns in der dritten
Wagenklasse
setzen. Wenn dies nicht möglich ist, im hinteren Führerstand. Daran gehalten hatte sich natürlich
niemand. Im RBL wurde ich schon verwundert gefragt, ob es für mich
wirklich kein Problem wäre, wenn er im hinteren
Führerstand
Platz nehmen würde. Langsam verstehe ich, dass am Gotthard ein anderer
Wind wehte, weil man die Stellen retten wollte, machte man das mit. Was
hat es gebracht. Nichts, das Personal wurde verärgert und letztlich doch
noch an andere Standorte versetzt.
Jetzt ist es jedoch nicht die S 12, sondern die S3, somit gibt es eine kleine unbedeutende Abwechslung. Schliesslich hält dieser Zug an den genau gleichen Orten. Entweder fährt die
S-Bahn
nur bis Dietikon, oder aber sie nimmt den Weg nach Aarau. Wenn sie wo
endet, weiss ich noch nicht so genau, bis Dietikon ändert sich nichts. An der Geschwindigkeit ändert sich auch nichts, aber auch das ist bekanntlich keine Neuerung und so nehme ich es gemütlich. 40 bis 50 km/h reichen hier durchaus, denn die Halteorte sind sehr nahe und daher verlieren die Züge mehr Zeit. Im
Güterverkehr
kann man sich, wenn man sich richtig anstellt, ein gemütliches Leben
haben. Dumm ist nur, dass ich das nie verstanden habe. Wichtig ist
eigentlich nur, dass man den
Fahrplan des
Regionalverkehrs
in der Schweiz kennt. Die Fahrt in den
Rangierbahnhof
ist nicht lange. Dort angekommen, steigt der Kollege aus und macht nun
seine Pause. Scheinbar hätte er kein Problem mit dem Gesetz. So kann ich
für mich notieren, der Lokführer im RBL hat nur kurz Pause, damit er den
Lokführer von Biel in den RBL führen kann. So viel zum Thema, dass jedes
Depot
für sich selber wurstelt. Früher gab es einmal einen Koordinator, der
solche Sachen wirksam verhindern sollte. Die Zeiten sind nun vorbei, jedes
Depot
schaut für sich. Es ist ein Wunder, dass die Firma bei solchen Leerläufen
noch rentabel arbeitet. Natürlich bin ich nicht erfreut, wenn meine Pause
am Arbeitsort nicht bezahlt wird, weil ich nicht nach Mülligen muss, aber
letztlich müsste auch ich eingestehen, dass diese Lösung sinnvoller ist,
als das eben geschehene Programm. Nur, wenn ich es melde, benötigt man
weniger Lokführer und es geht um meine Stelle. |
|||||
RBL- Wildegg | |||||
Auf jeden Fall hat der Kollege aus Biel die
Lokomotive
verlassen und ich kann den Zwergsignalen zu meinem nächsten Zug
folgen. Dieser sollte nicht besonders schwer sein, denn es handelt sich
möglicherweise um leere Zementwagen, denn mein Ziel in Wildegg, oder wie
es auch genannt wird, der «wilde Eggen» ist bekannt dafür, dass dort ein
Zementwerk steht und die entsprechenden Wagen fahren in der Regel leer
dorthin.
Das ist hingegen
schon eine gröbere Sache, denn bei Gefahrgut hört der Spass bekanntlich
schnell auf. In der Wagenliste suche ich das entsprechende Fahrzeug. Was
für ein Gift wohl in diesem Wagen verladen wurde, ist die Idee der Aktion. Wie schön, es ist ein leerer Wagen, der für Kohlen-dioxyd vorgesehen ist. Bei der Produktion von Zement fällt dieses als Abfallprodukt in grossen Mengen an. Es wird scheinbar, statt an die Umwelt abzugeben, in Wagen verladen. Aus diesem Ladegut wird das Gas für Mineralwasser genutzt, oder es liegt in Feuerlöschern, die ein Brand in einer elektrischen Anlage verhindern sollten. Die Anwendung des Produktes
ist sehr vielfältig. Natürlich kann es auch als Treibhausgas genutzt
werden. Die Bremsen werden kontrolliert und ich gebe bei meiner Re 421 die Daten für das ZUB 121 ein. Das erfolgt hier immer noch auf dem uralten Gerät. Ich muss fast ein wenig studieren bis ich weiss, welche Taste benötigt wird. Natürlich ist das nun kein Problem, denn schon im Zürich Mülligen musste ich Daten auch schon eingeben. Zudem die historische Ae 6/6 hat das gleiche System. Es ist einfach spannend, dass
hier keine Neuerung eingeführt wurde. Der
Funk mit der neuen
Zugnummer muss separat
eingestellt werden. Gleichzeitig soll auch die
Bremsprobe erfolgen. Ein
Programm, das natürlich, wie könnte es auch anders sein, unter einem
gewissen Zeitdruck erfolgen soll. Obwohl ich pünktlich angekommen bin,
bleiben nur wenige Minuten, bis ich wieder losfahren muss. Die
Verzögerungen habe nicht ich, sondern der stark ausgelastete
Bahnhof
verursacht. Es wird daher knapp werden. Die Daten sind eingestellt und der Zug gelöst, jetzt
schnell nach hinten und nachsehen, ob wirklich alles Korrekt verbunden
wurde. Die Luftleitungen sind richtig verbunden und die
Kupplung von der
Lokomotive
wurde genommen. Das ist hier anders, denn am Gotthard nahm man
jene des Wagens, denn bei einer
Zugstrennung ist die Kupplung am Wagen und
nicht an der Lokomotive defekt. Im
Flachland gelten diesbezüglich andere
Grundsätze. Auf die Minute genau beginnt die Fahrt in Richtung
Westen. Diesmal verlasse ich den
Rangierbahnhof
jedoch über eine neue
Ausfahrt. Diese zweigt unmittelbar nach der
Ausfahrgruppe ab und strebt
dem
Streckengleis zu. So komme ich aus dem
Bahnhof ohne den
Fernverkehr in
Richtung Heitersberg zu behindern. Da es bald Mitternacht ist, ist bei den
Reisezügen der Verkehr bereits zurückgegangen. Die abendliche Spitze ist
vorbei und in knapp einer Stunde beginnt der Nachtverkehr. Bereits in Killwangen-Spreitenbach komme ich wieder zum Stillstand. Eine Baustelle verhindert, dass ich mit dem Zug ungehindert zufahren konnte. Die Information des Fahrdienstleiters kam schnell. Da in wenigen Minuten einer der letzten Züge der regulären S 12 in diesem Gleis einfahren wird, wird die Wartezeit nicht sehr lange dauern. So ist es und mit wenigen Minuten Rückstand geht die Fahrt weiter. Vorbei an der Baustelle, deren Sinn ich noch nicht herausgefunden habe. In Richtung Wettingen benutze ich nun das rechte
Gleis. Das in meiner Fahrrichtung
linke ist gesperrt worden, damit bei der
Baustelle nichts mit dem Zug passiert. Die meisten Unfälle bei der
Eisenbahn passieren gerade bei Baustellen. Lokführer verstehen den
betrieblichen Sonderfall falsch, oder aber ein Arbeiter passt einen kurzen
Moment nicht auf. Schnell sind folgenschwere Fehler passiert. Ich bin
deshalb froh, dass nicht am Gleis gearbeitet wird. Ich kann lediglich mit 60 km/h ausfahren, weil die
Weichen nicht mehr zulassen. Anschliessend kommt die Beschleunigung mit
dem Zug auf die für meinen Zug erlaubte Geschwindigkeit von 120 km/h. So
kann ich letztlich mit nahezu 120 km/h gegen Wettingen fahren und
lediglich die
Fahrleitungsschutzstrecke hinderte mich an der ungehinderten
Beschleunigung auf die
Höchstgeschwindigkeit. So will ich diesen Abschnitt
schnell freilegen. Auch hier wurde am Gotthard klar vordiktiert, dass in
einem einspurigen Abschnitt mit voller Geschwindigkeit gefahren werden
muss. Im Mittelland sorgt
ADL immer wieder dafür, dass es etwas
gemütlicher vorwärtsgeht. In meiner kurzen Zeit im RBL stellte ich schon
fest, dass es tatsächlich kein Problem ist, wenn der
Güterzug fünf Minuten
im einspurigen Abschnitt steht. Am Gotthard wäre in diesem Fall vermutlich
schon die grosse Krise entstanden.
Eine schnelle Lösung, die nicht an vielen Orten so gut klappt, wie hier.
Schwer ist das auch nicht, denn auch nach dem Umbau der vergangenen
Wochen, ist die
Ausfahrt nur mit 65 km/h zugelassen. Die
Kurve ist einfach
zu eng um schneller fahren zu können. Bis nach Turgi ist es eine problemlose Fahrt, doch
nun ändert sich alles. Die Anzeige für
ZUB beginnt zu blinken. Eine
Bremsung erfolgt jedoch nicht. Scheinbar hat es auf der
Lokomotive
eine
Störung bei der Erfassung gegeben, denn die blinkende Anzeige ist ein
Hinweis für unerklärliche Differenzen bei der Drehzahl. Das kann bei
schlechtem Wetter passieren, aber nicht jetzt mit einem leichten Zug,
trockenen
Schienen und kaum vorhandener
Zugkraft. Ein leises Fluchen ist im
Führerstand zu vernehmen.
Die Geschwindigkeit reduziert sich für den Zug nun auf 80 km/h. Der Grund
dafür erkenne ich in Brugg, denn es werden weder Signale von
ZUB, noch
solche von den neuen Balisen empfangen. Die
Zugsicherung der
Lokomotive
gilt daher als gestört und in diesem Fall reduziert sich die
Geschwindigkeit auf 80 km/h. Da hier nicht viel schneller gefahren werden
darf, ist der Verlust nicht sehr gross. Ich werde in Wildegg der Sache nachgehen. Ein
ausserordentlicher Halt kann so wegen der Störung verhindert werden. Im
Gegensatz zu den Zeiten in Erstfeld nehme ich ab Brugg nun den geraden Weg
in Richtung Aarau. Zu Zeiten der Ausbildung fuhren auch wir von Erstfeld
hier durch, doch das wurde später nicht mehr gemacht, so dass ich die
Kundigkeit auch hier wieder erlangen musste. Anfänglich ist es jedoch
leicht, denn es geht nur geradeaus. Die
Kurven um Schinznach Bad sind jetzt kein Problem,
denn ich fahre mit 80 km/h knapp langsamer als durch die Strecke
vorgegeben. Zudem zeigt das Blocksignal
Warnung, so dass ich die
Geschwindigkeit reduzieren muss. Ich bin, so wie es scheint, wieder einem
langsameren Zug aufgelaufen. Das muss eine der letzten
S-Bahnen sein.
Somit reicht auf den letzten Kilometern noch 60 km/h. Die Probleme mit der
Lokomotive
sind so nicht ganz so schlimm. Es sind jedoch schwerwiegende Probleme, denn wenn die
Geschwindigkeit reduziert werden muss, sind grössere Beschränkungen
vorhanden. Jetzt zum Beispiel würde mich in Holderbank nichts daran
hindern in Wildegg mit voller Geschwindigkeit, statt den erlaubten 40 km/h
einzufahren. Auch für mich eine unangenehme Situation, denn nichts
verhindert, dass ich einen schweren Fehler mache. Ich muss nach Ankunft
für das Problem eine praktikable Lösung finden. In der Nacht ist der
Bahnhof von Wildegg nicht sehr
gut beleuchtet. Lediglich dort, wo es wegen dem
Bahnsteig Lampen hat, ist etwas Licht
vorhanden. Dort wartet der
Rangierarbeiter. Er wird meine
Lokomotive
abhängen und mich dann zum nächsten Zug begleiten. Doch noch ist es nicht
soweit, denn ich muss vor dem roten Signal anhalten. Die übliche
Überwachung durch
ZUB fehlt jedoch. Das ist nicht angenehm, denn man
gewöhnt sich daran. |
|||||
Wildegg – RBL |
|||||
Es wird Zeit, dass ich mich um die Störung kümmere.
Die Angaben im Heft mit den Reparaturen sind diesbezüglich nur sehr
dürftig. Vor mehreren Tagen wurde der entsprechende Eintrag gemacht und
von der Werkstatt abgehakt. Daher sollte der Schaden behoben worden sein.
Ein Reset soll der Einrichtung wieder Manieren beibringen. Dieses benötigt
jedoch etwas Zeit. Während dieser Zeit kann ich jedoch nicht fahren. Defekte sind eklig und sie behindern den regulären
Ablauf immer wieder. Wenn ich mit dem Reset das Problem beseitigen kann,
ist mir auch wohler. Beim erneuten Einschalten der Einrichtung wird eine
Zwangsbremsung ausgelöst. Die löst sich nach kurzer Zeit jedoch
automatisch wieder. Die Anzeigen sind nun normal und scheinbar war das
Reset eine erfolgreiche Aktion gewesen. Ich vermute deshalb lediglich eine
momentane Störung. Nachdem ich das Reset gemacht habe, kann an die neue Last angefahren werden. Diese steht in einem dunklen Bereich und ist bei der Fahrt aus dem Licht nur sehr schwer zu erkennen. Ich muss daher aufpassen, dass ich nicht zu schnell komme und dann in die aufgestellten Wagen pralle. Nur etwas mehr Licht in dieser Ecke, wäre schon eine schöne Sache, denn ich suche nicht gerne in der Dunkelheit nach versteckten Wagen. Die Störung war in dem Moment wieder da, als ich die
Fahrt mit der
Lokomotive
aufgenommen hatte. Das System war ernsthaft
gestört und daher kann es nicht mehr weiterverwendet werden. Im
entsprechenden Schaltschrank der Lokomotive wird der dazu vorgesehene
Schalter gedreht und
ZUB ausgeschaltet. So kann die Fahrt zwar fortgesetzt
werden, es sollte jedoch gemütlich weitergehen. Da ich die Abdeckungen
nicht finden konnte, blendet mich die gelbe Lampe. Bei den Wagen angekommen, erfolgt der notwendige
Wechsel des
Führerstandes und anschliessend die
Bremsprobe. Die Eingaben
der
Zugdaten sind jetzt nicht mehr möglich, da das System ausgeschaltet
wurde. Einzig die neue
Zugnummer muss dem
Funk mitgeteilt werden. Das
dauert bei diesem Modell recht lange, denn bei
GSM-R muss man sich
abmelden, bevor die neue Zugnummer registriert werden kann. Bei anderen
Modelle geht das parallel, hier jedoch nicht. Die Zeit bis zur Meldung der richtigen Funktion der
Bremsen und dem Abschluss der Zugvorbereitung nutze ich. Der Schaden muss
im Bordbuch vermerkt und an die entsprechenden Stellen mit dem Telefon
gemeldet werden. Der Eintrag ist gemacht und die Zugvorbereitung ist
scheinbar abgeschlossen. Damit könnte der Zug die Fahrt beginnen. Einfach
langsamer, daher bitte ich den
Rangierarbeiter dies doch gleich dem
Fahrdienstleiter zu melden. Dem
Rangierarbeiter melde ich so meine
Fahrbereitschaft. Anschliessend kann ich vorziehen und gleichzeitig zum
Funk greifen. Bei der Meldung vergass der Arbeiter den Hinweis. Das kann
passieren, doch nun habe auch ich dem
Fahrdienstleiter etwas zu melden.
Als sich dieser meldet, meint er leicht genervt, dass es gleich losgehen
würde. Ich danke für die Info und erkläre meinem Gesprächspartner, dass
ich wegen einer Störung nur mit 80 km/h fahren könne. Wenn ich die
Zugreihe D ansehe und den
Fahrplan, dann
fahre ich bis Brugg um die engen Ecken maximal mit 85 km/h. der Verlust
bei der Zeit ist daher nur gering. Ab Brugg ist keine Einschränkung mehr
vorhanden. So wird sich der Verlust bei der
Fahrzeit nicht so gross
auswirken, wie auf anderen Strecken. Lediglich die fehlende
Zugsicherung
macht das Leben mit dieser Maschine ausgesprochen mühsam, denn wir
arbeiten mit diesen Systemen. Entgegen meiner Erwartung, geht das
Ausfahrsignal
rund 20 Minuten vor der fahrplanmässigen Zeit auf Fahrt. Da es sich um ein
Gruppensignal handelt, muss ich den Weg bis zum Signal prüfen. Der scheint
in Ordnung zu sein und so kann ich die Fahrt beginnen. Eigentlich müsste
bei einem Gruppensignal der
Fahrdienstleiter die fahrbereiten Züge darüber
informieren, wenn er eine Durchfahrt stellt. Da dies jedoch nie gemacht
wird, ist die Kontrolle besser.
Die hier eingesetzte Eem 923 muss nach der Arbeit wieder zurück nach Lupfig und das ist auf einem grossen Stück die von mir befahrene Strecke. Es wird Zeit, dass ich mit der Beschleunigung beginne und so zurückfahre. Bei der Ausfahrt öffne ich den Rückspiegel und kontrolliere den Zug. Die Eem 923, die wie meine Re 421 ebenfalls als Drehgestelllokomotive konzipiert wurde, steht in der Ferne auch schon breit. Der Zug ist etwas schwerer und die Zugreihe D lässt mich erkennen, dass die Wagen gefüllt sind. Die Produkte der hier in Wildegg ansässigen Industrie werden auf die Reise geschickt. Dabei ist
jedoch nicht nur Zement vorhanden, denn diese Last wird sehr oft in
eigenen Zügen abgeführt. Jedoch gibt es dort auch die Verpackung in
Säcken und da sind die passenden Wagen im Zug eingereiht worden. Gefahrgut
habe ich diesmal keines dabei. Rechts von mir steht das Schloss von Wildegg. In
diesem wilden Ecken, wurde früher oft Wegzoll erhoben, denn die Aare
sorgte für eine natürliche Einengung. Heute sind diese Zeiten vorbei und
der Zug teilt sich den Weg entlang des Flusses mit der Strasse.
Unmittelbar nach der letzten
Weiche kommt die neue
Haltestelle Holderbank.
Also neu ist sie nicht, aber damals gab es diese noch nicht. Auch die
Signale sind nun dichter aufgestellt, als 1992. Um die Ecken der hier dem Gelände folgenden
Bahnlinie
erreiche ich die
Haltestelle von Schinznach Bad. Seit Jahren war nur der
Bahnhof Schinznach Dorf in meinem Rayon. Dabei ist die Haltestelle näher
bei den Bädern, als der Bahnhof Dorf an der gleichnamigen Gemeinde.
Schinznach ist lediglich mit dem Bus zu erreichen, aber das Bad kann mit
der Bahn durchaus erreicht werden. In der Schule lernten wir die Bäder im
Aargau. Schinznach, Zurzach und natürlich die Bäderstadt, die
sich das Bad gleich in den Namen schrieb. Doch bevor ich nach Baden komme,
unterquere ich die Talbrücke der Autobahn, die von Zürich nach Basel
führt. Über dem
Tunnel vor der
Brücke steht das Schloss Habsburg. Es war
vor Jahrhunderten der Hauptsitz der Habsburger, die von den tapferen
Eidgenossen so bekämpft wurden, dass die Schweiz heute ein freies Land
ist. In der Ferne erscheint Brugg und die Signale sind
nicht mehr grün. Vielmehr wird mir am System N eine Geschwindigkeit von 40
km/h angekündigt. Instinktiv greife ich nach dem Signal zum
Quittierschalter. Nur, die
Zugsicherung spricht nicht an. Das sollte ich
eigentlich wissen, aber eben, man arbeitet mit den Systemen, die auch
hilfreich sein können. Besonders dann, wenn man seit Minuten versucht die
Helpline für
Lokomotiven am Telefon zu erreichen. Die Bremsung ist nun wichtiger, das Telefon kann zwar
auch nicht warten, aber wenn der Anrufer auch nach fünf Minuten noch nicht
abhebt, ist entweder der Arbeiter zu faul, oder aber die entsprechende
Stelle mit zu wenig Personal besetzt. Ich vermute den letzten Punkt und
genau in dem Moment, wo ich die 40 km/h erreicht habe, klingelt das
Telefon. Aha, es ist die Hotline. Damit kann ich den Schaden am
ZUB nun
melden. Die Antwort ist nicht sonderlich überraschend. Die
Lokomotive werde in Basel der Reparatur zugeführt. Hmm, im RBL hätte es
auch eine Werkstatt und die ist nicht einmal schlecht. Wieso dann mit der
Lokomotive nach Basel? Die Antwort lässt viel Spielraum für Spekulationen,
denn ich erfahre, dass ich nicht nachfragen solle und er letztlich
entscheide. Das ist meistens die Antwort, wenn im Büro der Schaden nicht
ernst genommen wird. Während dem Telefonat, habe ich die ablenkenden
Weichen passiert und muss nun warten, bis das nächste Signal erscheint.
Die letzte Information zur Geschwindigkeit war bei 40 km/h. Das muss ich
fahren, bis die
Zugsicherung mir neue Informationen gibt und ich das
nächste Signal einwandfrei erkennen kann. Ein Punkt, der sich nun
lediglich auf das Signal reduziert. Dieses ist grün und die Reise geht
weiter zum Wasserschloss. Viele Schlösser im Aargau, aber das besondere ist das
geschützte Wasserschloss, denn auf einem sehr beengten Bereich treffen
drei grosse Flüsse zusammen. Das sind die Aare, die ich seit Wildegg
begleite, die Reuss, deren
Brücke ich gleich überqueren werde und
letztlich die Limmat. Viel Wasser, das in diesem Bereich zu einem einzigen
Fluss wird. So gesehen, ist die Bezeichnung gar nicht mal so schlecht und
der Schutz lohnt sich für die wilde Landschaft. Turgi ist der tiefste Punkt dieser Fahrt. Also genau
genommen war es die
Brücke über die Reuss, aber so genau muss es nicht
immer sein, denn nach dem
Bahnhof von Turgi beginnt die Steigung hinauf
zur Bäderstadt Baden. Jetzt folgt die Strecke wieder dem Hang und die
Limmat ist nur in der Ferne zu erkennen. Sie liegt hier überraschend tief
und ist daher vom Zug, besonders kurz vor Baden, nicht mehr zu erkennen.
In der Nacht sieht man den Fluss so oder so nicht mehr. Baden mit seiner engen
Kurve reduziert die
Geschwindigkeit etwas. Auch hier stehen die
Reisezüge, die auf den
morgendlichen Verkehr waren. Jedoch stehen hier auch zwei Züge, die normal
beleuchtet sind und die ihre Fahrt in Richtung Turgi gleich fortsetzen
werden. Es sind die Züge der Nacht-S-Bahn, wie es sich hier in Zürich an
den Wochenenden gibt. Benutzt werden dürfen die Züge jedoch nur mit einem
Zuschlag von fünf Franken. Wer den Abend damit verbrachte, sich Alkohol in den
Magen zu schütten, tut mit dem Zuschlag sogar noch etwas für die
Gesundheit. Auf jeden Fall hatte ich meine Erfahrungen mit dieser Klientel
bereits gemacht und wenn ich solche Züge sehe, bin ich recht gerne im
Güterverkehr tätig. Bisher musste noch kein Sack Zement mit der Ambulanz
angeholt werden. Die vollgetankten, gestylten und nicht mehr normal
ansprechbaren Tussis jedoch schon. Nach dem Stadttunnel von Baden folgt die erste
Brücke
über die Limmat. Damit liegt Wettingen auf der anderen Seite des Flusses.
Mich kümmert das jedoch wenig, denn die
Ausfahrt ist geschlossen. Der
einspurige Abschnitt wird nun zu meinem Problem werden. Auf jeden Fall
muss ich aufpassen, denn nichts, aber auch gar nichts verhindert, dass ich
das Signal passieren kann. Es ist dabei noch so dämlich hinter dem
Perrondach versteckt. Von weit her erkennt man in der Nacht ein grünes
Vorsignal. Jedoch passierte der Zug zuvor ein Vorsignal, das
Warnung
zeigte. Wer sich jetzt dazu verleiten lässt, hat verloren, denn es ist
nicht das nächste, sondern erst das übernächste Signal. Jetzt besteht
jedoch keine Gefahr, denn ich kann vor mir keine grünen Lichter erkennen.
Letztlich komme ich in Wettingen zum Stillsand. Ich muss warten. Das ist
kein Problem, da ich ja vorzeitig unterwegs bin. Lediglich ein Gegenzug musste ich abwarten. Jetzt
sind die Signale mir gnädig und ich kann die Reise in Richtung Neuenhof
über die zweite
Brücke fortsetzen. Auf der Autobahn hat sich der Verkehr
beruhig, aber ich kann von der
Bahnlinie aus erkennen, dass der Verkehr
auf eine Spur beschränkt wurde. Entweder gibt es eine Baustelle, oder die
Polizei kontrolliert die Autos. In etwas weniger als einer Stunde werde
ich es erfahren, denn hier muss ich noch durch. Die
Einfahrt in den RBL erfolgte ohne zusätzliche
Verzögerung auf dem gleichen Weg, wie beim
Lokomotivzug. Nachdem die
Lokomotive
in der Einfahrgruppe abgehängt wurde, kann ich mit ihr vom westlichen, in
den östlichen Teil wechseln. Das erfolgt als
Rangierfahrt
und ist auf
beiden Seiten möglich. Ich nehme die linke Seite und zweige daher
unmittelbar vor dem
Ablaufberg nach links ab. Rechts ginge nicht, da dort
gerade ein Zug über dem Berg gedrückt wird. Die Fahrt verlief ungehindert und zu meiner nicht so
grossen Überraschung endete diese in der Lokwartegruppe. Dieser für
kurzzeitig abgestellte
Lokomotiven vorgesehene Teil, ist nicht für defekte
Lokomotiven vorgesehen. Ich muss jedoch gestehe, dass ich zu müde bin um
mich auf langwierige Diskussionen mit der
Lokleitung einzulassen. Hier
kann man als Lokführer auch bei den besten Argumenten nur verlieren. Die Arbeiten sind schnell erledigt und so verlasse
ich die
Lokomotive. Ein anderer Lokführer wird sie nehmen und nach Basel
fahren. Dort erfolgt die Reparatur. Wie ich später erfahren musste, hatte
ein Lokführer zwei Tage später eine
Re 421 mit ausgeschaltetem
ZUB
übernehmen müssen. Es war die gleiche Nummer, wie ich sie heute hatte. Ich
hoffe inständig, dass es eine erneute Störung war und nicht die von mir
gemeldete. |
|||||
Der Weg zum Bett |
|||||
Nach Hause ist das Stichwort. Ich kann in meinen
Wagen steigen und den Heimweg antreten. Die Fahrt sollte auch dazu genutzt
werden, um die Probleme der Arbeit zu vergessen. Jetzt muss ich mich auf
den Gegenverkehr, die anderen Autofahrer und die Signale konzentrieren. So
habe ich schlicht keine Zeit, mich mit den Problemen des Abends zu
beschäftigen. Auch wenn es nicht optimal war, ich hatte pünktlich
Feierabend. Auch das ist eine wichtige Veränderung, denn bisher
hatte ich im RBL nur zu spät
Feierabend, wenn ich aus der Nord-Süd-Achse
zurückgekehrt bin. Dort klemmt es einfach immer wieder. Aus der Zeit von
Erstfeld weiss ich das zu gut. Dort fuhr man in Bellinzona los, wenn man
eigentlich bereits Feierabend gehabt hätte. Das nahezu jeden Tag. Hier
kann man sich auch an einem pünktlichen Feierabend erfreuen, auch wenn es
am frühen Morgen ist. Kaum auf der Autobahn beginnt die Signalisation der
besonderen Betriebsform. Stimmt, ich stellte vorhin fest, dass hier der
Verkehr auf eine Spur reduziert wurde. Daher folge ich einfach der
Signalisation, auch wenn ich diese beim Fressbalken etwas früh finde. Eine
Baustelle ist es auf jeden Fall nicht, denn der entsprechenden Hinweise
fehlten schlicht. Und daher vermute ich eine Kontrolle unter der
Brücke
der Eisenbahn. Dort ist man vor dem Wetter geschützt. Es bildete sich an der Engstelle ein kleiner Stau.
Jedes Auto musste abbremsen und mit geringer Geschwindigkeit zum
Polizisten fahren. Der entschied dann, wer weiterfahren darf und wer
nicht. Vor mir ist ein Auto mit jugendlichen Leuten, hinter mir ein
Lieferwagen, der in der Nacht noch Güter transportieren muss. Eine
gemischte Gesellschaft mit einem Schichtarbeiter, der eigentlich nur nach
Hause und ins Bett will. Die Kontrolle war schnell erledigt, denn der Polizist
meinte nur, dass ich weiterfahren könne. Das galt auch für den Wagen vor
und hinter mir. In der anschliessenden Kontrollstelle standen jedoch drei
Wagen, die zerlegt wurden. Scheinbar wurden sie auch diese Nacht wieder
fündig. So lange es nicht mich betrifft, ist es das, denn ich kann wieder
beschleunigen und so den Weg nach Hause weiter absolvieren, jetzt mit
deutlich geringerem Verkehr, als am späten Nachmittag. Nach der Autobahn, die Strassen ins Dorf und
letztlich ins Quartier und schon ist der Tag abgeschlossen. Weitere
Vorkommnisse gab es nicht mehr und auch die Baustelle im Dorf ist in der
Nacht eigentlich kein grosses Problem. Besonders dann nicht, wenn man mit
dem Wagen dem Nachtbus folgt. Dieser bringt die gut gelaunten und nicht
mehr so gerade laufenden Kunden in die Dörfer. Auf jeden Fall ist das
besser, als im Auto auf der Strasse. Lange werde ich nicht mehr wach sein. Eine kleine
Mahlzeit soll den Schlaf etwas verlängern. So sollte diese Woche
Nachtdienst doch noch erfolgreich beendet werden. Ich werde nicht mehr
jünger und da ist es nicht mehr so leicht. Jedoch fühle ich mich schon
besser, seit ich den mühsamen Wechsel in den
Frühdienst nicht mehr machen
muss. Es ist gegenüber von früher im RBL wirklich deutlich besser
geworden, als das in Erstfeld der Fall war. Nicht geändert hatte sich jedoch die Tatsache, dass
der erste Tag mit sehr viel Schlaf verbracht wurde. Die Wochenenden werden
so kurz, denn eigentlich sollte man am Samstag viele Punkte erledigen. Nur,
die Woche macht sich bemerkbar und so dreht man sich im Bett noch einmal
und schläft noch eine Runde. Der Körper holt sich den benötigten Schlaf
und so endet auch diese
Tour mit der Nachtruhe nach getaner Arbeit.
|
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